Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.12.09

Vorratsdatenspeicherung auf dem Prüfstand

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt morgen über die Verfassungsbeschwerden gegen die sog. Vorratsdatenspeicherung. Das umstrittene Gesetz verpflichtet Telekommunikationsanbieter und Internetprovider die sog. Verkehrsdaten jedweder Telekommunikation für die Dauer von sechs Monate „auf Vorrat“ zu speichern, d.h. ohne konkreten Anlass oder Tatverdacht.

Gespeichert werden u.a. die Rufnummern von Anrufer und Angerufenem sowie Zeit und Dauer des Anrufs. Bei der Internetkommunikation, die vom Zugangsprovider vergebene IP-Adresse des Nutzers und beim Versand und Empfang von E-Mails u.a. die Absender-IP-Adresse, die E-Mail-Adressen aller Beteiligten, der Zeitpunkt des Versands und beim Zugriff auf das Postfach des Mailservers der Benutzername und die IP-Adresse des Abrufers. Nicht gespeichert oder aufgezeichnet wird der Inhalt der Kommunikation. Das Bundesverfassungsgericht wird darüber zu befinden haben, ob dieses Gesetz mit dem Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses vereinbar ist. Interessant ist hierbei vor allen Dingen auch, dass das Gesetz eine EU-Richtlinie umsetzt.

Der Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung informiert aktuell rund um die mündliche Verhandlung in Karlsruhe.

posted by Stadler at 08:30  

11.12.09

Die Schufa und der Weihnachtsmann

Es gibt Dinge, die sind einfach unglaublich. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar schildert in seimem Blog, wie die Schufa gerade in Fußgängerzonen mit gelben Weihnachtsmännern versucht, Menschen dazu zu bewegen, sich bei der Schufa zu registrieren. Geben Sie der Schufa Ihre Daten und zahlen Sie auch noch dafür. Denn schließlich ist bald Weihnachten.

posted by Stadler at 16:12  

11.12.09

Der europäische Präventivstaat

Wir leben in einer Ära des vermeintlich wohlwollenden Staates, der seine Bürger an die Hand nimmt und für ihre Sicherheit sorgt.

Diesen Staat hat das Bundesverfassungsgericht in den letzten Jahren immer wieder in seine Schranken gewiesen. Aber wie lange noch? Die ploitischen Lösungen werden immer stärker auf europäischer Ebene gesucht und gefunden. Der Einfluss des Verfassungsgerichts schwindet, während EU-weit die Haltung, dass der Bürger zu bevormunden und zu kontrollieren sei, zunimmt und stärker ausgeprägt zu sein scheint als hierzulande. Und der EuGH wird dem deutlich weniger entgegenzusetzen haben, als das BVerfG.

Der Artikel von Erich Moechel über den Bauplan für den europäischen Präventivstaat beschreibt, was der Rat der EU konkret vorhat.

Wir Bürger müssen die vorhandenen Ansätze für eine neue Bürgerrechtsbewegung ausbauen und dabei für eine europaweite Vernetzung sorgen. Es ist Zeit, eine stärkere Gegenöffentlichkeit zu schaffen.

posted by Stadler at 14:00  

11.12.09

Die Abrechnungspraxis der Filesharing-Abmahnanwälte

Am Landgericht Köln war vorgestern ein interessantes Spektakel zu beobachten. Die Rechtsanwälte Rasch und Spreckelsen waren als Zeugen geladen und sollten in einem Prozess, in dem sie selbst die Klagepartei – Major-Labels der Musikindustrie – vertreten, darüber Auskunft erteilen, wie sie ihr Anwaltshonorar mit ihren Mandanten abrechnen. Die Kanzlei Rasch gehört zu den Big-Playern im Geschäft mit den Filesharing-Abmahnungen.

Rechtsanwalt Solmecke berichtet auf seiner Website über die Zeugeneinvernahme. Die beiden Anwälte haben offenbar ausgesagt, dass sie im Innenverhältnis die Anwaltsgebühren reduzieren, wenn sie mit dem Abgemahnten einen Vergleich schließen. Aber Derartiges muss freilich vorher mit den Auftraggebern ausdrücklich abgestimmt sein.

Wenn die Abmahnkanzleien mit ihren Mandanten aber eine Vereinbarung getroffen haben, die vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abweicht, dann dürfen Sie auch von ihrem Gegner keine RVG-Gebühren fordern. Aber genau das passiert regelmäßig und war auch Gegenstand der Klage vor dem Landgericht Köln.

Die meisten der Kanzleien, die Filesharer verfolgen, verlangen vom Abgemahnten in ihrem Abmahnschreiben zunächst einen pauschalen Zahlbetrag der Anwaltshonorar und Schadensersatz beinhaltet, wobei nicht erkennbar ist, welcher Anteil genau auf die Anwaltskosten entfällt. Erst wenn der Abgemahnte sich weigert, diesen Betrag zu zahlen, erhöht man die Forderung in einem nächsten Schreiben, indem man eine Berechnung der Anwaltskosten nach dem RVG vornimmt und einen Schadensersatzbetrag hinzufügt. Diese erhöhten Kosten werden dann gelegentlich auch eingeklagt.

Hier stellt sich zunächst die Frage, wie man behaupten kann, nach RVG abzurechnen, wenn man zunächst und primär Anwaltshonorar fordert, das niedriger ist, als das nach dem RVG.

Was die Kanzlei Kornmeier und ihre Auftraggeberin die Fa. DigiProtect angeht, so liegen mir diesbezüglich neue Erkenntnisse vor. In einer eidesstattlichen Versicherung vom 30.11.2009 – abgegeben gegenüber dem Landgericht Frankfurt am Main – erklärt Herr Dr. Udo Kornmeier, dass es seiner Mandantin DigiProtect wegen der Vielzahl von Abmahnschreiben aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich ist, für jeden einzelnen Fall eine anwaltliche Vergütung auf Basis einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem angemessenen Streitwert von EUR 10.000,- zu bezahlen. Kornmeier erklärt weiter, dass seine Kanzlei deshalb mit DigiProtect ein monatliches Pauschalhonorar vereinbart hat, dessen Höhe sich nach dem monatlichen Zeitaufwand sowie der von der Kanzlei gestellten personellen oder sonstigen Infrakstruktur richtet (was allerdings wiederum nicht ganz widerspruchsfrei ist – Anm. d. Verf.). Erst wenn der Rechtsverletzter mit einem pauschalierten Vergleichsangebot nicht einverstanden ist, so Kornmeier weiter, erteilt DigiProtect Klageauftrag, wobei es Gegenstand des Klageauftrags ist, eine 1,3 RVG-Gebühr aus einem Gegenstandswert von EUR 10.000,- geltend zu machen. Und nur in diesem Fall, wird DigiProtect eine Rechnung nach RVG ausgestellt und laut Kornmeier von DigiProtect auch beglichen.

Das bedeutet nichts anderes, als dass man zunächst ein Pauschal- oder Zeithonorar vereinbart hat. Da der Abgemahnte aber nur die Kosten erstatten muss, die tatsächlich entstanden sind, kann er nicht verpflichtet sein, Kosten nach dem RVG zu erstatten. Daran ändert sich auch nichts, wenn diese nicht entstandenen Kosten anschließend eingeklagt werden, denn durch die Klageerhebung entstehen die Kosten ebenfalls nicht. Was DigiProtect und Kornmeier vereinbart haben, dient einzig und allein der größtmöglichen Einnahmenerzielung. Denn die Auswechslung der Abrechnungsmodalitäten dient allein dem Zweck, den vom Gegner zu erlangenden Erstattungsbetrag zu erhöhen, während DigiProtect diese Gebühren ansonsten nicht bezahlen müsste. Die Gebühren sind somit letztlich fiktiv und fiktive Gebühren sind nicht erstattungsfähig. Im Falle von DigiProtect ist aufgrund eines Telefaxschreibens von Dr. Kornmeier vom 19.03.08, in dem er das Geschäftsmodell durchaus abweichend darstellt, aber ohnehin fraglich, ob nicht doch noch ganz anders abgerechnet wird.

Ganz generell ist zu fragen, wozu es führt, wenn Abmahnkanzleien die Gebührenvereinbarungen mit ihren Auftraggebern flexibel bzw. variabel ausgestalten. Wenn der Abgemahnte sofort bezahlt, dann geben sich Kanzleien wie Rasch oder Kornmeier mit einem Honorarbetrag zufrieden, der in der geforderten Pauschale enthalten ist und der die gesetzlichen Gebühren unterschreitet, wobei nicht genau erkennbar ist, wie hoch der Honoraranteil ist. Erst wenn nicht bezahlt wird, berechnet man Honorar auf Basis des RVG und klagt dieses in manchen Fällen sogar ein.

Ein Blick in die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) belegt, dass es sich bei diesem Konstrukt keineswegs um eine Gebührenabrechnung nach RVG handelt, sondern um eine Erfolgshonorarvereinbarung. In § 49b Abs. 2 RVG ist das Erfolgshonorar legal definiert als:

Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält

Und genau mit einem solchen Fall haben wir es zu tun. Die Höhe der anwaltlichen Vergütung steht nicht von vornherein fest, sondern sie richtet sich nach dem Verlauf der Angelegenheit und hängt davon ab, in welcher Höhe der Abgemahnte zahlt. Dieses Abrechnungsmodell lässt sich deshalb als Erfolgshonorarvereinbarung qualifizieren. Und eine solche Erfolgshonorarvereinbarung ist nur in den engen Grenzen des § 4a RVG zulässig. Und die Voraussetzungen dieser Norm sind in den Filesharing-Fällen kaum erfüllt.

Geht man davon aus, dass diese Form der Vergütungsvereinbarung unzulässig und damit unwirksam ist, dann kann man stattdessen freilich nicht ohne weiteres auf die gesetzlichen Gebühren zurückgreifen, weil dies nach der Rechtsprechung des BGH bereits gegenüber dem eigenen Mandanten eine unzulässige Rechtsausübung darstellen würde, was erst Recht gegenüber dem Gegner gelten müsste.

Der Abgemahnte muss immer nur diejenigen Gebühren erstatten, die bei seinem Gegenüber auch tatsächlich und nachweisbar entstanden sind. Welche Gebühren sind aber entstanden, wenn man es von vornherein mit einer variablen Vereinbarung zu tun hat und nicht mit feststehenden und unveränderlichen RVG-Gebühren? Lassen sich in diesem Fall überhaupt konkrete Gebühren auf den Einzelfall umlegen bzw.sind solche Gebühren berechenbar?

Und genau hier stößt man an die Grenzen des Geschäftsmodells Filesharing-Abmahnung. Selbst wenn man nicht unterstellt, dass das Geschäftsmodell ohnehin so konzipiert ist, dass der Anwalt seinen Auftraggeber von jeglichem Kostenrisiko freistellt, bleibt immer die Frage bestehen, ob tatsächlich feste, berechenbare Anwaltskosten entstanden sind, deren Erstattung verlangt werden kann.

Die Geltendmachung von RVG-Gebühren kommt m.E. in diesen Fällen jedenfalls nicht in Betracht. Die Kostenklagen die Kornmeier oder Rasch für ihre Mandanten erheben, stellen m.E. deshalb eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung von Gebühren dar, die in dieser Form mit der eigenen Mandantschaft nicht vereinbart sind und tatsächlich auch nicht entstanden sind, sondern vielmehr fiktiv zum Zwecke der Einnahmenerzielung berechnet werden.

Sinn und Zweck der Abmahnung ist es aber nicht, Einnahmen zu erzielen, sondern Rechte zu verteidigen. Dieses Ziel ist aber hier deutlich in den Hintergrund getreten. Turn Piracy Into Profit lautet stattdessen die Devise. Die Rechteinhaber und einige findige Unternehmen wie DigiProtect haben erkannt, dass man aus der Piraterie eben auch Profit schlagen kann. Das mag man je nach Standpunkt als legitim betrachten, mit deutschem Recht ist es nicht vereinbar.

posted by Stadler at 12:45  

10.12.09

ACTA eine globale Bedrohung der Freiheit

Eine europaweite Koalition von Bürgerrechtsorganisationen hat sich in einen offenen Brief an das EU-Parlament und die EU-Unterhändler des „Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA)“ gewandt. Die Bürgerrechtler fordern eine transparente Verhandlungsführung und eine Veröffentlichung des Vertragsentwurfes sowie die Ablehnung aller Regelungen, durch die die Rechte und Freiheiten der Unionsbürger beeinträchtigt werden.

Die ACTA-Verhandlungen werden bislang geheim geführt. Nach den bislang bekannten Informationen sollen u.a. Maßnahmen wie Three Strikes Out etabliert werden und es soll in allen Vertragsstaaten ein dem amerikanischen DMCA vergleichbares Regelwerk eingeführt werden.

posted by Stadler at 16:15  

10.12.09

BGH zu Widerrufs- und Rückgabeklauseln im E-Commerce

Der BGH hat mit Urteil vom 9. Dezember 2009 (Az.: VIII ZR 219/08) drei Klauseln, die sich mit dem Widerrufsrecht- und Rückgaberecht und deren Folgen beschäftigen, einer Prüfung unterzogen. Zwei der Klauseln hat er beanstandet.

Die Entscheidung, deren Volltext noch nicht vorliegt, dürfte ein klein wenig mehr Rechtssicherheit bringen.

Die Pressemitteilung des BGH Nr. 250/09:

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Die Beklagte betreibt über die Internethandelsplattform eBay Handel unter anderem mit Heimtextilien, Kinder- und Babybekleidung sowie Babyausstattungen. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung von Klauseln in Anspruch, die diese für den Abschluss von Kaufverträgen über ihre bei eBay bestehende Internetseite verwendet. Im Revisionsverfahren hatte der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs über die Wirksamkeit dreier Klauseln zu entscheiden, deren Verwendung das Berufungsgericht der Beklagten untersagt hatte.

Die erste Klausel lautet:

[Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben.] „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung.“

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Klausel unwirksam ist. Sie enthält keinen ausreichenden Hinweis auf den Beginn der Rückgabefrist und genügt deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB). Ihre formularmäßige Verwendung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Nach § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt die Rückgabefrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Rückgaberecht, die unter anderem einen Hinweis auf den Fristbeginn zu enthalten hat, in Textform mitgeteilt worden ist. Aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen ist, kann die Klausel den Eindruck erwecken, die Belehrung sei bereits dann erfolgt, wenn er sie lediglich zur Kenntnis nimmt, ohne dass sie ihm entsprechend den gesetzlichen Anforderungen in Textform – d.h. in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise (§ 126b BGB) – mitgeteilt worden ist. Ferner kann der Verbraucher der Klausel wegen des verwendeten Worts „frühestens“ zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, er wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt.

Die zweite Klausel lautet:

„Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen

-zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde;

-zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u. a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind, oder

-zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten.“

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Klausel wirksam ist. Sie genügt den gesetzlichen Anforderungen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, für jeden angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht, und folglich für Fernabsatzverträge im elektronischen Geschäftsverkehr verschiedene Versionen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden. Eine Belehrung, die dem Verbraucher die Beurteilung überlässt, ob die von ihm erworbene Ware unter einen Ausschlusstatbestand fällt, ist nicht missverständlich. Insoweit bestehende Auslegungszweifel werden nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte bei – ihrer Meinung nach – den Ausschlusstatbeständen unterfallenden Fernabsatzverträgen lediglich darüber belehrt, dass ein Rückgaberecht nicht bestehe. Der Verbraucher erhielte in diesem Fall deutlich weniger Informationen, als wenn er über den gesetzlichen Wortlaut der Ausschlusstatbestände informiert wird. Das ermöglicht ihm vielmehr, sich eine abweichende Meinung zu bilden und auf eine Klärung hinzuwirken. Auch durch den einschränkenden Zusatz „unter anderem“ wird die Klausel nicht unklar, weil dadurch für den Verbraucher erkennbar nur auf den Umstand hingewiesen wird, dass in § 312d Abs. 4 BGB noch weitere, für den Versandhandel der Beklagten nicht einschlägige Ausschlusstatbestände aufgeführt sind.

Die dritte Klausel lautet:

[Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu geben.] „Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung, wie sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre, zurückzuführen ist.“

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Klausel unwirksam ist. Zwar erfordert das Gesetz keine umfassende, alle in Betracht kommenden Fallgestaltungen berücksichtigende Belehrung über die bei einer Ausübung des Rückgaberechts eintretenden Rechtsfolgen. Die Belehrung muss aber einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB enthalten. Das ist hier nicht der Fall. Nach § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB hat der Verbraucher im Fall der Ausübung eines Rückgaberechts Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, dies aber nur dann, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Wenn – wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist – die Erteilung eines den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweises bei Vertragsschlüssen über eBay von vornherein ausgeschlossen ist, weil der Vertrag zustande kommt, ohne dass der erforderliche Hinweis spätestens bei Vertragsschluss in Textform erteilt werden kann, ist die Klausel 3 irreführend, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung kein Wertersatz zu leisten ist. Selbst wenn die Beklagte aber einen den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweis in der erforderlichen Textform auch noch bis zum Erhalt der Ware erteilen könnte (§ 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB), müsste die Klausel 3 jedenfalls darauf hinweisen, dass eine Wertersatzpflicht für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung nur unter dieser Voraussetzung besteht (§ 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV). Auch ein solcher Hinweis fehlt. Die formularmäßige Verwendung der den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

posted by Stadler at 08:00  

9.12.09

Abmahnung wegen Abgabe einer nicht geforderten Unterlassungserklärung

Speziell in Filesharing-Fällen gibt es einige Kollegen, die dazu raten, vorsorglich Unterlassungserklärung an alle möglichen Rechteinhaber bzw. deren anwaltliche Vertreter zu verschicken, um so möglichst umfassend vor künftigen Abmahnungen geschützt zu sein. Diesen Ratschlag kann man aus unterschiedlichen Gründen für fragwürdig halten, aber dieser Grund hier ist neu.

Ein Rechteinhaber reagierte laut einem Bericht von Heise mit einer Abmahnung auf eine solche vorbeugende Unterlassungserklärung. Die Begründung lautete, dass man erfolglos nach einem dazugehörigen Fall einer Verletzung gesucht, aber keinen gefunden habe. Die Abmahnung wird daher als unerlaubter Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Rechteinhabers und damit als unerlaubte Handlung qualifiziert.

Eine sicherlich innovative Idee, die rechtlich allerdings auf wackligen Beinen steht. Denn der sog. Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb setzt einen zielgerichteten betriebsbezognen Eingriff voraus. Und das wird man in solchen Fällen schwerlich bejahen können.

Das Geschäft der Massenabmahnung ist immer wieder für eine neue Stilblüte gut.

posted by Stadler at 19:25  

9.12.09

Kornmeier nimmt Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück

Vor zwei Wochen habe ich darüber berichtet, dass mich Rechtsanwalt Dr. Udo Kornmeier wegen eines Blobeitrags abgemahnt und die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert hat. Daraufhin habe ich Schutzschriften bei verschiedenen Landgerichten hinterlegt und die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert.

Die Kanzlei Kornmeier, vertreten durch eine andere Anwaltskanzlei, hat deshalb am 30.11.09 beim Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2-03 O 550/09) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Diese Verfügung hat das Landgericht aber nicht erlassen, vielmehr hat Kornmeier am 04.12.09 seinen Verfügungsantrag – offenbar auf Anraten des Gerichts – wieder zurückgenommen. Zuvor hatte die von den Rechtsanwälten Kornmeier beauftragte Kanzlei vergeblich versucht, das Landgericht Frankfurt unter Hinweis auf einen Beschluss des Landgerichts Köln vom 25.11.09 umzustimmen.

Das Landgericht hat offenbar auch meine Schutzschrift berücksichtigt, denn mit Beschluss vom 07.12.09 wurden der Partnergesellschaft Kornmeier die Kosten des Verfügungsverfahrens auferlegt, wie von mir in der Schutzschrift beantragt. Einziger Wermutstropfen: Das Gericht hat den Streitwert nicht entsprechend der Antragsschrift auf EUR 250.000,- festgesetzt, sondern nur auf EUR 30.000,-.

Mit dieser Aktion hat es die Kanzlei Kornmeier natürlich auch geschafft, den zugrundeliegenden Sachverhalt bei ihrem Hausgericht in Frankfurt bekannt zu machen. Auch eine Form des Streisand-Effekts. ;-)

posted by Stadler at 14:10  

8.12.09

Die Talsohle der IT

Auf den sog. IT-Gipfel ist Verlass, zumindest soweit es um seltsame und fragwürdige Ankündigungen geht.

Die Bundesregierung plant offenbar eine Art verpflichtenden Virenschutz für alle Bürger. In der Berichterstattung liest man dazu dann Aussagen wie, Internetzugangsanbieter hätten ohnehin längst die technische Möglichkeit, vireninfizierte Rechner bei ihren Kunden durch Analyse des Netzwerkverkehrs auszumachen.

Analyse des Netzwerkverkehrs? Darunter kann man sich allerlei vorstellen, bis hin zur Überprüfung sämtlicher durchgeleiteter Inhalte. Die Frage, ob die Provider den Netzwerkverkehr nach geltendem Recht überhaupt analysieren und überprüfen dürfen und wenn ja in welchem Umfang, stellt man einmal mehr nicht.

Diese Entwicklung entfernt sich jedenfalls, selbst man dem Staat in diesem Fall keine Überwachungsbestrebungen unterstellen möchte, immer stärker von dem ursprünglichen Konzept, das auf der Vorstellung von Netzneutralität basierte. Danach waren Provider TK-Dienstleister, die Daten übermittelten und für Netzzugang sorgten. Nicht mehr und nicht weniger.

Der allgemeine Trend ist nunmehr aber der, Provider immer stärker in die Kontrolle von Inhalten und die Bekämpfung „unerwünschter Inhalte“ einzubinden. Und dieser Grundansatz stellt das verbindene Element dar, zwischen dem Zugangserschwerungsgesetz, dem Three-Strikes-Out Modell und dem neu vorgestellten Schutzkonzept. Es geht weg von der Vorstellung eines Providers, der eine bloße TK-Dienstleistung erbringt, hin zur Rolle eines Blockwarts und verlängerten Arms des Staates. Die Verbände spielen bereitwillig mit.

Der sog. IT-Gipfel nimmt hierbei die Funktion einer Lobbyistenveranstaltung ein, auf der sich die Vertreter der Politik und der großen Unternehmen gegenseitig die Bälle zuspielen, während man gemeinsam der Öffentlichkeit vorgaukelt, dieses Land nach vorne zu bringen. Kleinere und mittlere IT-Unternehmen bleiben hierbei leider auf der Strecke, vom Bürger ganz zu schweigen.

Das einzig Tröstliche ist, dass bislang fast keine der Ankündigungen, die auf dieser mit Steuergeldern finanzierten Lobbyisten-Show in den letzten Jahren gemacht worden ist, in die Tat umgesetzt wurde. Man muss daher auch eher von Talsohle sprechen als von Gipfel.

posted by Stadler at 17:10  

8.12.09

Leutheusser gegen Schnarrenberger

Leutheusser vs. Schnarrenberger titelt die Süddeutsche heute. Wenn das Bundesverfassungsgericht nächste Woche über die Vorratsdatenspeicherung verhandelt, sitzt die Justizministerin nämlich zwischen den Stühlen. Sie ist einerseits eine der Bescherdeführerinnen, müsste als Bundesministerin aber andererseits den Beschwerdegegner Bundesrepublik vertreten. Ob sie persönlich erscheint und auf welcher Seite sie dann Platz nehmen wird, ist unklar.

Dieser Umstand liefert Heribert Prantl jedenfalls eine schöne Vorlage für seinen Artikel (SZ vom 08.12.09, S. 1), in dem er u.a. mutmaßt, dass Frau Leutheusser-Schnarrenberger zwei Hüte mitnimmt oder einen Wendemantel. Ob das Ganze gar als Symbol für die innere Zerrissenheit der FDP in Fragen der Bürgerrechte taugt, die man unlängst im Zusammenhang mit dem Swift-Abkommen wieder beobachten konnte, fragt Prantl leider nicht.

posted by Stadler at 08:00  
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