Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

11.2.10

Europaparlament stoppt Swift-Abkommen

Das Europaparlament löst sich aus der Umklammerung des Rates und lehnt das bereits mit den USA vereinbarte Swift-Abkommen, das die Weitergabe von Bankdaten europäischer Bürger an die USA vorsieht, mit deutlicher Mehrheit ab.

Wie man hörte, sind viele Abgeordnete von Lobbyisten der US-Administration in den letzten Tagen massiv bedrängt worden. Umso erstaunlicher ist das deutliche Signal des Parlaments für ein unabhängiges und freiheitliches Europa.

Vielleicht ist das sogar die Geburtsstunde eines neuen Europa, eines Europa der Bürger, das sich gegen Lobbyisten, Technokraten und Überwachungsbefürworter zur Wehr zu setzen vermag.

posted by Stadler at 12:43  

11.2.10

Untergeschobene Zustimmung zur Zusendung von Werbung in Teilnahmeerklärung für Gewinnspiel

Nach zwei Urteilen des Landgerichts Berlin vom 18.11.2009 dürfen Teilnahmecoupons für Gewinnspiele keine Erklärungen enthalten, durch die die Teilnehmer gleichzeitig einer Werbung per Telefon oder E-Mail zustimmen.

Das Gericht hat offenbar Verstöße gegen das UWG und das Bundesdatenschutzgesetz angenommen und klargestellt, dass Einwilligungsklauseln zur Weitergabe persönlicher Daten nur zulässig sein können, wenn sie vom übrigen Text deutlich abgehoben sind. Sie müssen außerdem klar beschreiben, von wem die Daten für welche Zwecke verarbeitet und genutzt werden. Telefon- und E-Mail-Werbung ist nur dann statthaft, wenn der Kunde eine gesonderte Einwilligungserklärung unterschreibt oder durch Ankreuzen eines Kästchens aktiv zustimmt.

Urteile des LG Berlin vom 18.11.2009, Az. 4 O 89/09 (Axel-Springer-Verlag) und 4 O 90/09 (Ullstein-Verlag) – nicht rechtkskräftig

Quelle: Pressemitteilung Verbraucherzentrale Bundesverband vom 09.02.2010

posted by Stadler at 11:30  

11.2.10

BGH verhandelt über Urheberrechtsverletzung durch Abstracts

Der Bundesgerichtshof verhandelt am 15.07.10 (Az.: I ZR 13/08 und I ZR 12/08) die Frage von Urheberrechtsverletzungen durch Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln („Abstracts“). Das – von mir sehr geschätze – Onlinekulturmagazin Perlentaucher bietet Zusammenfassungen von Feuilletonartikeln verschiedener Zeitungen an. Solche „Abstracts“ lizenziert der Perlentaucher gegen Entgelt auch an Amazon und buecher.de, soweit sie Literaturkritiken zum Gegenstand haben.

Hiergegen klagen die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Süddeutsche Zeitung, die ihre urheberrechtlichen Nutzungsrechte verletzt sehen. Die Vorinstanzen haben die Klagen der Verlage abgewiesen und die Abstracts als zulässige freie Benutzung der Originalrezensionen (§ 24 UrhG) betrachtet.

Mit Spannung erwartet wird außerdem die Entscheidung des BGH zur Frage der urheberrechtlichen Zulässigkeit der Google-Thumbnails, die nunmehr für den 29.04.10 angekündigt ist.

Eine Vorschau auf die weiteren anstehenden Entscheidungen und Termine des BGH mit Bezug zum Internet- und Medienrecht bietet Telemedicus.

posted by Stadler at 10:20  

10.2.10

Urheberrecht 2.0: Warum die Kulturflatrate ein richtiger Ansatz ist

Das erklärt Volker Grassmuck in einem Gastbeitrag auf netzpolitik.org sehr schlüssig und widerlegt gleichzeitig die Argumente, die die Musikindustrie gegen eine Kulturflatrate ins Feld führt.

Die Musikindustrie hat es Ende der 90’er Jahre verabsäumt, auf ein Paid-Content-Modell für Musik im Netz hinzuwirken und damit ihr eigene Krise zu einem erheblichen Teil selbst verursacht. Stattdessen hat die Industrie rückwärtsorientiert agiert und versucht mit juristischen Mitteln und DRM gegen Raubkopierer zu kämpfen. Dieses Konzept ist gescheitert.

Dass die Musikindustrie daraus immer noch nichts gelernt hat, belegen ihre falschen und gegen die eigenen wirtschaftlichen Interessen gerichteten Thesen zum Vorschlag einer Kulturflatrate.

Die Krise der Musikindustrie ist Ausdruck der kollektiven Unfähigkeit eines ganzen Wirtschaftszweigs sich den Herausforderungen des Internets zu stellen. Man will das nur nicht wahrhaben.

posted by Stadler at 18:30  

10.2.10

Die Ablösung des Urheberrechtsexzesses durch das Recht zum Kopieren

Zu einem Thema wollte ich garantiert nichts schreiben, nämlich zu Helene Hegemann. Denn diese Sau wird gerade zu Genüge durch das feuilletonistische Dorf getrieben und die verlogene Doppelmoral des Flaggschiffs FAZ haben andere bereits so treffend analysiert, wie ich es nie gekonnt hätte.

Aber nachdem ich den gelungenen Beitrag von Willi Winkler zum Thema in der Süddeutschen gelesen habe, hat es mich doch noch in den Fingern gejuckt.

Denn Winkler zitiert Hegemann mit folgenden Worten:

Wenn da die komplette Zeit über reininterpretiert wird, dass das, was ich geschrieben habe, ein Stellvertreterroman für die Nullerjahre ist, muss auch anerkannt werden, dass der Entstehungsprozess mit diesem Jahrzehnt und den Vorgehensweisen dieses Jahrzehnts zu tun hat, also mit der Ablösung von diesem ganzen Urheberrechtsexzess durch das Recht zum Kopieren und zur Transformation.

Das ist dann doch vielleicht ein ziemlich kluger Satz und zugleich ein Schlag ins Gesicht der etablierten Verlagsszene. Oder eben doch nur eine uralte Weisheit, die bereits Oscar Wilde mit dem Satz „Talent borrows, genius steals“ formuliert hat?

Dass die FAZ Hegemann verteidigt und damit – vermutlich unbewusst – mit ihrer bisherigen Linie bricht, zeigt nur, dass niemand der Diskussion um ein anachronistisches Urheberrecht auf Dauer entkommen wird. Selbst die nicht, die ansonsten ein neues Leistungsschutzrecht für Verlage fordern.

posted by Stadler at 08:00  

9.2.10

BGH hebt meinungsfeindliche Hamburger Rechtsprechung erneut auf

Der Bundesgerichtshof hat das meinungsfeindliche „Hamburger Landrecht“ erneut korrigiert und Entscheidungen des OLG Hamburg (1. Instanz: LG Hamburg) aufgehoben, durch die SpiegelOnline die Nennung der als Täter wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedelmayr verurteilten Personen in einem Dossier mit Altmeldungen untersagt worden war.

Bereits mit Urteilen vom 15.12.2009 hatte der BGH in einem parallelen Fall die namentliche Nennung der Sedlmayr-Mörder in Onlinearchiven des Deutschlandradios für zulässig erachtet und anderslautende Urteile der hanseatischen Gerichte aufgehoben.

Urteile des BGH vom 9. Februar 2010 (Az.: VI ZR 243/08 und VI ZR 244/08)
Quelle: Pressemitteilung Nr. 30/2010 vom 09.02.2010

posted by Stadler at 18:25  

9.2.10

Von der Zugangserschwerung zur Löschung

Die Grünen wollen offenbar einen Gesetzesentwurf zur vollständigen Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes in den Bundestag einbringen, wie Heise berichtet. Das wäre in jedem Fall der richtige Ansatz und stellt die einzige saubere Lösung zur Beendigung des derzeitigen Schwebezustands dar.

Was den Inhalt des angekündigten „Löschgesetzes“, das an die Stelle des Zugangserschwerungsgesetzes treten soll, angeht, schweigt sich die Bundesregierung bislang aus. Man munkelt allerdings, dass hierdurch neue Befugnisse und Zuständigkeiten des BKA für derartige Löschungsmaßnahmen geschaffen werden sollen. Das würde allerdings voraussetzen, dass zunächst das Grundgesetz entsprechend geändert und eine diesbezügliche Verwaltungskompetenz des BKA geschaffen wird. Außerdem würden damit natürlich die Kompetenzen der Länder im Bereich des Polizei- und Sicherheitsrechts eingeschränkt, was zu Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern führen könnte.

posted by Stadler at 17:23  

9.2.10

Strafbarkeit der Umgehung des SIM-Locks?

Vertragshandys sind mit einer Sperre (SIM-Lock) versehen, die sicherstellen soll, dass das Handy nur im Netz des Anbieters benutzt wird, mit dem man einen Mobilfunkvertrag – zumeist über eine Laufzeit von 24 Monaten – abgeschlossen hat. Das ist der Preis den man dafür bezahlt, dass man das Handy im Rahmen des Vertrags kostenlos oder sehr günstig bekommt.

Dieser SIM-Lock lässt sich freilich auf verschiedene Arten umgehen bzw. knacken, was von manchen Staatsanwaltschaften allerdings strafrechtlich verfolgt wird.

In einem Anörungsbogen einer Polizeidienststelle heißt es hierzu: „Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen (…) wurde bekannt, dass Sie Käufer einer Unlockkarte für Handy’s waren.“ Es folgt eine wörtliche Wiedergabe von § 263a StGB (Computerbetrug), verbunden mit dem abschließenden Hinweis, dass mit dem Erwerb der Unlockkarte der Tatbestand erfüllt worden sei.

Das ist freilich Strafrecht zum Davonlaufen. Denn der bloße Erwerb einer solchen Karte erfüllt die Tatbedstandsvoraussetzungen des § 263a StGB (noch) nicht und kann allenfalls eine Vorbereitungshandlung darstellen, wobei auch das kritisch ist, nachdem durchaus auch Fälle einer legalen Verwendung denkbar sind.

Ob die anschließende Umgehung des SIM-Locks den Tatbestand des § 263a StGB erfüllen kann, ist aber auch zweifelhaft. Denn es handelt sich zunächst nur um eine Vertragverletzung, sofern es vertraglich untersagt ist, während der Vertragslaufzeit den SIM-Lock auszuhebeln. Und der bloße vertragswidrige Gebrauch soll nach dem Sinn und Zweck von § 263s StGB an sich nicht strafbar sein, wenngleich der Wortlaut insoweit ungenau ist. Hinzu kommt auch im Einzelfall noch die Frage nach dem Schaden.

Im Zusammenhang mit diesem Problemkreis werden auch noch andere Straftatbestände diskutiert, wie z.B. § 303a StGB oder § 108b UrhG. Der Urheberrechtsverstoß ist allerdings im Falle einer ausschließlichen Nutzung zum eigenen Gebrauch nicht strafbar.

Derzeit ist völlig offen, ob in diesen Sachverhalten tatsächlich eine Strafbarkeit in Betracht kommt oder nicht.

posted by Stadler at 16:00  

8.2.10

Kein Zugangserschwerungs- sondern ein Löschgesetz

Die Bundesregierung rückt von dem – gegen den Rat der meisten Fachleute – verabschiedeten Zugangserschwerungsgesetz wieder ab und möchte dieses nach einer Meldung von SpiegelOnline durch ein „Löschgesetz“ ersetzen. Möglicherweise entgeht man aber damit nur dem, was für die Bundesregierung ein mediales Fiasko wäre, nämlich, dass ihr der Bundespräsident die offensichtliche Verfassungswidrigkeit des Gesetzes bescheinigt und seine Unterschrift verweigert.

Was in einem Löschgesetz allerdings konkret geregelt werden soll, bleibt vorerst unklar. Sinnvoller wäre es allemal, wenn die deutsche Exekutive stattdessen endlich handeln würde. Denn für die Forderung „Löschen statt Sperren“ bedarf es keiner neuen gesetzlichen Regelungen. Wenn deutsche Polizei- und Sicherheitsbehörden auf kinderpornografische Inhalte im Netz aufmerksam werden, dann können Sie Abuse-Mails schreiben und parallel die zuständigen ausländischen Behörden informieren und auf eine Löschung hinwirken.

Jedenfalls zeigt die Entwicklung, dass die Arbeit des Arbeitskreises gegen Internet-Sperren und Zensur Früchte getragen hat. Die Politik sollte erkannt haben, dass die Bürger mittlerweile in der Lage sind, sich aus dem Netz heraus zu formieren und für erheblichen politischen Gegenwind zu sorgen.

posted by Stadler at 21:21  

8.2.10

Lachnummer: Gravenreuth erstattet Strafanzeige wegen Steuer-CD

Eine Meldung auf Udo Vetters Law Blog hat mir meinen Tag gerettet. Rechtsanwalt von Gravenreuth erstattet Strafanzeige gegen Mitarbeiter der Wuppertaler Steuerfahndung wegen des Ankaufs der ominösen Steuersünder-CD aus der Schweiz. Und Gravenreuth hat einen Tatbestand ausfindig gemacht, der bislang überhaupt nicht diskutiert wurde, nämlich eine unerlaubte Verwertung einer Datenbank nach dem UrhG. Die Normenkette hierzu muss richtiger Weise lauten §§ 108 Nr. 8, 108a, 87b UrhG.

Dabei hat der Kollege von Gravenreuth vermutlich aber übersehen, dass sich juristische Personen nach schweizerischem Recht wegen § 127a UrhG erst gar nicht auf den Datenbankschutz nach deutschem Urheberrecht berufen können und auch kein entsprechendes Abkommen mit der Schweiz besteht.

Die deutschen Steuerfahnder machen sich gleichwohl strafbar und zwar nach § 17 Abs. 2 UWG. Aber selbst wegen der einschlägigen Straftatbestände dürfte kaum ein Ermittlungsverfahren drohen.

posted by Stadler at 18:10  
« Vorherige SeiteNächste Seite »