Der Bundesrat hat einem Gesetzesentwurf zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), der die Einführung einer Reglung vorsieht, die speziell auf den Dienst Street View zugeschnitten ist, bereits beschlossen. Die Zustimmung des Bundestages steht allerdings noch aus. Nächste Woche wird sich das Bundeskabinett mit dem Gesetzesvorhaben befassen. Im Vorfeld hört man aus dem Innenministerium, dass man es wohl für sinnvoller hält, das BDSG generell auf seine Reformbedürftigkeit hin zu prüfen, anstatt auf Einzelphänomene zu reagieren. Das klingt nach einer Stimme der Vernunft inmitten des vor allem von Hamburg ausgehenden Aktionsmuses.
posted by Stadler at 16:27
Hubertus Gersdorf, Mitglied der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft und Inhaber der „Gerd Bucerius-Stiftungsprofessur für Kommunikationsrecht“ an der Uni Rostock hat sich ablehnend zu der Initiative „Pro Netzneutralität“ geäußert und die Frage aufgeworfen, warum Diensteanbieter das Internet kostenfrei nutzen sollen, warum es einem ISP nicht gestattet sein soll, von demjenigen, der mehr Traffic verursacht, auch mehr zu verlangen, um schließlich noch einen – immer wieder gern genommenen – Vergleich zum Rundfunk anzustellen.
Diese Ausführungen machen mich deshalb etwas ratlos, weil sämtliche Grundthesen von Gersdorf, wenn ich sie richtig verstehe, schon im Ausgangspunkt unzutreffend sind.
Die Diensteanbieter nutzen das Internet nicht kostenlos, sondern sie zahlen im Regelfall an einen Host-Provider, also einen ISP. Und die Höhe der Kosten ist durchaus abhängig von dem Traffic auf dem Webserver. Die User zahlen für den Internetzugang. Diese Tarife sind heute zumeist pauschal, waren aber früher auch schon mal volumen- oder zeitabhängig. Dass das so ist, ist letztlich auch eine Frage von Vertragsverhältnissen. Jeder zahlt an den Dienstleister, der für ihn vertragliche Leistungen erbringt.Was Gersdorf sich offenbar vorstellt, ist, dass Content-Anbieter zusätzlich an die Leitungsnetzbetreiber zahlen sollen. Da die Carrier und der Inhaltsanbieter aber keine Vertragsbeziehung unterhalten, wäre ein solches Modell nur dann denkbar, wenn der Staat regulierend eingreift. Und genau hier kommt beim Rundfunkrechtler Gersdorf die gute alte Rundfunkregulierung ins Spiel. Nur dieses seltsame Internet ist dezentral und weltweit und eben nicht Kabel Deutschland.
Das was Gersdorf ausführt, hat m.E. mit der Diskussion um Netzneutralität auch nicht viel zu tun. Netzneutralität bedeutet – jedenfalls nach meinem Verständnis – dass Datenpakete im Internet unverändert und gleichberechtigt transportiert werden müssen. Was Gersdorf aber fordert, ist etwas anderes, nämlich so eine Art zusätzliche Abgabe der Inhaltsanbieter zugunsten der Netzbetreiber.
Bei solchen Vorschlägen fällt mir dann auch immer wieder der Spruch ein, „die Amerikaner haben das Internet erfunden, die Deutschen regulieren es; jeder macht, was er am Besten kann„.
posted by Stadler at 19:42
Die Telekom hat eine Fürsorgepflicht und muss nach einem Urteil des Landgerichts Bonn (Aktenzeichen: 7 O 470/09) bei auffällig hoben Rechnungen den Kunden informieren oder sich um die Ursachen kümmern.
Im konkreten Fall war das hohe Gebührenaufkommen durch eine fehlerhafte Einstellung eines neu installierten DSL-Routers bei der Kundin entstanden, der sich ständig einwählte. Da die Kundin offenbar keine Flatrate hatte, wurde von der Telekom nach Zeit abgerechnet, was zu vierstelligen monatlichen Kosten geführt hat.
Nach Auffassung der Bonner Richter muss die Telekom bei einem ungewöhnlichen Anstieg der Gebühren innerhalb von wenigen Tagen reagieren und kann nicht einfach weiter kommentarlos vom Konto des Kunden abbuchen. Die Telekom wurde verurteilt, über 5.000 EUR an ihre Kundin zurück zu bezahlen.
posted by Stadler at 09:25
Die Deutsche Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, e.V. (GRUR), hat in einem Brief an das Bundesministerium der Justiz erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines Leistungsschutzrechts für Verleger geäußert.
Und die GRUR formuliert einen Haupteinwand sehr präzise:
„Ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger droht zu einem Schutz der Information und der Sprache selbst zu werden.“
Diese Stimme könnte Gewicht haben.
posted by Stadler at 08:00
Die GVU hat die Verantwortung für die Löschung von Videos der Urheber Alexander Lehmann und Mario Sixtus von sich gewiesen. Stattdessen hat der von ihr beauftragte technische Dienstleister OpSec Security GmbH gegenüber den Rechteinhabern Sixtus und Lehmann eine Unterlassungserklärung abgegeben. Ein Schachzug der GVU, mit dem sie versucht, für künftige ähnlich gelagerte Fälle vorzubauen. Die GVU wäre bei derartigen „Fehlern“ sonst in Zukunft vermutlich öfter in der Pflicht, eine Unterlassung zu erklären.
Dennoch halte ich die Störereigenschaft der GVU für ziemlich offensichtlich. Denn die Plattform Vimeo hatte ursprünglich mitgeteilt, dass die Löschung aufgrund einer Mitteilung der GVU erfolgt ist. Die GVU hat im Rahmen einer eigenen Pressemitteilung auch eingeräumt, dass die Löschungsaufforderungen in ihrem Namen erfolgt sind. Damit ist die GVU, entgegen ihrer eigenen Darstellung, durchaus der richtige Ansprechpartner.
posted by Stadler at 22:47
Mit Urteil vom 06.08.2010 hat das Landgericht Hamburg (Az.: 324 O 179/10) der Zeitschrift Super Illu untersagt, über das Karriereende von Michael Ballack zu spekulieren. Hierüber berichtet Rechtsanwalt Kompa, der im Termin anwesend war.
Das Landgericht Hamburg war nämlich der Ansicht, es würde sich um eine Tatsachenbehauptung handeln. Wenn es nach der Pressekammer des Landgerichts Hamburg geht, wird dann wohl jedwede Spekulation darüber, was eine Person des öffentlichen Lebens künftig machen wird, unzulässig sein. Darf die Presse also jetzt auch nicht mehr darüber spekulieren, ob ein Politiker zurücktritt oder ob die Bundesregierung dieses oder jenes politische Vorhaben umsetzen wird? Es handelt sich schließlich in allen diesen Fällen um Spekulationen über künfige Ereignisse und damit um die Behauptung (noch) nicht nachweisbarer Tatsachen.
Ich spekuliere jetzt mal darauf, dass diese Entscheidung im Falle einer Berufung bereits vom OLG Hamburg aufgehoben wird und hoffe, dass mich der Vorsitzende Herr Buske dafür nicht bei seiner eigenen Kammer verklagt.
posted by Stadler at 13:50
Wer sich mit tatsächlich relevanten Datenschutzthemen befassen und nicht nur dem aktuellen Hype um Street View fröhnen will, sollte diesen Beitrag in der Zeit gelesen haben. Denn es wird wenig darüber berichtet, dass man Migranten und Empfänger staatlicher Transferleistungen eine Preisgabe von persönlichen Daten in einem Ausmaß abverlangt, das bedenklich erscheint. Man kann zwar einiges, aber nicht alles mit der Notwendigkeit begründen, Missbrauch zu verhindern. Dass die EU beispielsweise Fingerabdrücke aller Asylbewerber in einer Datenbank („Eurodac“) speichert, auf die die künftig auch Polizei- und Sicherheitsbehörden der Mitgliedsstaaten Zugriff erhalten sollen, ist genau das, was Art. 3 GG verhindern will. Denn das wäre eine Benachteiligung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft.
In einer Mitteilung der Kommission wurde schon vor längerer Zeit gefordert, dass die bestehenden und geplanten Datenbank-Systeme (u.a. auch Eurodac) in effizienter Weise weiterentwickelt werden sollen, und zwar insbesondere auch im Hinblick auf eine Ausweitung des Zugangs der für die innere Sicherheit zuständigen Behörden zu den verschiedenen Informationssystemen. Und dieses Thema steht weiterhin auf der Agenda. Wenn man sich vor Augen führt, was die EU so alles speichert, muss die Vorstellung der Zusammenführung und Verknüpfung der verschiedenen Datenbanken und Datenbestände nicht nur bei Migranten Unbehagen hervorrufen. Leider ist davon auch in den Blogs kaum etwas zu lesen.
posted by Stadler at 11:13
Dass Google den Start des Street View Dienstes noch für dieses Jahr angekündigt hat, erregt die Gemüter. Deshalb gibt es auch den Google Street View Widerspruch und den Google-Street-View-Widerspruch-Widerspruch.
Klingt mir nach einer Neuauflage von Ilse vs. Sascha, was es schon vor zwei Wochen im Spiegel gab. Wer die beiden neuen Protagonisten der (netz-)politischen Comedy nur mäßig witzig findet, kann sich auch dem wesentlich spaßigeren Gesetzesentwurf „lex Google“ zuwenden. Für schlechte Unterhaltung ist also weiterhin gesorgt im Sommerloch.
Vielleicht reden wir anschließend dann mal über die relevanten Themen des Datenschutzrechts.
posted by Stadler at 22:13
Vor einiger Zeit hatte ich auf die Ankündigung einer interdisziplinäre Tagung zum Thema “Privatheit” vom 19. – 20.November 2010 an der Uni Passau hingewiesen, weil mir das Thema interessant erschien.
Nun liegt das vorläufige Programm vor, das spannende Vorträge verspricht.
posted by Stadler at 08:00
Kommentare deaktiviert für Veranstaltungshinweis: interdisziplinäre Tagung zum Thema “Privatheit”
Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) deckt nicht nur Urheberrechtsverletzungen auf, wie es auf ihrer eigenen Website heißt, sondern sie begeht möglicherweise auch selbst welche. Die GVU hat nämlich die Löschung von 4 Video des „elektrischen Reporters“ sowie der vielbeachteten Animation „Du bist Terrorist“ von der Plattform Vimeo veranlasst und zwar offenbar gegen den Willen der Urheber.
Dies würde allerdings einen widerrechtlichen Eingriff in die Verwertungsrechte der Urheber darstellen. Vielleicht sollten sich die beiden Rechteinhaber deshalb überlegen, den Spieß einmal umzudrehen und die GVU zur Unterlassung aufzufordern.
Update vom 10.08.2010:
Die beiden betroffenen Urheber Alexander Lehmann und Mario Sixtus haben zwischenzeitlichen den geschätzten Kollegen Vetter beauftragt, der die GVU zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert hat. Mal sehen, ob die GVU als Urheberrechtsverletzer über die Einsicht verfügt, die sie von anderen stets einfordert und die Erklärung zur Vermeidung einer einstweiligen Verfügung fristgerecht abgeben wird.
Die GVU hat mittlerweile das „Versehen“ auch eingeräumt. An dieser Stelle sollte man sich allerdings nicht mit Beschönigungen zufrieden geben. Denn die GVU hat widerrechtlich in das Veröffentlichungsrecht der Urheber eingegriffen und hat gegenüber dem Portal Vimeo den Eindruck erweckt, hierzu von den Urhebern ermächtigt worden zu sein. Und dieses Vorgehen hat ganz offenbar System. Es stellt sich deshalb die Frage, wie oft es vorkommt, dass die GVU im Namen von Rechteinhabern ohne deren Zustimmung agiert. Bereits die Bezeichnung des von der GVU betriebenen Anti-Piraterie-Projekts mit „Portalschließungen“ verheißt insoweit nichts Gutes.
posted by Stadler at 22:36