Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

3.8.10

BGH: Half-Life 2

Das Urteil des BGH vom 11. Februar 2010 (Az.: I ZR 178/08) zur Frage von Vertriebsbeschränkungen bei Computerspielen durch eine individuelle Online-Kennung ist jetzt im Volltext online.

Die Beklagte hat das Computerspiel Half-Life 2 auf DVD vertrieben. Das Spiel konnte aber erst genutzt werden, nachdem online eine  individuelle Kennung eingegeben und ein Account  bei  der  Beklagten eingerichtet worden ist. Dieser Account konnte allerdings nur einmal eingerichtet werden, so dass eine Weitergabe des Spiels durch Weiterverkauf der DVD faktisch ausgeschlossen war. Darin hat die Klägerin eine unzulässige Beschränkung des urheberrechtlichen Erschöpfungsgrundsatzes (§§ 17 Abs. 2, 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG) gesehen.

Dem ist der BGH nicht gefolgt und hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Der BGH führt zur Begründung u.a. aus:

Es ist urheberrechtlich unbedenklich, wenn der Urheber sein Werk oder Werkstücke, die sein Werk  verkörpern, so gestaltet,  dass diese nur auf  bestimmte Art und Weise genutzt werden können, und die Weiterveräußerung des Originals des Werks oder von ihm in Verkehr gebrachter Werkstücke durch den Ersterwerber infolge ihrer konkreten Ausgestaltung eingeschränkt ist oder faktisch ganz ausscheidet,  weil wegen der beschränkten Nutzungsmöglichkeiten ein nennenswertes Interesse nachfolgender Erwerber nicht besteht.

Der amtliche Leitsatz lautet:

Der urheberrechtliche Grundsatz der Erschöpfung des Verbreitungsrechts wird nicht berührt, wenn der Berechtigte das von ihm geschaffene, auf DVD vertriebene Computerspiel so programmiert, dass es erst  nach der online erfolgten Zuweisung einer individuellen Kennung genutzt werden kann, und wenn er sich vertraglich ausbedingt, dass diese Kennung nicht an Dritte weitergegeben werden darf. Dies gilt auch dann, wenn die DVD mit dem Computerspiel wegen der ohne Kennung eingeschränkten Spielmöglichkeiten vom Ersterwerber praktisch nicht mehr weiterveräußert werden kann.

posted by Stadler at 13:22  

3.8.10

Rundfunkabgabe für die Presse

CARTA berichtet über ein Interview mit dem WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus, der einen Anteil aus der künftigen Rundfunkabgabe für die Online-Angebote von Verlagen fordert. Das ist in der Tendenz nicht neu, denn auch die Forderung nach einem neuen Leistungsschutzrecht für Presserzeugnisse ist in Wahrheit nichts anderes, als die Forderung nach einer gebührenfinanzierten Presse.

Die Forderung von Nienhaus ist auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um ein Rechtsgutachten des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Papier zu sehen, der die Ansicht vertreten hat, dass publizistische Online-Inhalte als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne zu betrachten sind. Diese erhitzte Diskussion geht leider völlig an der Sache vorbei, denn die verfassungsrechtliche Frage der Abgrenzung von Presse und Rundfunk ist im Grunde rein akademischer Natur. Worum es in Wirklichkeit geht und gehen muss,  ist die Frage der Reichweite des sog. Grundversorgungsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Insoweit vertreten andere renommierte Verfassungsrechtler wie z.B. Christoph Degenhart durchaus eine von Papier abweichende Position.

posted by Stadler at 11:29  

3.8.10

Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Durchführung eines UDRP-Verfahrens

Die ICANN hat schon vorlängerer Zeit die sog. UDRP (Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy) eingeführt, ein Schlichtungsverfahren zur Lösung von Domainstreitigkeiten. Alle bei ICANN akkreditierten Registrare sind verpflichtet, dieses Verfahren zu befolgen und an ihre Kunden weiterzugeben.

Das Landgericht Berlin hatte mit Urteil vom 02.03.2010 (Az.: 15 O 79/09) über einen Fall zu entscheiden, in dem der Kläger in einem solchen UDRP-Verfahren bei der WIPO unterlegen war und anschließend beim Landgericht Berlin Klage erhoben hat, mit dem Antrag feszustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Übertragung der Domain hat.

Die Besonderheit des Falles besteht vor allem darin, dass der Kläger seinen Wohnsitz in Großbritannien hat und die Beklagte ein Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist und der einzige erkennbare Bezug zu Deutschland darin besteht, dass der Registrar in Berlin sitzt.

Bemerkenswert ist vor allen Dingen, dass das Landgericht Berlin sowohl seine (internationale) Zuständigkeit bejaht hat, als auch die Anwendbarkeit deutschen Rechts.

Das Landgericht nimmt zunächst an, dass die Parteien eine wirksame Zuständigkeitsvereinbarung nach Art. 23 EuGVVO getroffen haben, weil sie sich beide der UDRP unterworfen haben. Die Regelungen für das UDRP-Verfahren beinhalten nach Ansicht des Landgerichts eine Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne des § 38 ZPO, wobei die Zuständigkeit des LG Berlin aus dem Sitz des Registrars folgt.

Bei der Anwendbarkeit deutschen Rechts geht das LG Berlin davon aus, dass im internationalen Schuldrecht eine Rechtswahl durch schlüssiges Verhalten zulässig ist und deshalb deutsches Recht zur Anwendung kommt, wenn die Parteien im Rechtsstreit ausschließlich auf der Grundlage der deutschen Rechtsordnung argumentieren.

Das Landgericht stützt sich materiell-rechtlich dann allerdings primär auf Vorschriften des UWG. Wettbewerbsverstöße stellen aber grundsätzlich unerlaubte Handlungen dar. Insoweit wäre nach deutschem internationalen Privatrecht aber auf den Begehungs- oder Erfolgsort abzustellen, wofür ein Inlandsbezug vorliegen muss. Gerade der ist aber nicht ersichtlich.

posted by Stadler at 08:30  

2.8.10

GEMA beantragt einstweilige Verfügung gegen YouTube

Die GEMA hat nach eigener Aussage eine einstweilige Verfügung gegen YouTube beim Landgericht Hamburg beantragt, über die am 29.07.2010 mündlich verhandelt wurde.

Die GEMA hatte Google bzw.YouTube zuvor aufgefordert, angeblich illegal eingestellte Videos zu löschen bzw. den Abruf von Deutschland aus zu sperren. Da YouTube dieser Aufforderung nach Aussage der GEMA nicht nachgekommen ist, wurde Verfügungsantrag gestellt.

Das Landgericht Hamburg hat ein Urteil für den 27.08.2010 angekündigt. Der Umstand, dass das Gericht nicht ohne mündliche Verhandlung und auch nach dem Termin nicht zügig eine einstweilige Verfügung erlassen hat, deutet darauf hin, dass das Gericht zumindest noch Klärungsbedarf gesehen hat.

posted by Stadler at 18:24  

2.8.10

Radiohead und das Thema Filesharing

Eine interessante Geschichte zu Radiohead, eine der bekanntesten und besten Rockbands der Gegenwart, und dem Thema Filesharing hat TorrentFreak ausgegraben.

Radiohead haben 2007 ihr Album „In Rainbows“ exklusiv über die Website „inrainbows.com“ vertrieben und zunächst auf alle klassischen Vertriebswege der Musikindustrie verzichtet. Beim Download des Albums musste der Musikfan zwar einen Bezahlvorgang durchlaufen, wobei er als Zahlbetrag auch 0 eingeben konnte, weshalb man das Album damals ganz legal kostenlos aus dem Netz downloaden konnte. Diesen Vertriebsweg hat die Band nach ein paar Monaten allerdings wieder eingestellt. Auf „inrainbows.com“ liest man seither den Satz „IN RAINBOWS IS NO LONGER AVAILABLE AS A DOWNLOAD“. Im Anschluss wurde das Album weltweit an verschiedene Labels lizensiert, zum Vertrieb als CD und Vinyl-Schallplatte, sowie für den Vertrieb über kostenpflichtige Download-Plattformen wie iTunes.

Wie TorrentFreak jetzt berichtet, nimmt die Recording Industry Association of America (RIAA) nach wie vor die Rechte von Radiohead mit Blick auf das Album „In Rainbows“ wahr und hat u.a. Google aufgefordert, Blogs zu sperren oder zu filtern, die das Album weiterhin zum Download anbieten.

Das betrachtet TorrentFreak u.a. deshalb als merkwürdig, weil Radiohead Gründungsmitglied derFeatured Artists Coalition (FAC) ist, die neue urheberrechtliche Wege beschreiten will und mehr Kontrolle und Einfluss der Künstler beim Vertrieb ihrer Werke verlangt.

Im konkreten Fall verletzt das Anbieten der Musik von Radiohead, durch wen auch immer, zweifellos die Urheberrechte der Band. Ob die RIAA diese Rechtsverletzungen allerdings verfolgen kann, hängt davon ab, ein Mitglied der RIAA (ein Label) über die Rechte verfügt, das Album „In Rainbows“ öffentlich zugänglich zu machen.

Ein Blick in den deutschen iTunes-Store zeigt, dass das Album dort von einem Label namens „Xurbia Xendless Limited“ vertrieben wird. Das ist meines Wissens aber das eigene Label der Band. Es wäre in der Tat merkwürdig, wenn Radiohead auch den Onlinevertrieb des Albums einem Major-Label überlassen hätte. Ich bin gespannt, ob sich die Band zu dieser Sache äußern wird.

posted by Stadler at 13:19  
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