Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.3.15

Unterlassungspflicht beinhaltet auch Pflicht zur Löschung aus dem Google-Cache

Nach einer neuen Entscheidung des OLG Celle (Urteil vom 29.01.2015, Az.: 13 U 58/14) muss der Schuldner einer Unterlassungsverpflichtung durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die durch die Unterlassungserklärung betroffenen Inhalte seiner Webseite nicht mehr im Internet aufgerufen werden können. Dazu gehört es auch, wenigstens bei Google als gängigste Suchmaschine zu überprüfen, ob diese Inhalte noch über die Trefferliste der Suchmaschine aufgerufen werden können. In diesem Fall muss der Schuldner gegenüber Google einen Antrag auf Löschung im Google-Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte stellen.

Nach Ansicht des OLG Celle begründet die Aufrufbarkeit der beanstandeten Inhalte über den Google-Cache einen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung. In den Urteilsgründen heißt es dazu:

Der Schuldner eines Unterlassungsgebots hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die durch die Unterlassungserklärung betroffenen Inhalte seiner Webseite nicht mehr im Internet aufgerufen werden können, weder über die Webseite direkt noch über eine Internetsuchmaschine (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. September 2012 – 6 U 58/11, juris Rn. 22 ff.; KG Berlin, Urteil vom 27. November 2009 – 9 U 27/09, juris Rn. 29 ff.; OLG Köln, Beschluss vom 5. Mai 2000 – 6 W 61/99, juris Rn. 4; in Bezug auf den Provider: Köhler in Köhler/Bornkamm, a. a. O, § 12 Rn. 6.7). Dazu gehört es, nicht nur die betroffenen Inhalte durch Änderung oder Löschung der Webseite zu entfernen, sondern auch die Abrufbarkeit wenigstens über Google als die am häufigsten genutzte Suchmaschine im Internet auszuschließen (so auch KG Berlin, Urteil vom 27. November 2009, a. a. O., juris Rn. 31). Dem Schuldner obliegt es dabei, zu überprüfen, ob die auf der Webseite entfernten Inhalte bzw. die gelöschten Webseiten noch über die Trefferliste dieser Suchmaschine aufgerufen werden können. In diesem Fall muss der Schuldner gegenüber Google den Antrag auf Löschung im Google-Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte stellen.

Soweit teilweise darauf abgestellt wird, dass mangels entgegenstehender Anhaltpunkte der Schuldner nicht (sämtliche oder wenigstens die wichtigsten) Suchmaschinen daraufhin überprüfen (lassen) muss, ob dort noch die alte Seite gespeichert ist, sondern sich darauf verlassen kann, dass diese laufend ihren Datenbestand aktualisieren (OLG Köln, Beschluss vom 25. April 2007 – 6 W 40/07, juris Rn. 9; Brüning in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, a. a. O., Vorb. zu § 12 Rn. 308; Hess in jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 231), stellt dies eine Frage der Zumutbarkeit dar. Der Senat kann dabei dahingestellt bleiben lassen, ob neben Google weitere Suchmaschinen auf die Aufrufbarkeit kontrolliert werden müssen, da der Beklagte hier bereits die Abfrage bei Google unterlassen hat.

posted by Stadler at 09:30  

16.3.15

Wie die Fachwelt auf den Gesetzesentwurf zur WLAN-Haftung reagiert

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung, der die Störerhaftung für Anbieter öffentlicher WLANs regeln und vermeintlich einschränken will, ist in den Medien auf reges Interesse gestoßen, wenngleich die Berichterstattung zumindest in Teilen eher unkritisch war.

Die juristische Fachwelt hat, soweit ersichtlich, bislang durchgehend mit Kritik oder Ablehnung auf das Vorhaben reagiert. Einen Überblick (to be continued) über online verfügbare juristische Beiträge möchte ich hier geben:

Matthias Bergt (01.03.2015 bei CR-Online) mit einer ausführlichen und äußerst lesenswerten Einschätzung

Reto Mantz (03.03.2015 bei Offene Netze und Recht) ebenfalls mit einer kritischen und ausführlichen Betrachtung

Thomas Hoeren (15.03.2015 im Beck Blog) rantet, wie immer lesenswert, gegen die Bundesregierung

Niko Härting (12.03.2015 in der LTO)

Meine eigene Einschätzung vom 12.03.2015 hier im Blog

 

 

posted by Stadler at 09:13  

6.3.15

Wenn Abmahnanwälte nicht mehr als solche bezeichnet werden wollen

Die Rechtsanwaltskanzlei Schulenberg & Schenk gehörte über mehrere Jahre hinweg zu den relevanten Playern im Bereich der Filesharing-Abmahnungen. Die Kanzlei hat ihre diesbezüglichen Aktivitäten aber offenbar eingestellt und deshalb die Kollegen Weiß & Partner aufgefordert, die Kanzlei Schulenberg & Schenk nicht mehr im Zusammenhang mit Filesharing-Abmahnungen zu erwähnen, weil eine solche Erwähnung aufgrund der Einstellung der Abmahntätigkeit der Kanzlei mittlerweile unwahr im Sinne von § 4 Nr. 8 UWG sei. Es geht hierbei offenbar auch um Google-Ad-Words-Kampagnen in denen die Kollegen Weiß auch Schulenberg & Schenk als Keyword benutzen. (Die Rechtsanwälte Weiß & Partner haben mich darauf hingewiesen, dass es sich nicht um Ad-Words-Kampagnen handelt, sondern um ganz normale Suchergebnisse bei Google). Offenbar ist man bei Schulenberg & Schenk nicht mehr so glücklich über das Image der Abmahnkanzlei.

Dass die Kanzlei Schulenberg & Schenk derzeit keine Filesharing-Abmahnungen mehr verschickt, dürfte zutreffend sein. Mein letztes Mandant mit dieser Kanzlei auf der Gegenseite stammt aus 2013. Allerdings führen die Kollegen immer noch Prozesse in Filesharing-Angelegenheiten. Nachdem die Kanzlei Weiß & Partner die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat, bin ich gespannt, ob die Gerichte jetzt damit befasst werden und mit welchem Ergebnis.

Udo Vettter zum selben Thema.

posted by Stadler at 11:06  

3.3.15

Rechtsprechung zum Filesharing weiter uneinheitlich

Das Landgericht Potsdam hat gerade entschieden, dass die vom BGH postulierte Vermutung, wonach der Anschlussinhaber beim Filesharing auch die Rechtsverletzung begangen hat, bereits dann als widerlegt gilt, wenn dargelegt wird, dass neben der Anschlussinhaberin noch deren Ehemann und Sohn im Haushalt leben und den Anschluss selbständig benutzen (Urteil vom 08.01.2015, Az.:2 O 252/14). Weitergehende Nachforschungspflichten treffen die Anschlussinhaberin in diesem Fall nicht, so das Gericht. Die Anschlussinhaberin haftet damit weder als Täter noch als Störer, weshalb das Landgericht die Klage der Rechteinhaber abgewiesen hat.

Nach wie vor grundlegend anders wird dieselbe Konstellation beispielsweise vom Landgericht München I beurteilt.

posted by Stadler at 14:47  

10.2.15

Berlin versteht keinen Scher(t)z

Die Abmahnung des Blogs Metronaut durch die Stadt Berlin und dessen Olympiasprecher hat selbst in der Anwaltschaft zu Unterstützungs- und Solidaritätsbekundungen geführt. Der Kollege Kompa ist Metronaut und Carsten R. Hönig dankt den Bloggern dafür, dass sie durch die Herstellung von historischen Zusammenhängen das Volk zum Nachdenken anregen.

Das Blog Metronaut hatte sich in einem durchaus als satirisch erkennbaren Beitrag mit der aktuellen Olympiabewerbung von Berlin auseinandergesetzt und die angeblich neuen Kampagnen-Motive in einer Leni-Riefenstahl-Ästhetik präsentiert, die bewusst an die Nazi-Spiele des Jahres 1936 angelehnt war. Dazu hatte man den Olympiasprecher der Stadt Berlin mit fiktiven Plattitüden zitiert. Auf die Idee, dass das nicht ernst gemeint war und vom Publikum auch als Satire erkannt werden wird, hätte man durchaus kommen können. Wenn man allerdings über wenig Humor verfügt und Kritik schlecht vertragen kann, ist es immer eine gute Idee, Rechtsanwalt Prof. Schertz mit einer Abmahnung zu beauftragen, um ihn dann u.a. folgendes schreiben zu lassen:

Sie behaupten in dem vorbezeichneten Artikel der Wahrheit zuwider, dass die in Ihrem Artikel wiedergegebenen Plakatmotive Plakatmotive der aktuellen Berliner Olympiakampagne sind.

Wird das in dem Artikel tatsächlich behauptet, oder interpretiert Schertz das Offensichtliche nur in eher abwegiger Art und Weise? Wer könnte denn so borniert sein, diese Plakatmotive gerade auch angesichts des begleitenden Texts tatsächlich für Motive der aktuellen Olympiakampagne zu halten? Die Frage, wie sich das Bild vom weltoffenen und liberalen Berlin mit der Engstirnigkeit und Kleinkariertheit der Verantwortlichen der Stadt verträgt, darf und muss gestellt werden. Die Abmahnung durch das Land Berlin ist starker Tobak, gerade in der Stadt Tucholskys.

posted by Stadler at 11:00  

30.1.15

Vermutung der Urheberschaft auch im Internet

Eine heute veröffentlichte Entscheidung des BGH (Urteil vom 18.09.2014, Az.: I ZR 76/13) nimmt gleich zu mehreren interessanten und relevanten Fragen des Urheberrechts Stellung.

Zunächst erläutert der BGH, dass die Vermutung der Urheber- oder Rechtsinhaberschaft nach § 10 UrhG auch für Werke gilt, die ins Internet eingestellt wurden. Auch insoweit liegt nach Ansicht des BGH ein Vervielfältigungsstück vor. Die Vermutung gilt aber nur dann, wenn ein Urhebervermerk an einer Stelle angebracht ist, wo bei derartigen Werken üblicherweise der Urheber benannt wird und die Bezeichnung inhaltlich erkennen lässt, dass sie den Urheber des Werkes wiedergibt. Allerdings muss der Verkehr nach Ansicht des BGH darin die Bezeichnung einer natürlichen Person erkennen können.

Der BGH geht zudem davon aus, dass die Vorlage von Originaldateien, die über eine höhere Auflösung als die auf der Internetseite eingestellten Dateien verfügen, zumindest ein Anhaltspunkt für die Urheberschaft an Lichtbildern bietet.

Schließlich stellt der BGH klar, dass eine Unterlassungserklärung, die sich (nur) auf das Verbreiten von Lichtbildern bezieht, auch das öffentliche Zugänglichmachen im Internet umfassen kann, wenn sich der Unterlassungsanspruch des Klägers auch auf ein Verbot des öffentlichen Zugänglichmachens bezog und der gerügte Verstoß allein die Nutzung von Bildern im Internet betroffen hat.

posted by Stadler at 12:34  

22.1.15

Weiterhin Rechtsunsicherheit beim Thema Filesharing

Die aktuelle Rechtsprechung zum Filesharing, die streitwertbedingt überwiegend von Amtsgerichten kommt, ist nach wie vor vollkommen uneinheitlich. Während es einerseits immer mehr Gerichte gibt, die Klagen der Rechteinhaber auf Schadensersatz und Erstattung von Anwaltskosten abweisen, dürfte die Mehrzahl der Urteile immer noch zugunsten der Rechteinhaber ausfallen. Die Rechtsprechung ist oftmals sogar innerhalb desselben Gerichts uneinheitlich, weil bei einem Amtsgericht eben verschiedene Richter entscheiden, die nicht zwingend eine einheitliche Linie verfolgen müssen, wie aktuelle Entscheidungen des Amtsgerichts München zeigen.

Ein Kollege von Waldorf Frommer sagte mir kürzlich – allenfalls halb im Scherz – dass die Rechteinhaber derzeit die meisten Probleme bei den Gerichten haben, die mit B anfangen. Er meinte damit u.a. Berlin, Bielefeld und Braunschweig.

Das ändert aber nichts daran, dass an anderen Gerichtsorten nach wie vor anders entschieden wird, wie aktuelle Urteile des Amtsgerichts Leipzig und des Landgerichts Bochum zeigen. Die Kollegen von Waldorf Frommer rühmen sich deshalb in einem aktuellen Blogbeitrag auch, dass sie bundesweit für Rechteinhaber mit Erfolg klagen, was vermutlich auch nicht falsch sein dürfte. Die Mehrzahl der Filesharing-Klagen hat nach wie vor Erfolg, auch wenn die Zahl der Klageabweisungen sicherlich zugenommen hat. Sehr häufig werden vor Gericht auch Vergleiche geschlossen.

Wie hoch die Erfolgsaussichten einer Rechtsverteidigung tatsächlich sind, hängt allerdings auch immer sehr stark vom Sachvortrag im Einzelfall ab. Wer darauf abstellen will, dass die Rechtsverletzung möglicherweise durch andere Familienangehörige begangen worden ist, sollte diese Angehörigen möglichst namentlich benennen, mitteilen, dass sie den Internetanschluss mitbenutzen, als Rechtsverletzter in Betracht kommen, dass sie am besagten Tag auch zu Hause waren, das Internet (evtl.) genutzt haben und die Familienmitglieder auf Rückfrage hin, die Rechtsverletzung nicht eingeräumt haben. Beispielsweise das Landgericht München I erachtet aber auch einen solchen schon sehr konkreten Vortrag nicht für ausreichend.

Für die abgemahnten Anschlussinhaber bleibt die Gegenwehr schwierig, die Erfolgsaussichten einer Verteidigung im Prozess hängen oftmals vom Gerichtsstand ab und sind nicht immer einfach zu prognostizieren.

posted by Stadler at 11:10  

21.1.15

Filesharing: Benutzung des werkseitig vorgegebenen Router-Passworts keine Pflichtverletzung

Der BGH hatte vor einigen Jahren entschieden, dass in Fällen des Filesharings die Verwendung des vom Hersteller eines W-LAN-Routers vorgegebenen Passworts eine Pflichtverletzung darstellen, die eine Störerhaftung begründet.

Das Amtsgericht Hamburg ist in einer neuen Entscheidung (Urteil vom 09.01.2015, Az.: 36a C 40/14) der Ansicht, dass das nur für werkseitig vorgegebene Standardpasswörter gelten kann die für eine Vielzahl von Geräten verwendet werden können. Im Urteil des AG Hamburg heißt es dazu:

Die Beklagte haftet auch nicht deshalb als Störerin, weil der werkseitig vergebene WPA2-Schlüssel nicht individuell verändert wurde. Es ist zwar richtig, dass der Inhaber eines WLAN-Anschlusses, der es unterlässt, die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend anzuwenden, als Störer auf Unterlassung und damit auch aus Ersatz der Abmahnkosten haftet, wenn Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Musiktitel in Internettauschbörsen einzustellen (BGH, I ZR 121/08, NJW 2010, 2061 – Sommer unseres Lebens).

In der genannten Entscheidung führt der Bundesgerichtshof aus:

„Welche konkreten Maßnahmen zumutbar sind, bestimmt sich auch für eine Privatperson zunächst nach den jeweiligen technischen Möglichkeiten (vgl. BGHZ 172, 119 Tz. 47– Internet-Versteigerung II). Es würde die privaten Verwender der WLAN-Technologie allerdings unzumutbar belasten und wäre damit unverhältnismäßig, wenn ihnen zur Pflicht gemacht würde, die Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Die Prüfungspflicht im Hinblick auf die unbefugte Nutzung eines WLAN-Routers konkretisiert sich vielmehr dahin, dass jedenfalls die im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend wirksam einzusetzen sind (vgl. dazu für den Bereich der Verkehrssicherungspflichten BGH, Urt. v. 31.10.2006 – VI ZR 223/05, NJW 2007, 762 Tz. 11; Urt. v. 2.3.2010 – VI ZR 223/09 Tz. 9 f., VersR 2010, 544).

Die dem privaten WLAN-Anschlussinhaber obliegende Prüfungspflicht besteht nicht erst, nachdem es durch die unbefugte Nutzung seines Anschlusses zu einer ersten Rechtsverletzung Dritter gekommen und diese ihm bekannt geworden ist. Sie besteht vielmehr bereits ab Inbetriebnahme des Anschlusses. […] Das hoch zu bewertende, berechtigte Interesse, über WLAN leicht und räumlich flexibel Zugang zum Internet zu erhalten, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die zum Zeitpunkt der Installation des WLAN-Routers auch im Privatbereich verkehrsüblich vorhandenen Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung angewandt werden.

Die Prüfpflicht des Beklagten bezieht sich aber auf die Einhaltung der im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen. Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt. Der Beklagte hat es nach dem Anschluss des WLAN-Routers bei den werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen belassen und für den Zugang zum Router kein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort vergeben. Der Schutz von Computern, Kundenkonten im Internet und Netzwerken durch individuelle Passwörter gehörte auch Mitte 2006 bereits zum Mindeststandard privater Computernutzung und lag schon im vitalen Eigeninteresse aller berechtigten Nutzer. Sie war auch mit keinen Mehrkosten verbunden.“

Diese höchstrichterliche Entscheidung kann jedoch nur in Fällen Geltung beanspruchen, in denen ein Router ausgeliefert und angeschlossen wird, der mit einem werkseitig vorgegebenen Schlüssel ausgestattet ist, der für eine Vielzahl von Geräten gilt. Das erkennende Gericht schließt sich dazu den folgenden Ausführungen des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 14.06.2013, MMR 2013, 607 – zitiert nach juris; dem zustimmend Mantz, MMR 2013, 607, sowie Koch, jurisPR-ITR 1/2014 Anm. 4) an:

„Zwar hat der Beklagte dieses Passwort nicht in ein persönliches Passwort geändert. Allerdings handelt es sich – gerichtsbekannt – bei den auf einer Fritz-Box seit 2004 verwendeten Authentifizierungsschlüsseln um solche, die bereits ab Werk individuell pro Gerät vergeben werden. Vor diesem Hintergrund ist der seitens des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 12.05.2010, I ZR 121/08 erstrebte Zweck eines hohen Schutzniveaus, welches den Zugriff unbefugter Dritter ausschließt, auch ohne ein persönliches Passwort – das regelmäßig nicht länger als 13-stellig sein wird – erreicht. Der Bundesgerichtshof kann in der oben zitierten Entscheidung lediglich die Fälle im Blick gehabt haben, in denen die Router einer Modellreihe werksseitig über den gleichen Authentifizierungsschlüssel verfügen, so dass ein effektiver Schutz für diese Fälle nur über eine sofortige Personalisierung des Passwortes gewährleistet war. (vgl. Mantz, Anm. zu BGH Urt. v. 12.05.2010 in MMR 2010, 569).“

Ein werkseitig vergebenes, individuelles und daher nur dem Inhaber des WLAN-Routers bekanntes Kennwort ist mindestens ebenso sicher wie ein selbst gewähltes, in vielen Fällen sogar sicherer (Mantz, a.a.O.).

Hier ist zwar nicht gerichtsbekannt, dass der Router „Alice Modem WLAN 1421“ werkseitig mit einem individuellen Authentifizierungsschlüssel ausgeliefert wird, und diese Frage ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat jedoch substantiiert vorgetragen, dass es sich um einen individuellen Authentifizierungsschlüssel handele, und dazu sogar überobligatorisch Beweis angeboten. Zudem ist unstreitig, dass nach der Bedienungsanleitung eine Abänderung des Schlüssels nicht nötig war. Daher wäre es nunmehr an der für eine zur Störerhaftung führende Pflichtverletzung der Beklagten darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin gewesen, Beweis dafür anzutreten, dass dieser Vortrag der Beklagten nicht zutrifft. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat sich jedoch auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränkt. Das reicht nicht aus. Der Klägerin wäre es auch durchaus möglich gewesen, dazu näher vorzutragen und auch Beweis anzubieten. Zum einen sind Bedienungsanleitungen für gängige Routermodelle wie das hiesige ohne weiteres zu beschaffen, zum anderen hatte die Beklagte bereits zwei Geschäftsführer des Herstellers bzw. Vertreibers des Routers als Zeugen zu diesem Thema benannt. Das hätte die Klägerin ohne weiteres aufgreifen können.

Das Urteil des AG Hamburg ist auch deshalb interessant, weil das Gericht davon ausgeht, dass die Anschlussinhaberin nicht für eine Sicherheitslücke eines W-LAN-Routers haftet, jedenfalls dann nicht, wenn diese Sicherheitslücke erst nach dem Zeitpunkt der maßgeblichen Rechtsverletzung öffentlich bekannt geworden ist.

posted by Stadler at 11:55  

28.12.14

Filesharing: Anschlussinhaberfreundliche Rechtsprechung aus Bielefeld

Darüber, dass die Gerichte in Filesharing-Fällen auch nach mehreren Entscheidungen des BGH weiterhin uneinheitlich urteilen, hatte ich hier bereits mehrfach berichtet.

Das Landgericht Bielefeld hat unlängst eine anschlussinhaberfreundliche Rechtsprechung des AG Bielefeld bestätigt, wonach der Anschlussinhaber für seine Enthaftung nur darlegen muss, dass auch andere Familienangehörige den Internetanschluss nutzen und als Täter in Betracht kommen. Die Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers bezieht sich nach Ansicht des LG Bielefeld nur auf die Frage, welche anderen Personen als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen (Urteil vom 07.10.2014 und Beschluss vom 08.09.2014, Az.: 20 S 76/14).

Deutlich anders entscheidet bislang weiterhin das Landgericht München I, mit allerdings einer meines Erachtens kaum mehr vertretbaren Begründung.

posted by Stadler at 21:05  

23.12.14

Vertragsstrafeversprechen und deren Annahme durch den abmahnenden Gläubiger

Vertragsstrafeversprechen die vom Schuldner in einer Unterlassungserklärung abgegeben werden, müssen vom abmahnenden Gläubiger angenommen werden. Erst dadurch kommt der Unterlassungsvertrag zustande, der den Gläubiger berechtigt, eine Vertragsstrafe zu verlangen, wenn der Schuldner gegen seine Unterlassungsverpflichtung verstößt.

Der BGH (Urteil vom 17.11.2014, Az.: I ZR 97/13) hatte hierzu jetzt den Spezialfall zu entscheiden, dass die Annahme auf Seiten des Gläubigers zunächst von einem vollmachtlos handelnden Vertreter – nämlich einem Anwalt – erklärt worden ist, mit der Folge, dass die Erklärung zunächst schwebend unwirksam war. Sie wurde allerdings (später) durch die nachträgliche Genehmigung des Gläubigers wirksam. Die spannende Frage war nun, wie es mit den Verstößen in der Schwebezeit ist. Können solche Verstöße eine Vertragsstrafe auslösen? Der BGH sagt nein. Obwohl die Genehmigung nach dem Gesetz zurückwirkt, entstehen während der Schwebezeit nach Ansicht des BGH keine Rechtsfolgen, die an das tatsächliche Bestehen einer Leistungspflicht anknüpfen.

posted by Stadler at 14:50  
« Vorherige SeiteNächste Seite »