Netzsperren vor dem EU-Parlament
Dass die Kommission in Person von Innenkommissarin Cecila Malmström – mit denselben unzureichenden Argumenten wie Ursula von der Leyen zuvor in Deutschland – die Einführungen von Access-Sperren zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet einführen möchte, ist seit einigen Monaten bekannt. Ein entsprechender Richtlinienentwurf ist bereits seit längerer Zeit online. Man muss in diesem Zusammenhang auch nochmals darauf hinweisen, dass dieser Entwurf inhaltlich deutlich weiter geht als der deutsche Entwurf und auch sog. Jugendpornografie umfassen soll. Es geht also offenbar nicht mehr nur um die Bekämpfung des Missbrauchs von Kindern, sondern auch um die Durchsetzung fragwürdiger Moralvorstelungen im Bereich der Jugendsexualität.
Einen anderen Aspekt beleuchtet die „European Cybercriminals Society (ECS)“, also die Vereinigung der europäischen Cyberkriminellen (;-), in einem offenen Brief an Kommissarin Malmström. Die Satire bedankt sich im Namen der Straftäter dafür, dass damit ein Frühwarnsystem etabliert wird, das es Kriminellen frühzeitig ermöglicht, auf andere Server auszuweichen. In diesem Zusammenhang wird von der ECS dann beanstandet, dass es unfair sei, dasselbe Frühwarnsystem nicht auch denjenigen Cyberkriminellen anzubieten, die im Bereich der Verletzung des geistigen Eigentums oder des Betrugs aktiv sind. Denn damit würde eindeutig der Binnenmarkt für Kriminalität behindert.
Diese Satire lenkt die Diskussion auf den oft vernachlässigten Aspekt, dass Access-Sperren nicht geeignet sind, die Verbreitung von Kinderpornografie einzudämmen, sondern vielmehr die Gefahr beinhalten, dass deren Verbreitung eher noch gefördert wird.
Am 28. und 29. September findet im Rechtsausschuss des Europaparlaments eine Anhörung zu dem Richtlinienentwurf statt. Die geladenen Fachleute sollen allerdings weitgehend aus Sperrbefürwortern bestehen, obwohl die deutsche Diskussion eigentlich gezeigt hat, dass die Mehrheit der technischen und juristischen Experten dem Vorhaben kritisch bis ablehnend gegenüber steht. Es droht also eine tendenziöse Einflussnahme auf die Meinungsbildung der Abgeordneten durch eine selektive Auswahl von Fachleuten, die das Access-Blocking befürworten.