Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.12.08

Sperrungsverfügung bundesweit von NRW aus?

Ein hohes Maß an Kreativität muss man der Bezirksregierung Düsseldorf bei ihrem Kampf gegen das illegale Glückspiel im Internet schlicht attestieren.

Denjenigen die gemeint haben, die für den Vollzug des Glückspielstaatsvertrag zuständigen Landesbehörden sollten sich auch auf Anordungen gegenüber Anbietern mit Sitz in ihrem eigenen Bundesland beschränken, fehlt es einfach an der für die Durchsetzung des Sicherheitsrechts notwendigen geistigen Flexibilität.

Zumindest die Bezirksregierung Düsseldorf kann nämlich auch Untersagungsverfügungen gegen Personen erlassen, die gar keine Glückspiele veranstalten, sondern schnöde Domainregistrare sind und ihren Sitz in Bayern (!) haben. Die Sperrungsverfügung hierzu ist beim ODEM-Blog im Wortlaut abrufbar.

Denn der Glückspielstaatsvertrag besagt in seinem § 3 Abs. 4, dass ein Glückspiel dort veranstaltet und vermittelt wird, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Und das ist natürlich auch in NRW, Herr Büssow wird es möglicherweise ausprobiert haben.

Ob damit allerdings beabsichtigt war, der Bezirksregierung Düsseldorf die Möglichkeit zu eröffnen, Anbieter in Regensburg in Anspruch zu nehmen, ist noch unklar, aber selbst das wäre dem deutschen Gesetzgeber zuzutrauen.

Der Glückspielstaatsvertrag hält zur Unterstützung der Düsseldorfer Rechtsauffassung in seinem § 4 Abs. 4 ein weiteres Bonmont bereit. „Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten“, steht da zu lesen. Das ist freilich nichts weiter, als eine in Gesetzesform gegossene Lüge. Denn das Veranstalten von Glückspielen im Internet ist in vielen Staaten der EU keineswegs verboten.

Wer noch vor kurzem lesen musste, dass die EU-Kommission eine Untersuchung zur Rechtmäßigkeit von Gesetzen in den USA eingeleitet hat, die es ausländischen Unternehmen verbieten, Internet-Glücksspiele zu veranstalten, reibt sich verwundert die Augen. Und was ist mit Herrn Büssow ist man geneigt zu fragen? Barroso bitte übernehmen!

Dass man sich in Düsseldorf mit so profanen Fragen danach, ob der Registrar eventuell eine sog. nichtverantwortliche Person im Sinne des Sicherheitsrechts darstellt, ob man mit dem Vorgehen Kompetenzkonflikte zwischen den Bundesländern auslösen könnte oder gar, ob die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags gegen EU-Recht verstoßen, nicht aufhalten kann, ist klar. Denn das würde nur den zwingend notwendigen Vollzug des Glücksspielstaatsvertrags behindern.

Die Bezirksregierung Düsseldorf geht erneut unbeirrt voran.

Ach ja, bei den Pressemitteilungen der Bezirksregierung stößt man auf so weltbewegende Themen wie die Flurbereinigung Meerbusch-Lank und vielleicht wäre es in der Tat besser, die Zuständigkeit dieser Behörde auf solche Fragen zu beschränken.

posted by Stadler at 13:49  

12.12.08

Datenschutzchaos

Dass die Bundesregierung parallel zwei Entwürfe zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes vorstellt, einmal zum Thema Scoring und zusätzlich zur Eindämmung des illegalen Datenhandels, deutet nicht eben auf durchdachtes Handeln hin.
Die Entwürfe:
Datenhandel
Scoring

posted by Stadler at 10:38  

11.12.08

Notebookverbot im Gerichtssaal

Der vorsitzende Richter kann die Nutzung von Notebooks in der Gerichtsverhandlung verbieten, meint jetzt auch das Bundesverfassungsgericht.

Ich frage mich da natürlich, wie sich die Justiz das so vorstellt mit dem elektronischen Rechtsverkehr und dem elektronischen Datenaustausch zwischen Anwälten und Gericht. Mit welchem Gerät wird der Anwalt wohl im Gerichtssaal sitzen, wenn er nur noch über eine elektronische Handakte verfügt? Genau. Es sei denn, der Vorsitzende hat sein Notebook des Saales verwiesen. Ein Stück aus dem Tollhaus.
Beschluss des BVerfG vom 03.12.2008 – 1 BvQ 47/08

posted by Stadler at 14:53  

11.12.08

Schäuble, der Datenschutz und die Onlinedurchsuchung

Die Zeitungen sind heute voll mit der Meldung über einen neuen Gesetzesenwtwurf der Bundesregierung zur Eindämmung des illegalen Datenhandels. Eine Verarbeitung von Adressdaten für Werbezwecke oder zum Zwecke der Marktforschung soll ausnahmslos nur noch mit Zustimmung des Betroffenen erlaubt sein. Dadurch will Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble die Datensammelwut der Privatwirtschaft eindämmen und die personenbezogenen Daten der Bürger besser schützen.

Mit der Normierung der Onlinedurchsuchung im neuen BKA-Gesetz und der Vorratsdatenspeicherung verfolgt Herr Schäuble für staatliche Stellen allerdings ein gegenläufiges Konzept. Die Befugnisse Daten und Informationen über den Bürger zu sammeln, werden laufend ausgeweitet. Vorgeblich zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und damit zum Schutz des Bürgers nimmt der Staat in immer stärkerem Maße Einblick in die Privatsphäre der Bürger.

In beiden Fällen geht es um das Vertrauen der Menschen in die Vertraulichkeit ihrer persönlichen Daten, um das Vertrauen in Datensicherheit und -integrität.

Bei der Onlinedurchsuchung muss sich der Staat sogar Hackermethoden bedienen, er muss gezielt Daten und Informationssysteme manipulieren, um so die Festplatten von Bürgern durchstöbern zu können.

Beide Konzepte, nämlich einerseits die Daten der Bürger besser schützen zu wollen, andererseits aber die Datensammelbefugnisse des Staates immer stärker auszuweiten, stehen in einem unauflösbaren Gegensatz. Ein Staat, der selbst immer mehr Daten sammelt und im Falle der Onlinedurchsuchung sogar Daten manipuliert, macht sich unglaubwürdig, wenn er gleichzeitig besseren Schutz gegen privaten Datenhandel verlangt.

Der Staat zeigt durch seine Gesetzegebung, dass ihm der Schutz der Vertraulichkeit und der Privatspähre des Einzelnen nicht viel bedeutet. Und dies hat Auswirkungen auf das Handeln der Privatwirtschaft und Vorbildfunktion für den Missbrauch von Daten in allen Bereichen.

Die tragenden Prinzipien des Datenschutzes sind Datenvermeidung, Datensparsamkeit und Datensicherheit. Diese Grundsätze werden vom Staat bei der Vorratsdatenspeicherung und der Onlinedurchsuchung nicht beachtet. Ein Staat, der sich derart widersprüchlich verhält, wird es zunehmend schwerer haben, von anderen die Einhaltung dieser Prinzipien einzufordern.

Wolfgang Schäuble begründet die Ausweitung der technischen Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse stets damit, dass der Staat nicht ohnmächtig werden dürfe, sondern in der Lage bleiben muss, Kriminalität und Terrorismus mit neuesten technischen Mitteln zu bekämpfen. Ist diese Argumentation tatsächlich schlüssig? Die technischen Möglichkeiten die Bürger zu kontrollieren, Daten und Informationen über den Bürger zu sammeln und anschließend IT-gestützt zusammenzuführen, haben rapide zugenommen. Sollte man auf die Zunahme der technischen Möglichkeiten nicht damit reagieren, die Befugnisse des Staates zu beschränken, anstatt sie auszuweiten? Ist nicht das exakte Gegenteil von dem was Wolfgang Schäuble und die Mehrzahl der Innenpolitiker propagiert in Wahrheit folgerichtig? Wenn man auf die Zunahme technischer Überwachungsmöglichkeiten immer mit der Ausweitung staatlicher Eingriffsbefugnisse reagiert, dann kann man nicht gleichzeitig annehmen, dass das grundrechtliche Schutzniveau unverändert bleibt. Will man also die Balance von Grundrechtsschutz und staatlichen Eingriffsbefugnissen beibehalten, dann muss auf die Zunahme technischer Möglichkeiten zwangsläufig mit einer Beschränkung der hoheitlichen Befugnisse reagiert werden.

Wir erleben allerdings in den letzten Jahren das exakte Gegenteil und müssen deshalb den zügigigen Verfall der Grundrechte mitansehen. Die fortschreitende Ausweitung der staatlichen Eingriffsbefugnisse erfasst mittlerweile alle Lebensbereiche und betrifft alle Mitglieder dieser Gesellschaft.

Man hat als Bürger manchmal allerdings das beruhigende Gefühl, dass es eine Instanz gibt, die dem Einhalt gebietet. Das Bundesverfassungsgericht. Ob großer Lauschangriff, Onlinedurchsuchung oder Rasterfahndung, die meisten Gesetzesvorhaben dieser Art wurden vom Verfassungsgericht in weiten Teilen kassiert. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Verfassungsgericht diesen Prozess nur verlangsamen aber nicht aufhalten kann. Die Salamitaktik Wolfang Schäubles und seines Amtsvorgängers Otto Schily verfehlt ihre Wirkung nicht. Scheibchenweise werden die Bürgerrechte ausgehöhlt. Denn die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts lassen inhaltlich einen roten Faden erkennen, der lautet, grundsätzlich nicht, aber in eng begrenzten Ausnahmefällen dann doch. Auch so kommen die Sicherheitspolitiker Schritt für Schritt ihrem Ziel näher. Wir sind heute vielleicht noch kein Überwachungsstaat aber zumindest ein überwachter Staat. Aber die Entwicklung ist noch nicht zu Ende.

posted by Stadler at 10:00  

10.12.08

Die Renaissance der Sperrungsverfügungen

Im Jahre 2002 hat die Bezirksregierung Düsseldorf als erste deutsche Sicherheitsbehörde Sperrungsanordungen gegenüber Internet Service Providern erlassen. Gestützt wurden diese Verwaltungsakte auf den damaligen Mediendienstestaatsvertrag. Die Sperrungsverfügungen sind in der rechtswissenschaftlichen Diskussion überwiegend auf Kritik und Ablehnung gestoßen. Zuletzt hatte ein ausführliches Rechtsgutachten des Max Planck Instituts die vorhandenen gesetzlichen Grundlagen für Sperrungsanordnungen als nicht verfassungskonform eingestuft. Eine abschließende rechtliche Klärung durch das BVerwG oder gar das BVerfG steht leider weiterhin aus. Auch in technischer Hinsicht sind Sinn und Nutzen derartiger Sperrungsanordnungen bezweifelt worden, u.a. deshalb weil die Inhalte technisch gesehen gar nicht gesperrt werden, sondern der Zugangsprovider nur versucht, die zu sperrenden Inhalte vor seinen Kunden zu verbergen, während der Content im Netz verbleibt.

Obwohl die Verwaltungsgerichte in NRW die Sperrungsverfügungen der Bezirksregierung Düsseldorf unbeanstandet gelassen haben, ist anschließend mehrere Jahre lang Ruhe eingekehrt.

Die Diskussion hat in den letzten Wochen wieder Fahrt aufgenommen, u.a. durch Ankündigungen der Bundesfamilienministerin von der Leyen die Zugangsprovider zur Sperrung kinderpornographischer Inhalte verpflichten zu wollen. Die Ministerin will hierfür auch das Telemediengesetz ändern.

Speziell zur Beseitigung kinderpornographischer Inhalte erscheinen Sperrungsverfügungen als in noch stärkerem Maße ungeeignet als bei rechtsradikalen Inhalten. Kinderpornographie ist praktisch in allen zivilisierten Ländern der Welt gesellschaftlich geächtet und strafbar. Es besteht also anders als bei rechtsradikalen Inhalten die Möglichkeit, durch internationale Zusammenarbeit der Behörden, die tatsächlichen Betreiber vor Ort zu greifen, was auch das einzig effektive Mittel zur dauerhaften Verbannung solcher Inhalte darstellt. Außerdem wird sich kein einziger Konsument von kinderpornographischen Inhalten, der ohnehin immer im Verborgenen und in eigenen inneren Zirkeln agiert, davon abhalten lassen, Sperrmaßnahmen, die einfach zu umgehen sind, auch tatsächlich zu umgehen. Zur Bekämpfung der Kinderpornographie ist dieses Instrumentarium deshalb denkbar ungeeignet. Der Vorstoß von der Leyens dient wohl auch nur dem Zweck, der Öffentlichkeit vorzugaukeln, die Politik würde handeln.

Außerdem scheinen die Bundesländer, gestützt auf den Glückspielstaatsvertrag, zu beabsichtigen, Webseiten von Glückspielbetreibern, die ihren Sitz formal stets im Ausland haben, sperren zu lassen.

Erste derartige Sperrungsanordungen sind z.B. von der Bezirksregierung Düsseldorf auch bereits erlassen worden, wenngleich die Bezirksregierung dies bislang nicht öffentlich kommuniziert. Die Zielrichtung sind in diesem Fall nicht (nur) die Access-Provider, sondern im Inland sitzende Personen wie Registrare, Admin-C oder Tech-C. Dass § 9 des Glücksspielstaatsvertrag hierfür eine ausreichende Grundlage bietet, darf noch stärker bezweifelt werden, als bei den seinerzeit auf den Medienstaatsvertrag gestützten Anordungen, zumal Registrare keine Diensteanbieter im Sinne des TMG sind.

Die neuen Verfügungen legen auch inhaltlich noch kräftig zu. Eine mir vorliegende Sperrungsverfügung beinhaltet ergänzend die zeitlich befristete Verpflichtung, den Regierungspräsidenten als Domaininhaber einzutragen!

Nachdem die Registrare und sonstigen Dienstleister rund um die Domain, nicht diejenigen sind, die mit dem Glückspiel Geld verdienen, dürfte für sie der einfachste Weg darin bestehen, die Verfügungen zu befolgen und den Vertrag mit dem Domaininhaber zu kündigen. Die höchstrichterliche oder verfassungsgerichtliche Klärung wird deshalb weiter auf sich warten lassen.

posted by Stadler at 09:37  

8.12.08

EU-Studie zu AVS

Hintergrund-Report der EU-Kommission zu Altersverifikationssystemen. Auch hier wird wieder mal erwähnt, dass Deutschland über die unfassendsten rechtlichen Rahmenbedingungen in diesem Bereich verfügt. ;-)
Background Report On Cross Media Rating And Classification, And Age Verification Solutions

posted by Stadler at 10:44  

6.12.08

Herausgabe des Quellcodes per einstweiliger Verfügung

Landgericht München I: Herausgabe des Quellcodes kann auch mittels einstweiliger Verfügung verlangt werden
Beschluss des LG München vom 21.08.2008, Az.: 21 O 14389/08

posted by Stadler at 15:33  

6.12.08

Gesetzesentwurf zur Änderung des TMG

Die FDP-Fraktion hat am 04.12.08 einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes in den Bundestag eingebracht. Auch wenn der Entwurf nur geringe Chancen haben dürfte, in dieser Form Gesetz zu werden, greift er eine ganze Reihe von regelungsbedürftigen Aspekten auf. Wirklich durchdacht ist das aber nicht.
Eine Anmerkung von Rechtsanwalt Stadler

posted by Stadler at 15:13  

6.12.08

Kein Fernmeldegeheimnis am Arbeitsplatz

Verwaltungsgericht Frankfurt verneint den Schutz des Fernmeldegeheimnisses am Arbeitsplatz, wenn der Mitarbeiter die E-Mail nach Kenntnisnahme selbst abspeichert

Urteil des VG Frankfurt vom 14.11.2008, Az.: 1 K 628/08.F
posted by Stadler at 14:47  
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