Laut einem Bericht von netzpolitik.org haben sich die Justizminister der EU darauf verständigt, dass die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet werden sollen, die gesetzgeberischen oder nichtgesetzgeberischen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass der Zugang zu Webseiten, die Kinderpornografie enthalten oder verbreiten, für Internet-Nutzer in seinem Hoheitsgebiet gesperrt werden kann.
Dass dieses Konzept nicht geeignet ist, die Verbreitung von Kinderpornografie zu bekämpfen, sondern im Gegenteil die Gefahr beinhaltet, diese Verbreitung sogar noch zu fördern, habe ich vor einigen Wochen in einer Ausschussanhörung des deutschen Bundestages erläutert. Die große Mehrheit der dort anwesenden Sachverständigen hat die Ansicht vertreten, dass Access-Blockaden kein geeignetes Mittel sind, um die Darstellung des Missbrauchs von Kindern zu bekämpfen.
Indem außerdem Art. 21 des Richtlinenentwurfs die Verpflichtung zur Löschung von einschlägigem Content auf Websites beschränkt, wird der ganz überwiegende Teil der Missbrauchsdarstellungen unbehelligt gelassen. Denn die Hauptverbreitungswege im Netz sind P2P-Netzwerke, Sharehoster, Chats und geschlossene Benutzergruppen. Das bestätigen mittlerweile selbst Studien, die von der EU mitfinanziert werden. Das Web spielt als Verbreitungsweg demgegenüber keine wesentliche Rolle. Art. 21 des Entwurfs einer Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie, geht damit vollständig an dem eigentlichen Problem vorbei.
Tatsächlich sinnvolle Maßnahmen greift der Richtlinienentwurf erst gar nicht auf. Und die rechtlichen Bedenken scheinen die Justizminister ebenfalls nicht zu interessieren.
Nachdem sich die Politik, nicht nur in Deutschland sondern auch europaweit, ganz offenbar dazu entschlossen hat, die Fakten zu ignorieren, stellt sich mir langsam die Frage, ob es nicht besser ist, sie einfach gewähren zu lassen. Die Unsinnigkeit und Gefährlichkeit lässt sich vielleicht am Besten demonstrieren, wenn die „erforderlichen Maßnahmen“ in Gang gesetzt werden.
Der Richtlinienvorschlag enthält außerdem eine sehr interessante Formulierung, die von der Regelung des Zugangserschwerungsgesetzes abweicht. Access-Sperren sind danach nur dann statthaft, wenn die Entfernung von Websites nicht möglich ist. Das deutsche Gesetz verlangt viel weniger, nämlich nur, dass eine Löschung nicht oder nicht in angemessener Zeit erfolgversprechend ist.
Wer sich mit dem Thema befasst hat, weiß, dass eine Löschung praktisch immer in kürzester Zeit möglich ist. Die Unmöglichkeit, von der der Richtlinienentwurf ausgeht, existiert nicht.