Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.7.11

Das Problem mit der Netzneutralität

Der Provider 1&1 betreibt gerade eine durchaus interessante PR-Kampagne, in der er sich für Netzneutralität ausspricht. In einem Bericht von Heise heißt es hierzu, dass sich 1&1 zum Prinzip eines freien Internets bekennt, wozu gehöre, dass jeder Nutzer Zugang zu jedem über das Netz verfügbaren Inhalt haben müsse. Netzbetreibern dürfe es daher nicht gestattet werden, „den Zugang zu bestimmten Diensten oder Inhalten zu blockieren oder zu behindern“.

Das klingt zunächst sehr gut. Weiter unten im Text liest man dann allerdings, dass 1&1 die Unterscheidung nach Qualitätsklassen dennoch nicht gänzlich ablehnt. Unterscheidet sich diese Position also wirklich von der anderer Internet-Provider?

Die aktuelle deutsche Diskussion über Netzneutralität müsste sich insgesamt stärker mit der Frage befassen, ob eine gesetzliche Regelung so trennscharf formuliert werden kann, dass eine Beeinträchtigung der legitimen wirtschaftlichen Interessen der Provider verhindert werden kann. Genau das muss man bezweifeln.

Denn bereits der Umstand, dass schnellere Zugänge teuerer angeboten werden als langsamere, stellt eine Form der Priorisierung dar. Wenn wir das verbieten wollen, dann verbieten wird den Providern für unterschiedliche Leistungen auch unterschiedlich hohe Entgelte zu verlangen. Der Gesetzgeber, der durch eine Festschreibung einer so verstandenen Netzneutralität eine Form der Ungleichbehandlung verbieten will, kommt dadurch möglicherweise selbst in Konflikt mit dem Gleichheitssatz.

Auf die Frage, wie man die Netzneutralität denn gesetzlich definieren könnte, bekommt man von den Befürwortern einer Regelung häufig Antworten wie: Gleiche Konnektivität für alle. Auf den Einwand, dass die Telekom dann VDSL nicht mehr teuerer anbieten dürfte als ADSL wird entgegnet, dass gleiche Konnektivität nicht gleiche Geschwindigkeit bedeute, sondern nur den Ausschluss von Diensteklassenaufpreis.

Ist diese Art der Differenzierung tatsächlich trennscharf und als gesetzlicher Differenzierungsansatz geeignet? Was die Internet Service Provider wollen, ist es von denjenigen Kunden, die besonders viel Traffic verursachen, mehr Geld zu verlangen. Das war vor 10 Jahren, als die volumenabhängige Abrechnung noch verbreitet war, vollkommen normal, ohne, dass jemand darin einen Verstoß gegen das Gebot der Netzneutralität gesehen hätte. Heute spricht man halt von Qualitäts- oder Diensteklassen, für die unterschiedliche Entgelte verlangt werden können. Man will also jetzt etwas verbieten, was schon immer praktiziert wurde und in gewissem Umfang auch legitim ist.

Beinhaltet die aktuelle nationale Forderung nach Netzneutralität in Wahrheit nicht eher die Forderung nach einer einheitlichen Flatrate für alle? Dann sollte man an dieser Stelle aber vielleicht eine Diskussion über eine staatliche Garantie für eine Grundversorgung führen und nicht eine über Netzneutralität.

Die  derzeit primär wirtschaftlich geprägte Debatte greift aber in jedem Fall deutlich zu kurz, denn eine Verankerung der Netzneutralität im TKG klammert die staatliche Manipulation von Netzstandards völlig aus.

Die Netzneutralität, wie sie Grüne und Teile der SPD derzeit fordern, kann man für entbehrlich halten. Sie wird im ungünstigsten Fall berechtigte wirtschaftliche Interessen der Provider beeinträchtigen. Der Gesetzgeber sollte sich deshalb raushalten.

Update vom 11.07.2011:
Nachdem mein Artikel auf deutlichen Widerspruch gestoßen ist, möchte ich noch auf einen zusätzlichen Aspekte hinweisen.

Die Befürworter einer gesetzlichen Regelung der Netzneutralität gehen offenbar von der Vorstellung aus, man könne damit die Netzneutralität wahren und nur so die von einigen Providern geforderten Diensteklassen verhindern.

Die erste Frage muss daher sein, ob derartige Diensteklassen bereits nach geltendem Recht drohen. Meine Antwort lautet nein. Denn die Einführung solcher Diensteklassen steht in Konflikt mit dem Fernmeldegeheimnis (§ 88 TKG), weil sie eine inhaltliche Erfassung des Nutzungsverhaltens voraussetzt. Gerade aus diesem Grund hätten die Provider ja gerne eine gesetzliche Regelung für derartige Diensteklassen.

Wenn man jetzt also Netzneutralität gesetzlich festschreibt und als Ausnahme die Möglichkeit sog. Diensteklassen einführt – und die Lobbyisten werden hart für dieses Ergebnis arbeiten – dann hätten die Provider einen klaren gesetzlichen Gestattungstatbestand und die gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität wäre zugleich ihre Einschränkung.

posted by Stadler at 21:15  

8.7.11

Das Ende der Cookies

Bereits vor einigen Wochen hatte ich auf die geplante Vorschrift des § 13 Abs. 8 TMG hingewiesen, die sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindet und vom Bundesrat bereits beschlossen wurde. Obwohl die Vorschrift äußerst brisant ist, blieb eine größere Resonanz damals aus, was an der Überschrift meines Beitrags gelegen haben mag. Jens Ferner befasst sich in seinem Blog nunmehr ebenfalls mit dem Thema.

Die Vorschrift, die in einem Entwurf zur Änderung von Vorschriften des Telemediengesetzes enthalten ist, bedeutet für Deutschland nichts weniger als das Ende von Cookies, wenn man den User nicht alternativ mit einem Pop-Up-Gewitter behelligen will. Die geplante Vorschrift lautet:

Die Speicherung von Daten im Endgerät des Nutzers und der Zugriff auf Daten, die im Endgerät des Nutzers gespeichert sind, sind nur zulässig, wenn der Nutzer darüber entsprechend Absatz 1 unterrichtet worden ist und er hierin eingewilligt hat. Dies gilt nicht, wenn der alleinige Zweck die Durchführung der Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz ist oder wenn dies unbedingt erforderlich ist, um einen vom Nutzer ausdrücklich gewünschten elektronischen Informations- oder Kommunikationsdienst zur Verfügung stellen zu können.

Diese Vorschrift reicht nach ihrem Wortlaut freilich weit über Cookies hinaus und erfasst alles, was auf dem Endgerät des Nutzers (also PC, Notebook, Smartphone, iPad etc.) gespeichert wird. Für mich klingt das wieder einmal nach einer Vorschrift, die in der Praxis auf breite Missachtung stoßen wird, weil sonst verschiedenste Dinge nicht mehr wie gehabt funktionieren werden.

posted by Stadler at 10:13  

7.7.11

Das Fußballstadion ist kein grundrechtsfreier Raum

Vielleicht ist es nur ein Sommerlochthema über das SPON und die bloggenden Kollegen Kompa und Möbius schreiben. Aber die Unterdrückung unliebsamer Meinungsäußerungen gehört nunmal zu meinem Themenspektrum, weshalb ich mir ein paar Zeilen ebenfalls nicht verkneifen kann.

Der FC Bayern München erwägt Stadionverbote gegen diejenigen Fans zu verhängen, die noch immer nicht eingesehen haben, dass der Transfer von Nationltorhüter Neuer ein Segen für den Club ist. Jetzt kann man über Stadionverbote gegen solche Fans die mit tatsächlich ehrververletzenden Spruchbändern am Start waren, sicherlich nachdenken. Aber Transparente mit Aufschriften wie „Du kannst auch noch so viele Bälle parieren, wir werden dich nie in unserem Trikot akzeptieren“ sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden.

Natürlich hat der Verein ein Hausrecht, das man andererseits aber auch missbräuchlich ausüben kann, denn so ein Stadion ist schließlich auch Teil des öffentlichen Raums.

Der BGH hat daher entschieden, dass der Veranstalter, der bestimmte Personen vom Zugang zum Stadion ausschließen will, deren mittelbar in das Zivilrecht einwirkende Grundrechte beachten muss. Insbesondere dürfen einzelne Zuschauer nicht willkürlich ausgeschlossen werden. Es muss vielmehr ein sachlicher Grund bestehen. Und zulässige Meinungsäußerungen stellen bestimmt keinen sachlichen Grund für ein Stadionverbot dar.

Denn, mein lieber FC Bayern, das Fußballstadion ist eben kein grundrechstfreier Raum.

posted by Stadler at 19:40  

7.7.11

Jimmy Schulz gegen das Leistungsschutzrecht für Presseverlage

Der FDP-Netzpolitiker Jimmy Schulz hat sich gegen ein Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse ausgesprochen und sich damit auch gegen seine Parteikollegin und Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger gestellt, die für ein solches Leistungsschutzrecht eintritt. Derartige Stimmen, gerade aus der FDP, können der Diskussion nur gut tun. Chapeau Jimmy!

Schulz befindet sich damit in guter Gesellschaft, denn auch in der juristischen Fachwelt wird das geplante Leistungsschutzrecht nahezu einhellig abgelehnt. Vor einigen Wochen konnte ich hierzu einen imposanten Vortrag von Prof. Ansgar Ohly – einem der sicherlich bedeutenden Urheberrechtler in diesem Land – auf dem @kit-Kongress hören, der das Vorhaben nach allen Regeln der juristischen Kunst zerpflückt und dargelegt hat, weshalb hier weder eine Schutzlücke noch ein nachvollziehbares Bedürfnis für eine derartige Regelung besteht. Ohly hat in diesem Vortrag außerdem deutlich gemacht, dass ein solches Leistungsschutzrecht die Stellung der Autoren – und damit derjenigen, die das Urheberrecht primär schützen will – voraussichtlich schwächen und nicht stärken wird. Es ist ohnehin kein Geheimnis, dass es praktisch keinen nennenswerten Urheberrechtler gibt, der diesem Konzept etwas abgewinnen kann. Aus gutem Grund hat sich deshalb selbst die GRUR gegen das Vorhaben ausgesprochen.

Das BMJ wäre in dieser Frage gut beraten, mit neutralen Fachleuten und nicht nur mit Lobbyisten zu sprechen. Die Einseitigkeit und Unausgewogenheit der Forderung würde dann sehr deutlich zu Tage treten.

Wenn ich die Aussagen des Abgeordneten Schulz richtig deute, dürfte die von den Verlagen postulierte Forderung in dieser Form aber ohnehin nicht mehrheitsfähig sein.

posted by Stadler at 14:39  

7.7.11

Neuer Aufsatz zur Frage ob die IP-Adresse personenbezogen ist

Unlängst habe ich hier die Frage erörtert, ob IP-Adressen als personenbezogene Daten im Sinne des Datenschutzrechts zu betrachten sind oder nicht. Diese Frage hat weitreichende Konsequenzen im Hinblick auf die Speicherung und Verarbeitung von IP-Adressen, die Zulässigkeit von Statistik-Tools wie Google Analytics und das sog. Tracking ganz allgemein.

Dass sich die juristische Diskussion weiterhin im Fluss befindet und eine abschließende Klärung der Frage noch nicht absehbar ist, zeigt ein gerade in der Zeitschrift MultiMedia und Recht veröffentlichter Aufsatz von Krüger/Maucher mit dem Titel „IP-Adresse wirklich ein personenbezogenes Datum? – Ein falscher Trend mit großen Auswirkungen auf die Praxis“ (MMR 2011, 433).

Der Beitrag weist zunächst darauf hin, dass die Auswertung der Rechtsprechung und Literatur zu diesem Thema ein diffuses Bild ergibt. Die Autoren bieten sodann einen guten Überblick über die bisher ergangenen Entscheidungen sowie zu den unterschiedlichen Ansichten im juristischen Schrifttum. Krüger/Maucher selbst vertreten, was der Aufsatztitel schon nahelegt, mit durchaus nachvollziehbarer Argumentation die Theorie vom relativen Personenbezug und sind der Ansicht, dass IP-Adressen in den Händen fast aller datenverarbeitenden Stellen keinen Personenbezug aufweisen.

posted by Stadler at 11:29  

7.7.11

Verbraucherschutzrecht weiter im Umbruch

Die Tinte auf der aktuellen Änderung der fernabsatzrechtlichen Vorschriften ist noch nicht trocken, da rollt aus Brüssel schon die nächste Welle in Form einer neuen Verbraucherrichtlinie an.

Diese sieht u.a. eine eigene Musterwiderrufsbelehrung vor, so dass die deutsche gesetzliche Musterwiderrufsbelehrung, die gerade zum wiederholten Mal geändert wurde, erneut angepasst werden muss.

Außerdem soll der Verbraucher jetzt einheitlich die Kosten der Rücksendung – nach Ausübung des Widerrufs – der Ware tragen.

Der Gewerbetreibende hat alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, spätestens binnen 14 Tagen ab Kenntnis vom Widerruf zu erstatten.

Das Verbraucherschutzrecht mutet mittlerweile wie ein Stück aus dem Tollhaus an. Die permanenten Änderungen bewirken das exakte Gegenteil dessen, was nach allen Gesetzesbegründungen und Erwägungsgründen das Ziel sein soll, nämlich Rechtssicherheit beim Verbraucher zu schaffen.

Die Regelung muss aber zunächst in deutsches Recht umgesetzt werden, womit voraussichtlich erst in zwei Jahren zu rechnen ist.

posted by Stadler at 09:24  

6.7.11

Die Mitwirkung des Patentanwalts

In markenrechtlichen Streitigkeiten gestattet das Gesetz eine wundersame Gebührenvermehrung. Wenn ein Patentanwalt mitwirkt, dann sind seine Kosten nach § 140 Abs. 3 MarkenG im Prozess in gleicher Höhe wie die des Rechtsanwalts zu erstatten. Nun gibt es eine ganze Reihe von Anwaltskanzleien, bei denen in Markenstreitsachen komischerweise regelmäßig ein Patentanwalt mitwirkt, was natürlich im Falle des Obsiegens dazu führt, dass sich die vom Gegener zu tragenden Kosten verdoppeln.

Diese Regelung gilt nach der Rechtsprechung des BGH, ohne, dass das Gericht zu prüfen hat, ob die Mitwirkung notwendig war. Ob der Patentanwalt also irgend etwas gemacht hat, hat das Gericht nicht zu interessieren. Dies hat der BGH jetzt ausdrücklich in einem neuen Urteil vom 24.02.2011 (Az.: I ZR 181/09) erneut bestätigt. Der BGH führt aus:

Die Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache sind nach § 140 Abs. 3 MarkenG allerdings ohne Prüfung der Erforderlichkeit stets zu erstatten. Es ist nicht zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig war. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Patentanwalt gegenüber dem Rechtsanwalt eine „Mehrleistung“ erbracht hat

Lediglich für die vorgerichtliche Mitwirkung des Patentanwalts im Rahmen der Abmahnung hat das Gericht die Erforderlichkeit der Mitwirkung zu prüfen, weil § 140 Abs. 3 MarkenG für die Frage der Erstattung von Abmahnkosten nicht gilt. In diesem Fall kann die Erstattung der durch die Mitwirkung  des  Patentanwalts entstandenen Kosten nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn der Patentanwalt dabei Aufgaben übernommen hat, die – wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage – zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören.

Aber auch das wird sich im Zweifel darstellen lassen.

Die Vorschrift des § 140 Abs. 3 MarkenG war m.E. schon immer rechtspolitisch verfehlt und die äußerst großzügige Auslegung durch den BGH hat diese Fehlentwicklung noch verstärkt. Denn es ist in Markensachen, anders als vielleicht in Patentstreitigkeiten, sachlich nicht nachvollziehbar, wozu man neben einem Rechtsanwalt zusätzlich einen Patentanwalt brauchen würde. Es wäre Sache des Gesetzgebers hier einzugreifen.

posted by Stadler at 18:00  

5.7.11

OLG Hamburg: Haftung von Google würde Gefahr der Zensur beinhalten

Das OLG Hamburg hat mit Urteil vom 26. Mai 2011 (Az.: 3 U 67/11), über das u.a. Heise berichtet, eine Haftung von Google für ehrverletzende Äußerungen in Suchergebnissen (Snippets) verneint. Danach kann es Google nicht untersagt werden, bestimmte Suchergebnisse anzuzeigen, die im Zusammenhang mit der Person des Klägers die Begriffe „Immobilie“ und „Betrug“ bzw. „Machenschaften“ enthielten.

Im vorangegegangen Verfügungsverfahren hatte es die Pressekammer das Landgerichts Hamburg – unter ihrem Vorsitzenden Buske – allerdings Google noch untersagt, diese Treffer anzuzeigen. Nachdem das OLG Hamburg diese Entscheidung bereits im Verfügungsverfahren aufgehoben hatte, war nunmehr auch die Hauptsacheklage erfolglos.

Das OLG Hamburg begründet seine Entscheidung u.a. damit, dass Google durch das Bereitstellen von Suchergebnissen nicht willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers beigetragen habe und Suchergebnisse keine Äußerungen des Suchmaschinenbetreibers darstellen. Das ist in dieser Klarheit erfreulich.

Für jeden verständigen Nutzer einer Internetsuchmaschine sei es, so der Senat, außerdem offenkundig, dass der Suchmaschine nur die Nachweisfunktion für das Auffinden fremder Inhalte zukomme und gerade keine Äußerungen getätigt werden.

Das Gericht betont außerdem, dass Google auch nicht als Störer haftet, weil eine Prüfpflicht des Suchmaschinenbetreibers eine übermäßige Belastung darstellen würde, die sich „einschüchternd“ auf die Meinungsfreiheit auswirken könne. Interessant ist insoweit auch der Hinweis des Gerichts, dass sich Google als Suchmaschinebetreiber auf die Pressefreiheit berufen kann, was allerdings seit jeher für sog. Informationsmittler anerkannt ist. Hieraus zieht das OLG dann allerdings den durchaus interessanten Schluss, dass eine uneingeschränkte Verbreiterhaftung von Google für Suchtreffer zu einer verfassungsrechtlich nicht zulässigen Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit führen würde. Das OLG spricht dann sogar von der Gefahr einer Zensur, die im Interesse eines freien Meinungs- und Informationsausstausches nicht hinnehmbar sei.

Darin muss man auch eine klare Ansage in Richtung der Pressekammer des Landgerichts Hamburg sehen, die für ihre meinungs- und pressefeindliche Rechtsprechung bekannt ist. Ein erfreuliches Urteil.

posted by Stadler at 10:42  

5.7.11

Muss die Presse über die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens berichten?

Der BGH hat sich in einem aktuellen Beschluss – in allerdings sehr knapper Weise – mit der Frage beschäftigt, ob die Presse über die Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens berichten muss, wenn zuvor über eine Strafanzeige berichtet wurde.

Der Kläger hatte dies verlangt und sich auf einen entsprechenden Folgenbeseitigungsanspruch berufen. Hierzu hat der BGH in seinem Beschluss vom 07.06.2011 (Az.: VI ZR 225/10) ausgeführt:

Das  Berufungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in dem beanstandeten Artikel nur mitgeteilt wird, gegen den Kläger sei eine Anzeige erstattet, nicht aber über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens berichtet worden. Zudem wurde in dem Bericht  darauf  hingewiesen, dass eine frühere Anzeige gegen den Kläger ohne Erfolg geblieben ist. Im Hinblick darauf ist – insbesondere auch nicht bei Zugrundelegung der vom Kläger angeführten Äußerungen im Schrifttum – offensichtlich kein äußerungsrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch gegeben. Dem Bericht ist nicht mehr als die Erstattung einer Strafanzeige und die Meinung der Anzeigenden zu entnehmen, ohne dass eine Prognose über den weiteren Verlauf aufgestellt wurde.

Diese Entscheidung besagt also keinesfalls, dass ein solcher Folgenbeseitigungsanspruch generell nicht gegegeben ist. Der BGH bringt vielmehr nur zum Ausdruck, dass in Fällen, in denen lediglich über eine Strafanzeige berichtet wurde und noch nicht einmal über das Ermittlungsverfahren, auch kein Anspruch gegen das Presseorgan darauf besteht, dass später über die Einstellung des Verfahrens berichtet wird. Die Entscheidung ist keinesfalls verallgemeinerungsfähig.

posted by Stadler at 09:49  

4.7.11

Unverständliche Berichterstattung zur Sitzung der Internet-Enquete

Die heutige Sitzung der Internet-Enquete endete bekanntlich mit einem Eklat. Der Abschluss des eigentlich abzustimmenden Zwischenberichts wurde auf nach die Sommerpause vertragt, weil – so die Mutmaßung – die Vertreter der Koalition beim Thema Netzneutralität eine Niederlage fürchteten.

Beschlossen wurde allerdings der Teil zum Urheberrecht. Insoweit ist die Berichterstattung, speziell die der taz und von Heise, gelinde gesagt, erstaunlich.

Der Antrag zur Kulturflatrate wurde – anders als der Bericht der taz suggeriert – nämlich abgelehnt.

Dass die Regierungsparteien einige Male überstimmt wurden, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Union und FDP dennoch in entscheidenden Punkten durchgesetzt haben.

Speziell der Bericht der taz erweckt den Eindruck, man hätte sich auf eine Neuausrichtung des Urheberrechts verständigt. Das Gegenteil ist allerdings zutreffend.

Die Handlungsempfehlung (Zeile: 655)

Die Enquête-Kommission empfiehlt daher, bei der Ausgestaltung des Urheberrechts den Interessenausgleich zwischen Urhebern, Nutzern und Verwertern als Zielformulierung in den Mittelpunkt zu stellen Sie empfiehlt zu prüfen, ob und wie, den Urheberinnen und Urhebern ein Recht auf wirtschaftliche Beteiligung unabhängig von den Urheberpersönlichkeitsrechten einzuräumen und eine Entkoppelung von Urheberpersönlichkeits- und Verwertungsrechten zu ermöglichen ist. Sie regt an, zu prüfen, welche Spielräume die Vorgaben der internationalen Verträge im Urheberrecht bieten.

die hierfür maßgeblich gewesen wäre wurde nämlich mit den Stimmen der Koalitionsvertreter abgelehnt.

Manchmal ist die Berichterstattung auch bei so etablierten Medien wie Heise und taz, denen man geneigt ist zu vertrauen, leider irreführend.

posted by Stadler at 21:40  
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