Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

3.5.10

Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Meinungsfreiheit

Das Blog e-comm bietet einen Überblick über aktuelle Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Frage der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung (Art. 10 EMRK). Dem Gerichtshof wird ja nachgesagt, er würde den Schutz der Privatsphäre und des Persönlichkeitsrechts wesentlich stärker gewichten als die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des BGH. Die Entscheidungen machen dennoch deutlich, dass der Meinungs- bzw. Berichterstattungsfreiheit regelmäßig dann Vorrang gebührt, wenn sich die betroffene Person im öffentlichen Raum bewegt hatte. Interessanterweise sind in letzter Zeit in Finnland mehrfach Journalisten – z.T. zu Haftstrafen – verurteilt worden, wegen angeblich persönlichkeitsrechtsverletzender Berichterstattung. Der EGMR hat mehrere dieser Entscheidungen aufgehoben.

posted by Stadler at 07:57  

1.5.10

Bundesratsausschüsse kritisieren Censilia

Eine Ausschussempfehlung vom 26.04.2010 zum Richtlinienvorschlag der EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Kinderpornografie, der auch das Instrumentarium der Access-Blockaden vorsieht, schlägt dem Bundesrat vor, kritisch bis ablehnend zum Richtlinienentwurf Stellung zu nehmen.

Kritisiert wird u.a., dass die Richtlinie alle Personen unter 18 Jahren als Kinder betrachtet. Zu Recht weist der Bundesrat darauf hin, dass die Schutzwürdigkeit von Jugendlichen (zwischen 14 und 18 Jahren) anders zu beurteilen ist, als die von Kindern.

Deutliche Kritik wird auch an den beabsichtigten Access-Sperren geübt, die im verfassungsrechtlichen Sinne sogar als unverhältnismäßig bewertet werden. Der Wortlaut der Ausschussempfehlung macht deutlich, dass einige politische Akteure nunmehr endlich verstanden haben, worin das eigentlich Problem der Zugangsblockaden besteht. Das ist der aufklärenden Arbeit von Sperrgegnern wie dem AK Zensur geschuldet. Einige Auszüge aus der Ausschussempfehlung:

Da Sperren leicht zu umgehen sind, spiegeln sie einen Schutz vor, der in Wahrheit nicht gegeben ist. Sperren laufen zudem Gefahr, als Zensurversuch des Internets empfunden zu werden. Der Grundsatz „Löschen statt Sperren“ ist deshalb intensiv zu verfolgen. (…)

Internetsperren widersprechen auch den rechtsstaatlichen Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes:

– Internetsperren sind sachlich nicht geeignet, die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte wirksam zu bekämpfen. Ihre Umgehung ist technisch mit einfachsten Methoden möglich. Die Sperren bieten darüber hinaus keinen Schutz gegen alternative Verbreitungswege.

– Internetsperren sind auch nicht erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, da mit dem Löschen ein milderes, mindestens gleich wirksames Mittel zur Verfügung steht. Schon jetzt werden kinderpornografische Inhalte auf der ganzen Welt gelöscht.

– Internetsperren sind kein angemessenes Mittel. Zum Ersten setzen sie nicht unmittelbar beim Verantwortlichen an. Wenn die Richtlinie die bedingungslose Sperrung von kinderpornografischen Inhalten vorsieht, widerspricht sie dem Prinzip der gestuften Verantwortlichkeit, wonach ein Nicht-Verantwortlicher allenfalls nachrangig haftet. Zum Zweiten erfassen Sperrungen in der Regel auch eine ganze Bandbreite legaler Inhalte, deren Urheber in ihrem Recht auf Meinungsfreiheit empfindlich verletzt würden. Und zum Dritten ist der Aufbau einer „Sperrinfrastruktur“ aus rechtsstaatlichen Gründen auch deshalb bedenklich, weil diese die Gefahr ganz anderer Verwendungen in sich birgt.

posted by Stadler at 20:13  

1.5.10

Überwachung durch Webcams?

Unter dem Titel „Rechtliche Einordnung von Webcams“ geht Ann-Karina Wrede in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Datenschutz und Datensicherheit (DuD 2010, 225) in einem lesenswerten Aufsatz der Frage nach, ob der Einsatz von Webcams im öffentlichen Raum, also zum Beispiel auf öffentlichen Plätzen oder an touristisch interessanten Orten, gegen Rechtsvorschriften verstoßen kann. Die Autorin befasst sich dabei mit den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes zur Videoüberwachung (§ 6b BDSG) und mit den Normen zum Schutz des Rechts am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG).

Sofern die Webcam nicht der Beobachtung dient, sondern dazu, Übersichtsaufnahmen von einem Ort anzufertigen, ist nach Ansicht von Wrede ein Personenbezug nicht gewollt und beabsichtigt, weshalb die Vorschrift des § 6b BDSG nicht zur Anwendung gelangt. Denn eine Videoüberwachung im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes liegt nur dann vor, wenn die Tätigkeit des Betreibers der Webcam auch darauf gerichtet ist, Geschehnisse und Personen zu überwachen.

Demgegenüber greift der Schutz des KUG schon dann ein, wenn Personen erkennbar und identifizierbar sind. Die Autorin geht insoweit allerdings davon aus, dass die Personen in aller Regel nur „Beiwerk“ einer Örtlichkeit sind und beiläufig erfasst werden, weshalb die Gestattung nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG eingreifen kann. Allerdings rät Wrede dazu, die Webcam, die öffentliche Plätze erfasst, so einzustellen bzw. aufzustellen, dass Personen nicht identifiziert werden können. Sobald eine (deutliche) Erkennbarkeit von Personen möglich ist, wird nämlich in deren Rechte eingegriffen.

Update: Der Aufsatz ist auch im Volltext online

posted by Stadler at 18:11  

1.5.10

OLG Düsseldorf: Rapidshare haftet nicht als Störer

Im Gegensatz zu anderen Gerichten hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 27.04.2010 (I-20 U 166/09) eine Störerhaftung des Sharehosters Rapidshare für von Nutzern des Dienstes hochgeladene Filmwerke verneint.

Die Argumentation des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist in Teilen durchaus innovativ. Das OLG Düsseldorf verneint Unterlassungsansprüche gegen Rapidshare vor allen Dingen deshalb , weil es dem Sharehoster technisch nicht zuverlässig und zielgenau möglich sei, die künftige Zugänglichmachung von Filmen durch Nutzer zuverlässig zu verhindern.

Außerdem führt das OLG Düsseldorf aus, man könne Rapidshare letztlich nur verbieten, dass Nutzer des Dienstes bestimmte Dateien auf den Servern des Sharehosters speichern. Das sieht der Senat aber mit Blick auf  die urheberrechtliche Schranke der Privatkopie (§ 53 Abs. 1 UrhG) als problematisch an. Denn der Nutzer kann eine rechtmäßig erworbene Filmkopie grundsätzlich auch auf externen Servern zu privaten Zwecken speichern. Er darf nur den „Standort” nicht öffentlich preisgeben, kann aber im Rahmen des § 53 Abs. 1 UrhG den Film mit Familienmitgliedern oder Freunden teilen. Würde man Rapidshare zwingen, bereits den Upload bestimmter Film- oder Musikdateien generell zu verhindern, dann wäre es den Rechteinhabern damit auch gelungen, die bei ihnen ohnehin unbeliebte Möglichkeit der Privtakopie insoweit auszuhebeln. Das ist eine, wie ich finde, durchaus beachtliche Argumentation des OLG Düsseldorf..

posted by Stadler at 17:09  
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