Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

30.4.10

Zypries empfiehlt: Anwaltliche Abmahnungen einfach in den Papierkorb

Die frühere Bundesjustizminsterin wird in einem Bericht der HAZ über eine Podiumsdiskussion bei der Friedrich-Ebert-Stiftung mit folgenden Worten zitiert:

„So etwas solle man stets wegschmeißen, sagte Zypries, reagieren müsse man erst auf einen Mahnbescheid.“

Die Aussage stand laut HAZ in Zusammenhang mit Abmahnungen  wegen der zugegeben unlauteren Nutzung fremder Fotos auf der eigenen Homepage, für die Abmahnfirmen Anwaltskosten in vierstelliger Summe verlangen würden.

Wer diesen Vorschlag der früheren Justizministerin befolgt, wird anschließend eventuell zur Kenntnis nehmen müssen, dass nicht etwa ein Mahnbescheid kommt, sondern der Gerichtsvollzieher, der eine einstweilige Verfügung zustellt.

Bei solch einem fachlichen Niveau braucht man sich über die Qualität der Rechtspolitik in diesem Land nicht zu wundern.

posted by Stadler at 08:00  

29.4.10

Keine Urheberrechtsverletzung durch Google-Thumbnails

Die Bildersuche von Google verletzt mit ihren Vorschaubildern (Thumbnails) die Rechte des Urhebers der Bilder bzw. abgebildeten Werke nach einer heute verkündeten Entscheidung des Bundesgerichtshofs ( Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 69/08) nicht.

Der in der Wiedergabe in Vorschaubildern liegende Eingriff in das Recht des Urhebers seine Werke öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a UrhG), ist nicht rechtswidrig, weil Google dem Verhalten der Klägerin entnehmen durfte, diese sei mit der Anzeige ihrer Werke im Rahmen der Bildersuche der Suchmaschine einverstanden.

Wer seine Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich macht, ohne von der technischen Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Abbildungen seiner Werke durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern zu unterbinden, muss derartige Thumbnails nach Ansicht des BGH auch dulden. Damit knüpft der BGH an die von ihm in der Paperboy-Entscheidung aufgestellten Grundsätze an.

Der Bundesgerichtshof weist außerdem darauf hin – was im konkreten Fall keine Rolle spielt – dass Suchmaschinenbetreiber nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH unter bestimmten Voraussetzungen für ihre Dienstleistungen die Haftungsbeschränkungen nach der E-Commerce-Richtlinie in Anspruch nehmen können.

posted by Stadler at 10:37  

28.4.10

Grundlegendes Fehlverständnis des Gewährleistungsgehaltes der Meinungs- und Pressefreiheit

Das Bundesverfassungsgericht attestiert dem Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg ein grundlegendes Fehlverständnis des Gewährleistungsgehaltes der Meinungs- und Pressefreiheit. Hierüber hatte am Wochenende bereits Telepolis berichtet. Zum wiederholten Male wurden die Hamburger Richter damit in Karlsruhe abgewatscht, abwechselnd vom BGH und vom BVerfG.

Dieses grundlegende Fehlverständnis ist leider immer noch nicht beseitigt und führt weiterhin zu haarsträubenden Entscheidungen wie unlängst gegen ein Regensburger Blog. Nachdem es bekanntermaßen in Hamburg nicht schwer ist, auch evident zulässige Meinungsäußerungen gerichtlich untersagen zu lassen und und von dieser Möglichkeit, wegen der Vorzüge des fliegenden Gerichtsstandes, auch reger Gebrauch gemacht wird, hat die meinungsfeindliche Hanseatische Rechtsprechung mittlerweile demokratiegefährdende Ausmaße angenommen.

In seinem Beschluss vom 09.03.2010 (Az.: 1 BvR 1891/05), dessen Lektüre nur empfohlen werden kann, führt das Verfassungsgericht aus:

Die Erwägung des Oberlandesgerichts, der Berichterstattungsgegenstand sei objektiv belanglos und begründe daher jedenfalls kein das Interesse des Klägers, ungenannt zu bleiben, überwiegendes öffentliches Informationsinteresse, deutet auf ein grundlegendes Fehlverständnis des Gewährleistungsgehaltes der Meinungs- und Pressefreiheit hin. Sie lässt nämlich nicht hinreichend erkennen, ob das Gericht sich bewusst war, dass es zunächst vom Selbstbestimmungsrecht der Presse oder auch des journalistischen Laien als Trägers der Meinungsfreiheit umfasst ist, den Gegenstand der Berichterstattung frei zu wählen, und es daher nicht Aufgabe der Gerichte sein kann zu entscheiden, ob ein bestimmtes Thema überhaupt berichtenswert ist oder nicht (…). Die Meinungsfreiheit steht nicht unter einem allgemeinen Vorbehalt des öffentlichen Interesses, sondern sie verbürgt primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in die Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann. Angesichts dessen stellt es eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung dar, wenn das Oberlandesgericht dem Kläger vorliegend allein deshalb einen Unterlassungsanspruch zuerkannt hat, weil dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege.

posted by Stadler at 18:47  

28.4.10

Instrumentalisiert die Musikindustrie Kinderpornografie?

Die Rechteindustrie unterstützt die europaweiten Vorhaben, Kinderpornografie im Internet durch providerseitige Access-Blockaden zu bekämpfen gerade deshalb, weil sie sich davon die Etablierung einer Sperrinfrakstruktur erhofft, die anschließend auch für die Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen genutzt werden kann. Dieser Zusammenhang ist nicht neu und wird von Sperrgegnern immer wieder ins Feld geführt.

Neu ist allenfalls die Information, dass ein Vertreter der IFPI (International Federation of the Phonographic Industry) diese Zusammenhänge und die Intension der Musikindustrie vor einigen Jahren ganz freimütig auf einem Kongress dargestellt hat, wovon der schwedische EU-Abgeordnete Engström in seinem Blog berichtet. Eine interessante Lektüre, der die Absurdität des politischen Lobbyismus verdeutlicht.

posted by Stadler at 10:40  

27.4.10

Neuer Player im Abmahngeschäft

Im Geschäft mit den Filesharing-Abmahnungen ist mir von der Kanzlei Kornmeier & Partner in letzter Zeit keine Abmahnung mehr für DigiProtect untergekommen. Dafür hat Dr. Kornmeier mit der GSDR GmbH, die wie er in Frankfurt am Main residiert, jetzt eine neue Mandantin gefunden.

Die GSDR GmbH wurde erst mit Gesellschaftsvertrag vom 03.03.2010 gegründet und am 06.04.2010 ins Handelsregister eingetragen. Geschäftszweck des Unternehmens ist laut Handelsregister der Erwerb von Rechten an Tonaufnahmen, Bildtonaufnahmen, Computerspielen, Filmen oder anderen Audio- oder audiovisuellen Produkten zum Schutze der vorgenannten Produkte gegen rechtswidrige Verwertungen, insbesondere im Internet. Das klingt doch sehr nach einer neuen Variante von DigiProtect.

Kornmeier mahnt derzeit für GSDR u.a. The Disco Boys „I Surrender“ ab.

posted by Stadler at 17:29  

27.4.10

Google Street View: Hamburger Senat fordert gesetzliche Regelung

Der Hamburger Senat fordert, dass in das Bundesdatenschutzgesetz eine spezielle Regelung für Dienste wie Google Street View aufgenommen wird.

Diese Regelung soll Google u.a. verpflichten, Gesichter und Kfz-Kennzeichen unkenntlich zu machen, bevor die Bilder ins Netz gestellt werden. Außerdem soll Google verpflichtet werden, einen Monat vor dem systematischen Abfilmen den Datenschutzbeauftragten und die Öffentlichkeit zu informieren. Ferner sollen Hauseigentümer und Mieter ein uneingeschränktes Widerspruchsrecht gegen die Abbildung ihrer Gebäude erhalten. Verstöße sollen mit Bußgeld von bis zu 50.000 € belegt werden.

Es setzt sich offenbar langsam die Erkenntnis durch, dass es mit der von Datenschützern progagierten Unvereinbarkeit von Street View mit geltendem Datenschutzrecht doch nicht so weit her ist und man wohl neue, schärfere gesetzliche Regelungen benötigt, um Dienste wie Street View einzubremsen. Damit ist die Frage der Sinnhaftigkeit derartiger Regelungen aber noch längst nicht beantwortet.

Quelle: Juris

posted by Stadler at 15:47  

27.4.10

BGH: Kosten des Rechtsstreits nach Erledigung beim unzuständigen Gericht

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 18. März 2010 (Az.: I ZB 37/09) eine bislang streitige Frage des Prozessrechts geklärt. Der Kläger hat bei einem unzuständigen Gericht eine Klage auf Unterlassung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens erhoben. Der Beklagte hat darauf hin schon mit der Klageerwiderung, vor dem unzuständigen Gericht, eine Unterlassungserklärung abgegeben.  Die Parteien haben anschließend den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das (unzuständige) Gericht musste dann noch über die Kosten entscheiden und hat dem Beklagten die Kosten des Verfahrens vollständig auferlegt. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, die aber keinen Erfolg hatte.

Begründet hat der BGH  seine Entscheidung mit der Erwägung, dass die Klage nach Verweisung an das zuständige Landgericht auch in der Sache Erfolg gehabt hätte, weshalb es gerechtfertigt war, dem Beklagten die Verfahrenskosten vollständig aufzuerlegen.

posted by Stadler at 12:00  

27.4.10

Kann Facebook seine Nutzungsbedingungen einfach ändern?

Facebook hat in letzter Zeit seine Nutzungsbedingungen einseitig geändert, ohne die Zustimmung der Nutzer einzuholen. Aber geht das tatsächlich so einfach, oder hätte Facebook vielmehr jeden einzelnen Nutzer fragen müssen? Zuletzt hatte Facebook eine Nutzerabstimmung durchgeführt, um der Kritik entgegenzutreten.

Die Nutzungsbedingungen von Facebook stellen nach deutschem Recht Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) dar. Nach der Rechtsprechung sind Klauseln, die AGB ändern, bei sog. Dauerschuldverhältnissen in gewissem Umfang zulässig.  Die Änderung ist aber nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nur dann zulässig, wenn eine nachträgliche Äqivalenzstörung (Störung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung) vorliegt oder eine Anpassung an eine geänderte Rechtslage vorzunehmen ist. In jedem Fall muss ein gewichtiger sachlicher Grund vorliegen.  Aber auch dann müssen die Änderungsklauseln transparent gefasst sein. Das bedeutet, dass die Regelung so klar und verständlich formuliert sein muss, dass der Nutzer erkennen kann, unter welchen Umständen eine solche Änderung erfolgt.

Wenn man sich jetzt die Nutzungsbedingungen von Facebook ansieht, dann heißt es in Ziff. 13 dazu lapidar:

Wir können diese Erklärung ändern und werden dich über die Facebook Site Governance-Seite darüber informieren und dir eine Möglichkeit zur Reaktion auf die entsprechende(n) Änderung(en) geben.

Diese Klausel lässt jegliche Transparenz vermissen und erläutert noch nicht einmal ansatzweise, unter welchen Umständen und nach welchen Kriterien eine Änderung der Nutzungsbedingungen in Betracht kommt.

Die Klausel verstößt damit gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) und ist unwirksam. Das bedeutet dann allerdings auch, dass eine einseitige Änderung der Nutzungsbedingungen durch Facebook den deutschen Nutzern gegenüber auf Basis dieser Klausel nicht möglich ist.

Das dürfte Facebook freilich wenig kümmern, solange man rein faktisch nach den neuen, selbst gesetzten Bedingungen agieren kann.

Es ist mehr als erstaunlich, dass sich dieDatenschützer derzeit primär über Google aufregen und dabei Vorgänge beanstanden, die noch nicht einmal eindeutig rechtswidrig sind, während der wesentlich bedenklichere Akteur Facebook kaum behelligt wird.

Es stellt sich auch die Frage, weshalb Verbraucherschutzverbände und Datenschutzbehörden nicht gegen die in mehreren Punkten rechtswidrigen Nutzungs- und Datenschutzbedingungen von Facebook vorgehen.

posted by Stadler at 08:00  

26.4.10

Innenminister will jetzt doch Websites sperren

Bundesinnenminister  De Maiziere propagiert nunmehr doch Access-Blockaden und damit letztlich die Anwendung des Zugangserschwerungsgesetzes. Der enge zeitliche Zusammenhang zur Ankündigung des Justizministeriums, wonach ein Gesetzesentwurf für ein Löschgesetz fertiggestellt worden ist, der auf das Instrumentarium von Access-Sperren verzichtet, dürfte kein Zufall sein. Vielmehr deutet sich hier ein Machtkampf zwischen De Maiziere und Leutheusser-Schnarrenberger an, der wie man munkelt, bereits seit längerer Zeit schwelt.

Thomas De Maiziere lässt es sich außerdem nicht nehmen, einmal mehr die Plattitüde vom rechtsfreien Raum Internet zu bemühen.

Diejenigen Vertreter der Community, die sich derzeit in einem „netzpolitischen Dialog“ mit dem Innenminister befinden, sollten ihre weitere Teilnahme an dieser Showveranstaltung nunmehr überdenken.

posted by Stadler at 21:46  

26.4.10

Für ein sauberes und sicheres Internet

Filmemacher Alexander Lehmann hat sich entschlossen, in einem Kurzfilm die wesentlichen Argumente zusammenfassen, die dafür sprechen, EU-Kommissarin Cecila Malmström bei ihrem Vorhaben, europaweit ein System zur Blockade von Websites durch Access-Provider einzuführen, zu unterstützen. Lassen auch Sie sich von zwingenden Argumenten überzeugen und verlinken Sie diesen englischsprachigen Film weiter und zwar europaweit.

posted by Stadler at 08:00  
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