Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.1.10

Wie verändert das Internet unser Denken?

„HOW IS THE INTERNET CHANGING THE WAY YOU THINK?“ lautet für das Onlinemagazin für Wissenschaftskultur „Edge.org“ die Frage des Jahres 2010. Diese Frage stellt Edge an Wissenschaftler und Denker, wie es auf der Site heißt, und veröffentlicht die eingehenden Antworten. Unter den Befragten befinden sich natürlich eine ganze Menge der üblichen Verdächtigen, u.a. auch Frank Schirrmacher und Nicolas Carr mit ihren kulturpessimistischen Ansätzen. Die FAZ hat sich des Themas angenommen und einige der ersten Antworten ins Deutsche übersetzt.

Die hiesige Debatte war in den letzten Wochen und Monaten sehr stark von Frank Schirrmachers Texten geprägt, die sich in Buchform auch ganz vorne in den Bestsellerlisten wiederfinden. Der These Schirrmachers, dass wir aufgrund einer Überforderung im Informationszeitalter gezwungen werden, Dinge zu tun, die wir nicht wollen, widersprach in erstaunlich überzeugender Art und Weise Sascha Lobo, der im Spiegel den Kulturpessimismus Schirrmachers offen legt.

Auch die Süddeutsche Zeitung hat sich in ihrer Wochenendausgabe („Die Zweimilliardenfrage“ von Johannes Boie) des Themas angenommen und berichtet über das Projekt des Onlinemagazins Edge.

Die Debatte ist wichtig und interessant. Man wird allerdings zu berücksichtigen haben, dass konservative Stimmen wie die Frank Schirrmachers naturgemäß zunächst die Oberhand behalten werden und die Deutungshoheit für sich beanspruchen. Das ist der menschlichen Neigung zum Kulturpessimismus geschuldet, die Karl Valentin mit dem Satz „Früher war sogar die Zukunft besser“ trefflich umschrieben hat.

Dass das Internet das Denken der Menschen verändert, ist dabei vielleicht gar nicht mehr die zentrale Frage. Das menschliche Denken hinkt der technologischen Entwicklung allerdings deutlich hinterher. Wer deshalb mit Schirrmacher glaubt, dass der Mensch dem Internet und seiner Dynamik generell nicht gewachsen wäre, der unterschätzt möglicherweise die menschliche Fähigkeit zur Veränderung und Weiterentwicklung. Schirrmacher ist einer, der derzeit viele Bücher verkauft, weil er den Zeitgeist getroffen hat. Als Vordenker wird er mit seinen vielfach rückwärtsgewandten Thesen deshalb wohl kaum in die Geschichte eingehen. Er liefert dennoch einige wichtige Denkanstöße. Mit seiner Forderung nach einem notwendigen Bildungswandel, weg vom Wissenslernen, hin zu einem „informellen Lernen“, beschreibt Schirrmacher eine der großen Herausforderungen dieser Wissens- und Bildungsgesellschaft.

Wenn das Grundprinzip des Netzes, das in der Verlinkung von Informationen und Inhalten besteht, sich auch als Bildungsprinzip durchsetzen könnte, wäre bereits viel gewonnen. Denn gerade das Erlernen eines verknüpfenden, strukturierenden Denkens stellt neben der Fähigkeit Informationen zu filtern und zu bewerten, das maßgebliche Rüstzeug dar, um sich in der Informationsgesellschaft behaupten zu können. Ob staatliche Bildungsvorgaben wie der Bologna-Prozess, der auf eine stärkere Verschulung des Hochschulwesens setzt, dem nicht eher im Weg stehen, muss kritisch hinterfragt werden.

posted by Stadler at 12:25  

Keine Kommentare

  1. es fuehrt dazu das man normales suchen nach literatur in bibliotheken ohne volltextsuche unertraeglich findet. Und bitte mehr open access journals … Ueber die Uni hat man dann zwar Zugang zu immerhin einigem an Material, aber viel zu oft kommt so was wie "To access this article you need to be subscribed to so and so, for a one day access pass you can pay 32 $ now …"

    Comment by step21 — 10.01, 2010 @ 13:08

  2. Wenn ich diesen Sascha Lobo schon immer sehe.

    Comment by Anonymous — 10.01, 2010 @ 17:21

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