Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

26.11.10

Neue Aufsätze zum IT-Recht

Das AnwaltZertifikatOnline hat zwei Aufsätze aus der aktuellen Ausgabe als kostenlose Leseprobe (vorübergehend) ins Netz gestellt:

Die Haftung des Inhabers eines WLAN-Anschlusses für Rechtsverletzungen Dritter (von Sylvia Lorenz)

Fotos des Arbeitnehmers auf der Homepage des Arbeitgebers (von Klaus Spitz)

posted by Stadler at 09:50  

24.11.10

ACTA und das Strafrecht

Auf Hyperland lese ich gerade mit großer Verwunderung einen Beitrag, in dem es heißt, dass das Anti Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) das Strafrecht in das Urheberrecht einführen würde. Hierzu hätte man vielleicht erwähnen sollen, dass die (vorsätzliche) Urheberrechtsverletzung bereits nach geltendem deutschen Recht strafbar ist. Das gilt auch für die Anstiftung und Beihilfe.

Die sich anschließenden Ausführungen zu Netzsperren, wonach Internet-Service-Provider wegen der Strafbarkeit der Anstiftung oder Beilhilfe befürchten, dass sie von der Unterhaltungsindustrie abgemahnt werden, wenn sie das Filtern und Blockieren bestimmter Inhalte verweigern, muss man als gewagt bezeichnen.

Die in früheren Entwürfen vorgesehenen Regelungen zur Providerhaftung sind in der finalen Fassung gerade nicht mehr enthalten. Außerdem bleiben die Haftungsprivilegien der E-Commerce-Richtlinie, auf die sich Provider berufen können, in Kraft.

Wenn man ACTA beanstandet, dann sollte man sich auf vertretbare Kritik beschränken. Andernfalls diskreditiert man die Kritiker.

posted by Stadler at 21:12  

24.11.10

BGH: Irreführende Verwendung einer Marke

Der BGH hat mit Urteil vom 10. Juni 2010 (Az.: I ZR 42/08) entschieden, dass die irreführende Verwendung einer eingetragenen Marke nach §§ 3, 5, 8 Abs. 1 UWG untersagt werden kann und zwar unabhängig davon, ob die Marke bereits für sich genommen irreführend ist oder ob sich die Umstände, die die Irreführung begründen, erst aus der konkreten Verwendung der Marke ergeben.

Die Beklagte, ein Fachverlag für Sozialversicherungsrecht,  gibt in Kooperation mit der AOK die Zeitschrift „Praxis Aktuell“ heraus und produziert für die Landesverbände der AOK Internetauftritte unter dem Titel „Praxis Aktuell“. Die Beklagte ist auch Inhaberin zweier Marken, die den Bestandteil „Praxis Aktuell“ enthalten, u.a. einer für ein „AOK-Unternehmer-Magazin“ eingetragenen Wort-/Bildmarke „praxis AKTUELL“.

Die Beklagte brachte zusätzlich unter der Bezeichnung „Praxis Aktuell Lohn & Gehalt“ eine Software auf den Markt. Die Klägerin hält die Übernahme des Zeitschriftentitels „Praxis Aktuell“ in die Bezeichnung der Software für irreführend, weil die Beklagte sich dadurch in unzulässiger Weise an die Bezeichnung einer öffentlich-rechtlichen Institution anlehne und damit zu Unrecht deren Autorität für ihren Produktabsatz in Anspruch nehme.

Der BGH hat die Klage unter dem Gesichtspunkt der Irreführung für begründet gehalten, weil die Beklagte mit der Verwendung der Bezeichnung „Praxis Aktuell Lohn & Gehalt“ für ihre Software bei den angesprochenen Verkehrskreisen den unzutreffenden Eindruck erweckt, es handele sich bei der Software um ein von der AOK oder in enger Zusammenarbeit mit der AOK hergestelltes Produkt.

posted by Stadler at 20:10  

24.11.10

Offener Brief zum JMStV

In einem offenen Brief an die Landtagsfraktion der SPD in Nordrhein-Westfalen haben über fünfzig Unterzeichner aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, der „Netzgemeinschaft“ sowie Juristen, Journalisten und Netz-Künstler die Bitte artikuliert, der Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) nicht zuzustimmen.

Da ich zu den Mitunterzeichnern gehöre, soll hier auch auf den Inhalt des offenen Briefs und auf die Pressemitteilung des AK Zensur hingewiesen werden. Meine verschiedenen Beiträge zum Thema lassen sich im Blog unter dem Tag JMStV nachlesen.

posted by Stadler at 17:37  

24.11.10

Versammlungsfreiheit auch auf Flughäfen?

Berechtigen die Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit auch dazu, in einem Flughafen Flugblätter zu verteilen? Über diese Frage hat gestern das Bundesverfassungsgericht verhandelt.

Sechs Mitglieder einer „Initiative gegen Abschiebungen“ hatten an einem Abfertigungsschalter des Frankfurter Flughafens Flugblätter verteilt. Der Flughafenbetreiber Fraport  erteilte den Aktivisten darauf hin Hausverbot. Die hiergegen gerichteten Klagen vor den Zivilgerichten blieben erfolglos. Einer der Aktivisten erhob daraufhin Verfassungsbeschwerde.

Von entscheidender Bedeutung könnte sein, dass die Fraport AG zwar eine zivilrechtliche Gesellschaftsform aufweist, Mehrheitsgesellschafter allerdings die öffentlichen Hand ist. Der grundrechtsverpflichtete Staat kann sich nämlich seiner Grundrechtsbindung nicht ohne weiteres durch eine „Flucht ins Privatrecht“ entziehen.

Möglicherweise wird man aber grundsätzlich zu dem Ergebnis gelangen, dass in einem öffentlich zugänglichen Raum immer ein gewisses Maß an Meinungskundgabe zulässig sein muss. Prozessbeobachter wollen erkannt haben, dass der Senat dazu neigt, der Verfassungsbeschwerde stattzugeben.

posted by Stadler at 08:23  

23.11.10

Ein paar Links

Da ich heute wenig Zeit zum Bloggen hatte, nur ein paar kommentierte Links, über die ich gestolpert bin.

Britische Filesharing-Abmahnanwälte haben Ärger mit der dortigen Anwaltskammer. Und es handelt sich gerade um die Kollegen der Kornmeier-Connection. Zufälle gibt es.

Ebenfalls bemerkenswert finde ich die Meldung, dass die ZAK das Format „Tatort Internet“ des Trash-Senders RTL2 wegen Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten vermeintlichen Täter beanstandet hat. Der Verstoß war allerdings auch offensichtlich, nachdem mindestens zwei Betroffene durch die Sendung öffentliche bloßgestellt wurden.

Und, dass Siegfried Kauder (CDU) im Kampf gegen den Terror die Pressefreiheit einschränken will, ist wohl nur der Ambition geschuldet, seinen Bruder im Hinblick auf mangelnde rechtsstaatliche Gesinnung noch übertrumpfen zu wollen. Was allerdings bedenklich stimmt, ist der Umstand, dass dieser Mann dem Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vorsitzt.

posted by Stadler at 22:48  

23.11.10

Vorratsdatenspeicherung und Desinformation

Volker Kauder (CDU) hat gestern in den Tagesthemen wörtlich gesagt:

“ Wir müssen bei der Bekämpfung von Terrorismus auch auf Telefongespräche die etwas länger zurückliegen zurückgreifen können“

Nun ist man eigentlich geneigt zu glauben, dass mittlerweile jedes Kind wissen muss, dass bei der Vorratsdatenspeicherung nur Verbindungsdaten aber nicht Kommunikationsinhalte gespeichert werden. Für die Erfassung des Inhalts von Telefongesprächen, E-Mails oder Telefaxen ist eine TK-Überwachung erforderlich. Herr Kauder scheint dies nicht zu wissen oder er betreibt ganz gezielte Desinformation.

Auch dann, wenn man die Speicherung auf Vorrat wieder einführen würde, könnte man nachträglich nur feststellen, wer mit wem zu einem bestimmten Zeitpunkt telefoniert hat oder an wen eine E-Mail verschickt worden ist. Mehr nicht. Der Inhalt des Geprächs oder der Mail ist nachträglich nicht mehr feststellbar.

Nachdem bereits die Erfolge der Telefonüberwachung, bei der oft über Monate hinweg hunderte von Gesprächen aufgezeichnet werden, allgemein als eher bescheiden bewertet werden – obwohl fast nirgendwo so eifrig abgehört wird wie in Deutschland – kann ein vernünftig denkender Mensch nicht erwarten, aus der Vorratsdatenspeicherung Erkenntnisse gewinnen zu können, die für die Terrorbekämpfung von Nutzen sind. Aber die Vernunft gilt nicht viel in den Tagen der Hysterie. Und die Hauptpanikmacher stammen wieder einmal aus den Reihen der Union.

posted by Stadler at 08:43  

22.11.10

Wer profitiert vom neuen JMStV?

Nachdem ich vor zwei Tagen schon die Frage gestellt habe, wer an der Neureglung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags verdient, möchte ich ergänzend die vielleicht noch wichtigere Frage stellen, wer vom neuen JMStV profitiert.

Interessanter Weise ist von den Anbietern von jugendgefährdendem Content kaum Kritik an der Novellierung geäußert worden. Und das hat gute Gründe, wenn man sich die Konsequenzen der nunmehr vorgesehenen „freiwilligen“ Alterskennzeichnung vor Augen führt. Speziell Anbieter von Inhalten, die mit der Altersstufe „ab 16 Jahren“ zu versehen sind, hatten bislang im Internet nur die Möglichkeit, ihre Inhalte (legal) über die „Sendezeitenregelung“ (§ 5 Abs. 6 JMStV n.F.) nach 22 Uhr anzubieten.

Insoweit schafft die Neuregelung für Anbieter solcher Inhalte voraussichtlich eine spürbare Erleichterung. Sobald nämlich anerkannte Jugendschutzprogramme nach § 11 Abs. 3 JMStV auf dem Markt sind, können Anbieter von Telemedien nach dem Willen des Gesetzgebers ihre jugendschutzrechtliche Verpflichtung aus § 5 Abs. 1 JMStV mit einer ordnungsgemäßen Alterskennzeichnung ihrer Angebote erfüllen. Und damit wird ihnen gestattet, vom Nacht- ins Tagesprogramm wechseln. Das dürfte u.a. für Erotik-Anbieter unterhalb der Schwelle der Pornografie interessant sein.

Während die Neureglung für Anbieter von jugendgefährdendem Content also von Vorteil ist, kann sich die „freiwillige“ Alterskennzeichnung für die breite Masse der Inhaltsanbieter in der Tendenz nur nachteilig auswirken. Sollten sich (anerkannte) Jugendschprogramme tatsächlich etablieren, wird man nämlich auch dann, wenn man unverdächtigen Content ins Netz stellt, sein Angebot im Zweifel mit einer Alterskennzeichnung versehen, um nicht Gefahr zu laufen, im Jugendschutzfilter hängen zu bleiben.

Die gesetzliche Regelung ist auf diese Folge ausgerichtet und beinhaltet damit letztlich eine Lockerung des Jugendschutzes zu Lasten der breiten Masse der Content-Anbieter. Sollte es praktisch anders kommen – was denkbar ist – dann nur deshalb, weil sich das im Jugendmedienschutz seit jeher bestehende Vollzugsdefizit fortsetzt.

posted by Stadler at 22:00  

22.11.10

OLG Nürnberg: 100 Number 1 Hits

Ein Lebensmitteldiscounter hatte eine Box mit 5 CDs mit dem Titel „100 Number 1 Hits“ zum Schnäppchenpreis von EUR 4,99 sowohl über das Internet als auch in seinen Ladengeschäften angeboten. Die meisten Titel stammten allerdings nicht von den Originalinterpreten, sondern waren später eingespielte Coverversionen. Die CD enthielt zwar einen Aufkleber mit einem entsprechenden Hinweis, der allerdings in der Internetwerbung nicht erteilt worden ist.

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 26.10.2010 (Az.: 3 U 914/10) die Werbung des Discounters im Internet als irreführend und damit wettbewerbswidrig beanstandet. Ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums erwarte nach Ansicht des Senats, dass ihm bei einer mit „Number 1 Hits“ beschriebenen CD-Box auch die damals in einer der Hitlisten befindliche (Original-)Versionen verkauft werden. Es wird also der Musiktitel erwartet, der für eine gewisse Zeit in den Hitlisten an erster Stelle rangierte und nicht eine Coverversion.

posted by Stadler at 12:59  

21.11.10

Wer verdient an der Neuregelung des JMStV?

Die taz berichtet in einem aktuellen Artikel darüber, dass der Countdown für die umstrittene Neufassung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) läuft und noch 11 Landesparlamente der Neuregelung bis zum Jahresende zustimmen müssen. Das bedeutet allerdings auch, dass prinzipiell jede der etablierten Parteien (Union, SPD, Grüne und Linke) in der Lage ist, das Inkrafttreten der verfehlten Novelle zu stoppen, denn alle Parteien sind in einzelnen Bundesländern an der Regierung beteiligt.

Die Frage, wer ein wirtschaftliches Interesse am Inkrafttreten der Neufassung hat, ist bislang kaum gestellt worden. Das ist schon deshalb erstaunlich, weil die geplante Alterskennzeichnung von Inhalten im Zusammenhang mit der Etablierung von Jugendschutzfiltern zu sehen ist, mit denen schließlich Unternehmen auch Geld verdienen wollen. Insoweit sollte man auch die Frage stellen, welche Mitglieder von Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle von der Neuregelung profitieren.

Die Neufassung des JMStV enthält in § 11 Abs. 3 folgende Regelung:

Ein Jugendschutzprogramm gilt als anerkannt, wenn eine anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle ein Jugendschutzprogramm positiv beurteilt und die KJM das Jugendschutzprogramm nicht innerhalb von vier Monaten nach Mitteilung der Beurteilung durch die Freiwillige Selbstkontrolle beanstandet hat

Eine Einrichtung wie die FSM, deren Mitglieder selbst Jugendschutzsoftware herstellen und anbieten werden, kann einem solchen Jugendschutzprogramm also durch positive Beurteilung zur Anerkennung verhelfen. Das ist zumindest dann, wenn Mitglieder der FSM, die vielleicht sogar im Vorstand vertreten sind, selbst entsprechende Jugendschutzprogramme anbieten, eher merkwürdig. Denn der Hersteller eines Jugendschutzprogramms wird seine eigene Software natürlich positiv beurteilen. Diese vorprogrammierte Interessenkollision regelt der Gesetzgeber aber nicht.

posted by Stadler at 21:03  
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