Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

13.2.11

Verfassungsbeschwerde gegen das Zugangserschwerungsgesetz

Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur sucht nach Providern für eine Verfassungsbeschwerde gegen das Zugangserschwerungsgesetz, die bis zum 23.02.2011 zu erheben ist. Eine Verfassungsbeschwerde, die sich unmittelbar gegen das Gesetz richtet, muss nach § 93 Abs. 3 BVerfGG binnen eines Jahres seit Inkrafttreten des Gesetzes erfolgen. Der Ablauf dieser Frist bedeutet zwar nicht, dass anschließend keine Verfassungsbeschwerde mehr in Betracht kommt. Allerdings kann dann nur noch ein Vollzugsakt angegriffen werden.

Auch wenn ich das Zugangserschwerungsgesetz für verfassungswidrig halte, könnte die Verfassungsbeschwerde an der Zulässigkeitshürde scheitern. Denn der Beschwerdeführer muss geltend machen, selbst, unmittelbar und gegenwärtig in einem Grundrecht verletzt zu sein. Das ist mit Blick auf das Zugangserschwerungsgesetz deshalb kniffelig, weil das Gesetz derzeit vom Bundeskriminalamt nicht angewendet wird und es deshalb bislang auch noch keine Sperrlisten gibt und die im Gesetz vorgesehene Zugangserschwerung folglich noch nicht praktiziert wird.

Ein betroffener Internetzugangsanbieter wäre zum jetzigen Zeitpunkt derjenige Beschwerdeführer, der wohl die größten Chancen hätte, die Zulässigkeitshürde zu überspringen. Seine Betroffenheit resultiert daraus, dass er die Zugangserschwerung technisch umsetzen muss und hierfür auf eigene Kosten die technische Infrastruktur für die Blockade von Websites zu schaffen hat. Kleinere Provider kommen als Beschwerdeführer allerdings nicht in Betracht, weil § 2 ZugErschwG nur solche Provider in die Pflicht nimmt, die den Zugang zur Nutzung von Informationen über ein Kommunikationsnetz für mindestens 10000 Teilnehmer oder sonstige Nutzungsberechtigte ermöglichen. Bislang scheint allerdings kein größerer Provider bereit zu sein, in den Ring zu steigen.

posted by Stadler at 17:15  

20.1.11

Showdown bei den Netzsperren?

Im Blog der Bundestagsfraktion der Grünen wird heute über eine überraschende Wende der Union beim Thema Netzsperren berichtet bzw. spekuliert. Nachdem es offenbar in der Unionsfraktion Unmut über den verfassungswidrigen Zustand gibt, der durch den Nichtanwendungserlass des BMI geschaffen worden ist, soll die Bundeskanzlerin sich des Themas höchstselbst angenommen haben und im Koalitionsausschuss zur Sprache bringen.

Um den zu Recht als offensichtlich verfassungswidrig kritisierten Zustand der Nichtanwendung des Zugangserschwerungsgesetzes zügig zu beenden, stehen zwei Möglichkeiten offen. Entweder weist das BMI das BKA an, das Gesetz sofort zu vollziehen und die vorgesehenen Sperrlisten zu erstellen. Das dürfte Hardlinern wie Siegfried Kauder vermutlich vorschweben. Die FDP dürfte das allerdings als Bruch des Koalitionsvertrags werten. Oder aber man einigt sich darauf, das Gesetz im schon laufenden parlamentarischen Verfahren wieder aufzuheben, zumal es wegen der Haltung der Opposition und der FDP ohnehin keine parlamentarische Mehrheit für dieses Gesetz gibt. Wie dem auch sei, es wird in jedem Fall Zeit, den politischen Eiertanz zu beenden.

posted by Stadler at 14:48  

11.1.11

Access-Sperren in der EU

Die Diskussion über den Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie geht in ihre entscheidende Phase. Der Entwurf sieht in seinem Art. 21 vor, dass die Mitgliedsstaaten die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen haben, um sicherzustellen, dass der Zugang zu Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten blockiert wird.

Gestern hat hierzu eine Ausschussanhörung im EU-Parlament stattgefunden. Außerdem liegt mittlerweile der Draft Report (Angelilli-Report) des Europäischen Parlaments vor, der eine Reihe von Änderungsvorschlägen enthält. Der Änderungsvorschlag zu Art. 21 (Amendment 37) lautet:

Member States shall take the necessary measures to obtain the removal at source of the web page containing or disseminating child pornography. In addition, in order to protect the best interest of the child, Member States may set up procedures to block access by Internet users in their territory to Internet pages containing or disseminating child pornography in accordance with national law. The blocking of access shall be subject to adequate safeguards, in particular to ensure that the blocking is limited to what is necessary, that users are informed of the reason for the blocking and that content providers, as far as possible, are informed of the possibility of challenging it.

Dieser Änderungsvorschlag beinhaltet die Verpflichtung Maßnahmen zur Löschung/Beseitigung entsprechender Inhalte zu ergreifen. Die umstrittene Zugangsblockade ist nur noch fakultativ vorgesehen.

Nachdem allerdings sowohl die Kommission als auch der Rat als Sperrbefürworter gelten und sich die Justizminister der Mitgliedsstaaten schon auf Netzsperren verständigt haben, ist selbst für diese abgeschwächte Form eine Mehrheit im Parlament wohl eher fraglich.

Der Richtlinienentwurf geht mit seiner Beschränkung auf das Web, die auch in Amendment 11 des Angelilli-Report  ausdrücklich enthalten ist, nach wie vor komplett an der Realität vorbei. Das WWW ist, wie auch neue Studien belegen, kein relevanter Umschlagsplatz für Missbrauchsdarstellungen im Internet und kann bestenfalls als Nebenkriegsschauplatz bezeichnet werden. Der Richtlinienvorschlag ist in diesem Punkt also noch nicht einmal auf den Kern des Problems hin ausgerichtet. Ganz unabhängig davon, dass er mit Access-Sperren ein ungeeignetes Instrument zur Bekämpfung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs wählt.

posted by Stadler at 11:59  

5.1.11

Zweierlei Maß

Die EU-Kommission hält Netzsperren in der Türkei – auch soweit es um die Darstellung von Kindesmissbrauch geht – für einen Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention, während sie nunmehr im Entwurf einer Richtlinie zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern dieselben Maßnahmen von den eigenen Mitgliedsstaaten fordert.

Plausibel erklären kann die Kommission das nicht, wie ihre Antwort auf eine schriftliche Anfrage von drei Abgeordneten der Liberalen Demokraten zeigt. Die Unglaubwürdigkeit und Widersprüchlichkeit der Haltung der Kommission, insbesondere von Kommissarin Malmström, könnte kaum deutlicher hervortreten.

posted by Stadler at 21:37  

5.1.11

Eiertanz um Netzsperren beenden

Bayerns Innenminister Herrmann hat im Kampf gegen Kinderpornografie wieder einmal Netzsperren gefordert. Seine Argumente sind die alten, die auch durch ständige Wiederholung nicht richtiger werden. Warum solche Access-Blockaden in tatsächlicher Hinsicht nicht nur nutzlos, sondern sogar kontraproduktiv sind, habe ich in der Anhörung im Unterausschuss neue Medien des Bundestages erläutert. Während die technischen und juristischen Sachverständigen das Zugangserschwerungsgesetz fast einhellig ablehnen, machen Politiker weiterhin das, was sie am Besten können, nämlich den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Und hinterher sind manche gar erstaunt darüber, dass immer mehr Bürger dieses Schauspiel nicht länger tolerieren wollen und sich eine gewisse Politikverdrossenheit breit macht.

In einem Punkt muss man Herrmann allerdings zustimmen. Der aktuelle Eiertanz, den die Regierungskoalition aus Union und FDP aufführt, der darin besteht, ein in Kraft befindliches Gesetz auf Basis einer rechtswidrigen Verwaltungsanweisung nicht anzuwenden, ist zu beenden. Speziell die FDP sollte sich nunmehr endlich entschließen, den bereits im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Anträgen von SPD, Grünen und Linken zur Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes zuzustimmen oder das Gesetz eben nunmehr zu vollziehen. Die FDP kann nicht gleichzeitig dafür und dagegen sein – das schafft allenfalls Horst Seehofer – sondern muss Farbe bekennen. Dann sind zumindest die Fronten geklärt und die rechtliche Überprüfung des verfassungswidrigen Gesetzes kann in Karlsruhe erfolgen.

posted by Stadler at 12:02  

5.12.10

EU-Justizminister wollen Netzsperren

Laut einem Bericht von netzpolitik.org haben sich die Justizminister der EU darauf verständigt, dass die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet werden sollen, die gesetzgeberischen oder nichtgesetzgeberischen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass der Zugang zu Webseiten, die Kinderpornografie enthalten oder verbreiten, für Internet-Nutzer in seinem Hoheitsgebiet gesperrt werden kann.

Dass dieses Konzept nicht geeignet ist, die Verbreitung von Kinderpornografie zu bekämpfen, sondern im Gegenteil die Gefahr beinhaltet, diese Verbreitung sogar noch zu fördern, habe ich vor einigen Wochen in einer Ausschussanhörung des deutschen Bundestages erläutert. Die große Mehrheit der dort anwesenden Sachverständigen hat die Ansicht vertreten, dass Access-Blockaden kein geeignetes Mittel sind, um die Darstellung des Missbrauchs von Kindern zu bekämpfen.

Indem außerdem Art. 21 des Richtlinenentwurfs die Verpflichtung zur Löschung von einschlägigem Content auf Websites beschränkt, wird der ganz überwiegende Teil der Missbrauchsdarstellungen unbehelligt gelassen. Denn die Hauptverbreitungswege im Netz sind P2P-Netzwerke, Sharehoster, Chats und geschlossene Benutzergruppen. Das bestätigen mittlerweile selbst Studien, die von der EU mitfinanziert werden. Das Web spielt als Verbreitungsweg demgegenüber keine wesentliche Rolle. Art. 21 des Entwurfs einer Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie, geht damit vollständig an dem eigentlichen Problem vorbei.

Tatsächlich sinnvolle Maßnahmen greift der Richtlinienentwurf erst gar nicht auf. Und die rechtlichen Bedenken scheinen die Justizminister ebenfalls nicht zu interessieren.

Nachdem sich die Politik, nicht nur in Deutschland sondern auch europaweit, ganz offenbar dazu entschlossen hat, die Fakten zu ignorieren, stellt sich mir langsam die Frage, ob es nicht besser ist, sie einfach gewähren zu lassen. Die Unsinnigkeit und Gefährlichkeit lässt sich vielleicht am Besten demonstrieren, wenn die „erforderlichen Maßnahmen“ in Gang gesetzt werden.

Der Richtlinienvorschlag enthält außerdem eine sehr interessante Formulierung, die von der Regelung des Zugangserschwerungsgesetzes abweicht. Access-Sperren sind danach nur dann statthaft, wenn die Entfernung von Websites nicht möglich ist. Das deutsche Gesetz verlangt viel weniger, nämlich nur, dass eine Löschung nicht oder nicht in angemessener Zeit erfolgversprechend ist.

Wer sich mit dem Thema befasst hat, weiß, dass eine Löschung praktisch immer in kürzester Zeit möglich ist. Die Unmöglichkeit, von der der Richtlinienentwurf ausgeht, existiert nicht.

posted by Stadler at 16:58  

30.11.10

Netzsperren europaweit

Während die deutsche Netzgemeinde derzeit u.a. über die Novellierung des JMStV diskutiert, wird in Brüssel weiterhin der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie (vulgo: Censilia) vorangetrieben.

Dieser Richtlinienentwurf war hierzulande vor allen Dingen deshalb im Gespräch, weil er, ähnlich wie das Zugangserschwerungsgesetz, sog. Access-Sperren als Instrument zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Netz vorsieht.

Die Richtlinie enthält aber noch andere fragwürdige Regelungen. Zunächst definiert die Richtlinie – anders als zum Beispiel das deutsche Recht – das Kind in Art. 2 a) wie folgt:

„Kind“ jede Person unter achtzehn Jahren

Damit werden der Dreijährige und der Siebzehnjährige gleichgesetzt. Das wird auch Auswirkungen auf normale Formen von Jugendsexualität haben, auch wenn dafür in Art. 8 ein Ausnahmetatbestand geschaffen worden ist.

Für den Bereich des Internets ist nach wie vor die Vorschrift des Art. 21 von besonderem Interesse, die Netzsperren vorschreibt:

Sperrung des Zugangs zu Webseiten, die Kinderpornografie enthalten

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, damit der Zugang von Internet-Nutzern zu Webseiten, die Kinderpornografie enthalten oder verbreiten, gesperrt wird. Die Zugangssperrung erfolgt vorbehaltlich angemessener Schutzvorschriften; insbesondere soll sichergestellt werden, dass die Sperrung auf das Nötige beschränkt wird, dass die Nutzer über die Gründe für die Sperrung informiert werden und dass Inhalteanbieter im Rahmen des Möglichen darüber unterrichtet werden, dass sie die Entscheidung anfechten können.

2. Unbeschadet des Vorstehenden trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, damit Webseiten, die Kinderpornografie enthalten oder verbreiten, aus dem Internet entfernt werden.

Das EU-Konzept könnte man damit als Löschen und Sperren bezeichnen.

Was leider gänzlich fehlt, sind Regelungen, die eine Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten vorsieht, die sicherstellt, dass einschlägige Inhalte zügig aus dem Netz vebannt werden. Für das, was allein effektiv wäre, um die Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten einzudämmen, sieht der Richtlinienentwurf also überhaupt keine Regelung vor.

Sinnvoll wäre es insoweit, die Nr. 1 des Art. 21 komplett zu streichen und stattdessen eine Regelung aufzunehmen, die es den jeweiligen nationalen Behörden gestattet, direkt Host-Provider aus anderen Mitgliedsstaaten anzusprechen und sie auf einschlägige Inhalte hinzuweisen. Gerade die Notwendigkeit der Einhaltung eines umständlichen Dienstweges führt nämlich dazu, dass inkriminierte Inhalte im Netz verbleiben, obwohl sie längst gelöscht sein könnten.

Als gänzlich verfehlt muss man auch die (ausdrückliche) Beschränkung auf Webseiten ansehen. Die Erkenntnis, dass kinderpornografische Inhalte nicht primär über das Web, sondern vor allen Dingen über P2P-Netzwerke und geschlossene Benutzergruppen verbreitet werden, hat sich offenbar immer noch nicht durchgesetzt. Zu diesem Aspekt habe ich mich ausführlich in meiner schriftlichen Stellungnahme zur Anhörung im Unterausschuss Neue Medien des Bundestags geäußert.

Man kann insgesamt nur hoffen, dass sich die Abgeordneten des EU-Parlaments mit den Fakten befassen werden.

posted by Stadler at 21:35  

26.11.10

Verzerrte Darstellung

Vor einigen Wochen war ich als Sachverständiger im Unterausschuss Neue Medien des Bundestages zur Frage der Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes. Kurz danach fand im Rechtsausschuss eine weitere Anhörung zum Thema statt. In beiden Ausschüssen wurde das Gesetz von der Mehrheit der Sachverständigen kritisiert.

In der Zusammenfassung der Sitzung des Unterausschusses las sich das in der Wochenzeitung „Das Parlament“ des Bundestages zunächst aber ganz anders, nämlich so:

Löschen scheint der bessere Weg zu sein, Sperren ist dagegen lediglich die ultima ratio“, argumentierte der CDU-Abgeordnete Thomas Jarzombek und traf damit auf breite Zustimmung unter den geladenen Experten.

Diesen Satz habe ich zusammen mit den ebenfalls als Sachverständigen geladenen Alvar Freude und Lutz Donnerhacke beanstanden lassen. In der Online-Fassung ist er jetzt nicht mehr enthalten.

Ähnlich verzerrt ist die Darstellung zur Anhörung im Rechtsausschuss. Dass dort die mehrheitliche Forderung der geladenen Sachverständigen darin bestanden haben soll, das Gesetz nicht abzuschaffen, aber zu verbessern, muss mir entgangen sein. Die Aufhebung des Gesetzes wurde nämlich auch dort mehrheitlich empfohlen.

Mir scheint, dass „Das Parlament“ seiner Chronistenpflicht nicht mit der gebotenen Sorgfalt nachkommt, um es vorsichtig zu formulieren.

posted by Stadler at 18:56  

10.11.10

Heckmann empfiehlt Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes

Während die Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages zum Zugangserschwerungsgesetz läuft, habe ich gerade mit großem Interesse die ausführliche schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen Dirk Heckmann – auf Twitter übrigens @elawprof – gelesen. Er hält das Sperrgesetz, wie die meisten anderen Experten auch, für verfassungsrechtlich höchst problematisch und empfiehlt dem Bundestag eine Aufhebung des Gesetzes.

Seine Position dürfte Gewicht haben, denn schließlich ist Heckmann Inhaber eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und Internetrecht.

posted by Stadler at 14:47  

9.11.10

Netzsperren und Zensur

Auf Telepolis berichtet Stephan Ott über das 6. Bayreuther Forum für Wirtschafts- und Medienrecht zum Thema „Jugendmedienschutz im Informationszeitalter“. Neben der Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags wurde dort auch über das Dauerbrennerthema Zugangserschwerungsgesetz diskutiert. Ott verweist hierzu auf einen Vortrag von Christian von Coelln, der sich mit der Frage beschäftigt, ob Netzsperren Zensur sind und dies deutlich verneint. Wenn man dem tradierten Zensurbegriff folgt, ist dagegen sicher wenig zu sagen. Die verfassungsrechtlichen Probleme des Zugangserschwerungsgesetzes sind freilich im Kern andere.

Wenn man aber schon das Thema Zensur anschneidet, dann erscheint mir die Aussage, dass Netzsperren, entgegen „weitläufiger Meinung in der Netzgemeinde“ keine Zensur darstellt, etwas kurz gesprungen. Juristen neigen dazu, an Altüberkommenem festzuhalten. Das verstellt allerdings allzu häufig den Blick nach vorn. Die spannende Frage, die es gerade auch im rechtswissenschaftlichen Kontext zu diskutieren gilt, lautet, ob sich der Zensurbegriff des Grundgesetzes durch den Einfluss des Internets verändert hat und die hergebrachte Differenzierung zwischen Vor- und Nachzensur weiterhin unverändert aufrecht erhalten werden kann. Hierzu hat Ansgar Koreng mit seiner beachtenswerten Dissertation „Zensur im Internet“ die ersten Pflöcke eingerammt. Anstatt Prämissen zu wiederholen die 50 Jahre alt sind, ist es an der Zeit, sich damit auseinander zu setzen.

posted by Stadler at 23:22  
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