Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

11.11.10

KJM: „Tatort Internet“ verstößt nicht gegen Jugendschutzrecht

Die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten – die bei der BLM angesiedelt ist – teilt heute mit, dass man das umstrittene RTL2-Format „Tatort Internet“ nicht als jugendgefährdend einstuft. In der Pressemitteilung wird der KJM-Vorsitzende Wolf-Dieter Ring mit den Worten zitiert,

„Zu begrüßen ist, dass die Gefahren des sexuellen Missbrauchs im Internet durch diese Sendung nun noch ein Stück weit breiter diskutiert wird – und das hoffentlich auch von Zielgruppen, die sich bisher nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben“

sowie die KJM mit folgender Aussage:

„Dabei muss berücksichtigt werden, dass die gesellschaftliche Diskussion über sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen – leider – zu unserem Alltag gehört und auch gehören muss“

Diese Begründung ist äußerst instruktiv, insbesondere wenn man ergänzend einen anderen aktuellen Fall betrachtet, in dem die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), deren Präsident ebenfalls Ring ist, das Kunstprojekt „Heroin Kids“ als entwicklungsbeeinträchtigend eingestuft hat.

Die (künstlerische) fotografische Darstellung Drogenabhängiger ist Kindern nicht zumutbar, während man die reißerische Aufarbeitung der Diskussion um den sexuellen Missbrauch im Rahmen des Formats „Tatort Internet“ für nicht beanstandungswürdig hält.

Wenn die gesellschaftliche Diskussion der Missbrauchsproblematik zu unserem Alltag gehört, sollte man meinen, dass dies für die Diskussion der Drogenproblematik ebenso gelten müsste.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es neben dem Jugendschutz hier gerade auch um wirtschaftliche Aspekte geht. Denn in dem einen Fall ist ein Fersehsender betroffen, dem man für den Medienstandort München eine gewisse Bedeutung beimisst, während es in dem anderen Fall nur um ein Kunstprojekt von zwei Studenten geht.

Der Jugendmedienschutz ist in seiner jetzigen Form schon fragwürdig genug. Seine unterschiedliche Anwendung verstärkt diesen Eindruck nur noch.

posted by Stadler at 15:08  

14 Comments

  1. Was mich am meisten verblüfft, ist die Tatsache daß die unverpixelte Darstellung dieser „Mandy“ nicht beanstandet wird.
    Jugendschutz fängt für mich an dieser Stelle an.

    mfg.de

    Comment by DerExperte — 11.11, 2010 @ 15:49

  2. Ging es bei der Prüfung tatsächlich „nur“ darum, ob die Serie „jugendgefährdend“ ist?
    Das hätte man sich sparen können, angesichts dessen, was man heute alles so angeboten bekommt und was anscheinend NICHT jugendgefährdend ist.
    Viel gefährlicher finde ich solche Sendungen, weil hier eine Art Hexenjagd veranstaltet wird und das Handeln der Macher schon etwas von Selbstjustiz hat.
    DESWEGEN gehört ein solches Format verboten und nicht weil es jugendgefährdent sein könnte (falls es das wäre natürlich auch).

    Comment by Thomas — 11.11, 2010 @ 16:22

  3. Einige sind halt „Gleicher“

    Comment by christian — 11.11, 2010 @ 17:20

  4. Was ist denn nun genau jugendgefährdend an der Sendung? Ich würde mir tatsächlich mehr von der in der PM ebenfalls erwähnten Prüfgruppe der ZAK in Sachen Verstößen gegen die Programmgrundsätze erhoffen (möglicherweise aber vergeblich). Gleiches Spiel seinerzeit bei DSDS, wo aber ja aus unerfindlichen Gründen der Jugendschutz griff.

    Comment by ElGraf — 11.11, 2010 @ 18:59

  5. @ElGraf: Die Sendung mal gesehen?

    Comment by Stadler — 11.11, 2010 @ 20:42

  6. Warum wundert Ihr Euch über so eine Entscheidung. Das war doch so etwas von klar.
    „Pornosteffie“ steht doch hinter der Sendung und Sie wird doch unsere neue Frau vom Bundeskanzler 2013.
    Da wurde eben in der Kommision halt vorgesorgt, dass man 2013 noch eine Stufe aufsteigt im Petersprinzip, obwohl das eigentlich gar nicht mehr möglich ist. Wir haben somit ein SuperPetersprinzip geschaffen :)))

    Comment by Eddie — 12.11, 2010 @ 07:50

  7. @ElGraf: Noch eine Ergänzung. Ich wollte keineswegs zum Ausdruck bringen, dass ich die Sendung für jugendgefährdend halte. Sonst müsste man weite Teile des Programms mancher Trash-Sender für entwicklungsbeeinträchtigend halten. Es ging mir darum darauf hinzuweisen, dass die Frage, was entwicklungsbeeinträchtigend ist, nicht unbedingt nach einheitlichen Kriterien beurteilt wird.

    Comment by Stadler — 12.11, 2010 @ 07:52

  8. @Stadler: Kennen Sie denn die exakten Kriterien, die in beiden Fällen zum Einsatz kamen oder jeweils nur die Pressemitteilungen (im Fall Heroinkids nur die der Betroffenen), denen ich erst mal überhaupt keine echten „Kriterien“ entnehmen kann?

    Comment by ElGraf — 12.11, 2010 @ 07:56

  9. @ElGraf: Ich kenne nur die Pressemitteilungen. Aber man kann sich ja zu den zugrunde liegenden Sachverhalten selbst eine Meinung bilden

    Comment by Stadler — 12.11, 2010 @ 08:00

  10. Festzustellen, dass die Sendereihe (bisher) keinen Jugendschutz-Verstoß darstellt, kann man m. E. hinnehmen. Anders sieht es mit der Bemerkung in der Pressemeldung aus, dass es begrüßtt wird, dass „die Gefahren des sexuellen Missbrauchs im Internet durch diese Sendung nun noch ein Stück weit breiter diskutiert wird – und das hoffentlich auch von Zielgruppen, die sich bisher nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben“. Abgesehen davon, dass es heissen muss „diskutiert werden“, ist dies werbende Lob der Sendung aus meiner Sicht überflüssig und befremdlich.

    Comment by M. Boettcher — 12.11, 2010 @ 10:11

  11. Meinungen über Sachverhalte kann sich jeder bilden. Über die Einheitlichkeit von Kriterien (Tatsachen!), nach denen KJM und/oder BLM entschieden haben, kann man im konkreten Fall allenfalls spekulieren.

    Comment by ElGraf — 12.11, 2010 @ 15:40

  12. Der Glaube an wertungsfreie „Tatsachen“ und „Objektivität“ ist offenbar unerschütterlich.

    Comment by Peter Hense — 12.11, 2010 @ 17:23

  13. @Hense: Woran „glaubst“ Du denn?

    Comment by ElGraf — 14.11, 2010 @ 18:46

  14. Die ZAK hat nunmehr einen Verstoß gegen die Programmgrundsätze festgestellt.
    http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,730776,00.html
    Was sagt man dazu?

    Comment by ElGraf — 23.11, 2010 @ 22:22

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