Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

23.6.10

Deutliche Kritik am geplanten Arbeitnehmerdatenschutzrecht

Die geplante Regelung des Beschäftigtendatenschutzes wird von verschiedenen Seiten deutlich kritisiert, insbesondere von Datenschützern, von Gewerkschaften und auch vom Deutschen Anwaltverein (DAV).

Der vielfach geäußerte Einwand, dass der vorgelegte Entwurf weitgehend Regelungen beinhaltet, die vor allem eine stärkere Überwachung der Arbeitnehmer ermöglichen und insgesamt den Arbeitgeber deutlich bevorzugen, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Es ist jedenfalls erkennbar, dass die geplante Neuregelung Befugnisse der Arbeitgeber zur Erhebung und Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten schafft, die deutlich über das hinausgehen, was nach derzeitiger Rechtslage statthaft ist. So ist z.B. auch die Speicherung von Telekommunikationsdaten (Verkehrsdaten) zulässig, um eine stichprobenartige oder anlassbezogene Leistungs- oder Verhaltenskontrolle durchzuführen.

posted by Stadler at 15:22  

22.6.10

BGH: Sondernewsletter

Der Bundesgerichtshof hatte in der heute im Volltext veröffentlichten Entscheidung „Sondernewsletter“ (Urteil vom 10. Dezember 2009, Az.: I ZR 149/07) über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Werbung für eine Internet-Flatrate über das TV-Kabelnetz zu befinden. In der Entscheidung ging es außerdem um die Frage, inwieweit Abmahnkosten zu erstatten sind, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt war.

Die amtlichen Leitsätze des BGH lauten:

a) Wer  in  einer  an  die  Allgemeinheit  gerichteten  Werbung  für  einen  Telefon-Tarif  oder  eine  Internet-Flatrate  unter  Angabe  von  Preisen  wirbt,  muss, wenn  die  Inanspruchnahme  dieser  Leistungen  einen  Kabelanschluss  des Anbieters voraussetzt, in der Werbung hinreichend deutlich auf die Kosten des Kabelanschlusses hinweisen.

b)  Wer  in  einer  an  die  Allgemeinheit  gerichteten  Werbung  für  einen  Internet-Zugang über ein Kabelnetz unter Angabe der Übertragungsgeschwindigkeit wirbt, braucht nicht darauf hinzuweisen, dass diese Übertragungsgeschwindigkeit aufgrund von Umständen, auf die er keinen Einfluss hat, nicht durchgängig erreicht werden kann.

c) Richtet  sich  die  Höhe  der  Abmahnkosten  nach  dem  Gegenstandswert  der Abmahnung,  sind  die  Kosten  einer  nur  teilweise  berechtigten  Abmahnung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nur zu ersetzen, soweit die Abmahnung berechtigt war. Dabei ist die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des  Gegenstandswerts  des berechtigten Teils  der  Abmahnung  zum  Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen.

posted by Stadler at 12:00  

22.6.10

Auch in den USA wird gegen Google wegen Street View ermittelt

Wegen der Aufzeichnung von W-LAN-Daten durch Google im Rahmen der Street-View-Fahrten des Suchmaschinenbetreibers ermitteln auch in den USA nunmehr die Behörden.  Der „Attorney General“ des Bundesstaats Connecticut Blumenthal hat eine bundesstaatsübergreifende Untersuchung angekündigt, die die unerlaubte Sammlung personenbezogener Daten durch Google zum Gegenstand hat. Blumenthal sprach in diesem Zusammenhang wörtlich von:

„Google’s deeply disturbing invasion of personal privacy“

posted by Stadler at 10:38  

22.6.10

Perspektiven deutscher Netzpolitik

Bundesinnenminister De Maiziere will heute eine Rede zu den Perspektiven deutscher Netzpolitik halten, die manche mit Spannung erwarten und zu der es, dem Thema entsprechend, einen offiziellen Live-Stream gibt. Die Rede soll ein Fazit des sog. netzpolitischens Dialogs beinhalten, zu dem der Minister u.a. auch Netzaktivisten und Vertreter der sagenumwobenen Community eingeladen hatte.

Wer darauf hofft, dass die Bundesregierung in der Netzpolitik neue Wege einschlägt, hat vermutlich noch nicht erkannt, dass De Maiziere, zwar im Ton moderat aber in der Sache unbeirrt, lediglich die Schäuble-Linie weiterverfolgt. Dieser Kurs wird maßgeblich beeinflusst von berufsmäßigen Angstmachern wie dem BKA-Chef Ziercke, einem vehementen Fürsprecher der Vorratsdatenspeicherung und des Zugangserschwerungsgesetzes.

In diesen Kontext passt ein aufschlussreicher Bericht von Patrick Breyer zu dem letzten Treffen des sog. netzpolitischen Dialogs. Die detailreiche Schilderung von Breyer, bei der im Gegensatz zu blumigen journalistischen Darstellungen die Sachaspekte im Vordergrund stehen, macht wenig Hoffnung darauf, dass die Bundesregierung bei Themen wie der Vorratsdatenspeicherung oder den Netzsperren zu einer Haltung der Vernunft findet, obwohl genau dies verbal von De Maiziere stets postuliert wird.

Update:
Die 14 Thesen des Innenministers sind mittlerweile online, auf der Plattform „e-konsultation“ kann man als Bürger seine Meinung dazu abgeben. Bei den Thesen handelt es sich weitgehend um Allgemeinplätze, die, zumindest so wie sie formuliert sind, keine wirklich greifbaren und konkreten Strategien erkennen lassen.

Besonders fragwürdig war der Teil der Rede, in dem der Minister von einer Verkehrssicherungspflicht zum Schutz vor Viren und Schadsoftware sprach und gleichzeitig betonte, dass damit keine Kontrolle von Inhalten verbunden sei. Dass das vielleicht nicht ganz stringent ist, hat Fefe schon dargestellt.

Mich irritieren an dieser Stelle aber zwei andere Aspekte. Wenn Juristen von Verkehrsicherungspflichten sprechen, dann bedeutet dies, dass für den Fall eines Verstoßes gegen diese Pflichten eine Haftung begründet werden soll. Sollen Provider und Inhaltsanbieter also haften, wenn es ihnen nicht gelingt, Viren oder Malware von den Nutzern fernzuhalten? Das scheint dem Innenminister vorzuschweben. Damit würde man dann ein neues Kapitel der Providerhaftung aufschlagen. Ob sich dieser Regulierungsansatz nicht außerdem mit dem Gebot der Netzneutralität beißt, ist eine Frage, die ebenfalls zu diskutieren sein wird.

Update 2:

Einen guten Überblick über die Reaktionen zur Rede findet man in Stecki’s Blog

posted by Stadler at 10:11  

21.6.10

Die strengen Anforderungen an den Wortlaut einer Unterlassungserklärung

Die Kanzlei Waldorf schreibt mir in einer Filesharing-Sache, dass die abgegebene Erklärung nur teilweise „die strengen Anforderungen der Gerichte an den Wortlaut einer wirksamen Unterlassungserklärung“ erfüllt. Was sie genau stört, schreiben die Kollegen freilich nicht. Dafür haben sie vermutlich keinen Textbaustein.

Die Rückmeldung ist auch insoweit erstaunlich, als gleichlautende modifizierte Unterlassungserklärungen von derselben Kanzlei bereits mehrfach akzeptiert worden sind. Bin mal gespannt, ob die Kanzlei Waldorf diese Frage tatsächlich gerichtlich klären lassen möchte.

Update:

Wie mir die Kanzlei Waldorf jetzt telefonisch mitteilt, ist die Unterlassungserklärung doch in Ordnung. Das ganze sei ein Versehen gewesen. Falschen Textbaustein angeklickt? ;-)

posted by Stadler at 16:51  

21.6.10

Neuer Entwurf des SWIFT-Abkommens

Das Europaparlament hat im Februar 2010 das bereits mit den USA vereinbarte Swift-Abkommen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt und damit die Weitergabe von Bankdaten europäischer Bürger an die USA vorerst verhindert.

Nur kurze Zeit später wurde allerdings bereits über eine Neufassung verhandelt, die sich nach Aussagen der Bundesregierung durch ein hohes Datenschutzniveau auszeichnen soll.

Nunmehr liegt ein neuer Entwurf vor, der wenig greifbare Verbesserungen mit sich bringt. Die Anfrage der USA muss aber zumindest die Notwendigkeit der Übermittlung substantiiert begründen. Vor der Übermittlung soll das Gesuch durch Europol überprüft werden, was freilich den Nebeneffekt hat, dass Europol von diesen Daten vorab Kenntnis erlangt und diese Daten somit der europäischen Polizeibehörde zwangsläufig ebenfalls vorliegen und zwar selbst dann, wenn sich das Ersuchen der USA als unbegründet erweist.

Auch das Gegenseitigkeitsprinzip ist nach wie vor nicht verankert. Es ist schwer nachvollziehbar, dass Europa den USA Daten von Bürgern liefert, die im umgekehrten Fall zu US-Bürgern nicht angefordert werden können.

Die Bürgerrerchtsorganisation EDRi vertritt deshalb zu Recht die Ansicht, dass der neue Entwurf ebenso schlecht ist, wie die abgelehnte Fassung. Von dem hohen Datenschutzniveau, das Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger versprochen hatte, ist bislang wenig zu sehen.

posted by Stadler at 07:30  

19.6.10

OLG Hamburg: Unwirksame Abmahnung

Eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamburg (Beschluss vom 27.04.2010, Az.: 5 W 24/10) befasst sich mit den Anforderungen an eine urheberrechtliche Abmahnung.

Das Oberlandesgericht Hamburg vertritt die Ansicht, dass als rechtsverletzend beanstandete Grafiken und/oder Abbildungen konkret zu benennen und der Abmahnung regelmäßig beizufügen sind, weil eine wirksame Reaktion des Abgemahnten die Kenntnis des konkreten Erscheinungsbildes des Schutzobjekts voraussetzt.

Eine Abmahnung, die diesen Anforderungen nicht genügt, löst bei einem als Störer in Anspruch genommenen Forenbetreiber keine Prüf- und Handlungspflichten aus.
(via MIR)

posted by Stadler at 23:16  

19.6.10

Das Linkverhalten der Blogosphäre

Während gelegentlich die angebliche Selbstreferentialität der deutschen Blogosphäre kritisiert wird, stellt „netzwertig.com“ die gegenteilige These auf und meint, die einheimischen Blogs würden eher auf US-Blogs oder deutsche Mainstream-Medien verlinken als auf andere deutsche Blogs.

Und in der Tat kann man häufiger feststellen, dass ein bestimmtes Thema zuerst in einem oder mehreren Blogs auftaucht, um dann Stunden später als Schlagzeile auf dem Heise-Ticker oder Spiegel-Online zu erscheinen. Die meisten Blogger haben gar nicht die Zeit hunderte von Blogs zu verfolgen, weshalb sie von bestimmten Informationen erstmals häufig eben nicht über Blogs sondern über ein großes Nachrichtenportal erfahren. Und das hat dann zur Folge, dass nicht das Blog, das die Nachricht zuerst publiziert hat den Link bekommt, sondern im Zweifel eben doch der Heise-Newsticker.

Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, eine kleine Linkliste bekannter und weniger bekannter Qualitätsblogs zu präsentieren. Es handelt sich im Grunde um unsortierte Bookmarks. Die Auflistung ist deshalb zwangsläufig unvollständig und die Reihenfolge ist beliebig. Thematisch geht es um Medien- und Internetrecht, (Netz)-Politik, Bürgerrechte, IT und Medien. Fühlen Sie sich frei, in den Kommentaren weitere – thematisch einschlägige – Vorschläge zu unterbreiten.

Telemedicus
CARTA
netzpolitik.org
Offene Netze und Recht
…Kaffee bei mir?
Spreeblick
Jurabilis
iRights.info-Blog
Netzpiloten
law blog
Verfassungsblog
LAWgical
Die wunderbare Welt von Isotopp
KoopTech
Blog zum Medienrecht
Stefan Niggemeier
daten-speicherung.de
mediaclinique
immateriblog.de
jensscholz.com
ReH..Mo-Blog
Medial Digital
E-Comm

posted by Stadler at 12:42  

18.6.10

Volkszählung 2011

Im nächsten Jahr ist es wieder so weit, der Bund versucht sich erneut an einer großen Volkszählung. Das dafür notwendige „Gesetz über den registergestützten Zensus im Jahre 2011“ (ZensG 2011) ist bereits vor knapp einem Jahr in Kraft getreten. Anders als vor fast 30 Jahren werden viele Bürger von dieser Volkszählung nichts mitbekommen, da sie zumindest mehrheitlich nicht unmittelbar befragt werden. Stattdessen übermitteln verschiedenste Behörden Daten, die beim Statistischen Bundesamt zu einem kombinierten Datensatz zusammengeführt werden.

Für jede Anschrift, jedes Gebäude, jede Wohnung, jeden Haushalt und jede Person wird eine Ordnungsnummer vergeben und geführt.

Dass das für den Bürger nicht weniger grundrechtsintensiv ist als eine direkte Befragung, hat das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil bereits angedeutet. Dort heißt es:

„Auch die Übernahme sämtlicher Daten aus bereits vorhandenen Dateien der Verwaltung ist keine zulässige Alternative zu der vorgesehenen Totalzählung. Denn die Nutzung von Daten aus verschiedenen Registern und Dateien würde voraussetzen, daß technische, organisatorische und rechtliche Maßnahmen getroffen werden, die es erst erlauben, diese Daten, bezogen auf bestimmte Personen oder Institutionen, zusammenzuführen. Eine solche Maßnahme wäre zum Beispiel die Einführung eines einheitlichen, für alle Register und Dateien geltenden Personenkennzeichens oder dessen Substituts. Dies wäre aber gerade ein entscheidender Schritt, den einzelnen Bürger in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren. Die Verknüpfung vorhandener Dateien wäre danach auch nicht das mildere Mittel.“

Dem Konzept, das der Gesetzgeber jetzt verfolgt, stand das Verfassungsgericht also schon im Volkszählungsurteil kritisch gegenüber. Die spannende Frage wird somit sein, ob das BVerfG die jetzige Zusammenführung der Daten und Verknüpfung mit einer Personenkennziffer für mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar hält. Nach den Maßstäben des Volkszählungsurteils dürfte das ZensG durchaus problematisch sein. Mittlerweile hat das Gericht aber viele Dinge deutlich relativiert, auch wenn dies nirgends explizit so nachzulesen ist. Zum Beispiel das Urteil über die Vorratsdatenspeicherung reicht nicht mehr an das Schutzniveau heran, das das Bundesverfassungsgericht vor einem Vierteljahrhundert postuliert hat. Hierauf scheint auch der Gesetzgeber zu hoffen.

Unter dem Dach des Arbeitskreises gegen Vorratsdatenspeicherung hat sich gerade eine Initiative gegen die Volkszählung 2011 gebildet, die das ZensG mit einer Verfassungsbeschwerde angreifen will.

Dass bislang öffentlich kaum über diese Volkszählung gesprochen und berichtet wurde, ist überraschend, passt aber zu der Tendenz, die Dinge erst aufzugreifen, wenn es schon fast zu spät ist.

posted by Stadler at 23:47  

18.6.10

Neues zum Leistungsschutzrecht der Verleger

Die „Berliner Rede zum Urheberrecht„, in der Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger vor einigen Tagen sehr einseitig Position zugunsten von Rechteinhabern und Content-Industrie bezogen hat, wurde von den Verlagen, die gerade ein neues eigenes Leistungsschutzrechte für Verlagsprodukte fordern, erwartungsgemäß begrüßt.

Netzpolitik.org hat einige neue Informationen zum Thema zusammengetragen und verweist insbesondere auf ein Eckpunktepapier von BDVZ und VDZ, das man dem Justizministerium offenbar demnächst präsentieren will.

Worum es bei der Forderung nach einem Leistungsschutzrecht tatsächlich geht und was davon zu halten ist, habe ich bereits dargelegt.

posted by Stadler at 11:47  
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