Die LINKE hat im Bundestag einen Gesetzentwurf zur Begrenzung der Haftung und der Abmahnkosten bei Urheberrechtsverletzungen eingebracht. Auch wenn dieser Antrag kaum mehrheitsfähig sein dürfte, möchte ich einen Blick auf den insgesamt wenig durchdachten und handwerklich schlecht gemachten Vorschlag werfen.
Kernstück ist eine Änderung von § 97 Abs. 2 UrhG. Der Entwurf möchte im Urheberrecht die Schadensberechnung nach der sog. Lizenzanalogie und im Wege der Herausgabe des Verletzergewinns – von engen Ausnahmen abgesehen – ausschließen und die Schadensberechnung damit auf den sog. konkreten Schaden (entgangenen Gewinn) beschränken. Dabei wählt der Textvorschlag die Formulierung, dass der Verletzte anstelle des Schadensersatzes den Verletzergewinn oder denjenigen Betrag den ein Lizenznehmer als übliche Vergütung hätte entrichten müssen, nur noch dann verlangen kann, wenn der Verletzer vorsätzlich und in Ausübung einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
Der rechtsdogmatische Fehler besteht in der Annahme, es würde sich bei der Lizenzanalogie und der Herausgabe des Verletzergewinns um eine Art Surrogat für den Schadensersatz handeln. Tatsächlich ist seit langer Zeit anerkannt, dass es nur einen einzigen und einheitlichen Schadensersatzanspruch gibt, für den lediglich drei unterschiedliche Berechnungsmethoden existieren. So zuletzt z.B. der BGH mit Urteil vom 25.09.2007 (Az.: X ZR 60/06).
Der Vorschlag der Linken steht außerdem in Konflikt mit Art. 13 der Enforcement-Richtlinie, die verlangt, dass bei der Bemessung des Schadensersatzes auch Umstände wie der vom Verletzer zu Unrecht erzielte Gewinn oder alternativ eine pauschale Berechnung nach fiktiven Lizenzgebühren gewählt werden kann. Der weitgehende Ausschluss beider Methoden der Schadensberechnung ist europarechtswidrig.
Der Gesetzesentwurf ist im übrigen auch nicht geeignet, Schadensersatzansprüche in den Fällen des Filesharing – die die Fraktion offensichtlich vor Augen hatte – einzudämmen, weil in diesen Fällen die Schadensberechnung nämlich zumindest z.T. anhand der weiterhin möglichen Methode des entgangenen Gewinns erfolgen kann, wobei der Richter diesen Gewinnentgang nach § 287 ZPO schätzt.
Unverständlich ist, dass der Entwurf die bisherige Vorschrift des § 97a UrhG, die eine Deckelung der Abmahnkosten (Anwaltskosten) vorsieht, komplett streicht.
Wenn man speziell Filesharing-Abmahnungen eindämmen will, wäre vielmehr eine Ausweitung des bisherigen § 97a UrhG geboten und zwar z.B. dahingehend, dass gegenüber einem Verletzer der nicht in Ausübung einer selbständigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt, der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten auf EUR 100,- begrenzt wird.
Der Vorschlag der Linken enthält eine weitere interessante Neuerung. Der bisherige § 97a UrhG würde nämlich durch eine Neufassung ersetzt, die dem Abgemahnten einen Anspruch auf Erstattung seiner Kosten gibt, für den Fall, dass die Abmahnung unberechtigt wäre.
Dieser zunächst interessant klingende Vorschlag dürfte den Abgemahnten in vielen Fällen nicht weiterhelfen, weil kein Abmahner freiwillig Kosten erstatten wird und der Abgemahnte diese Kosten damit in der Regel gerichtlich durchsetzen und damit ein nicht unbeträchtliches Prozesskostenrisiko in Kauf nehmen muss. Außerdem ist insoweit die Frage, ob man eine solche Regelung dann nicht auch konsequenterweise für den gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes einführen müsste.
Auch Jens Ferner hat sich mit dem Gesetzesvorschlag beschäftigt und sieht ihn ebenfalls kritisch.