Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

17.6.11

Der Ausschuss für Agrarpolitikpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt

Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass Netzpolitik bzw. die dazugehörige Gesetzgebung in Deutschland von Ausschüssen für Agrarpolitik und Verbraucherschutz bestimmt wird. Die vom Bundesrat auf Vorschlag des besagten Ausschusses bereits beschlossenen Änderungen des Telemediengesetzes bewirken das prinzipielle Ende von Cookies oder wahlweise neue Pop-Up-Gewitter (§ 13 Abs. 8 TMG neu).

Nach dem geplanten §13a TMG sollen die Anbieter, insbesondere sozialer Netze, verpflichtet werden, die Voreinstellungen auf die „höchste Sicherheitsstufe gemäß dem Stand der Technik“ zu setzen. Was von dieser geplanten Neuregelung zu halten ist, habe ich bereits vor einiger Zeit erläutert.

posted by Stadler at 17:32  

17.6.11

Das zweitbeste Zivilgerichtssystem der Welt

Deutschland hat in einem Ranking des World Justice Projects gut abgeschnitten. In der Kategorie „Access to Civil Justice“ wurde gar der zweite Platz (weltweit) erreicht.

Und als einer der Gründe nennt die Studie, man höre und staune, die im internationalen Vergleich niedrigen Anwaltskosten in Deutschland. Das ist zwar jedem Anwalt, der von den gesetzlichen Gebühren lebt und nicht überwiegend Fälle mit hohen Gegenstandswerten betreut, bewusst, dürfte aber kaum der überwiegenden öffentlichen Meinung entsprechen.

posted by Stadler at 17:08  

16.6.11

Darf die Staatsanwaltschaft Domains beschlagnahmen?

Die Staatsanwaltschaft Dresden hat im Zuge der Ermittlungen gegen Betreiber und Hintermänner der Streaming-Plattform „kino.to“ auch die Domain beschlagnahmt, was laut einem Bericht von ZEIT Online von der Generalstaatsanwaltschaft auf die Vorschrift des § 94 StPO gestützt wird. Die Staatsanwaltschaft/Kriminalpolizei  hat auf der Website außerdem den Hinweis platziert:

Die Kriminalpolizei weist auf Folgendes hin: Die Domain zur von Ihnen ausgewählten Webseite wurde wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur gewerbsmäßigen Begehung von Urheberrechtsverletzungen geschlossen. Mehrere Betreiber von KINO.TO wurden festgenommen. Internetnutzer, die widerrechtlich Raubkopien von Filmwerken hergestellt oder vertrieben haben, müssen mit einer strafrechtlichen Verfolgung rechnen.

Bieten die Vorschriften der §§ 94 ff. StPO tatsächlich eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Beschlagnahme von Domains im Rahmen eines Strafverfahrens? Das hängt m.E. entscheidend davon, was man unter einem Gegenstand i.S.v. § 94 StPO versteht. Denn der Beschlagnahme unterliegen (nur) Gegenstände. Nun hat das BVerfG bereits vor Jahren entschieden, dass darunter auch nichtkörperliche Gegenstände wie Datenbestände fallen. Betrifft das auch Domains? Das hängt entscheidend davon ab, was eine Domain rechtlich eigentlich ist.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Domain rechtlich betrachtet nichts weiter, als die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Domaininhaber gegenüber der Vergabestelle aus dem Domainregistrierungsvertrag zustehen. Eine Domain ist also eine schuldrechtliche Rechtsposition.

Vor diesem Hintergrund lässt sich die Domain wohl kaum als Gegenstand begreifen. Vielmehr stellt sich die Frage, ob es sich, zumindest im Rahmen eines Strafverfahrens, nicht eher um eine Form der Vermögensbeschlagnahme handelt. Die „Schließung“ einer Domain ließe sich eventuell auch als Maßnahme der Gefahrenabwehr nach den Polizei- und Sicherheitsgesetzen der Länder rechtfertigen. Der Anknüpfungspunkt des § 94 StPO erscheint mir allerdings diskussionsbedürftig.

Darüber hinaus stellt sich natürlich die Frage, auf welcher rechtlichen Grundlage die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft die Domain auf eine Website umleitet, um dann den obigen Hinweistext zu präsentieren. Wer hierzu eine Eingriffsnorm findet, der möge sie mir nennen. Sachlich handelt es sich möglicherweise um eine Frage der Öffentlichkeitsarbeit von Polizei und Staastanwaltschaft, die bislang allerdings auch nicht ausreichend rechtlich geregelt ist.

Update:
Jens Ferner widerspricht meinem Blogbeitrag und geht davon aus, dass vorliegend eine Beschlagnahme einer Domain gar nicht stattgefunden hat, dass aber eine solche Beschlagnahme nach § 111c Abs. 3 StPO auch zulässig wäre.

Hierzu ein paar Anmerkungen. Es mag durchaus sein, dass im konkreten Fall nicht die Domain beschlagnahmt wurde, sondern nur der Webserver. Nachdem die Staatsanwaltschaft aber von einer Beschlagnahme der Domain spricht, habe ich mal versucht darzustellen, ob eine solche Beschlagnahme zulässig wäre.

Meine These war die, dass § 94 StPO als Rechtsgrundlage ausscheidet und allenfalls eine Vermögensbeschlagnahme in Betracht kommt. Der von Ferner ins Spiel gebrachte § 111c Abs. 3 StPO bietet insofern keine Lösung, als er nicht regelt unter welchen Voraussetzungen eine Forderung beschlagnahmt werden kann, sondern nur, dass sich das Verfahren einer solchen Beschlagnahme nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung richtet. § 111c Abs. 3 StPO stellt also keine Eingriffsgrundlage für eine Forderungsbeschlagnahme dar. Diese kann sich z.B. aus den Vorschriften über eine Einziehung oder Vermögensbeschlagnahme (§§ 430 – 443 StPO) ergeben. Dazu müssen aber dann auch deren Voraussetzungen vorliegen.

posted by Stadler at 18:05  

15.6.11

Facebook ist gefährlich!

„Facebook ist gefährlich“ und „Der Rat des Juristen kann nur sein, Facebook zu meiden“, schreibt Prof. Thomas Hoeren in einem Beitrag für den Deutschen Anwaltsspiegel. Die Begründung die er liefert, enttäuscht dann allerdings doch etwas.

Hoeren überrascht schließlich aber doch noch und zwar mit der durchaus gewagten These, dass deutsches Datenschutzrecht für Facebook nicht gelten würde. Hier hätte bereits die Lektüre der Facebook-Richtlinien (Statement of Rights And Responsibilities) weiter geholfen. Denn danach gilt für Streitigkeiten zwischen Facebook und seinen deutschen Nutzern deutsches Recht.

Unabhängig davon, wäre man aber auch nach der von Hoeren zitierten Vorschrift des § 1 Abs. 5 BDSG zu diesem Ergebnis gelangt. Denn auch wenn Facebook eine Niederlassung in Irland unterhält, soll das Nutzungsverhältnis nach dem Willen von Facebook mit der US-Mutter bestehen. Und für diesen Fall ordnet § 1 Abs. 5 S. 2 BDSG die Geltung des BDSG an.

posted by Stadler at 22:03  

15.6.11

Landgericht Hamburg verneint fliegenden Gerichtsstand bei Domainstreitigkeit

Das Landgericht Hamburg hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 09.06.2011, Az.: 303 O 197/10) für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit – eine Domainstreitigkeit – an das Landgericht Lübeck verwiesen.

Das Landgericht Hamburg führt aus, dass zur Begründung eines Gerichtsstands zumindest ein sachlicher Bezug zum Gerichtsort gegeben sein müsse. Bei Namensrechtsverletzungen, so das Gericht, ergibt sich ein Gerichtsstand noch nicht allein aus der bundesweiten Abrufbarkeit eines Internetangebots. Vielmehr müsse eine Interessenkollision im Bezirk des angerufenen Gerichts tatsächlich eingetreten sein.

In der Rechtsprechung ist bereits von anderen Gerichten vereinzelt versucht worden, die Wahl des fliegenden Gerichtsstands durch Missbrauchserwägungen einzuschränken. Es bleibt abzuwarten, ob es bei Einzelfallentscheidungen bleibt, oder sich ein entsprechender Trend herausbildet.

posted by Stadler at 15:48  

14.6.11

Vertragsschluss bei Telefonwerbung soll erschwert werden

Der Bundesrat hat die Einführung eines neuen § 312b BGB „Vertragsschluss bei Telefonwerbung“ verabschiedet. Der Gesetzesentwurf wird jetzt dem Bundestag zugeleitet. Die geplante Vorschrift lautet:

§ 312b Vertragsschluss bei Telefonwerbung

(1) Die auf einen Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung, die ein Verbraucher fernmündlich gegenüber einem Unternehmer abgibt, wird nur wirksam, wenn der Verbraucher sie binnen zwei Wochen nach dem Telefongespräch gegenüber dem Unternehmer in Textform bestätigt. Das gilt nicht, wenn das Telefongespräch nicht von dem Unternehmer zu Werbezwecken veranlasst worden ist oder der Verbraucher in einen Telefonanruf des Unternehmers in Textform eingewilligt hat.

(2) Wird die Willenserklärung des Verbrauchers nach Absatz 1 Satz 1 nicht wirksam, so findet § 241a auf Leistungen des Unternehmers, die aufgrund des Telefongesprächs erbracht wurden, entsprechende Anwendung.

Faktisch läuft das darauf hinaus, dass ein telefonischer Vertragsschluss zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher nur noch dann möglich ist, wenn der Verbraucher den Vertragsschluss anschließend in Textform (also per E-Mail, Fax oder schriftlich) bestätigt. Zwar gibt es eine Ausnahme für den Fall, dass das Telefonat nicht von dem Unternehmer zu Werbezwecken veranlasst wurde. Aufgrund der Gesetzesformulierung liegt die Beweislast dafür allerdings beim Unternehmer. Er müsste dann beispielsweise nachweisen, dass der Verbraucher ihn angerufen hat.

Klingt für mich einmal mehr nach bevormundendem Verbraucherschutz, der den normalen Geschäftsverkehr hemmt. Man will unerlaubte Telefonwerbung bekämpfen, indem man den telefonischen Vertragsschluss erschwert, was wiederum aber alle Fälle des telefonischen Vertragsschlusses im B2C-Bereich betrifft. Selbst dann, wenn eine Werbesituation überhaupt nicht gegeben ist, muss der Unternehmer den Nachweis führen, damit er sich auf den telefonisch geschlossenen Vertrag berufen kann.

posted by Stadler at 21:37  

14.6.11

Cyber-Mobbing unter Schülern und die schulrechtlichen Konsequenzen

Der VGH Mannheim (Beschluss vom 12.5.2011, Az.: 9 S 1056/11) hält eine in der Freizeit begangene Beleidigung eines Mitschülers in einem Internet-Forum für einen Rechtsverstoß, der grundsätzlich schulische Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen rechtfertigt.

Einen darauf gestützten Schulausschluss hält das Gericht aber nur dann für verhältnismäßig, wenn der betroffene Schüler auch für Dritte klar zu identifizieren ist. Das ist nach Ansicht des Gerichts aber nur dann der Fall, wenn ein Klar- oder Benutzernamen genannt oder eine bildliche Darstellung des Betroffenen eingestellt wird.

posted by Stadler at 17:57  

13.6.11

German Unfug

Josef Joffe, Herausgeber der ZEIT, kommentiert in der Rubrik „Zeitgeist“ regelmäßig das Zeitgeschehen. In der aktuellen Ausgabe (Nr. 24 vom 09.06.2011, S. 12) hat er sich unter dem Titel „German angst“ mit dem Atomausstieg befasst und die These aufgestellt, der deutsche Sonderweg in der Atompolitik wäre maßgeblich auf ein Phänomen zurückzuführen, das man im anglo-amerikanischen Raum gerne als „german angst“ beschreibt. Und diese Angst, ausgelöst von einer Atomkatastrophe, die sich 9000 Kilometer entfernt ereignet hat, sei, so Joffe, deshalb so stark, weil wir keine anderen Probleme haben.

Jetzt fehlt es diesem Kommentar Joffes nicht nur an einer stringenten Gedankenführung, sondern auch seine ausschließlich negative Konnotation des Begriffs der Angst wirft Fragen auf. Wenn man wie Joffe schon von einem Naturgesetz spricht, sollte man nicht unerwähnt lassen, dass es der von Angst bewirkte Schutzmechanismus war, der der Menschheit über hunderttausende von Jahren hinweg ihr Überleben gesichert hat. Und um eine Form der Überlebensangst geht es auch hier. Anders als die Angst vor einem wilden Tier, das hinter dem nächsten Busch lauern und das Leben unmittelbar bedrohen könnte, reden wir im Zusammenhang mit der Kernkraft allerdings von einer Angst, die sich aus der Erkenntnis speist, dass die Menschheit eine lebensbedrohliche Technologie nicht sicher beherrschen kann, ebenso wenig, wie sie in der Lage ist, die Langzeitfolgen dieser Technologie abzuschätzen.

Man kann die Schlussfolgerungen, die wir aus dieser Erkenntnis ziehen, als Angst betrachten, aber ebenso gut könnte man von einer aufgeklärten und verantwortungsbewussten Haltung sprechen. Diese aufgeklärte Form der Angst, die einem Sieg der Vernunft geschuldet ist, darf man gerade im Lande Kants als Errungenschaft feiern. Dass andere Staaten dem deutschen Weg bislang nicht folgen, taugt als Argument wenig.

Was also ist so negativ daran, Vorreiter einer Entwicklung zu sein, die man als richtig erkannt hat? Die Apologeten der Atomenergie, zu denen offenbar auch Joffe gehört, mögen noch murren, aber sie werden die Entwicklung nicht aufhalten. Oder um es mit Bob Marley zu sagen: „Have no fear for atomic energy, ‚cause none of them can stop the time“.

posted by Stadler at 21:56  

12.6.11

Strafbarkeit von DDoS-Attacken

Das Landgericht Düsseldorf hat in einer neuen Entscheidung (Urteil vom 22.03.2011, Az.: 3 KLS 1/11) die Strafbarkeit von Distributed Denial Of Service Attacken nach § 303b Abs. 1 Nr. 2, Abs.2 StGB (Computersabotage) bejaht, freilich ohne nähere Begründung.

Das Fehlen einer Begründung hinterlässt speziell in Strafurteilen immer einen Beigeschmack, zumal die Frage der Strafbarkeit von DDoS-Attacken, so eindeutig nicht ist. Der Gesetzgeber wollte dieses Phänomen mit der Schaffung von § 303 b Abs. 1 Nr. 2 StGB erkennbar unter Strafe stellen. Darüber, ob ihm dies gelungen ist, kann man sicherlich diskutieren. Die Tathandlung wird von der Strafvorschrift als Dateneingabe oder Datenübermittlung, in der Absicht, einem anderen Nachteil zuzufügen, umschrieben. Der objektive Tatbestand besteht also lediglich in einer Dateneingabe oder -übermittlung, also einem grundsätzlich sozialadäquaten Verhalten. Damit wird also noch kein zu missbilligendes Verhalten beschrieben. Ob sich die gebotene Einschränkung allein auf subjektiver Ebene durch die zusätzlich notwendige Nachteilszufügungsabsicht ausreichend bewerkstelligen lässt, kann man bezweifeln. Mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz ergeben sich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift.

Nachdem der Wortlaut des § 303b Abs. 1 Nr. 2 StGB DDoS-Angriffe allerdings durchaus umfasst, droht eine strafrechtliche Ahndung, wie das Urteil des LG Düsseldorf zeigt.

posted by Stadler at 22:50  

11.6.11

Filesharing: Künftig mehr Klagen?

Bereits seit einiger Zeit kursiert im Kollegenkreis das Gerücht, dass speziell die Kanzlei Waldorf Frommer dabei ist eine Klageabteilung aufzubauen und deshalb künftig mit deutlich mehr Klagen in Filesharing-Fällen zu rechnen sei. Zwei Anwaltsblogs haben sich in den vergangenen Tagen auch mit der Frage befasst.

Die Kanzlei Waldorf hat jedenfalls bereits im letzten Jahr personell aufgerüstet und ein dortiger Kollege hat mir auch schon vor einiger Zeit am Telefon bestätigt, dass man verstärkt klagen wolle, allerdings mit den alten Fällen, die kurz vor der Verjährung stehen, beginnen werde. Mal sehen, ob das Amtsgericht München eine neue Planstelle schaffen muss. ;-)

posted by Stadler at 20:30  
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