Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

12.7.11

EuGH verschärft Haftung von Online-Marktplätzen

In einer Entscheidung vom heutigen Tag (Az.: C-324/09) stellt, der Europäische Gerichtshof (EuGH) fest, dass sich eBay nicht auf das Haftungsprivileg des Art. 14 der E-Commerce-Richtlinie – entspricht § 10 TMG – berufen kann, wenn das Unternehmen Hilfestellungen geleistet hat, die u. a. darin bestehen, die Präsentation von Verkaufsangeboten zu optimieren oder diese Angebote zu bewerben. Ob eBay derartige Hilfestellung leistet, muss laut EuGH allerdings wiederum das nationale Gericht klären.

Der EuGH geht zunächst davon aus, dass sich ein Online-Marktplatz grundsätzlich auf die Haftungsprivilegierung für das Hosting (Art. 14 ECRL) berufen kann, wenn er sich darauf beschränkt, seinen Dienst mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen. Sobald er eine aktive Rolle spielt, die ihm eine Kenntnis dieser Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte, soll er allerdings uneingeschränkt haften.

Hat der Betreiber des Online-Marktplatzes keine solche aktive Rolle gespielt und fällt die Erbringung seines Dienstes folglich in den Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31, kann er sich hinsichtlich von Schadensersatzansprüchen, gleichwohl nicht auf die Ausnahme von der Verantwortlichkeit berufen, wenn er sich Tatsachen oder Umständen bewusst war, auf deren Grundlage ein sorgfältiger Wirtschaftsteilnehmer die Rechtswidrigkeit der fraglichen Verkaufsangebote hätte feststellen müssen und er anschließend nicht unverzüglich tätig geworden ist.

Außerdem hat der EuGH noch ausgesprochen, dass es zum effektiven Schutz des geistigen Eigentums notwendig ist, dass die nationalen Gerichte dem Anbieter eines Onlinedienstes Maßnahmen aufgeben können, die nicht nur zur Beendigung der konkreten Verletzung führen, sondern auch wirksam zur Vorbeugung gegen erneute Verletzungen beitragen.

Dies schränkt der EuGH sogleich allerdings wieder ein. Solche vorbeugenden Maßnahmen dürfen nämlich nicht darin bestehen, den Diensteanbieter zu verpflichten, aktiv alle Angaben seiner Kunden zu überwachen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen. Eine solche allgemeine Überwachungspflicht wäre nach Ansicht des EuGH auch nicht mit Art. 3 der Richtlinie 2004/48 zu vereinbaren, wonach die Maßnahmen im Sinne dieser Richtlinie gerecht und verhältnismäßig sein müssen und nicht übermäßig kostspielig sein dürfen.

Als zumutbare Maßnahmen sieht es der EuGH insbesondere an, den Rechtsverletzter von der Benutzung der Plattform asuzuschließen, um eine erneute Verletzung derselben Marken durch denselben Händler zu verhindern. Außerdem hält es der EuGH für zumutbar, dem Betreiber eines Online-Marktplatzes aufzugeben, Maßnahmen zu ergreifen, die die Identifizierung seiner als Verkäufer auftretenden Kunden erleichtern.

Die Entscheidung erscheint auf den ersten Blick spektakulärer als sie ist. Für das Geschäftsmodell von eBay könnte dies allerdings dennoch bedeuten, dass eBay nicht wie ein (passiver) Hoster privilegiert ist, sondern als aktiver Marktteilnehmer unbeschränkt haftet.

posted by Stadler at 14:05  

Ein Kommentar

  1. In der Tat: Der EuGH bestätigt letztlich das, was bereits in der Diskussion um das TDG vor mehr als einem Jahrzehnt jedem hätte klar sein können. Das nämlich die Einordnung von Ebay als eine Art „technischer Host-Provider“ seinerzeit ein hervorragender Lobby-Erfolg des Unternehmens war, der aber rechtlich und tatsächlich nicht nachhaltig sein wird, sondern schädlich (ich erinnere mich gut an meine Diskussion mit Marc von Samson-Himmelstjerna hierüber…). Es wäre gut, wenn das endlich korrigiert wird und auch dieses Unternehmen im Rahmen des „technisch möglich und zumutbaren“ für sein Angebot Verantwortung tragen muss, wie jeder sonst auch. Nicht nur was Urheberrechte betrifft, sondern vor allem was die Identität seiner Nutzer. Denn die Gerichte haben sich – um die „Ebay-Lücke“ zu schließen, die uns die hohen Fallzahlen in der Kriminalitätsstatistik und tausende von Betrugsopfern beschert hat – in ihrer Not mit fragwürdigen Konstruktionen wie der „Störer-Haftung“ ausgeholfen. Daraus aber können sich echte Probleme ergeben, die z.B. der Meinungsfreiheit schaden können und nicht lediglich die Ertragssituation eines einzelnen Unternehmens schmälern. Aber, mit weitblickender „Corporate Social Responsibility“ hatte man es damals nicht so bei diesem Unternehmen. Mal schauen, wann und wie es Google, Facebook und Apple lernen müssen…

    Comment by Jan Mönikes — 12.07, 2011 @ 22:52

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