Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.8.14

Die guten Ratschläge der SPD für Edward Snowden

Über die heuchlerische Haltung führender SPD-Politiker zur Geheimdienstaffäre und zu Edward Snowden hatte ich bereits gebloggt.

Nach Heiko Maas – zu dem Prantl bereits gesagt hat, was zu sagen war – meldet sich jetzt auch Thomas Oppermann mit heuchlerischen gutgemeinten Ratschlägen in Richtung Snowden zu Wort und mit einer erstaunlichen Aussage, die der Stern folgendermaßen wiedergibt:

Allerdings habe er wohl auch amerikanisches Recht gebrochen. Dafür werde er zur Rechenschaft gezogen. „Das wäre in Deutschland nicht anders.“

Der Jurist Oppermann hat vorsichtshalber ein abschwächendes „wohl“ eingefügt, denn es wird ihm bekannt sein, dass keineswegs unumstritten ist ob sich Snowden nach amerikanischem Recht strafbar gemacht hat. Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, ob man Snowden in den USA nicht einer politischen Straftat bezichtigt – wie beispielsweise der Strafrechtler Nikolaos Gazeas meint – und er dort überhaupt ein faires Verfahren zu erwarten hätte.

Auch der zweite Teil der Aussage Oppermanns ist höchst fragwürdig. Denn nach deutschem Recht hätte sich Snowden vermutlich nicht strafbar gemacht. Jedenfalls hätte er, anders als in den USA, keine langjährige Haftstrafe zu erwarten.

Beim Verrat von Staatsgeheimnissen kommt es nach dem Strafgesetzbuch darauf an, ob der Bundesrepublik dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für ihre äußere Sicherheit entstünde. Bereits das wäre im Fall eines Whistleblowers wie Snowden fraglich.

Der Verrat illegaler Staatsgeheimnisse – eine Massenüberwachung im Stile der NSA und erst recht die Foltermethoden der CIA wären nach deutschem Recht mit Sicherheit als illegal zu qualifizieren – ist nach deutschem Recht auch nur dann strafbar, wenn das Geheminis unmittelbar einer fremden Macht mitgeteilt wird. Die bloße Veröffentlichung genügt demgegenüber nicht. Damit wird vom Gesetzgeber dem rechtsstaatlichen Interesse an der Aufdeckung illegaler Vorgänge im staatlichen Bereich Rechnung getragen. Snowden hat aber nicht als Doppelagent Geheimnisse gegenüber einem Geheimdienst eines anderen Staates preisgegeben, sondern er hat nur Journalisten mit Daten und Informationen zum Umfang und Ausmaß der Tätigkeit der NSA versorgt und hierbei sogar ausdrücklich darauf geachtet, dass nicht konkrete Personen einer Gefahr ausgesetzt werden.

Ein weiterer Aspekt ist das Strafmaß. Selbst wenn man Snowden nach den Maßstäben des deutschen Rechts für strafbar halten würde, hätte er hierzulande anders als in den USA nicht mit einer langjährigen Haftstrafe zu rechnen.

Oppermanns Aussage „Das wäre in Deutschland nicht anders“ ist also falsch. Und das ist auch der Grund dafür, warum man dafür eintreten sollte, Snowden in Deutschland Asyl zu gewähren. Aber mutlose Opportunisten wie Thomas Oppermann und Heiko Maas sind für eine solche Position natürlich nicht zu gewinnen.

posted by Stadler at 10:20  

14 Comments

  1. Ich weiß ab jetzt genau was ich von der SPD zu halten habe.

    Comment by mnt — 1.08, 2014 @ 10:32

  2. Die Verschwoerungstheoretiker werden vermuten, dass Oppermann nicht das Schicksal von Edathy und Hartmann erleiden moechte 8)

    Da gibt man lieber den Pudel der US Administration und geniesst das Leben auf Staatskosten, der Abstand zu den kritischen 5% ist ja noch gross genug fuer die SPD-Fuehrung.

    Comment by h s — 1.08, 2014 @ 10:34

  3. Willy Brandt ging mit 21 Jahren 1933 nach Norwegen ins Asyl (das es als Rechtsinstitut so damals dort noch nicht gab).

    „Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler Ende Januar 1933 und damit dem Beginn der NS-Diktatur in Deutschland wurde die SAPD verboten. Die Partei beschloss, unter den Bedingungen der Illegalität aus dem Untergrund im Widerstand gegen die Herrschaft des Nationalsozialismus weiterzuarbeiten.“
    http://de.wikipedia.org/wiki/Willy_Brandt#Untergrund_und_Exil_w.C3.A4hrend_der_NS-Diktatur
    1938 nahm er nach Ausbürgerung aus Deutschland die norwegische Staatsbürgerschaft an.

    Es ist unfassbar, dass ein SPD-Mitglied wie Maas vor diesem SPD-Hintergrund von Willy Brandt jungen Leuten rät, nicht ins Asyl zu gehen (weil sie doch so jung seien udn das Leben noch vor sich hätten – Brandt war 20 als er vor der deutschen Strafverfolgung flüchtete), sondern sich der Strafverfolgung in der Heimat zu stellen, wo man ins Asyl gegangen ist, weil der Heimatstaat Unrecht begangen hat.

    Dieser Mann ist für die SPD eine nationale Schande als Brandt-Verräter, für den Rechtsstaat eine Gefahr. Statt die SPD-Ahnen implizit in den Dreck zu ziehen, sollte er sich darum kümmern, warum die Bundesregierung so folgenlos die Spionageabwehr unterlassen hat und nun bei deren Aufdeckung den Boten zur Strafverfolgung schicken will. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass die GroKo hart an der grenze zur Bildung einer kriminellen Vereinigung und des Landesverrates operiert.

    Comment by Wolfgang Ksoll — 1.08, 2014 @ 10:59

  4. “Das wäre in Deutschland nicht anders” ist bestimmt so zu verstehen, dass in Deutschland eine Strafttat ebenfalls Folgen nach sich ziehen würde – zumindest wird das die Auslegung sein, wenn man ihn damit konfrontiert.

    Comment by asdf — 1.08, 2014 @ 11:13

  5. Was die SPD sagt, ist halt auf GroKo-Linie. Man will den Koalitionsfrieden nicht gefährden.

    Comment by Oliver — 1.08, 2014 @ 11:23

  6. Die SPD ist spätestens seit ihrer Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung politisch erledigt und nicht mehr ernst zu nehmen.
    Ihre Teilnahme an einer GroKo ist insofern nur konsequent.

    Comment by Informelles — 1.08, 2014 @ 12:19

  7. Hallo Herr Stadler,
    Jap. und da haben Sie den Finger in die Wunde gelegt.

    Das schlimme daran ist, dass Sie m.E. Recht mit Ihrer Einschätzung haben.

    Ich denke nicht, dass unsere Regierung willens, fähig oder in der Lage wäre, Edward Snowden Asyl zu gewähren. Ich würde es schon alleine aus Dank für seine Aufklärung tun. Hierbei wären mir auch „die guten Beziehungen zu den USA“ völlig wurscht, denn die USA waren und sind mit ihren Geheimdiensten „der“ Aggressor schlechthin!

    Noch einen schönen Freitag und ein gutes Weekend wünsche ich …

    Comment by Tom — 1.08, 2014 @ 12:54

  8. Rückblickend gibt es eine Vielzahl von Beispiele in der Geschichte bei dehnen die Tat sich zunächst gegen jeweiliges geltendes Recht stellte, aber in der Nachschau uns heute Maßstab für Haltung, Mut und Menschlichkeit sind.

    Solche Anlässe und Beispiele sich zu erinnern gibt es viele über das Jahr, und stimmen wir da nicht immer ein in das Hohelied unserer hohen ethischen Normen und Werte?

    Insofern sind die Äusserungen gegenüber Snowden beschämend.

    Comment by Andreas — 1.08, 2014 @ 15:01

  9. Ich denke, einer der Hauptgründe, warum Snowden nicht nach Deutschland darf, ist offensichtlich.

    Die Bundesregierung, der deutsche Staat, könnte Snowden nicht beschützen.
    Die Amerikaner haben überall Einrichtungen, Botschaften auf dem deutschen Staatsgebiet verteilt, die von CIA- und Geheimdienst-Leuten durchsetzt sind.

    Gerade die CIA ist spezialisiert auf Entführungen im Ausland.
    Wofür sie – fast – nie zur Rechenschaft gezogen werden.

    http://www.zeit.de/politik/ausland/2009-11/urteil-entfuehrung-abu-omar-cia

    Nach der Aktion holt man die Entführer in die USA zurück. Die USA würden niemals ihre CIA- und Geheimdienstleute ausliefern. Haben sie auch noch nie gemacht. Egal ob es Auslieferungsabkommen gibt.

    Das würden zu Verstimmungen in Deutschland führen, aber auch das würde sich Deutschland gefallen lassen.

    Das würde auch mit Snowden in Deutschland geschehen. Dann stünde die Bundesregierung noch schlechter als eh schon da. Jeder Bürger wüsste spätestens dann, dass die USA in Deutschland tun und lassen können, was sie wollen.

    Tun sie natürlich auch so, aber im verborgenen. Mehr oder weniger.

    Eine mediale und gesellschaftliche Aufmerksamkeit, wie sie Snowden erfahren würden, kann man nicht gebrauchen.

    Comment by Mike — 1.08, 2014 @ 16:06

  10. ist aber nur einer von vielen. Über diesen anderen spricht fast niemand. Die hätten dann alle genauso Anspruch (oder eben nicht) auf Asyl wie Snowden. Hier im Artikel und im Zusammenhang mit Snowden die Folter der CIA anzuführen, ist genauso irreführend wie Oppermanns Begründungen des deutschen Nein. Oppermann muss man immerhin zugutehalten, dass man ihm schon im Gesicht ablesen kann, wie ernst man nehmen sollte, was er in dem Moment spricht.

    Comment by Snowden — 1.08, 2014 @ 23:16

  11. Ich empfehle Herrn Oppermann das Buch: „Ed. Snd.. Geschichte einer Weltaffaire“ von Luke Harding zu lesen. Und dann würde ich ihn gerne fragen, ob er Snowden in Guantanamo Bay oder Quantico ? besuchen würde.
    Wieso sind wir nur mit so dämlichen, unqualifizierten Politikern gestraft?

    Comment by Lilli Holm — 2.08, 2014 @ 12:14

  12. Naja, passt doch wunderbar in das Verhaltensmuster der SPD, die beim Abschaffen von Grundrechten genauso eifrig ist wie die Union. Wobei die SPD ja meist noch eine „Bauchschmerzen-Show“ oder ähnliches veranstaltet.

    Deshalb mal wieder aus gegebenem Anlass https://www.youtube.com/watch?v=8vFL0QWxugI

    Comment by Drizzt — 2.08, 2014 @ 13:21

  13. Man kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass die SPD beim Abschaffen der Grundrechte noch eifriger ist als die CDU/CSU: http://www.daten-speicherung.de/index.php/ueberwachungsgesetze/

    Dank EU geht das heutzutage recht unauffällig: In Deutschland dagegen, in Brüssel dafür und dann Enttäuschung heucheln, dass die EU-Gesetze hier umgesetzt werden müssen.

    Comment by Michael — 2.08, 2014 @ 15:49

  14. @ mnt

    Das hat aber gedauert.

    Comment by lupe — 3.08, 2014 @ 17:14

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