Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.10.10

Widerstand gegen ACTA

Obwohl die letzte Verhandlungsrunde eine Einigung der Unterzeichnerstaaten herbeiführen sollte, sind offenbar nach wie vor einige Punkte des sog. Anti Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) ungeklärt.

Das internationale Handelsabkommen ACTA trifft Regelungen auf dem Gebiet des “geistigen Eigentums”. Die Entwürfe sahen ursprünglich u.a. auch eine weitreichende Inpflichtnahme von Internet Service Providern vor. Diese Vorschriften sind allerdings weitgehend wieder gestrichen worden.

Widerstand kommt nunmehr fast erwartungsgemäß von Ländern wie Brasilien oder Indien, die bei den ACTA-Verhandlungen (bewusst) außen vor gelassen worden sind.

Inhaltlich sieht der Urheberrechtsexperte Axel Metzger in einem Beitrag für die c’t ACTA auf der Linie des TRIPS-Abkommens und der Enforcement-Richtlinie. Gleichwohl kritisiert Metzger, dass ACTA nicht für einen Ausgleich der widerstreitenden legitimen Interessen von Urhebern und Rechteinhabern einerseits und Nutzer andererseits, steht.

Die Erkenntnis, dass man in Zukunft an einer derart fairen Ausgestaltung des Urheberrechts nicht vorbeikommen wird, hat sich in der Politik, weder national noch international, bislang nicht ansatzweise durchgesetzt. Gerade die deutsche Gesetzgebung mit ihren verschiedenen Körben, die allesamt das Urheberrecht zu Gunsten der Rechteinhaber umgestaltet haben, ohne die Interessen der Allgemeinheit angemessen zu berücksichtigen, muss als geradezu anachronistisch betrachtet werden. Und auch die aktuellen Äußerungen aus dem Bundesjustizministerium lassen keinerlei Bewusstseinswandel erkennen.

Die Politik wird allerdings auch bei diesem Thema erkennen müssen, dass es zunehmend schwerer werden wird, Lobbyinteressen den Vorrang vor den Interessen der Bürger einzuräumen. Hinzu kommt im digitalen Kontext, dass sich die Politik und die Urheberrechtslobby auch gegen die technologische Entwicklung stemmen.

Und genau aus diesem Grund bin ich optimistisch, dass sich die Dinge früher oder später verändern werden und eine Modernisierung eines veralteten Urheberrechts in Angriff genommen werden wird, das die Anforderungen der Informationsgesellschaft in den Mittelpunkt stellt. Denn auch die Politik und die Lobbyisten werden den Lauf der Zeit nicht aufhalten.

posted by Stadler at 11:03  

24.9.10

ACTA: Die abschließende Verhandlungsrunde beginnt

Heute beginnt die voraussichtlich letzte Verhandlungsrunde des umstrittenen Abkommens ACTA (Anti Counterfeiting Trade Agreement) in Tokio. Speziell was den Bereich der Internetregulierung angeht, war in der letzten Textversion vom 25.08.2010 eine deutliche Entschärfung erkennbar.Die EU-Kommission ist offenbar auch bemüht klarzustellen, dass keine Verpflichtung von ISPs geschaffen werden soll, ihre Netzwerke auf Urheberrechtsverletzungen hin zu überwachen.

Die vielleicht beste Informationsquelle zum Thema ist die vom kanadischen Juristen Michael Geist kürzlich ins Netz gestellte Site „ACTA watch„, die neben den Entwurfsfassungen auch verschiedenste sonstige Informationen sammelt und publiziert.

posted by Stadler at 17:37  

2.9.10

ACTA auf der Zielgeraden

Die Verhandlungen über ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) sollen kurz vor dem Abschluss stehen und die Haltung der Intransparenz dominiert nach wie vor, was nichts anderes bedeutet, als, dass die USA sich wieder einmal gegenüber der EU durchgesetzt haben.

Dieses internationale Handelsabkommen trifft Regelungen auf dem Gebiet des „geistigen Eigentums“ und sieht hierbei auch weitreichende Maßnahmen der Internetregulierung auf Ebene der Provider vor.

Dass diese Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Beteiligung des EU-Parlements stattfinden, ist äußerst bedenklich, weil das Abkommen voraussichtlich Tatsachen schaffen wird, die unmittelbar auf das Gemeinschaftsrecht einwirken und sich vermutlich in Widerspruch zu geltendem EU-Recht, wie der E-Commerce-Richtlinie, setzen werden. Dieser Ablauf stellt damit nichts anderes als eine Parallelgesetzgebung dar, an den demokratisch legitimierten Parlamenten vorbei.

posted by Stadler at 22:44  

27.7.10

Sind Urheberrecht und gewerbliche Schutzrechte tatsächlich wirtschaftsfördernd?

In der Diskussion um die Verschärfung des Rechts des sog. geistigen Eigentums wird immer wieder die These vertreten, dass dadurch Innovation gefördert und geschützt würde und durch die Verletzung von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten enormer wirtschaftlicher Schaden entstünde.

Der Gedanke, dass es sich hierbei primär um lobbyistisch und ideologisch geprägte Argumentation handelt, die die volkswirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Vorteile eines gelockerten Urheber- oder Patentrechts gezielt ausblendet, wird dem ein oder anderen schon gekommen sein. Die politische Meinungsbildung wird freilich nach wie vor sehr stark von den Lobbyisten geprägt, denen es immer noch gelingt, politische Entscheidungsträger zu überzeugen.

Eine neue Studie des IT-Industrieverbands CCIA weist nun darauf hin, dass das „geistige Eigentum“ für die Wirtschaft bzw. manche Wirtschaftszeige auch nachteilige Wirkungen entfaltet und in Europa ein beachtlicher Teil der gesamten Wirtschaftsleistung in Branchen erwirtschaftet wird, die von Ausnahmen- und Schrankenregelungen des Urheberrechts profitieren.

Die Diskussion ist aber ohnehin zu eng, solange man sich nur auf unmittelbar wirtschaftliche Aspekte (in Europa) beschränkt. Eine Wissensgesellschaft lebt von einem möglichst ungehemmten Fluss der Information. Und dieser Informationsfluss wird durch Schutzrechte beeinträchtigt.

Die politische Tendenz das Urheberrecht und den gewerblichen Rechtsschutz laufend zugunsten der Industrie zu verschärfen, wie dies in Deutschland mit den verschiedenen „Körben“ des Urheberrechts geschieht oder international ganz aktuell in den ACTA-Verhandlungen, muss als Anachronismus betrachtet werden, der nur einer Minderheit nutzt, der Mehrheit aber schadet.

Es ist deshalb an der Zeit, die Meinungshoheit der Lobbyisten anzugreifen. Die Diskussion um Open-Access stellt einen ersten positiven Ansatz dar, der in eine andere Richtung weist.

posted by Stadler at 17:42  

16.7.10

ACTA: Der Kampf um Transparenz

Vor einigen Tagen wurde eine aktuelle Textversion der ACTA-Verhandlungen geleakt. Das von der Bürgerrechtsorganisation „La Quadrature Du Net“ veröffentlichte Dokument stammt offenbar aus einer Quelle bei der EU.

Vor allen Dingen die USA wollen die ACTA-Verhandlungen weiterhin am liebsten hinter verschlossenen Türen führen und hatten offenbar gehofft, die einmalige Zustimmung zur Veröffentlichung eines Entwurfsdokuments vor einigen Monaten würde ausreichen, um die Kritiker zu beruhigen. In Europa betrachten Bürgerrechtsorganisationen das Vorhaben ACTA als globale Bedrohung der Freiheit und auch das EU-Parlament fordert mittlerweile mehr Transparenz und Öffentlichkeit. Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement will die beteiligten Staaten in jedem Fall zu einer wesentlich stärkeren Regulierung des Internets zum Schutz von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten verpflichten. Den Anknüpfungspunkt bilden, wie zumeist bei solchen Forderungen, erneut die Provider.

Der kanadische Jurist Michael Geist, der sich sehr intensiv mit dem Thema befasst, ist der Ansicht, dass derzeit ein Kampf zwischen den USA und Europa stattfindet, sowohl um mehr Transparenz als auch um inhaltliche Fragen. Geist schreibt, dass die USA ACTA auf Urheberrecht und Markenrecht begrenzen wollen, während die EU offenbar auch andere gewerbliche Schutzrechte wie Geschmacksmuster einbeziehen will.

posted by Stadler at 10:16  

11.5.10

Google gegen ACTA

Dass sich Google klar und deutlich gegen ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) ausspricht, wird manche überrascht haben, war der Suchmachinenriese bislang doch eher für moderate Töne bekannt. Google positioniert sich vor dem Hintergrund der eigenen wirtschaftlichen Interessen. Jede andere Annahme wäre naiv. Allerdings sind diese Interessen auf einen möglichst freien und ungehinderten Fluss von Informationen und Daten gerichtet, denn genau darauf baut das Geschäftsmodell von Google auf. Bürgerrechtler können und müssen einen Giganten wie Google insoweit als Verbündeten betrachten. Nicht weil Google hehre Ziele verfolgt, sondern weil Google in diesem Punkt von einer liberalen Position profitiert. Im Gegensatz dazu, wollen Staaten und die Inhaber von Schutzrechten das Netz kontrollieren und Inhalte blockieren und sperren.

Im Bereich des Datenschutzes sind die Vorzeichen umgekehrt. Das wirtschaftliche Interesse von Google ist dort auf ein niedriges Schutzniveau gerichtet. Letztlich zeigt sich auch hier in etwas anderer Ausprägung wiederum eine Kollision von Meinungs- und Informationsfreiheit einerseits und Persönlichkeitsrecht/Datenschutz andererseits. Dieser Konflikt wird uns noch eine Weile beschäftigen und es wird eine breite Diskussion darüber notwendig sein, wo und wie wir die Grenzen ziehen wollen.

Link: Internetregulierung nach dem ACTA Entwurf

posted by Stadler at 08:33  

21.4.10

Internetregulierung nach dem ACTA Entwurf

Im Hinblick auf die umstrittenen ACTA Verhandlungen ist nun erstmals ein offizieller Entwurf des beabsichtigen Vertragstextes veröffentlicht worden. Anders als die geleakten Fassungen, lässt dieser Entwurf nicht erkennen, welche Staaten und Parteien welche Positionen eingenommen haben.

Mit Blick auf die Durchsetzung des geistigen Eigentums im Internet – die Regelungen hierzu finden sich ab Seite 18  – wird allerdings der Ansatz einer stärkeren Inpflichtnahme von Internet Service Providern mehr als deutlich.

Die Definition des Begriffs „Online Service Provider“ ist dabei sehr weit gefasst:

„online service provider and provider mean a provider of online services or network access, or the operators of facilities therefore, and includes an entity offering the transmission, routing, or providing of connections for digital online communications, between or among points specified by a user, of material of the user’s choosing, without modification to the content of the material as sent or received“

Welche Maßnahmen die Provider konkret ergreifen sollen, ist nicht in allen Details hinreichend klar umrissen. U.A. Auskunftsansprüche von Rechteinhabern gegen Provider und eine Art „Notice And Take Down“ sind allerdings angedeutet. Und nachdem ein Zugangsprovider keine Inhalte löschen oder entfernen kann, er andererseits zum Kreis derjenigen gehört, die Maßnahmen ergreifen sollen, verbleiben als Handlungsoptionen eigentlich nur Access-Sperren und Filterkonzepte.

Um überhaupt zu einer halbwegs ausgewogenen Regelung zu kommen, wäre es deshalb in einem ersten Schritt nötig, Access-Provider gänzlich auszunehmen, was im übrigen auch mit Blick auf die vieldiskutierte Netzneutralität geboten ist. Und genau das sollte die EU, auch vor dem Hintergrund der E-Commerce-Richtlinie, in den weiteren Verhandlungen fordern.

posted by Stadler at 15:45  

16.4.10

ACTA-Entwurf soll offiziell veröffentlicht werden

Nach Monaten der Geheimniskrämerei um das umstrittene ACTA-Abkommen, wurde nun von der US-Regierung für den 21.April die offizielle Veröffentlichung eines aktuellen Entwurfstextes angekündigt. Die bisherigen Entwurfsfassungen lassen zumindest die Bestrebung erkennen, eine Regulierung des Internets zu Gunsten des Schutzes des geistigen Eigentums vorzunehmen, die deutlich über bestehende Regelungen hinausgeht.

Möglicherweise ist auch die massive Kritik von Bürgerrechtsorganisationen und die Forderung nach mehr Transparenz durch das EU-Parlament ein Grund dafür, dass man sich zu dieser Veröffentlichung entschlossen hat.

posted by Stadler at 18:47  

28.3.10

Die Bedrohung ACTA

Welche Bedrohung ACTA tatsächlich für das Internet und den ungehinderten Informationsfluss darstellen könnte, lässt der unlängst geleakte 56-seitige Vertragsentwurf zumindest erahnen. Auch wenn dort an zahlreichen Punkten noch Uneinigkeit besteht, zeigen vor allen Dingen die Seiten 27 ff. auf, wie die Regulierung des Internets zu Gunsten des Schutzes des „geistigen Eigentums“ aussehen könnte. Entscheidend wird letztlich wohl die Reichweite des Begriffs des Internet-Service-Providers sein. Sollte man sich am Ende darauf einigen,  auch Zugangsprovider , Suchmaschinen und diejenigen die Hyperlinks setzen, in die Pflicht nehmen zu wollen, würde das über alles hinausgehen, was wir bislang kennen. Speziell für die EU würde sich allerdings dann u.a. auch die Frage der Vereinbarkeit mit der E-Commerce-Richtlinie stellen.

Entscheidend ist in jedem Fall, dass ACTA endlich öffentlich diskutiert wird und insoweit ist der Leak ein wichtiger Beitrag.

posted by Stadler at 20:26  

10.12.09

ACTA eine globale Bedrohung der Freiheit

Eine europaweite Koalition von Bürgerrechtsorganisationen hat sich in einen offenen Brief an das EU-Parlament und die EU-Unterhändler des „Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA)“ gewandt. Die Bürgerrechtler fordern eine transparente Verhandlungsführung und eine Veröffentlichung des Vertragsentwurfes sowie die Ablehnung aller Regelungen, durch die die Rechte und Freiheiten der Unionsbürger beeinträchtigt werden.

Die ACTA-Verhandlungen werden bislang geheim geführt. Nach den bislang bekannten Informationen sollen u.a. Maßnahmen wie Three Strikes Out etabliert werden und es soll in allen Vertragsstaaten ein dem amerikanischen DMCA vergleichbares Regelwerk eingeführt werden.

posted by Stadler at 16:15  
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