Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

20.3.15

Betreiber eines Hotelbewertungsportals haftet für Bewertungen durch Nutzer nur eingeschränkt

Der BGH hat mit Urteil vom 19.03.2015 (Az.: I ZR 94/13) entschieden, dass der Betreiber eines Hotelbewertungsportals nicht für die Bewertung eines Nutzers haftet, in der u.a. die Aussage getroffen wurde „Für 37,50 € pro Nacht und Kopf im DZ gabs Bettwanzen„. In der Pressemitteilung des BGH heißt es zur Begründung:

Die beanstandete Nutzerbewertung ist keine eigene „Behauptung“ der Beklagten, weil sie sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht hat. Die Beklagte hat die Behauptung auch nicht „verbreitet“. Die Haftung eines Diensteanbieters im Sinne des § 2 Nr. 1 TMG***, der – wie die Beklagte – eine neutrale Rolle einnimmt, ist nach § 7 Abs. 2, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG**** eingeschränkt. Er haftet nur dann für die unwahren Tatsachenbehauptungen des Dritten, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt hat, deren Intensität sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Dazu zählen die Zumutbarkeit der Prüfungspflichten und die Erkennbarkeit der Rechtsverletzung. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Die Beklagte hat danach keine spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen ist ihr nicht zumutbar. Eine Haftung auf Unterlassung besteht in einem solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt. Dieser Pflicht hat die Beklagte genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG verletzt. Im Streitfall bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibt, das besondere Prüfungspflichten auslöst.

Sofern die Pressemitteilung nicht missverständlich formuliert ist, hätte der BGH damit auch erstmals die Vorschrift des § 10 TMG auf Unterlassungsansprüche angewendet, was die bisherige Rechtsprechung des I. Zivilsenats immer abgelehnt hatte. Dieser Aspekt wäre dann u.a. auch für die aktuelle Diskussion um die Störerhaftung von WLAN-Betreibern von Bedeutung. In der von der Bundesregierung geplanten gesetzlichen Neuregelung wird der Regelungsbedarf u.a. damit begründet, dass die Rechtsprechung des BGH davon ausgeht, die Haftungsprivilegierungen des TMG würden nicht für Unterlassungsansprüche gelten. Das könnte durch diese neue Entscheidung hinfällig geworden sein. Der Volltext liegt bislang allerdings noch nicht vor, weshalb abzuwarten bleibt, was genau in den Urteilsgründen dazu steht.

posted by Stadler at 09:00  

2 Comments

  1. Hätte der User ein paar Beweismittel gepostet (Fotos/Zeugenbelege etc.), wäre es gar nicht zu einem Gerichtsverfahren gekommen. Es ist daher oft genug eine Bringschuld des Users, den Seitenbetreiber durch Fakten und Beweise von derartigen Prozessen freizuhalten. Wenn der Seitenbetreiber derartige Beweismittel online verständlicherweise nicht zulässt, hätte der User einen Verweis auf die Beweismittel posten müssen. Ein Satz wie „die Beweismittel kann ich auf Anfrage der Betroffenen zur Verfügung stellen“ hätte der Bringschuld genüge getan.

    Comment by Ned! — 23.03, 2015 @ 19:06

  2. In der Deutlichkeit ist (oder: wäre) das sicher neu. Aber hat der I. Senat – ohne jetzt die Gründe noch einmal genauer gelesen zu haben – nicht in Stiftparfüm/Alone in the Dark auch schon 10 TMG iRd UnterlA diskutiert?

    Comment by David Jahn — 30.03, 2015 @ 16:12

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