Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.11.10

Mit offenem Visier durchs Netz?

Der CDU Politker Axel E. Fischer, immerhin Vorsitzender der Internet-Enquete-Kommission, hat gefordert, ein „Vermummungsverbot im Internet“ einzuführen. Es könne nicht sein, so Fischer, dass sich Bürger im Netz hinter Pseudonymen versteckten. Abgesehen davon, dass diese Forderung gegen geltendes Recht, nämlich § 13 Abs. 6 TMG, verstößt, stellt sich die Frage, ob ein solches virtuelles Vermummungsverbot mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar ist.

posted by Stadler at 14:04  

13.11.10

Braucht die Polizei den Ermittlungsansatz IP-Adresse?

Habe gerade an einem Workshop des Netzpolitischen Kongresses der Grünen teilgenommen zum Thema „Die dunkle Seite des Netzes“, in dem es um Internetkriminalität ging.

Der Vertreter des BKA hat sehr anschaulich dargestellt, mit welcher Art von Fällen er in der Praxis zu tun hat, insbesondere das Phänomen des Identitätsdiebstahls wurde von ihm skizziert. Sein Kurzvortrag endete mit dem pessimistischen Ausblick, dass bald das Licht ausgehen würde, weil der Polizei der Ermittlungsansatz IP-Adresse nicht (mehr) zur Verfügung  steht.

Das führte zu deutlichem Widerspruch u.a. durch den Datenschutzbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern Karsten Neumann, der auch darauf hingewiesen hat, dass er die Ansicht seines Kollegen Schaar – zur Vorratsdatenspeicherung – nicht teilt.

Dass die Polizeibehörden mithilfe der Vorratsdatenspeicherung ein paar Betrugsfälle mehr aufklären können, mag sein. Primäre Fragestellung sollte aber nicht sein, was technisch möglich ist, sondern was wir rechtsstaatlich und rechtspolitisch für akzeptabel halten. Ist es gerechtfertigt, anlassunabhängig TK-Daten aller Bürger auf Vorrat zu speichern, nur weil man vielleicht einen Betrug aufklären kann, der drei Monate zurück liegt?

Nachdem die Vorratsdatenspeicherung vom Verfassungsgericht kassiert worden ist, stellen sich die damit zusammenhängenden Fragen neu. Der politische Prozess hat erneut begonnen. Und er sollte nicht primär von den Wünschen der Ermittler dominiert werden, sondern von bürgerrechtlichen Aspekten. Und am Ende muss keineswegs ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung stehen, das die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerade so einhält. Der Moderator Jerzy Montag beendete den Workshop mit den Worten, dass das Licht noch nicht ausgeht.

posted by Stadler at 18:31  

12.11.10

Redaktionsgeheimnis und Quellenschutz auch für Blogger?

Das Blog e-comm befasst sich – zunächst aus Sicht des österreichischen Rechts, mit der Frage, ob es ein Redaktionsgeheimnis auch für Blogger und NGOs gibt. Der Kollege Lehofer weist schließlich auf ein Urteil des EGMR vom 14.04.2009 hin, in dem u.a. folgendes ausgeführt ist:

The function of the press includes the creation of forums for public debate. However, the realisation of this function is not limited to the media or professional journalists. In the present case, the preparation of the forum of public debate was conducted by a non-governmental organisation.

Die Passage macht sehr deutlich, dass die Erfüllung der Aufgaben der Presse nicht auf professionelle Medien beschränkt ist, sondern diese Aufgabe auch durch Formen des „Bürgerjournalismus“ erfüllt werden können.

In Deutschland steht das Redaktionsgeheimnis sowie der Quellen- und Informantenschutz als Ausfluss von Art. 5 Abs. 1 GG unter dem Schutz der Verfassung. Das hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt betont, zuletzt in der sog. CICERO-Entscheidung, in der es u.a. ausführt:

Die Freiheit der Medien ist konstituierend für die freiheitliche demokratische Grundordnung (…). Eine freie Presse und ein freier Rundfunk sind daher von besonderer Bedeutung für den freiheitlichen Staat (…). Dementsprechend gewährleistet Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG den im Bereich von Presse und Rundfunk tätigen Personen und Organisationen Freiheitsrechte und schützt darüber hinaus in seiner objektiv-rechtlichen Bedeutung auch die institutionelle Eigenständigkeit der Presse und des Rundfunks (…). Die Gewährleistungsbereiche der Presse- und Rundfunkfreiheit schließen diejenigen Voraussetzungen und Hilfstätigkeiten mit ein, ohne welche die Medien ihre Funktion nicht in angemessener Weise erfüllen können. Geschützt sind namentlich die Geheimhaltung der Informationsquellen und das Vertrauensverhältnis zwischen Presse beziehungsweise Rundfunk und den Informanten (…). Dieser Schutz ist unentbehrlich, weil die Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle aber nur dann ergiebig fließt, wenn sich der Informant grundsätzlich auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses verlassen kann (…).

Das Bundesverfassungsgericht hat sich in dieser Entscheidung nur mit Medien im traditionellen Sinne befasst. Nachdem es aber andererseits jedermann freisteht, auch journalistisch-redaktionell zu arbeiten und zu publizieren, muss es unerheblich sein, ob man hierzu eine Zeitung oder Zeitschrift gründet oder ein Weblog eröffnet. Auch das Qualitätsargument taugt hier wenig, weil inhaltliche Krierien nach einhelliger verfassungsrechtlicher Ansicht für die Eröffnung des Schutzbereichs nicht maßgeblich sind. Andernfalls müsste man Teile der Boulevardpresse vom Schutz ausnehmen.

Der spezifische Schutz der Presse- und Rundfunkfreiheit erstreckt sich deshalb auch auf Blogger. Das schließt den Quellenschutz mit ein.  Das beste Argument hierfür liefert die Verfassung selbst, denn sie gewährleistet die Freiheit der Berichterstattung. Die Diskussion, ob Erscheinungsformen wie Weblogs dem offenen und dynamischen verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff zuzuordnen sind, oder als „elektronische Presse“ eher der Pressefreiheit oder gar einer neuen „Internet-Kommunikationsfreiheit“ unterfallen, ist noch nicht beendet. Außer Frage dürfte aber stehen, dass die Online-Berichterstattung denselben Schutz genießen muss wie Presse und Rundfunk.

posted by Stadler at 16:51  

12.11.10

BGH: Getrennte Verfolgung von zwei Schädigern bei identischem Sachverhalt

Der BGH hatte mit Urteil vom 05.10.2010 (Az.: VI ZR 152/09) über die Frage zu entscheiden, ob die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen eines Zeitschriftenartikels gegen den Verlag einerseits und den Autor andererseits dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG darstellt. Hintergrund war die Frage, ob beide getrennt auf Unterlassung in Anspruch genommen werden durften bzw. hierfür jeweils gesondert Anwaltsgebühren geltend gemacht werden können.

Hierzu führt der Senat zunächst aus, dass bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden ist. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch  ist nach Ansicht des BGH grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war.

Dementsprechend kann auch die Inanspruchnahme mehrerer Schädiger eine Angelegenheit darstellen, wenn den
Schädigern eine gleichgerichtete Verletzungshandlung vorzuwerfen ist und demgemäß die erforderlichen Abmahnungen einen identischen oder zumindest weitgehend identischen Inhalt haben.

Was das Außenverhältnis angeht, muss das Gericht feststellen, ob vertretbare sachliche Gründe für eine getrennte Beauftragung bestanden  haben.  Dies bedarf in Fällen, in denen den verschiedenen Schädigern eine gleichgerichtete Verletzungshandlung vorgeworfen wird und die erforderlichen Abmahnungen einen weitgehend identischen Inhalt haben, eines konkreten Vortrags.

Die Entscheidung ist auch für die Fälle des Filesharing von Bedeutung. Denn der BGH betont, dass Voraussetzung eines Erstattungsanspruch grundsätzlich ist, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zu seinem Anwalt zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist. Ist also zum Beispiel zwischen dem Abmahnenden und seinem Anwalt vereinbart, dass nicht nach den gesetzlichen Gebühren, sondern auf Basis einer Honorarvereinbarungen abgerechnet werden soll, können auch vom Abgemahnten keine RVG-Gebühren verlangt werden.

posted by Stadler at 13:53  

11.11.10

KJM: „Tatort Internet“ verstößt nicht gegen Jugendschutzrecht

Die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten – die bei der BLM angesiedelt ist – teilt heute mit, dass man das umstrittene RTL2-Format „Tatort Internet“ nicht als jugendgefährdend einstuft. In der Pressemitteilung wird der KJM-Vorsitzende Wolf-Dieter Ring mit den Worten zitiert,

„Zu begrüßen ist, dass die Gefahren des sexuellen Missbrauchs im Internet durch diese Sendung nun noch ein Stück weit breiter diskutiert wird – und das hoffentlich auch von Zielgruppen, die sich bisher nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben“

sowie die KJM mit folgender Aussage:

„Dabei muss berücksichtigt werden, dass die gesellschaftliche Diskussion über sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen – leider – zu unserem Alltag gehört und auch gehören muss“

Diese Begründung ist äußerst instruktiv, insbesondere wenn man ergänzend einen anderen aktuellen Fall betrachtet, in dem die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), deren Präsident ebenfalls Ring ist, das Kunstprojekt „Heroin Kids“ als entwicklungsbeeinträchtigend eingestuft hat.

Die (künstlerische) fotografische Darstellung Drogenabhängiger ist Kindern nicht zumutbar, während man die reißerische Aufarbeitung der Diskussion um den sexuellen Missbrauch im Rahmen des Formats „Tatort Internet“ für nicht beanstandungswürdig hält.

Wenn die gesellschaftliche Diskussion der Missbrauchsproblematik zu unserem Alltag gehört, sollte man meinen, dass dies für die Diskussion der Drogenproblematik ebenso gelten müsste.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es neben dem Jugendschutz hier gerade auch um wirtschaftliche Aspekte geht. Denn in dem einen Fall ist ein Fersehsender betroffen, dem man für den Medienstandort München eine gewisse Bedeutung beimisst, während es in dem anderen Fall nur um ein Kunstprojekt von zwei Studenten geht.

Der Jugendmedienschutz ist in seiner jetzigen Form schon fragwürdig genug. Seine unterschiedliche Anwendung verstärkt diesen Eindruck nur noch.

posted by Stadler at 15:08  

10.11.10

Jugendmedienschutz: Bußgeld gegen Kunstprojekt „Heroin Kids“

Einen praktischen Anwendungsfall des Jugendmedienschutzes bietet das Vorgehen der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) gegen das Kunstprojekt „Heroin Kids„.

Die Fotografen Christian Kaiser und Corinna Engel stellen Szenen mit professionellen Models nach, die diese beim oder nach dem Drogenkonsum zeigen.

Die BLM scheint zwar den künstlerischen Aspekt nicht ganz zu verkennen, stuft die Fotos, die auch im Internet veröffentlicht waren, aber als entwicklungsbeeinträchtigend ein und spricht von„sozial ethisch desorientierenden“ Inhalten. Die Folge: Ein Bußgeldbescheid.

Bei der Frage was jugendschutzrechtlich als einwicklungsbeeinträchtigend einzustufen ist, wird primär der Wertmaßstab zentraler Grundrechte wie der Menschenwürde und dem Toleranzgebot herangezogen.Letztlich geht es dabei aber immer auch um die Frage, was Kindern zugemutet werden darf oder manchmal auch muss.

Man sollte sich zur Kontrolle die Frage stellen, ob derartige Fotos ebenfalls als jugendgefährdend beanstandet worden wären, hätte man sie in einem Museum ausgestellt.

Die Fotografen haben Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt, über den vor dem Amtsgericht Ebersberg verhandelt wird.

Die Kunstfreiheit wird von der Verfassung vorbehaltlos gewährleistet. Sie unterliegt also nicht der Schranke des Art. 5 Abs. 2 GG, wie das Bundesverfassungsgericht in der Mephisto-Entscheidung dargelegt hat und findet daher nicht (ohne weiteres) ihre Schranken in den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend.

posted by Stadler at 18:45  

10.11.10

BGH: Urheberrechtsverstoß wegen Umgehung der Startseite

Der Bundesgerichtshof hat 2003 im sog. Paperboy-Urteil entschieden, dass die Setzung eines direkten („Deep“) Links auf eine Unterseite eines Internetangebots nicht wegen Umgehung der Startseite als Urheberrechts- und Wettbewerbsrechtsverletzung zu qualifizieren ist.

Eine ähnlicher Sachverhalt lag dem BGH nunmehr erneut zur Entscheidung (Urteil vom 29.04.2010, Az.: I ZR 39/08) vor, allerdings mit dem Unterschied, dass der Anbieter eine technische Maßnahme ergriffen hat, die bewirken sollte, dass sich jeder Nutzer zuerst auf die Startseite begeben muss, um dort eine sog. Session-ID zu erhalten, mit der er sich anschließend frei im Internetangebot bewegen kann. Der Beklagte hatte, wie es im Urteil heißt, eine programmtechnische Routine eingesetzt, die dazu führt, dass sein Hyperlink dennoch unter Umgehung der Startseite der Klägerin unmittelbar zur gewünschten Unterseite führt.

Hierin hat der BGH einen Eingriff in das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Werkes (§ 19a UrhG) gesehen und zwar selbst dann, wenn diese technische Maßnahme nicht als wirksam zu betrachten ist.

Der Leitsatz des BGH hierzu:

Bedient sich ein Berechtigter einer technischen Schutzmaßnahme, um den öffentlichen Zugang zu einem geschützten Werk nur auf dem Weg über die Startseite seiner Website zu eröffnen, greift das Setzen eines Hyperlink, der unter Umgehung dieser Schutzmaßnahme einen unmittelbaren Zugriff auf das geschützte Werk ermöglicht, in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes aus § 19a UrhG ein. Bei der technischen Schutzmaßnahme muss es sich nicht um eine wirksame technische Schutzmaßnahme im Sinne des § 95a UrhG handeln. Es reicht aus, dass die Schutzmaßnahme den Willen des Berechtigten erkennbar macht, den öffentlichen Zugang zu dem geschützten Werk nur auf dem vorgesehenen Weg zu ermöglichen.

posted by Stadler at 15:59  

10.11.10

Heckmann empfiehlt Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes

Während die Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages zum Zugangserschwerungsgesetz läuft, habe ich gerade mit großem Interesse die ausführliche schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen Dirk Heckmann – auf Twitter übrigens @elawprof – gelesen. Er hält das Sperrgesetz, wie die meisten anderen Experten auch, für verfassungsrechtlich höchst problematisch und empfiehlt dem Bundestag eine Aufhebung des Gesetzes.

Seine Position dürfte Gewicht haben, denn schließlich ist Heckmann Inhaber eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und Internetrecht.

posted by Stadler at 14:47  

10.11.10

Stadtplanabmahnungen, es gibt sie immer noch

Obwohl das Geschäftsmodell der Stadtplanabmahnungen seit vielen Jahren praktiziert wird und Google Maps längst die bessere Alternative darstellt, gibt es nach wie vor Menschen, die Kartenausschnitte von Unternehmen wie Euro-Cities AG in ihre Website einbinden. Das hat dann zumeist eine Abmahnung zur Folge, die mit einer Forderung nach Schadensersatz und Erstattung von Anwaltskosten in einer Größenordnung von nicht selten ca. EUR 1.500,- verbunden ist.

Und die Gerichte machen das auch weiterhin mit, wie zuletzt das Landgericht München I mit Urteil vom 01.10.2010 (Az.: 21 S 8179/10), durch das der Euro-Cities AG Schadensersatz in Höhe einer „angemessenen“ Lizenzgebühr von EUR 820,- sowie zusätzlich Anwaltskosten in Höhe von EUR 555,60,- zugesprochen worden sind.

Ob nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie tatsächlich ein angemessener Schadensersatz in dieser Höhe in Betracht kommt, darf mittlerweile allerdings bezweifelt werden.

Die Situation hat sich den letzten Jahren insoweit verändert, als jeder durch Nutzung der kostenlose API von Google Maps in die Lage versetzt wird, eine kostenlose und hochwertige Karte in seine Website einbinden zu können. Bei dieser Sachlage wird kein vernünftig agierender Webseitenbetreiber einen Kartenausschnitt, der zumeist qualitativ schlechter ist als Google Maps, zum Preis von EUR 820,- lizenzieren. Als angemessen gilt schließlich nach wie vor die Gebühr, die verständige Vertragspartner vereinbaren würden. Es mag nun durchaus sein, dass Unternehmen wie Euro-Cities Preislisten führen, die derartige Mondtarife ausweisen. Die Frage ist allerdings die, ob auf dieser Basis auch aktuell noch freiwillige Lizenzverträge geschlossen werden und wenn ja, ob diese Verträge noch halbwegs den objektiven Wert der Nutzungsberechtigung widerspiegeln.

Die Mühlen der Justiz mahlen wieder einmal sehr langsam. Die Gerichte sollten langsam erkennen, dass kleinen Kartenausschnitten wie denen von Euro-Cities praktisch kein wirtschaftlicher Wert mehr zukommt und dies auch bei der Schadensbemessung berücksichtigen.

posted by Stadler at 11:25  

9.11.10

Netzsperren und Zensur

Auf Telepolis berichtet Stephan Ott über das 6. Bayreuther Forum für Wirtschafts- und Medienrecht zum Thema „Jugendmedienschutz im Informationszeitalter“. Neben der Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags wurde dort auch über das Dauerbrennerthema Zugangserschwerungsgesetz diskutiert. Ott verweist hierzu auf einen Vortrag von Christian von Coelln, der sich mit der Frage beschäftigt, ob Netzsperren Zensur sind und dies deutlich verneint. Wenn man dem tradierten Zensurbegriff folgt, ist dagegen sicher wenig zu sagen. Die verfassungsrechtlichen Probleme des Zugangserschwerungsgesetzes sind freilich im Kern andere.

Wenn man aber schon das Thema Zensur anschneidet, dann erscheint mir die Aussage, dass Netzsperren, entgegen „weitläufiger Meinung in der Netzgemeinde“ keine Zensur darstellt, etwas kurz gesprungen. Juristen neigen dazu, an Altüberkommenem festzuhalten. Das verstellt allerdings allzu häufig den Blick nach vorn. Die spannende Frage, die es gerade auch im rechtswissenschaftlichen Kontext zu diskutieren gilt, lautet, ob sich der Zensurbegriff des Grundgesetzes durch den Einfluss des Internets verändert hat und die hergebrachte Differenzierung zwischen Vor- und Nachzensur weiterhin unverändert aufrecht erhalten werden kann. Hierzu hat Ansgar Koreng mit seiner beachtenswerten Dissertation „Zensur im Internet“ die ersten Pflöcke eingerammt. Anstatt Prämissen zu wiederholen die 50 Jahre alt sind, ist es an der Zeit, sich damit auseinander zu setzen.

posted by Stadler at 23:22  
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