Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.2.10

Bundespräsident unterzeichnet Zugangserschwerungsgesetz nun doch

Bundespräsident Horst Köhler hat das Zugangserschwerungsgesetz doch noch ausgefertigt, weshalb das umstrittene Gesetz nunmehr in Kraft treten wird.

Nachdem die Bundesregierung das Gesetz aber nicht anwenden möchte,muss sie, wenn sie nicht den nächsten Verfassungsbruch begehen will, nunmehr ein Aufhebungsgesetz auf den Weg bringen, um dadurch das Zugangserscherungsgesetz auf dem regulären gesetzgeberischen Weg wieder zu beseitigen.

Update:
Es gibt bereits verschiedene Gesetzesinitiativen zur Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes, u.a. der Grünen, der Linken und wie man hört, will auch die SPD noch einen Antrag einbringen. Die erste Lesung soll am 25.02.10 im Bundestag stattfinden. Ob einer dieser Anträge allerdings die Zustimmung der Koalitionsfraktionen finden wird, darf bezweifelt werden. Denn wer das politische Spiel kennt, der weiß, dass nur ganz ungern einem Antrag des politischen Gegners zugestimmt wird.

Inhaltlich bietet der Antrag der Grünen die einfache und saubere Lösung, nämlich die vollständige Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes. Diesen oder einen inhaltsgleichen Antrag müsste die FDP, wenn sie auf ihrer Linie bleibt, ebenfalls unterstützen. Der weitergehende Antrag der Linken dürfte kaum mehrheitsfähig sein und ist zudem mit Blick auf die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Bereich der Gefahrenabwehr ebenso problematisch, wie es das Zugangserschwerungsgesetz war.

posted by Stadler at 14:50  

16.2.10

Der Jugendmedienschutz muss generell auf den Prüfstand

Derzeit wird viel über einen neuen Entwurf eines Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) diskutiert. Dieser Entwurf verfestigt mit Blick auf die neuen Medien aber nur eine Jugendschutzpolitik, die sich bereits in der geltenden Fassung des JMStV wiederfindet.

Die Einhaltung der Vorgaben des JMStV ist Sache der sog. Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Sie dient, wie § 14 Abs. 2 JMStV besagt, den jeweiligen Landesmedienanstalten als Organ bei der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Jugendmedienschutzes.

Alvar Freude stellt in seinem Blog nun die These auf, dass die KJM gefährlicher sei als „Zensursula“ und das Zugangserschwerungsgesetz. Freude stützt diese Ansicht vor allem auf ein Papier der KJM in dem es u.a. um die Möglichkeit von Sperrungsverfügungen gegen Access-Provider geht. In seiner Schlussfolgerung, dass wir insgesamt ein Umdenken beim Jugendmedienschutz brauchen, kann ich ihm freilich nur zustimmen.

Die derzeitige Diskussion greift zu kurz, wenn sie nur den neuen Entwurf des JMStV kritisch betrachtet. Vielmehr ist das Gesamtkonzept des deutschen Jugendmedienschutzes in Frage zu stellen. Denn die Mechanismen die der JMStV vorsieht, knüpfen an Vorstellungen der Rundfunkregulierung an, die auf das Netz nicht nur nicht 1:1, sondern überhaupt nicht übertragen werden können. Diejenigen, die in Deutschland in diesem Bereich derzeit meinungsbildend sind, kommen allerdings primär aus dem Rundfunkbereich bzw. dem klassischen Jugendschutz. Und das ist eine der Ursachen der derzeitigen Fehlentwicklung.

Am Anfang aller Überlegungen sollte die Einsicht stehen, dass der Jugendmedienschutz in seiner jetzigen Form lediglich Scheinlösungen anbietet, die niemandem nutzen. Jeder durchschnittlich begabte Hauptschüler kann heutzutage soviele pornographische Inhalte aus dem Netz saugen, wie er niemals konsumieren kann. Die meisten Anbieter von Inhalten, die nach inländischen Kriterien als jugendgefährdend eingestuft werden, haben sich zudem formal ohnehin längst im Ausland angesiedelt und dem Zugriff deutscher Behörden entzogen. Ob deutsche Jugendschützer ein paar Webseiten kennzeichnen oder nicht, spielt deshalb im Ergebnis keine Rolle und dient nur dazu, in der Öffentlichkeit den Anschein eines wirksamen Jugendschutzes aufrecht zu erhalten.

Man wird in diesem Zusammenhang auch früher oder später die Frage zu diskutieren haben, ob pornographische Inhalte für einen 15-jährigen tatsächlich entwicklungsbeeinträchtigend sind und ob die derzeitige Stoßrichtung des Jugendschutzes sich insoweit noch auf eine ausreichend tragfähige Grundlage stützen kann. Mir persönlich erscheinen hier zu oft, fragwürdige Moralvorstellungen die Diskussion zu dominieren.

Unabhängig davon, würde sich für den Jugendmedienschutz keinerlei nennenswerte Veränderung ergeben, wenn man den JMStV morgen ersatzlos streicht. Denn derzeit passiert praktisch ohnehin nichts.

Nachdem man das auch bei den zuständigen Stellen wie der KJM weiß, aber öffentlich niemals zugeben würde, versucht man die eigene Hilflosigkeit und Untätigkeit dadurch zu kaschieren, dass man Regulierungsansätze auf Ebene der Access-Provider propagiert. Das kann bei dem Teil der Bevölkerung, der mit den Zusammenhängen und Hintergründen nicht vertraut ist, durchaus auf positive Resonanz stoßen, wie die Wahlkampfshow Ursula von der Leyens gezeigt hat. Tatsächlich stellt dies aber nur ineffektives Blendwerk dar und gefährdet darüber hinaus die freie und ungehinderte Kommunikation im Netz. Es ist deshalb an der Zeit, dass die Netzgemeinde gegen das Konzept des JMStV in gleicher Weise mobil macht, wie gegen das Zugangserschwerungsgesetz.

Was aber ist tatsächlich nötig im Bereich des Jugendmedienschutzes? Einige Thesen:

1. Der Jugendschutz im Internet unterscheidet sich von dem in anderen Medien wie Rundfunk und Print fundamental. Das Internet ist keine moderne Form des Rundfunks. Eine sinnvolle Änderung des JMStV würde darin bestehen, den Bereich des Internets abzukoppeln und mit einem eigenständigen Expertengremium zu besetzen. Eine Art KJM für das Netz, die mit wirklichen Fachleuten besetzt ist, die die Mechanismen des Internets verstehen.

2. Die im Inland möglichen Maßnahmen gegen Inhaltsanbieter müssen konsequent ergriffen werden. In diesem Bereich besteht ein erhebliches Vollzugsdefizit. Die Diskussion über Netzsperren soll über diese Defizite hinwegtäuschen und stellt lediglich politisch motivierte Augenwischerei dar.

3. Die Ziele des Jugendmedienschutzes sind nicht länger primär durch Ge- und Verbote gegenüber Anbietern zu erreichen. Sowohl der Gesetzgeber als auch die zuständigen Behörden müssen sich von dieser Vorstellung verabschieden. Aufgabe des Staates wird es künftig vor allen Dingen sein, in den Schulen Medienkompetenz zu vermitteln. Ansonsten fällt es primär in den Verantwortungsbereich der Eltern, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder nicht mit bedenklichen Inhalten in Kontakt kommen.

posted by Stadler at 22:00  

16.2.10

Keinen Fußbreit den Faschisten

Wie ich zum Radikalen wurde und mit vielen Verbündeten, den Aufmarsch der Neonazis verhinderteschildert der in Dresden geborene Schriftsteller Ingo Schulze in der Süddeutschen Zeitung vom 16.02.10 (S. 11). Must Read!

Man versteht bei der Lektüre des Textes, warum es Aufgabe jedes Bürgers ist, sich den Nazis in den Weg zu stellen, auch über Versammlungsverbote hinweg. Dass die Polizeibehörden im Vorfeld wenig Geschichtsbewusstsein bewiesen und in rechtswidriger Art und Weise das Aktionsbündnis „Dresden nazifrei“ behindert haben, sollte auch immer wieder erwähnt werden.

posted by Stadler at 08:40  

15.2.10

Anonyme Abmahnung

Das Abmahnwesen treibt seltsame Blüten. Gerade habe ich ein Anwaltsschreiben auf dem Tisch, in dem der Kollege wettbewerbsrechtlich abmahnt und mitteilt, dass er einen Mitbewerber vertritt, der dieselben Produkte vertreibt wie mein Mandant. Den Namen seines Mandanten will der Kollege allerdings nicht nennen. Er fordert auch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung – wem gegenüber sollte die auch abgegeben werden – sondern nur die bloße Unterlassung und natürlich die Erstattung von Anwaltskosten.

Abgesehen davon, dass der Unterlassungsanspruch nach UWG ein konkretes Wettbewerbsverhältnis voraussetzt, dessen Bestehen man ohne Kenntnis der Person des des Abmahnenden schlecht prüfen kann, stellt sich in diesem Fall auch die Frage, ob dieser Kollege überhaupt einen Mandanten hat. Ob der Kollege diese Anwaltskosten wohl auch anonym einklagen will?

posted by Stadler at 19:59  

15.2.10

BGH: Kosten der zweiten Abmahnung nicht erstattungsfähig

Der Bundesgerichtshof hat mit einem heute veröffentlichten Urteil vom 21.01.2010 (Az.: I ZR 47/09) entschieden, dass regelmäßig nur die Anwaltskosten der ersten vorgerichtlichen Abmahnung erstattungsfähig ist.

Der Leitsatz des BGH lautet:

Ein Wettbewerbsverband, der den Schuldner nach einer selbst ausgesprochenen, ohne Reaktion gebliebenen ersten Abmahnung ein zweites Mal von einem Rechtsanwalt abmahnen lässt, kann die Kosten dieser zweiten Abmahnung nicht erstattet verlangen (Abgrenzung von BGHZ 52, 393, 400 – Fotowettbewerb).

Das bedeutet freilich auch, dass derjenige, der zunächst selbst abmahnt, um Kosten für sich und die Gegenseite zu vermeiden, damit das Risiko eingeht, auf den nachfolgenden vorgerichtlichen Anwaltskosten sitzen zu bleiben.

posted by Stadler at 11:53  

13.2.10

Gibt es eigentlich Raubkopien Frau Merk?

Die bayerische Justizministerin Beate Merk wartete heute mit einem ganz besonderen Bonmot auf, denn sie erläutert uns, dass Daten keine Sachen sind, man sie deshalb nicht stehlen könne, weshalb es natürlich auch keine Hehlerei an Daten geben könne.

Aber kann man Daten dann eigentlich rauben, wenn man sie nicht stehlen kann? Denn schließlich bezeichnet Raub ja nichts anderes als einen Diebstahl mittels Gewalt. Wenn es also keinen Datendieb gibt, dann gibt es natürlich auch keinen Raubkopierer.

Warum redet man trotzdem von Raubkopien, liebe Frau Merk? Ja genau, weil man umgangssprachlich auch von Geheimnishehlerei (§ 17 Abs. 2 UWG) spricht. Und das ist genau der Straftatbestand, den der deutsche Beamte erfüllt, der (vielleicht auch bald in Ihrem Auftrag?) Daten-CD’s in der Schweiz ankauft.

posted by Stadler at 19:34  

12.2.10

Wieder einstweilige Verfügung gegen RapidShare

Dem Sharehoster RapidShare ist zum wiederholten Male per einstweiliger Verfügung untersagt worden, urheberrechtlich geschützte Werke online über seinen Dienst öffentlich zugänglich machen zu lassen. Im konkreten Fall ging es um Buchtitel der Verlage De Gruyter und Campus. Das meldet borsenblatt.net.

Die meisten dieser einstweiligen Verfügungen wurden bisher beim Landgericht Hamburg erwirkt und dies sicherlich nicht ohne Grund. Denn die Rechtslage ist mit Blick auf Sharehoster keineswegs so eindeutig, wie die Rechteinhaber gerne behaupten.

posted by Stadler at 12:30  

12.2.10

Verfassungsbeschwerde gegen § 97a Abs. 2 UrhG (Deckelung der Abmahnkosten) unzulässig

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde eines eBay-Power-Sellers gegen die Vorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG mit Beschluss vom 20.01.2010 (Az.: 1 BvR 2062/09) nicht zur Entscheidung angenommen. Nach der Vorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG werden die Abmahnkosten bei einer erstmaligen Abmahnung in einem einfach gelagerten Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf EUR 100,- begrenzt.

Diese Vorschrift läuft in der Praxis bislang ohnehin weitgehend leer, weil zahlreiche Instanzgerichte z.B. in Fällen des Filesharing bereits bei einem einzigen Musikalbum einen Fall eines gewerblichen Ausmaßes annehmen und z.T. auch den einfach gelagerten Fall verneinen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bringt keine wesentlich neuen Erkenntnisse, macht allerdings deutlich, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung auch der Schranken des Urheberrechts über einen weiten Spielraum verfügt. Das Gericht führt hierzu u.a. aus:

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausprägung des Urheberrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen. Der Urheber hat nach dem Inhalt der Eigentumsgarantie grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihm der wirtschaftliche Nutzen seiner Arbeit zugeordnet wird, soweit nicht Gründen des gemeinen Wohls der Vorrang vor den Belangen des Urhebers zukommt (…). Bei der Bestimmung dessen, was als angemessene Verwertung eines Werks anzusehen ist, hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsraum.

Zur Frage der Auslegung des Rechtsbegriffs des gewebrlichen Ausmaßes in § 97a Abs. 2 UrhG habe ich vor einigen Monaten einen Aufsatz für das AnwaltZertifikatOnline verfasst.

posted by Stadler at 11:10  

12.2.10

Verfassungsbeschwerde gegen § 97a Abs. 2 UrhG (Deckelung der Abmahnkosten) unzulässig

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde eines eBay-Power-Sellers gegen die Vorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG mit Beschluss vom 20.01.2010 (Az.: 1 BvR 2062/09) nicht zur Entscheidung angenommen. Nach der Vorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG werden die Abmahnkosten bei einer erstmaligen Abmahnung in einem einfach gelagerten Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf EUR 100,- begrenzt.

Diese Vorschrift läuft in der Praxis bislang ohnehin weitgehend leer, weil zahlreiche Instanzgerichte z.B. in Fällen des Filesharing bereits bei einem einzigen Musikalbum einen Fall eines gewerblichen Ausmaßes annehmen und z.T. auch den einfach gelagerten Fall verneinen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bringt keine wesentlich neuen Erkenntnisse, macht allerdings deutlich, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung auch der Schranken des Urheberrechts über einen weiten Spielraum verfügt. Das Gericht führt hierzu u.a. aus:

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausprägung des Urheberrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen. Der Urheber hat nach dem Inhalt der Eigentumsgarantie grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihm der wirtschaftliche Nutzen seiner Arbeit zugeordnet wird, soweit nicht Gründen des gemeinen Wohls der Vorrang vor den Belangen des Urhebers zukommt (…). Bei der Bestimmung dessen, was als angemessene Verwertung eines Werks anzusehen ist, hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsraum.

Zur Frage der Auslegung des Rechtsbegriffs des gewebrlichen Ausmaßes in § 97a Abs. 2 UrhG habe ich vor einigen Monaten einen Aufsatz für das AnwaltZertifikatOnline verfasst.

posted by Stadler at 11:10  

11.2.10

Nacktscanner und der Saunabesuch

Der Journalist und Blogger Jeff Jarvis – den ich persönlich für stark überschätzt halte – macht sich über den deutschen Datenschutz und unsere Vorstellung von „Privacy“ lustig und versteht nicht, wie man nackt in eine Sauna gehen, gleichzeitig aber gegen Nacktscanner sein kann.

Und ich verstehe nicht, wie man angezogen in eine Sauna gehen aber mit Körperscannern keinerlei Probleme haben kann. In dem einen Fall geht es um Prüderie und in dem anderen Fall um die Verteidigung von Grundrechten. Das hat aber insofern etwas miteinander zu tun, als sowohl der Saunabesuch ohne Badehose wie auch die Ablehnung von Nacktscannern eine liberale Haltung zum Ausdruck bringen.

posted by Stadler at 19:25  
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