Ist das System GEMA unfair?
Über das Blog des Isarmatrosen bin ich auf die „Vier Thesen zur GEMA“ der Musikerin Zoe.Leela gestoßen, die ich für diskussionswürdig halte und deshalb hier mal näher vorstellen möchte.
Bevor man in die Kritik an der GEMA einsteigt, sollte man sich allerdings bewusst machen, dass Verwertungsgesellschaften wie die GEMA einen gesetzlichen Auftrag erfüllen, der im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (WahrnG) definiert ist. Immer dann, wenn Musik öffentlich aufgeführt oder wiedergegeben wird, soll der Urheber (Komponist, Textdichter) einen Anspruch auf Vergütung erhalten. Dieser Anspruch wird von der Verwertungsgesellschaft GEMA wahrgenommen. Wenn also Musik im Radio gespielt, in einem Club aufgelegt, in einem Konzert dargeboten oder im Netz gestreamt wird, ist der Veranstalter nach § 13b WahrnG verpflichtet, dafür die Einwilligung der GEMA einzuholen. Was der Veranstalter genau bezahlen muss, bestimmt sich nach den Tarifen, die die GEMA nach § 13 WahrnG selbst aufstellt. Die Einnahmen, die die GEMA erzielt, werden nach einem Verteilungsplan an die Mitglieder ausgeschüttet.
1. „Wenn die GEMA der Staat wäre, müssten alle Steuern zahlen, aber nur 5 % dürften wählen gehen, die fünf Prozent Reichsten.“
Die Satzung der GEMA differenziert zwischen ordentlichen, außerordentlichen und angeschlossenen Mitgliedern. In dem wirtschaftlichen Verein GEMA sind nur die ordentlichen Mitglieder stimmberechtigt. Das sind diejenigen – derzeit ca. 3400 – Urheber, die in 5 Jahren mindestens EUR 30.000 von der GEMA bezogen haben und Musikverlage. Die restlichen mehr als 60.000 Mitglieder sind nicht stimmberechtigt.
Was die Ausschüttung angeht, entfielen laut Wikipedia im Jahre 2010 durchschnittlich ca. 58.000,- EUR auf jedes ordentliche Mitglied, ca. 2270,- EUR auf jedes außerordentliche Mitglied, sowie ca. 1300,- EUR auf jedes angeschlossene Mitglied. Dass also die meisten ordentlichen Mitglieder, wie beispielsweise Sebastian Krumbiegel, Frontmann der Band „Die Prinzen“, mit dem System GEMA zufrieden sind, ist angesichts dieser Zahlen nicht erstaunlich. Die Frage ist allerdings, ob die GEMA auch aus Sicht derjenigen Komponisten und Texter, die keine ordentlichen Mitglieder sind, sinnvoll ist. Und genau das verneint die Musikerin Zoe.Leela in ihren 2. These.
2. „Weniger GEMA – mehr für meine Hörer und mich“
Die Aussage von Zoe.Leela, dass von jeder verkauften Platte und jedem Download eine Bearbeitungsgebühr von bis zu 14,7% Prozent an die GEMA fliest, ist zumindest missverständlich. Nach dem Geschäftsbericht 2010 hat die GEMA Erträge von EUR 862,961 Mio. erwirtschaftet, bei EUR 127,072 Mio. Kosten (Verwaltungsaufwendungen). Das entspricht einem Kostensatz von 14,7 %. Für den Verkauf einer Platte muss übrigens nichts an die GEMA abgeführt werden. Was Zoe.Leela hier wohl meint, sind die Erlöse für die Vervielfältigung von Tonträgern.
Für die Vervielfältigung von Werken der GEMA-Mitglieder auf Tonträgern (CDs, DVDs), ist eine Vergütung im Bereich zwischen 9 und 14 % des Händlerabgabepreises an die GEMA zu entrichten. Wenn auf eine CD also Musik gepresst wird, die von einem GEMA-Mitglied komponiert oder getextet wurde, dann fließt bereits vorab ein bestimmter Betrag von im Normalfall mehr als einem EUR pro CD an die GEMA ab. Diesen Betrag bekommen Komponisten und Texter im günstigsten Fall später von der GEMA über die Verteilung (teilweise) wieder erstattet.
Was Zoe.Leela aber zu Recht kritisiert, ist der Umstand, dass der Künstler mit seiner GEMA-Mitgliedschaft die Möglichkeit aus der Hand gibt, auf die Online-Vermarktung seiner Musik Einfluss zu nehmen und selbst darüber zu bestimmen, wo die Musik z.B. als Stream angeboten wird.
3. „Die GEMA ist die Wallstreet der Kreativindustrie. Intransparenz“
Die Kritik von Zoe.Leela zielt auf den Verteilungsplan der GEMA ab, den die Musikerin als intransparent und ungerecht empfindet. Für den Einzelnen ist der Verteilungsplan jedenfalls schwer nachvollziehbar.
Die Rechtsprechung betont insoweit, dass das Aufführungsrecht im Allgemeinen nur kollektiv für die Gesamtheit der Berechtigten und mit pauschalierenden Vergütungssätzen wahrgenommen werden kann. Das bedeutet, dass die GEMA nicht die tatsächlich auf den einzelnen Künstler entfallenden Erlöse verteilt, sondern stattdessen ein statistisches Hochrechnungsverfahren – das vom BGH gebilligt wurde – anwendet.
4. „Die GEMA fördert Mainstream und zerstört Karrieren, bevor sie begonnen haben.“
Der vierte Punkt der Thesen von Zoe.Leela ist dann eigentlich eine Zusammenfassung der vorhergehenden Aspekte. Zoe.Leela beklagt abschließend, dass das GEMA-System etablierte Künstler bevorzugt und Newcomer benachteiligt und damit eben auch nicht kulturfördernd wirkt.
Die Frage bleibt aber, wie das System reformiert, bzw. durch ein besseres ersetzt werden kann. Es gibt im Bereich des Urheberrechts also eine ganze Reihe von zu diskutierenden Aspekten, zu denen auch das Konzept der Verwertungsgesellschaften zählt.