Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

23.11.10

Vorratsdatenspeicherung und Desinformation

Volker Kauder (CDU) hat gestern in den Tagesthemen wörtlich gesagt:

“ Wir müssen bei der Bekämpfung von Terrorismus auch auf Telefongespräche die etwas länger zurückliegen zurückgreifen können“

Nun ist man eigentlich geneigt zu glauben, dass mittlerweile jedes Kind wissen muss, dass bei der Vorratsdatenspeicherung nur Verbindungsdaten aber nicht Kommunikationsinhalte gespeichert werden. Für die Erfassung des Inhalts von Telefongesprächen, E-Mails oder Telefaxen ist eine TK-Überwachung erforderlich. Herr Kauder scheint dies nicht zu wissen oder er betreibt ganz gezielte Desinformation.

Auch dann, wenn man die Speicherung auf Vorrat wieder einführen würde, könnte man nachträglich nur feststellen, wer mit wem zu einem bestimmten Zeitpunkt telefoniert hat oder an wen eine E-Mail verschickt worden ist. Mehr nicht. Der Inhalt des Geprächs oder der Mail ist nachträglich nicht mehr feststellbar.

Nachdem bereits die Erfolge der Telefonüberwachung, bei der oft über Monate hinweg hunderte von Gesprächen aufgezeichnet werden, allgemein als eher bescheiden bewertet werden – obwohl fast nirgendwo so eifrig abgehört wird wie in Deutschland – kann ein vernünftig denkender Mensch nicht erwarten, aus der Vorratsdatenspeicherung Erkenntnisse gewinnen zu können, die für die Terrorbekämpfung von Nutzen sind. Aber die Vernunft gilt nicht viel in den Tagen der Hysterie. Und die Hauptpanikmacher stammen wieder einmal aus den Reihen der Union.

posted by Stadler at 08:43  

18 Comments

  1. Wo ist die in diesem Fall die Desinformation? Natürlich meint Volker Kauder die Gesprächsdaten.

    Comment by Torsten — 23.11, 2010 @ 09:22

  2. Gesprächsdaten werden aber mittles VDS nicht erfasst, sondern nur Verbindungsdaten.

    Comment by Stadler — 23.11, 2010 @ 09:26

  3. Wie wäre es mit einem Test der Allgemeinbildung für Politiker, bevor sie ein Amt übernehmen dürfen?

    Comment by Klaus — 23.11, 2010 @ 09:28

  4. Und natürlich meine ich mit „Gesprächsdaten“ die „Verbindungsdaten“.

    Comment by Torsten — 23.11, 2010 @ 09:28

  5. „Und natürlich meine ich mit “Gesprächsdaten” die “Verbindungsdaten”.“

    Bist Du von der CDU? Dieses Taktik, erst A sagen, damit B meinen, um hinterher zu erklären, dass natürlich C gesagt wurde kommt mir so bekannt vor…

    Comment by Jens Ferner — 23.11, 2010 @ 09:53

  6. Passt halt dann aus sprachlichen Gründen überhaupt nicht zum Begriff Gespräche. Für mich ist das noch nicht einmal missverständlich.

    Comment by Stadler — 23.11, 2010 @ 09:55

  7. Tja, da wird gerade von allen Seiten gefeuert, was das Zeug hält. Es werden nicht nur „seltsame aussehende Menschen“ als meldewürdig angesehen und die Verbindungsdaten von Telefongesprächen als Inhalts beschreibend ausgegeben, es jammern auch gleich Polizeibeamte, dass ihnen doch bitte die Armee zu Hilfe kommen soll ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,730564,00.html ). Desinformation und Missachtiung jeglicher Grundsätze, die in Grundgesetzen auch noch festgeschrieben sind, aller Orten. Hoch lebe die Hysterie. Da kann man so viel Sachen durch bekommen,um das Wahlvieh schon im Stall und angebunden zu halten.

    Comment by Melebert — 23.11, 2010 @ 10:12

  8. Dazu eine Schöpfkelle des kleinen Einmaleins & einen Teelöffel Verschwörungstheorie:

    Ein Telefongespräch benötigt einen MP3-Datenstrom von maximal 8kbit/s, seine Speicherung mithin 1 KByte/s – dabei wurde noch keinerlei Reduktion im Hinblick auf dessen spezifische Eigenschaften (sehr geringe Bandbreite, summierende Sprechpausen, etc.) vorgenommen. Auf einen handelsüblichen 16GB-Speicherstick passen also mindestens 5.000 Stunden abgehörter Telefonate; eine einzige handelsübliche 2TB-Festplatte fasst somit weit über 500.000 Stunden.

    Ist es vor diesem Hintergrund völlig unrealistisch zur Speicherung des Verbindungsdatensatzes auch noch ein MP3-File mit den Inhalten zu erwarten ?

    Comment by JLloyd — 23.11, 2010 @ 10:19

  9. fassen wir zusammen:
    entweder ist volker kauder seinen aufgaben intellektuell nicht gewachsen oder er versucht, mit gezielter desinformation seine politischen ziele zu erreichen ….jeder kann sich aussuchen, was ihm lieber ist; die konsequenzen sind die gleichen: er sollte sich dringendst aus der politik zurückziehen

    Comment by manuel d. — 23.11, 2010 @ 12:40

  10. „Ein Telefongespräch benötigt einen MP3-Datenstrom“

    Wer codiert das wann in MP3?

    Wer rechnet wann die Sprechpausen raus?

    Comment by Christian — 23.11, 2010 @ 12:50

  11. Fragt die doch mal, wer die ganzen Daten nach Erhebung auswerten soll.

    Comment by vera — 23.11, 2010 @ 14:36

  12. @Christian: Das geht vollautomatisch.

    Comment by JLloyd — 23.11, 2010 @ 15:24

  13. @vera: Das mag zwar (noch) ein Problem sein, geht aber am BVerG-Urteil von 1980 vorbei: Letzteres zielt realistischerweise bereits auf die Erhebung der Daten und nicht erst auf deren Auswertung.

    Comment by JLloyd — 23.11, 2010 @ 15:28

  14. „12.@Christian: Das geht vollautomatisch.“

    Ach, hätte ich nie gedacht. Trotzdem müssen
    a) Speicherkapazitäten vorhanden sein
    b) Rechenkapazitäten um das OnTheFly zu tun. Bei wieviel Anrufen ind D täglich….

    Comment by Christian — 23.11, 2010 @ 18:11

  15. Jens, Thomas: Für jeden, der sich mit Vorratsdatenspeicherung beschäftigt hat, ist sonnenklar, was Kauder meint. Der Kontext wurde oben weggelöscht – ich hab keine Ahnung ob das in den Tagesthemen falsch rübergekommen ist.

    Was lächerlich ist: Sätze und Worte rausklauben, die man möglichst missverstehen will. Damit kann man zwar die Leute, die schon überzeugt sind bei der Stange halten – schreckt aber alle anderen ab. „Preaching to the choir“ und das war es.

    Comment by Torsten — 23.11, 2010 @ 22:59

  16. @Torsten:

    Podcast, Tagesthemen vom 22.11.2010: http://tagesschau.vo.llnwd.net/d3/video/2010/1122/TV-20101122-2304-1901.h264.mp4

    O-Ton Herr V. Kauder: 14:34 min. ff

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    @all:

    Wenn man bedenkt, über was für gewichtige Themen wir hier eigentlich sprechen (Vorratsdatenspeicherung, „internationaler Terrorismus“ u.ä.), dann finde ich persönlich diese -nach meinem Empfinden- an den Tag gelegte Dämlichkeit der Kauder-brothers nur noch erbärmlich! Die sind mittlerweile scheinbar auch noch so dreist und unverschämt, daß die noch nicht ‚mal selbst zu merken scheinen, welchen Stuss die da eigentlich verzapfen. Wer sind eigentlich deren Berater? Cheech & Chong? Tom & Jerry? Die Jakob-sisters? Catweazle? Ich weiß es auch nicht…
    Vielleicht ist das aber auch der Grund, weshalb der Siggi Kauder die Presse ‚mal eben zwischendurch zensieren will!?

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    Meiner Meinung nach kommt eine Portion Desinformation daher, weil die Herrschaften selbst einfach desinformiert sind.

    Siehe zur Erinnerung/ zum Vergleich bitte einfach noch ‚mal einen mittlerweile etwas älteren youtube-clip ->

    ZDF Morgenmagazin, Kinderreporter: Politiker im Internet –> http://www.youtube.com/watch?v=C0Q41F6m1_E

    Man achte dabei auf die Kinder, die noch nicht einmal all ihre Fragen stellen konnten, da sie selbst zu dem Schluß kamen, daß es einfach keinen Sinn macht. Fragen von Kindern! Also keine IT-Experten oder dergleichen. Wenn ich bedenke, daß z.B. diese „was is’n browser“-Tussi quasi das Vorbild des „quick freeze“ mit ins Leben gerufen hat und ich gleichzeitig lesen/hören/sehen muss daß ernsthaft über solch ein gescheitertes Modell nachgedacht wird, dann kann man wirklich nur hoffen, daß es in Berlin sehr bald ‚mal etwas Hirn regnen wird… Wie können die Datenschützer so ‚was ernsthaft unterstützen? Das zeigt doch nur, daß die selbst auf das BDGS pfeifen. Und daß die Schnarrenberger ‚mal eben umkippt finde ich einfach nur enttäuschend.

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    Wie dem auch sei: Jetzt weiß ich aber wenigstens wo der Begriff „Kauderwelsch“ herkommt…

    In diesem Sinne, Baxter

    Comment by Baxter — 24.11, 2010 @ 00:00

  17. @Torsten: Es ist nicht zulässig im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung von Telefongesprächen zu reden, weil der Begriff Gespräche immer den Eindruck erweckt, es ging um den Gesprächsinhalt. Und der durchschnittliche Zuschauer weiß vermutlich nicht genau, welche Daten gespeichert werden.

    Du kannst Kauder hier gerne verteidigen. An meiner Bewertung ändert das nichts.

    Comment by Stadler — 24.11, 2010 @ 08:01

  18. Nein, die Einschätzung teile ich nicht. Jeder deutsche Krimi-Zuschauer weiß inzwischen den Unterschied zwischen Verbindungsdaten und dem Abhören von Gesprächen.

    Ich verteidige auch nicht Kauder — ich sage: konzentrier Du Dich auf die wirklichen Probleme. Mittlerweile kehrt in der Diskussion eine Denke ein, die darauf hinausläuft: „wenn Du nicht A bist, bist Du B“. Ich für meinen Teil werde sowohl A, als auch B oder meinetwegen auch C kritisieren, wenn sie in meinen Augen etwas falsches sagen. Dadurch bekommen die anderen Beiteiligten nicht recht.

    Der Punkt in der Diskussion ist: Sollen Gespräche von allem unschuldigen Bürgern erfasst (nicht: mitgeschnitten) werden um irgendwelchen fragwürdigen Ermittlungsmethoden zu unterstützen, während deutsche Richter das Abhörgenehmigungen im Dutzend unterschreiben. Das ist die Diskussion.

    Der Punkt „Herr Kauder hat in einem Live-Interview etwas gesagt, was missverstanden werden könnte“ ist hingegen ein sinnloses Nebengefecht — zumal das Missverständnis hier ja darauf hinauslaufen würde, dass jeder Deutsche dauerhaft abgehört würde. Diesen Eindruck will Kauder wohl keinesfalls erzeugen — es wäre schlichtweg widersinnig.

    Comment by Torsten — 24.11, 2010 @ 08:35

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