Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

22.6.10

Perspektiven deutscher Netzpolitik

Bundesinnenminister De Maiziere will heute eine Rede zu den Perspektiven deutscher Netzpolitik halten, die manche mit Spannung erwarten und zu der es, dem Thema entsprechend, einen offiziellen Live-Stream gibt. Die Rede soll ein Fazit des sog. netzpolitischens Dialogs beinhalten, zu dem der Minister u.a. auch Netzaktivisten und Vertreter der sagenumwobenen Community eingeladen hatte.

Wer darauf hofft, dass die Bundesregierung in der Netzpolitik neue Wege einschlägt, hat vermutlich noch nicht erkannt, dass De Maiziere, zwar im Ton moderat aber in der Sache unbeirrt, lediglich die Schäuble-Linie weiterverfolgt. Dieser Kurs wird maßgeblich beeinflusst von berufsmäßigen Angstmachern wie dem BKA-Chef Ziercke, einem vehementen Fürsprecher der Vorratsdatenspeicherung und des Zugangserschwerungsgesetzes.

In diesen Kontext passt ein aufschlussreicher Bericht von Patrick Breyer zu dem letzten Treffen des sog. netzpolitischen Dialogs. Die detailreiche Schilderung von Breyer, bei der im Gegensatz zu blumigen journalistischen Darstellungen die Sachaspekte im Vordergrund stehen, macht wenig Hoffnung darauf, dass die Bundesregierung bei Themen wie der Vorratsdatenspeicherung oder den Netzsperren zu einer Haltung der Vernunft findet, obwohl genau dies verbal von De Maiziere stets postuliert wird.

Update:
Die 14 Thesen des Innenministers sind mittlerweile online, auf der Plattform „e-konsultation“ kann man als Bürger seine Meinung dazu abgeben. Bei den Thesen handelt es sich weitgehend um Allgemeinplätze, die, zumindest so wie sie formuliert sind, keine wirklich greifbaren und konkreten Strategien erkennen lassen.

Besonders fragwürdig war der Teil der Rede, in dem der Minister von einer Verkehrssicherungspflicht zum Schutz vor Viren und Schadsoftware sprach und gleichzeitig betonte, dass damit keine Kontrolle von Inhalten verbunden sei. Dass das vielleicht nicht ganz stringent ist, hat Fefe schon dargestellt.

Mich irritieren an dieser Stelle aber zwei andere Aspekte. Wenn Juristen von Verkehrsicherungspflichten sprechen, dann bedeutet dies, dass für den Fall eines Verstoßes gegen diese Pflichten eine Haftung begründet werden soll. Sollen Provider und Inhaltsanbieter also haften, wenn es ihnen nicht gelingt, Viren oder Malware von den Nutzern fernzuhalten? Das scheint dem Innenminister vorzuschweben. Damit würde man dann ein neues Kapitel der Providerhaftung aufschlagen. Ob sich dieser Regulierungsansatz nicht außerdem mit dem Gebot der Netzneutralität beißt, ist eine Frage, die ebenfalls zu diskutieren sein wird.

Update 2:

Einen guten Überblick über die Reaktionen zur Rede findet man in Stecki’s Blog

posted by Stadler at 10:11  

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