Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

6.5.10

Vorratsdatenspeicherung beim EuGH

Wie Heise berichtet, hat der irische High Court dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung mit den europäischen Grundrechten und der Menschenrechtskonvention vereinbar ist.

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner Entscheidung vom März, m.E. durchaus aus politisch-taktischen Erwägungen heraus, auf eine Vorlage beim EuGH verzichtet und sich darauf beschränkt, das deutsche Umsetzungsgesetz für nicht verfassungskonform zu erklären.

Der EuGH hat sich zwar bereits mit der Vorratsdatenspeicherung beschäftigt, allerdings nur mit der formellen Frage einer grundsätzlichen Kompetenz der EU für eine derartige Richtlinie. Eine inhaltliche Prüfung auf Grundrechtsverstöße hin, hat der EuGH nicht vorgenommen. Die Hoffnung, der EuGH könnte die Vorratsdatenspeicherung kippen, halte ich für sehr optimistisch. Wichtiger erscheint mir, dass nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts nochmals in den politischen Prozess der Überprüfung und Korrektur der Richtlinie eingetreten wird. Und an dieser Diskussion müssen sich, anders als vor Jahren, die verschiedenen europäischen Bürgerrechtsgruppen nunmehr aktiv und offensiv beteiligen.

posted by Stadler at 07:57  

5.5.10

Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ konstituiert sich

Heute findet die konstituierende Sitzung der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages statt. 17 Abgeordnete und 17 von den Bundestagsfraktionen benannte Sachverständige sollen sich mit den mittel- und langfristigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen des Internets beschäftigen und dem Bundestag Handlungsempfehlungen unterbreiten.

Auch wenn sich die Sachverständigen zu einem beträchtlichen Teil aus der üblichen Mischung von Wirtschaftslobbyisten, Gewerkschaftern, politiknahen Wissenschaftlern und Behördenvertretern rekrutieren, sind auch einige der besten Köpfe der digitalen Bürgerrechtsbewegung vertreten. Zu nennen sind hier insbesondere padeluun (FoeBuD), Constanze Kurz (CCC) und Alvar Freude (AK Zensur) von denen man zum Thema Bürgerrechte und Datenschutz klare freiheitliche Positionen erwarten darf.

Ob die Enquete tatsächlich politische Entscheidungsprozesse in nennenswertem Umfang beinflussen wird, darf man bezweifeln. Andererseits spricht allein das mediale Interesse an der Kommission und ihren Mitgliedern dafür, dass die Positionen der „Sachverständigen“ wohl kaum gänzlich ignoriert werden können. Die Politik hat zumindest zur Kenntnis genommen, dass sich aus dem Netz heraus neue, politisch aktive Gruppierungen bilden, die zunehmend an Einfluss gewinnen und mit denen das Gespräch gesucht werden muss. Und das erscheint mir schon ein erster kleiner Erfolg zu sein, der andeutet, dass künftig auch im Spiel des politischen Lobbyismus die Karten neu gemischt werden.

posted by Stadler at 11:48  

4.5.10

Bistum Regensburg mahnt jetzt auch Niggemeier ab

Die Diözese Regensburg hat nunmehr auch den Online-Journalisten Stefan Niggemeier abgemahnt, weil er über die Abmahnung eines Regensburger Bloggers durch das Bistum berichtet hatte und hierbei auch erwähnt hat, dass das Bistum Geld an die Familie eines Missbrauchsopfers bezahlt hat, um die Tat von der Öffentlichkeit fern zu halten. Wenn Niggemeier sagt, dass die Kirche versucht, Kritiker zum Schweigen zu bringen, kann man ihm nur beipflichten. Die Diözese wird vermutlich auch gegenüber Niggemeier versuchen, ihre meinungsfeindliche Haltung beim Landgericht Hamburg gerichtlich durchzusetzen. Das Verhalten des Bistums Regensburg ist zutiefst schändlich und allenfalls geeignet, den Vertrauensverlust, den die Kirche schon erlitten hat, zu vertiefen.

posted by Stadler at 22:38  

4.5.10

Aufsatz zur Haftung des W-Lan Betreibers

In einem neuen Aufsatz für JurPC erörtert Reto Mantz die umstrittene Frage, ob und inwieweit der Inhaber eines privaten Internetanschlusses, der anderen mittels eines W-Lans den Internetzugang ermöglicht, für Rechtsverletzungen haftet, die über seinen Zugang erfolgen. In den Filesharing-Fällen wird praktisch immer der Anschlussinhaber in Anspruch genommen.

Mantz lehnt in diesem lesenswerten Aufsatz eine Verantwortlichkeit des Betreibers eines W-Lan sim Ergebnis  ab und stellt u.a. auf den bislang noch wenig diskutierten Umstand ab, dass der Anschlussinhaber in diesen Fällen auch eine Art Access-Provider ist und kein triftiger Grund ersichtlich ist, ihn schlechter zu behandeln, als kommerzielle Zugangsprovider, die sich auf die Privilegierung des § 8 TMG berufen können und darauf, dass sie keine Prüfpflichten im Rahmen der Störerhaftung treffen. Auch die Prämisse, wonach der Betreiber eines W-Lan-Routers eine Gefahrenquelle eröffnet, stellt Mantz zu Recht in Frage. Siehe hierzu auch meinen Beitrag „Grundrecht auf offene Netze?“.

Bleibt zu hoffen, dass der BGH den Aufsatz vor seiner Entscheidung am 12.Mai noch liest.

posted by Stadler at 17:16  

4.5.10

Verwaltungsgericht Wiesbaden: BKA verletzt Persönlichkeitsrecht einer Sportlerin

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden lässt mit einer sehr interessanten Eilentscheidung aufhorchen.

In einer Pressemitteilung hatte das Bundeskriminalamt mit Blick auf ein Urteil des Internationalen Sportgerichts CAS vom 25.11.2009 über eine bekannte, des Dopings verdächtige Eisschnellläuferin behauptet: „In der Urteilsbegründung wird der Athletin Blutdoping vorgeworfen, welches nach Einschätzung des Gerichts so nur in einem professionellen ärztlichen Umfeld möglich ist.

Mit Beschluss vom 22.04.2010 (Az.: 4 L 243/10.WI) hat das Verwaltungsgerichts Wiesbaden dem Eilantrag der Sportlerin stattgegeben und dem Bundeskriminalamt diese Aussage untersagt. Bgründet wurde dies mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Antragstellerin nach Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG.

Die Entscheidung könnte künftig auch im Hinblick auf geschwätzige Staatsanwaltschaften oder Polizeibehörden, man denke nur an die Fälle Kachelmann oder Tauss, von Interesse sein.

Man sollte in diesem Zusammenhang auch beachten, dass sich das BKA nicht in derselben Weise öffentlich äußern kann wie die Presse oder ein Privater. Denn das BKA ist ein Organ der öffentlichen Gewalt – worauf das Gericht ausdrücklich hinweist – und es hat als solches auch die Unschuldsvermutung zu beachten.

Quelle: Pressemitteilung des VG Wiesbaden

posted by Stadler at 16:29  

4.5.10

Neue Lücke bei SchülerVZ

Netzpolitik.org berichtet über ein neues Datenleck bei SchülerVZ und davon, dass man 1,6 Millionen Datensätze, quasi als Beleg, zugeschickt bekommen hat.

Diese neue Meldung fand ich u.a. auch deshalb interessant, weil der Justitiar der VZ-Gruppe Dr. Schenk bei einem Vortrag am 30.04.2010 auf dem Reh..Mo Sysmposium in Passau noch betont hatte, dass Datenschutz bei der VZ-Gruppe oberste Priorität habe, dass man in diesem Punkt mittlerweile damit auch bei Tests von Verbrauchermagazinen gewinnen würde und man dies zudem als Wettbewersbvorteil gegenüber der amerikanischen Konkurrenz sehe.

Dass es in der Praxis freilich anders aussieht, zeigt der Bericht von netzpolitik.org. Man muss allerdings auch immer wieder betonen, dass es sich bei diesen Daten nicht um vertrauliche Nutzerdaten handelt, sondern vielmehr um solche Daten, die die Nutzer selbst offen eingestellt haben und die grundsätzlich jeder registrierte Nutzer von SchülerVZ einsehen kann. Woran man sich zu stören scheint, ist deshalb der Umstand, dass sich diese Daten mittels eines Crawlers automatisiert abgreifen und zusammenführen lassen.

posted by Stadler at 10:13  

4.5.10

JMStV: Verschärfte Kontrollpflichten für Content-Anbieter?

Ein juristischer Aufsatz von Rechtsanwalt Florian Geyer zur Neufassung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags spricht davon, dass Plattformbetreiber künftig eine Kontrollpflicht haben und die Anforderungen insgesamt verschärft werden. Auch wenn ich diese Meinung nicht unbedingt teile, zeigt der Beitrag doch, dass zumindest die Befürchtungen, die gegen die Neufassung vorgebracht worden sind, nicht ohne weiteres als übertrieben abgetan werden können.

Das Hauptproblem des Jugendmedienschutzes besteht bislang in einem gewissen „Vollzugsdefizit“. Sollten die zuständigen Stellen ihre Bemühungen, das Regelwerk praktisch durchzusetzen, verstärken, dann könnten allerdings auch normale Blogger von den Auswirkungen betroffen sein.

posted by Stadler at 08:06  

3.5.10

Abmahnungen und Meinungsfreiheit

Dass die Rechtsprechung der Pressekammer des Landgerichts Hamburg mittlerweile als demokraktiegefährdend einzustufen ist, habe ich unlängst hier geschrieben. Weil zuviele Gerichte – nicht nur Hamburg – das Spiel einiger Anwaltskollegen mitspielen, die im Interesse ihrer Mandanten oft erfolgreich unliebsame aber zulässige Meinungsäußerungen unterdrücken, gerät die grundgesetzlich verbürgte Meinungsfreiheit im Internet mehr und mehr in Gefahr. Aus Angst jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen, verzichten die einen auf klare Aussagen, während andere, die Plattformbetreiber, Kommentare vorschnell löschen oder gar nicht erst freischalten. Stefan Niggemeier skizziert diese ungute Atmosphäre sehr anschaulich.

posted by Stadler at 22:00  

3.5.10

Datenschutz: Aufsichtsbehörden müssen unabhängig werden

Nach einer Entscheidung des EuGH, über die ich berichtet habe, erbringen die Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder für den nichtöffentlichen Bereich ihre Aufgaben nicht „in völliger Unabhängigkeit“. Damit sind die Vorgaben der Datenschutzrichtlinie nicht eingehalten worden. Die u.a. für die Datenschutzkontrolle bei Unternehmen zuständigen Stellen müssen nunmehr aus der behördlichen Hierarchie ausgegliedert werden.

Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe die entsprechende Modelle erarbeiten soll, nimmt nach Presseberichten in dieser Woche die Beratungen auf.

posted by Stadler at 17:20  

3.5.10

BGH: Hotelier verletzt Weitersenderecht nicht

Der BGH hat mit einem heute veröffentlichten Urteil (Urteil vom 12.11.2009, Az.: I ZR 160/07) darüber entschieden,ob ein Hotelier, der in seinem Hotel aufgrund eines Vertrags mit dem Kabelnetzbetreiber die einzelnen Hotelzimmer mit Fersehempfang versorgt, eine urheberrechtliche Weitersendung im Sinne v. §§ 87, 20 UrhG vornimmt und damit in das Senderecht eingreift. Das hat der Bundesgerichtshof verneint und folgenden Leitsatz formuliert:

Sendender i.S. von § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 20 UrhG ist im Falle einer Kabelweitersendung allein derjenige, der darüber entscheidet, welche Funksendungen in das Kabel eingespeist und an eine Öffentlichkeit weitergeleitet werden, nicht dagegen derjenige, der lediglich die hierfür erforderlichen technischen Vorrichtungen bereitstellt und betreibt. Überträgt der Betreiber eines Kabelnetzes Funksendungen durch Einspeisung in eine Kabelanlage aufgrund einer eigenen Entscheidung – und nicht lediglich als Dienstleister beim Signaltransport – weiter, sendet er selbst und ist dafür selbst urheberrechtlich verantwortlich.

Die Entscheidung wird man auch auf das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) im Internet übertragen können, so dass auch technische Dienstleister wie Provider nicht öffentlich zugänglich machen, solange sie nur Signale bzw. Daten weiterleiten. Ob die Entscheidung auch auf Fälle des Filesharings übertragbar ist, in denen Hoteliers als Anschlussinhaber in Anspruch genommen werden, wenn die rechtsverletzende Nutzung durch einen Hotelgast erfolgt ist, der den Internetzugang des Hotels benutzt hatte, erscheint allerdings zweifelhaft. Denn der BGH differenziert in den Gründen danach, ob nur ein Empfang oder auch eine Sendetätigkeit hinzutritt. In Fällen des Filesharing wird sich der Hotelier allerdings auf die Privilegierung des § 8 TMG berufen können und mit Blick auf Unterlassungsansprüche darauf, dass ihm eine Überprüfung des Nutzungsverhaltens seiner Gäste weder (rechtlich) möglich noch zumutbar ist.

posted by Stadler at 11:39  
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