Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.9.10

Aggressive Methoden

Die Filmindustrie will nach Medienberichten – bzw. praktiziert dies bereits – gegen Websites, die urheberrechtswidrig Filmwerke anbieten, mit „cyber attacks“ vorgehen, also vermutlich mit Hilfe von DoS-Attacken.

Ob die Filmindustrie wohl bedacht hat, dass das zumindest dann zu Schadensersatzforderungen führen wird, wenn andere Angebote, die beim selben Hoster liegen, in Mitleidenschaft gezogen werden? Nach deutschem Recht kann das u.U. auch den Straftatbestand der Computersabotage erfüllen.

posted by Stadler at 09:35  

10.9.10

Die neue Macht der Bürger

In der aktuellen Ausgabe der ZEIT (Nr. 37, 9.9.2010, S. 1) schreibt Susanne Gaschke, immerhin auf der Titelseite, die Grundstimmung bei den Bürgern sei heute defätistisch, weil der Bürger das Gefühl habe, politisch nichts ändern zu können. Demgegenüber sei die politische Grundstimmung in den achtziger Jahren die gewesen, „Ich bin unzufrieden, aber ich kann etwas tun“.

Mein Wahrnehmung steht der von Frau Gaschke diametral entgegen. Objektiv betrachtet bewegt der Bürger heute weit mehr als vor 25 Jahren und ich denke, vielen Menschen ist dies auch bewusst. Das Nichtrauchergesetz in Bayern, die Schulreform in Hamburg, Stuttgart 21 oder die neue Bürgerbewegung aus dem Netz, die bei den Themen Vorratsdatenspeicherung und Netzsperren einiges bewegt hat, sind Ausdruck eines neuen politischen Selbstbewusstseins der Bürger. Bürgerbewegungen werden mittlerweile ernst genommen, während sie vor 20 Jahren noch aus einer Haltung der Arroganz der Macht heraus belächelt worden sind. Die Politik hat dies längst erkannt und begegnet der neuen Bürgermacht mit einer Mischung aus Hilflosigkeit und Respekt.

Der Bürger hat heute wesentlich mehr Einfluss und er setzt ihn auch ein. Die Politik wurde bisher nur von Lobbyisten und Berufspolitikern bestimmt. Nun kommt eine dritte Gruppe hinzu, der Bürger. Und das beunruhigt diejenigen Politiker, die darauf vertraut haben, dass es immer so weiter geht wie bisher.

posted by Stadler at 08:00  

9.9.10

Erfassung von IP-Adressen in P2P-Netzwerken datenschutzwidrig?

Eine Gerichtsentscheidung aus der Schweiz lässt aufhorchen. Das Schweizerische Bundesgericht hält die Erfassung von IP-Adressen durch das Anti-Piracy-Unternehmen LogiStep zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen für datenschutzrechtswidrig.

Diese Frage stellt sich sicherlich auch in Deutschland, zumal es hierzulande ebenfalls keine explizite gesetzliche Gestattungsnorm für diese Art der Datenerhebung gibt. Man wird allerdings die Ansicht vertreten können, dass  eine Gestattung nach § 28 BDSG gegeben ist, weil diese Daten in P2P-Netzwerken allgemein zugänglich sind, nachdem jeder der sich am Filesharing beteiligt, allen anderen Teilnehmern seine IP-Daten bekannt gibt. Zudem könnte die Datenerhebung zur Wahrung berechtigter Interessen der Rechteinhaber erforderlich sein. Eine Abwägung mit den Interessen des Betroffenen hat aber auch im Rahmen des § 28 BDSG zu erfolgen, weshalb man die Argumentation der schweizer Richter aufgreifen kann, wonach das Interesse der Internetnutzer am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte dem Interesse der Rechteinhaber auf zivilrechtliche Verfolgung der Rechtsverletzung vorgeht.

posted by Stadler at 12:51  

8.9.10

Filesharing: Der Trend zur Doppelabmahnung

Der Trend geht hin zur Mehrfachabmahnung. Die Fa. tonpool Medien GmbH mahnt derzeit als Rechtsinhaber die Verletzung von Musikwerken der Künstler Nena und Xavier Naidoo in P2P-Netzwerken ab. Es geht um die Datei „German Top 100 Singles“, die u.a. Titel dieser beiden Künstler enthält.

Hierbei schreckt die beauftragte Anwaltskanzlei Zimmermann & Decker auch nicht davor zurück, ein und denselben Vorgang, also identische Tatzeit und Datei, in zwei Abmahnungen aufzuspalten. Man kann das auch Rechtsmissbrauch nennen.

posted by Stadler at 22:44  

8.9.10

„Kampf gegen Kinderpornografie im Internet“

The European Circle veröffentlicht ein Interview mit der EU-Abgeordneten Birgit Sippel (SPD) zu dem Richtlinienvorschlag von Kommissarin Malmström.

Wer eingangs eines Interviews die Platitüde „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum“ wiederholt, gibt eigentlich Anlass dazu, nicht weiter zu lesen. Wer es dennoch macht, stellt fest, dass Sippel zwar der „Sperrung“, also der Blockade durch Access-Provider, kritisch gegenüber steht, sich aber offenbar nicht endgültig festlegen will.

Auf EU-Ebene wird jetzt also eine Diskussion begonnen, die man in Deutschland schon vor über einem Jahr kontrovers geführt hat.

Deshalb hier nochmals der Hinweis auf einige meiner Blogpostings zum Thema Access-Sperren:

Netzsperren: Wo stehen die zu sperrenden Server eigentlich?

Kinderpornografie im Web kann effektiv bekämpft werden

Sperrung von Kinderpornografie im Netz: Die falschen Tatsachenbehauptungen der Bundesregierung

Bundestagsgutachten zu Netzsperren

Internes “Rechtsgutachten” des BMI zu Access-Sperren

Sperrungsverfügung gegen Access-Provider (Ein älterer Beitrag von mir für die Zeitschrift Multimedia und Recht, der sich mit den Düsseldorfer Sperrungsverfügungen juristisch auseinandersetzt)

posted by Stadler at 16:57  

7.9.10

BGH: „braunkohle-nein.de“

Der BGH hat mit einem heute veröffentlichten Urteil vom 25.03.2010 (Az.: I ZR 197/08) entschieden, dass derjenige, der treuhänderisch für eine Bürgerinitiative, aus der später ein Verein hervorgeht, eine Domain registriert und verwaltet, zur Übertragung und Umschreibung der Domain nach § 667 BGB verpflichtet ist.

posted by Stadler at 11:55  

7.9.10

Der Respekt vor dem Werk

Sabrina Setlur spricht vom Respekt für den Künstler und seinem Werk und unterstützt verbal den Kampf gegen Filesharer. Kein Wunder, denn das fragwürdige Abmahnunternehmen DigiProtect stammt aus dem Dunstkreis des 3P-Labels und wurde von ihrem Produzenten Moses Pelham gegründet.

Dass Setlur und Pelham, wenn es um den eigenen Profit geht, den Respekt vor dem Werk anderer Künstler durchaus vermissen lassen, belegt das nicht autorisierte Sampling des Kraftwerkstücks „Metall auf Metall“ für einen der vielen belanglosen Setlur-Songs. Pelham und Setlur sind Steinewerfer im Glashaus.

posted by Stadler at 08:40  

6.9.10

Jugendmedienschutz im Medienkompetenzland NRW

Nachdem sich die SPD immer nur dann gegen fragwürdige Entwicklungen ausspricht, wenn sie sich in der Opposition befindet, hat sie folgerichtig auch in Nordrhein-Westfalen gleich nach Übernahme der Regierungsgeschäfte damit begonnen, die umstrittene Neufassung des Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) zu unterstützen.

Staatssekretär Marc Jan Eumann – der freilich schon immer ein Befürworter dieser Novellierung war – beruft sich hierfür auf eine Stellungnahme des Hans Bredwow Instituts. Hierzu sollte man wissen, dass das Bredwow Institut der ferderführenden rheinland-pfälzischen Staatskanzlei den bezahlten und ergebnisorientierten wissenschaftlichen Unterbau für die Neufassung des JMStV geliefert hat. Wer die von Eumann zitierte Stellungnahme genau liest, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass den Autoren des Bredow Instituts gerade die verfassungsrechtliche Problematik durchaus bewusst ist, man aber schlecht der Haltung seines Auftraggebers widersprechen kann.

Eumanns Ambitionen Nordrhein-Westfalen zum „Medienkompetenzland“ fortzuentwickeln, sind angesichts des rückwärtsorientierten Ansatzes des neuen JMStV allenfalls unfreiwillig komisch.

posted by Stadler at 22:31  

3.9.10

Online-Durchsuchung in Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz will eine präventive Onlinedurchsuchung (und weitere Maßnahmen der TK-Überwachung) von Computern einführen. Der aktuelle Gesetzesentwurf vom 18.08.2010 sschafft hierfür mit § 31 c des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes die Rechtsgrundlage für die sog. Datenerhebung durch den Einsatz technischer Mittel in informationstechnischen Systemen. Die Vorschrift des § 31c Abs. 1 lautet:

Die Polizei kann ohne Wissen des Betroffenen mit technischen Mitteln in vom Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingreifen und aus ihnen Daten erheben zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt, über
1.  die nach den §§ 4 und 5 Verantwortlichen und unter den Voraussetzungen des § 7 über die dort genannten Personen oder
2.  Personen, bei denen bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie für die nach den §§ 4 und 5 Verantwortlichen bestimmte oder von ihnen herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben.

Die Maßnahme ist nur zulässig, soweit die Aufgabenerfüllung nach Satz 1 auf andere Weise nicht möglich erscheint oder wesentlich erschwert wäre und die Voraussetzungen des § 39 a Abs. 3 vorliegen. Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

Die Vorschrift versucht die Einschränkungen, die das Bundesverfassungsgericht speziell für Online-Durchsuchungen gemacht hat, umzusetzen. Insbesondere ist eine eigene Vorschrift geschaffen worden (§ 39a), die sicherstellen soll, dass wie vom BVerfG gefordert, der Schutz des Kernbereichs privater Lebensführung gewährleistet bleibt. Auch eine richterliche Anordnung durch das Oberverwaltungsgericht ist erforderlich.

Auch wenn man bei derartigen Regelungen immer ein mulmiges Gefühl hat, ist dieses Gesetz zumindest mit deutlichen Hürden versehen, die es ausschließen dürften, dass die Online-Durchsuchung zu einem gängigen Instrument der Ermittlung wird.

posted by Stadler at 18:27  

3.9.10

Von Abgeordneten und dressierten Meerschweinchen

Der Bundestagsabgeordnete der Linken und frühere BGH-Richter Wolfgang Neskovic hat nach einem Bericht von „Daten-Speicherung.de“ auf einer Vortragsveranstaltung folgende beachtliche Aussage getroffen:

„Würde man den Bundestag mit dressierten Meerschweinchen besetzen, würde er ebenso effektiv arbeiten. Viele Abgeordnete sind nicht dumm, aber furchtbar dressiert. Wir funktionieren oft nur noch.“

Das bestätigt meine Einschätzung, dass wir seit längerer Zeit eine Krise der parlamentarischen Demokratie miterleben. Gewählte Abgeordnete werden zu bloßen Abnickern degradiert, weil sie eingekeilt sind zwischen dem Fraktionszwang auf der einen Seite und dem Mangel an Fachwissen zu fast allen relevanten Fragen auf der anderen Seite und dazu ständig von Lobbyisten bearbeitet werden, die ihrerseits versuchen, eine einseitige Sicht der Dinge als vernünftig darzustellen. Die tatsächlichen Entscheidungen werden in diesem Land sowie in Europa deshalb faktisch kaum noch von den demokratisch gewählten Volksvertretern getroffen. Sie nicken nur noch unreflektiert das ab, was ihnen nicht (unmittelbar) demokratisch legitimierte Kreise und Gruppen vorsetzen.

posted by Stadler at 13:01  
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