Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.8.13

Wann kommt das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken?

Von Mandanten, speziell aus dem Filesharingbereich, werde ich in letzter Zeit immer wieder gefragt, ob das „Anti-Abzockgesetz“ denn noch nicht in Kraft getreten sei.

Nein, das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ist tatsächlich immer noch nicht in Kraft. Es wurde zwar bereits am 27.06.2013 vom Bundestag beschlossen, ist aber noch nicht durch den Bundesrat. Dort steht es auf der Tagesordnung der Sitzung vom 20.09.2013. Sollte der Bundesrat gegen das Gesetz keinen Einspruch erheben, dann würde die Neuregelung voraussichtlich im Oktober in Kraft treten. Neben einer Begrenzung der Anwaltskosten soll auch der fliegende Gerichtsstand durch folgende Neuregelung eines § 104a Abs. 1 UrhG eingeschränkt werden:

Für Klagen wegen Urheberrechtsstreitsachen gegen eine natürliche Person, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk diese Person zur Zeit der Klageerhebung ihren Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn die beklagte Person im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Das bedeutet, dass Filesharer künftig an ihrem Wohnsitz verklagt werden müssen, was dazu führt, dass alle deutschen Amtsgerichte gleichmäßig mit solchen Klagen konfrontiert werden und sich die Klagen nicht mehr auf München und Hamburg konzentrieren, was derzeit der Fall ist. Das wird möglicherweise zu einer noch uneinheitlicheren Rechtsprechung führen, nachdem die Amtsgerichte München und Hamburg derzeit äußerst rechteinhaberfreundlich entscheiden, und möglicherweise auch dazu, dass einige Klagen nicht mehr erhoben werden. Ob die Prozessflut allerdings deutlich eingedämmt wird, hängt davon ab, wie die klagefreudigsten Kanzleien der Branche auf die Gesetzesänderung reagieren werden.

posted by Stadler at 18:24  

13.8.13

Sixt wirbt mit Mollath: Nur geschmacklos oder rechtswidrig?

Dass die Autovermietung Sixt mit einem Bild Gustl Mollaths und der Aussage „Wenn hier jemand verrückt ist, dann Sixt mit seinen Preisen“ wirbt, hat viele Menschen empört.

Die juristischen Einschätzungen, die ich dazu gelesen habe, sind unterschiedlich. Während der Kollge Solmecke die Werbekampagne für zulässig hält, hegt der Kollege Dirks Zweifel.

Auch wenn der BGH in vermeintlich ähnlich gelagerten Fällen eine Werbung mit dem Bild eines Prominenten unter Anspielung auf ein taktesaktuelles Ereignisses für zulässig erachtet hat, könnte es sein, dass Sixt in diesem Fall auch juristisch zu weit gegangen ist. In der Entscheidung des BGH Oskar Lafontaine betreffend, wurde die Zulässigkeit der Abbildung des Politikers darauf gestützt, dass die beanstandete Werbeanzeige nicht ausschließlich einem Werbezweck dient, sondern im Zusammenhang mit der Abbildung Lafontaines auch eine auf ein aktuelles Ereignis bezogene politische Meinungsäußerung in Form der Satire enthalten sei.

Ob das auf Mollath und die hier in Rede stehende Aussage übertragbar ist, kann man allerdings bezweifeln. Sixt macht sich gezielt über den Umstand der siebenjährigen Unterbringung Mollaths in der geschlossenen Psychiatrie lustig. Mollath hat die Öffentlichkeit nicht von sich aus gesucht und befindet sich anders als ein Politiker auch nicht im öffentlichen Meinungskampf.

Es stellt sich hier letztlich die Frage, ob mit dieser Werbung nicht die ideellen Teile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen sind, deren Schutz durch die Menschenwürdegarantie von Verfassungs wegen geboten ist. Diese Annahme liegt im Falle Mollath jedenfalls deutlich näher als bei Oskar Lafontaine.

Das hat man möglicherweise jetzt auch bei Sixt erkannt, denn Erich Sixt hat die Werbung mittlerweile stoppen lassen und sich bei Gustl Mollath schriftlich entschuldigt. Ob Sixt auch eine Unterlassungserklärung abgegeben hat oder abgeben wird, ist nicht klar.

posted by Stadler at 17:58  

13.8.13

Ich hätte da noch ein paar Fragen, Herr Pofalla

Recht und Gesetz ist das Begriffspaar, das in der Erklärung von Kanzleramtsminister Pofalla geradezu inflationär gebraucht wird. Fast beschwörend wiederholt der Minister mehrfach, dass sich sowohl BND, NSA als auch der britische Geheimdienst stets an die Vorgaben von (deutschem) Recht und Gesetz halten. Was die Dienste allerdings innerhalb der rechtlich zulässigen Grenzen genau machen, erfahren wir Bürger weiterhin nicht. Es hat uns offenbar nicht zu interessieren. Mit Aufklärung hat das was Pofalla liefert nichts zu tun. Seine Erklärung verfügt über keinerlei substantiellen Informationsgehalt. Wer also gerne beschwörend artikulierenden Politikern glaubt, ist beim Kanzleramtsminister an der richtigen Adresse. Alle Anderen werden weiter berechtigte Zweifel hegen.

Denn wir wissen, dass sich auch Parlament und Regierung, speziell im Bereich der Sicherheitsgesetze, allzuoft nicht an die Verfassung halten, ansonsten müsste das BVerfG solche Gesetze nicht derart oft wieder einkassieren. Die wesentlich besser gerichtlich und öffentlich kontrollierten Polizei- und Sicherheitsbehörden übertreten das geltende Recht durchaus ebenfalls regelmäßig. Welchen Grund gibt es also zu glauben, dass sich die parlamentarisch und gerichtlich so gut wie gar nicht kontrollierten Dienste strikt im Rahmen der geltenden Gesetze bewegen? Bereits das was öffentlich bekannt ist, lässt sich selbst mithilfe einer äußerst kreativen Gesetzesauslegung schwerlich rechtfertigen.

Wenn ohnehin alles in bester Ordnung ist, dann könnte man dem Bürger doch jetzt auch etwas genauer erläutern, welche Art von Daten der BND in welchem Umfang erhebt.

Ich hätte da zumindest noch ein paar Fragen Herr Pofalla:

Warum wird die massive Erfassung von Metadaten durch den BND nicht in der jährlichen Unterrichtung des Bundestages erwähnt?

Wie viele solcher Metadaten, also TK-Verbindungsdaten, hat der BND im vergangenen Jahr erhoben, gespeichert und ausgewertet?

Auf welcher rechtlichen Grundlage erhebt der BND diese Metadaten genau? Welche Vorschrift wird als Rechtsgrundlage angesehen?

Durch welche konkreten – angeblich mehrstufigen – Maßnahmen wird sichergestellt, dass Kommunikation mit Inlandsbezug bzw. Kommunikation deutscher Staatsbürger nicht erfasst wird?

In wie vielen Fällen hat das Kanzleramt einer Datenweitergabe an ausländische Geheimdienste zugestimmt? Was waren die genauen Gründe dieser Gestattungen?

posted by Stadler at 08:03  

12.8.13

Markentroll will „Edward Snowden“ als Marke eintragen lassen

Beim Deutschen Patent- und Markenamt hat jemand am 01.07.2013 die Eintragung der Wortmarke „Edward Snowden“ in den Waren- und Dienstleistungsklassen 9 und 16 beantragt (Az.:  3020130393384). Der Schutz könnte also u.a. begehrt werden für „Datenverarbeitungsgeräte und Computer“ (Klasse 9).

Ob das DPMA ein absolutes Schutzhindernis im Sinne von § 8 MarkenG bejahen wird, bleibt abzuwarten. Fremde Namen gelten markenrechtlich aber grundsätzlich nicht als absolute Schutzhindernisse, so dass es durchaus zu einer Eintragung der Marke kommen kann.

posted by Stadler at 14:44  

11.8.13

Landrat gründet eigene Facebookgruppe um einen Bürger zu kritisieren

Der Landrat des niederbayerischen Landkreises Regen, Michael Adam, hat zu einer bemerkenswerten Maßnahme gegriffen, um einen unbequemen Bürger in die Schranken zu weisen. Er hat kurzerhand eine Facebookgruppe gegründet mit dem Namen „Dauer-Leserbriefschreiber Helmut Geiss for President!“. Diese Facebookgruppe hat der Landrat aufgrund erheblicher Kritik zwischenzeitlich in „Leserbrief-Diskussionsforum Landkreis Regen“ umbenannt.

Die Gründung der Facebookgruppe durch den Landrat war nach der Berichterstattung der Passauer Neuen Presse eine Reaktion auf den Leserbrief des Bürgers Helmut Geiss an die Zeitung.

Das Verhalten des Landrats erscheint mir juristisch vor allen Dingen auch deshalb interessant zu sein, weil es in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Amtstätigkeit steht und deshalb vermutlich gar nicht nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen sein dürfte, sondern nach denen des öffentlichen Rechts. Indem der Landrat einen kritischen Bürger in einer Facebookgruppe praktisch an den Pranger stellt, weil er einerseits die Gruppe nach dem besagten Bürger benennt und andererseits mit seinem eigenen Eingangsposting über den Bürger u.a. mit den Worten er sei ein „unverbesserliches „Gescheidhaferl“ herzieht, greift Adam als Amtsträger m.E. direkt in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bürgers ein.

Natürlich muss es auch einem Politiker möglich sein, auf öffentlich geäußerte Kritik eines Bürgers entsprechend zu reagieren. Aber er muss in dieser Konstellation darauf achten, dass er als Amtsträger dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtet ist. Die Eröffnung einer Facebookgruppe in der geschilderten Art und Weise entfaltet faktisch eine öffentliche Prangerwirkung zu Lasten des betroffenen Bürgers. Man wird dieses Verhalten deshalb als (Grund-)Rechtsverletzung durch den Landrat bewerten können.

Noch eindeutiger als die rechtliche Bewertung dürfte allerdings die politische ausfallen. Das hat der Landrat vermutlich mittlerweile auch selbst erkannt, oder es wurde ihm von Menschen gesagt, die über einen etwas klareren Blick verfügen als er selbst.

In Niederbayern ist das Thema aber offenbar noch nicht durch, denn die Passauer Neue Presse wird das Thema morgen in einer Gesamtausgabe nochmals groß aufgreifen.

posted by Stadler at 13:41  

9.8.13

BVerfG: Maßnahmen der öffentlichen Gewalt dürfen auch scharf kritisiert werden

Das Bundesverfassungsgericht hat die strafrechtliche Verurteilung von Mitarbeitern einer Flüchtlingsorganisation wegen Kritik an einer Ausländerbehörde wegen Verstoß gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aufgehoben (Beschluss vom 24.07.2013, Az.: 1 BvR 444/13 und 1 BvR 527/13).

Das BVerfG betont, dass die Strafgerichte bei der Beurteilung von Kritik an öffentlichen Stellen berücksichtigen müssen, dass das Recht, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen auch scharf kritisieren zu können, zum Kernbereich der Meinungsfreiheit gehört. Dieser Aspekt ist bei der gebotenen Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht deshalb besonders hoch zu veranschlagen.

Die Flüchtlingsorganisation hatte dem Rechtsamt einer Stadt, sowie einer namentlich genannten Sachbearbeiterin, anlässlich des „Antirassismustag 2010“ einen im Internet veröffentlichten „Denkzettel für strukturellen und systeminternen Rassismus“ verliehen und dies u.a. damit begründet, die Behörde habe einem Flüchtling wider besseres Wissen eine Vortäuschung seiner fachärztlich bescheinigten Gehörlosigkeit unterstellt. Die im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits abgegebene Stellungnahme der Stadt habe absichtlich und bewusst Fakten ignoriert, um Gründe für eine Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis vorbringen zu können. Dies stelle eine unmenschliche, diskriminierende und jegliche Tatsachen ignorierende Umgangsweise mit dem Flüchtling dar.

Das Amtsgericht hat die Beschwerdeführerin deshalb wegen übler Nachrede verurteilt, das Landgericht hat die Verurteilung bestätigt.

Das BVerfG rügt zunächst, dass bereits die Annahme einer Tatsachenbehauptung fehlerhaft ist. Eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile einer Äußerung ist nach Ansicht des BVerfG nur zulässig, wenn dadurch ihr Sinn nicht verfälscht wird. Wo dies nicht möglich ist, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden, weil andernfalls eine wesentliche Verkürzung des Grundrechtsschutzes droht.

Das BVerfG betont außerdem, dass der Begriff der Schmähkritik eng definiert ist. Insbesondere bei Äußerungen in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage kann eine Schmähung nur selten angenommen werden.

Auch diese Entscheidung ist im Ergebnis nicht wirklich überraschend, verdeutlicht aber einmal mehr, dass die Instanzgerichte die Bedeutung und Reichweite der Meinungsfreiheit immer noch häufig verkennen.

posted by Stadler at 15:03  

9.8.13

Bezeichnung einer Anwaltskanzlei als „Winkeladvokatur“ kann zulässig sein

Das Landgericht Köln und in der Berufung das OLG Köln hatten es einem Anwalt untersagt, einen Kollegen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens als Winkeladvokaten zu bezeichnen. Warum ich diese Entscheidungen für falsch halte, habe ich bereits im letzten Jahr erläutert und insoweit die Einschätzung vertreten, dass die Entscheidungen keinen Bestand haben werden, sollte es zu einer Revision und/oder Verfassungsbeschwerde kommen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Entscheidungen mit Beschluss vom 02.07.2013 (Az.: 1 BvR 1751/12), aus meiner Sicht erwartungsgemäß, aufgehoben und an das Landgericht Köln zurückverwiesen. Das BVerfG führt zur Begründung aus:

Die von dem Landgericht vorgenommene Einordnung der streitgegenständlichen Äußerung als Schmähkritik begegnet durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Landgericht räumt selbst ein, dass die Äußerung anlässlich einer sachthemenbezogenen Auseinandersetzung getätigt worden sei. Die Äußerung stellt eine etwaige Diffamierung des Klägers nicht in den Vordergrund, sondern weist Sachbezug auf, indem der Beschwerdeführer den Außenauftritt des Klägers moniert. Dies wiederum steht in sachlichem Bezug zu dem Arzthaftungsprozess, in den der Beschwerdeführer die E-Mail eingeführt hat, denn er wollte auf die Parallelität der gesellschaftsrechtlichen Formen der Rechtsanwaltskanzlei des Klägers einerseits und der Arztpraxis von dessen Mandantschaft andererseits und auf einen möglichen Interessenkonflikt hinweisen.

posted by Stadler at 14:06  

8.8.13

Auf welcher rechtlichen Grundlage erhebt der BND Metadaten?

Dass der Bundesnachrichtendienst (BND) massenhaft und automatisiert Metadaten erhebt, ist eine gänzlich neue Erkenntnis. Diese Praxis wird aber erst gar nicht dementiert, sondern mit immer neuen merkwürdigen Begründungen gerechtfertigt. Heute kann man zum Beispiel bei SPON lesen, dass diese Daten aus der Auslandsaufklärung des BND in Afghanistan und Nordafrika stammen sollen. Gleichzeitig ist aber von der Fernmeldeaufklärung am BND-Standort in Bad Aibling die Rede. Verstehe das nur ich nicht? Dass der BND TK-Verbindungsdaten wie Telefonnummern, IP-Adressen und E-Mailadressen und die dazugehörigen Kommunikationszeitpunkte in Afghanistan und Nordafrika erhebt, ist unwahrscheinlich. Die Datenerhebung findet also in Deutschland statt, u.a. von Bad Aibling aus.

Die Frage auf welcher konkreten rechtlichen Grundlage der BND überhaupt massenhaft Metadaten erheben kann, wird in der Berichterstattung erst gar nicht gestellt. Stattdessen liest und hört man gerade von Journalisten immer wieder die apodiktische Aussage, der BND würde dies legal bzw. auf Basis des geltenden Rechts machen. Aber ist das tatsächlich so? Nachdem die Tatsache, dass der BND massenhaft TK-Verbindungsdaten erhebt, bislang nicht öffentlich bekannt war, wurde m.W. auch die Frage, ob und inwiefern dies auf Basis des G10-Gesetzes überhaupt möglich ist, juristisch bisher nicht erörtert.

Was der BND macht, ist im Grunde nichts anderes als eine exkzessive Form der Vorratsdatenspeicherung.

Meines Erachtens kommen im G10-Gesetz als Rechtsgrundlage lediglich § 2 und § 5 in Betracht. § 2 G10-Gesetz dürfte ungeachtet des Umstandes, dass die Vorschrift im Lichte der Entscheidung des BVerfG zur Bestandsdatenauskunft verfassungsrechtlich bedenklich ist, als Rechtsgrundlage für das was der BND praktiziert, aus tatsächlichen Gründen ausscheiden. Denn § 2 Abs. 1 G10-Gesetz regelt Auskunftspflichten von TK-Anbietern. Nur dann, wenn der BND solche Verbindungsdaten also bei Providern beauskunftet, kommt § 2 überhaupt in Betracht. Es stellt sich aber auch dann die Frage, ob § 2 die Abfrage von Verbindungsdaten ermöglicht, oder auf Bestandsdaten beschränkt ist. Für die massenhafte Erfassung von Metadaten stellt § 2 also keine geeignete Rechtsgrundlage dar.

§ 5 G10-Gesetz regelt die sog. strategische Fernmeldekontrolle. Danach ist es zulässig, internationale Telekommunikationsbeziehungen anhand von Suchbegriffen zu durchsuchen. Diese Regelung zielt eigentlich auf Kommunikationsinhalte ab und passt nicht wirklich für die gezielte Erfassung von Verbindungsdaten. Selbst wenn man sich über diese Bedenken hinwegsetzen würde, wirft die Regelungen im Hinblick auf Verbindungsdaten aber noch weitere, kaum zu lösende Probleme auf.

Die Vorschrift besagt nämlich, dass keine Suchbegriffe verwendet werden dürfen, die Identifizierungsmerkmale enthalten, die zu einer gezielten Erfassung bestimmter Telekommunikationsanschlüsse führen. Genau das trifft aber auf Telefonnummern, E-Mail-Adressen und IP-Adressen zu. Das gilt allerdings nicht für Telekommunikationsanschlüsse im Ausland, sofern ausgeschlossen werden kann, dass Anschlüsse, deren Inhaber oder regelmäßige Nutzer deutsche Staatsangehörige sind, gezielt erfasst werden.

Diesen gesetzlichen Ausschluss der Erfassung inländischer Anschlüsse will der BND offenbar dadurch bewerkstelligen, dass E-Mail-Adressen mit der Endung .de und deutsche Telefonnumern ausgefiltert werden. Nachdem Millionen deutscher Staatsbürger aber E-Mail-Adressen benutzen, die zu einer .com-Domain gehören, lässt sich durch diese Maßnahme nicht ausschließen, dass deutsche Staatsangehörige erfasst werden. Die massenhafte Erhebung von Metadaten kann also auch nicht durch § 5 G10-Gesetz gerechtfertigt werden. Auch aus dem TKG und dem BND-Gesetz ergeben sich keine geeigneten Rechtsgrundlagen.

Das geltende Recht bietet also auch Geheimdiensten keine rechtliche Grundlage für eine (unkontrollierte) Erfassung und Speicherung von TK-Verbindungsdaten. Ich gehe davon aus, dass sich diese Einschätzung auch in der nunmehr vermutlich einsetzenden rechtswissenschaftlichen Diskussion verfestigen wird.

Daraus folgt, dass bereits die Erhebung der Daten durch den BND rechtswidrig ist. Die nachfolgende Übermittlung an die NSA wirft weitere rechtliche Fragen auf. Nachdem aber bereits die Datenerhebung durch den BND rechtswidrig ist, ist auch die Übermittlung an die NSA nicht in rechtmäßiger Art und Weise möglich.

Vielleicht sollte die Bundesregierung jetzt einfach mal ihrer Verpflichtung nachkommen, für die Durchsetzung des Rechts zu sorgen und dem BND die Erhebung von TK-Verbindungsdaten untersagen. Offenbar betrachten aber sowohl BND als auch Bundesregierung das G10-Gesetz lediglich als unverbindliche Empfehlung, die man nach Belieben ignorieren kann.

posted by Stadler at 22:43  

7.8.13

Gemeinsame „Fernmeldeaufklärung“ von BND und NSA

Bei tagesschau.de kann man heute zu den jüngsten Enthüllungen, wonach der BND laufend (massenweise) Metadaten an die NSA übermittelt, folgendes lesen: „Steinmeier hat angefangen“.

Heißt das, dass man jetzt gar nicht mehr dementiert, sondern sich darauf zurückzieht, die rechtswidrige Datenübermittlung hätte bereits unter dem früheren Kanzleramtsminister Steinmeier begonnen? Kann sich die Bundesregierung damit wirklich exkulpieren oder macht das die Sache nicht vielmehr noch schlimmer, wenn wir erkennen müssten, dass bereits zwei Bundesregierungen unterschiedlicher Couleur in rechtswidriger Art und Weise Datenübermittlungen an amerikanische Dienste gestattet haben?

Es gibt offenbar eine gemeinsame Fernmeldeaufklärung von NSA und BND am Standort Bad Aibling auf Grundlage eines Abkommens, dessen Inhalt öffentlich nicht bekannt ist. Dieses Abkommen hat aber keinen Vorrang vor dem G10-Gesetz und schon gar nicht vor der Verfassung. Eine unmittelbare Zusammenarbeit des BND mit ausländischen Diensten auf deutschem Boden, die zu Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis führt, sieht das Gesetz nicht vor und sie wäre im Lichte von Art. 10 GG auch kaum begründbar. Das besagte Abkommen muss jetzt veröffentlicht werden und dann wird man sehen, ob Pofalla und Steinmeier, Schröder und Merkel allesamt gegen ihre Amtspflichten verstoßen und deutsches Recht zum Nachteil ihrer Bürger und zum Vorteil der USA gebrochen haben.

Mir ist dabei ehrlich gesagt egal, wer angefangen hat. Es geht jetzt darum dafür zu sorgen, dass es aufhört. Nur leider steht zu befürchten, dass diejenigen politischen Kräfte, die in den letzten zehn Jahren regiert haben, dazu nicht in der Lage sind.

posted by Stadler at 18:24  

6.8.13

Journalist setzt deutlich höheres Honorar gerichtlich durch

Das Landgericht Köln hat einem Journalisten eine weitere Vergütung in Höhe von mehr als 10.000 EUR zugesprochen, für Zeitungsartikel, die dieser für eine regionale Tageszeitung zwischen 2009 und 2011 verfasst hatte (Urteil vom 17.07.2013, Az.: 28 O 695/11).

Das Landgericht stützt seine Entscheidung auf § 32 UrhG. Es führt aus, dass das vereinbarte Zeilenhonorar in Höhe von 0,25 EUR/Zeile unangemessen sei und dem Journalisten ein angemessenes Zeilenhonorar in Höhe von 0,56 EUR/Zeile zustehe.

Das Gericht hat sich dabei an den Gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen orientiert. Auch wenn diese Regelungen im vorliegenden Fall zeitlich und inhaltlich nicht unmittelbar anwendbar waren, geben sie nach Ansicht des Gerichts dennoch Auskunft darüber, welches Zeilenhonorar die Interessenvertreter der Journalisten und der Verleger übereinstimmend als angemessen ansehen.

Das Gericht hat hiervon aber einen Abschlag vorgenommen, weil zwischen den Parteien keine ausschließliche Rechtseinräumung vereinbart war.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

posted by Stadler at 16:23  
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