Verfassungsbeschwerde gegen BKA-Gesetz
Die im Netz als „Twister“ bekannte Bürgerrechtlerin Bettina Winsemann hat gegen das BKA-Gesetz Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht eingelegt, wie der Heise-Ticker meldet.
Chapeau und viel Glück.
Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0
Die im Netz als „Twister“ bekannte Bürgerrechtlerin Bettina Winsemann hat gegen das BKA-Gesetz Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht eingelegt, wie der Heise-Ticker meldet.
Chapeau und viel Glück.
Die neue Ausgabe von JurPC bringt u.a. einen Aufsatz vom Clemens Mayer-Wegelin mit dem Titel „Käuferrechte bei Computerspielen — Technische Kopierschutzmaßnahmen und End User License Agreements“ (JurPC Web-Dok. 22/2009)
Der Autor versucht das Verhältnis von Maßnahmen des Digital Rights Management und den urheberrechtlich und AGB-rechtlich zulässigen Einschränkungen der Nutzung und Vervielfältigung von Computerspielen zu beleuchten. Lesenswert
Der Leitsatz einer heute veröffentlichten Entscheidung des BGH (Urteil vom 18. Dezember 2008 – IX ZR 179/07) für die ich nur Kopfschütteln übrig habe:
Unterlässt es der Berufungsanwalt, auf ein die Rechtsauffassung seines Mandanten stützendes Urteil des Bundesgerichtshofs hinzuweisen, und verliert der Mandant deshalb den Prozess, wird der Zurechnungszusammenhang zwischen dem Anwaltsfehler und dem dadurch entstandenen Schaden nicht deshalb unterbrochen, weil auch das Gericht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs übersehen hat
Später in den Urteilsgründen liest man dann, dass das Gericht für sein Urteil die volle Verantwortung trägt. Und wie sieht die bitte aus? Schließlich hat der Gesetzgeber mit § 839 Abs. 2 BGB schon dafür gesorgt, dass der Richter nicht haftet. Art. 97 GG und das BGB schützen also auch die richterliche Dummheit, während der in gleichem Maße unwissende Anwalt für den Richter gleich mit haftet. Nur wenn man als Anwalt schlauer ist als das Gericht, kann man also der Haftung entgehen.
Witzbolde sind sie ja die Kollegen von der herrschenden Meinung. Scheint mir ein Schnäppchen zu sein. Wer ist eigentlich Robert Basic? ;-)
Gegen die von mir gestern geäußerte Ansicht, Anonymisierungsdienste würden der Vorratsdatenspeicherung unterliegen, wurde der Einwand erhoben, dass z.B. der Verein German Privacy Foundation e.V. (GPF) gestützt auf ein Rechtsgutachten für sein TOR-Projekt meint, nicht der Speicherpflicht zu unterliegen.
Diese Diskussion ist nicht ganz neu und wird in ähnlicher Weise auch mit Blick auf die Pflichten des § 5 TMG geführt.
Entscheidend für Anonymisierungsdienste ist es, wie man das Merkmal „öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste“ in § 113a TKG auslegt. Auch wenn § 3 Nr. 24 TKG von in der Regel gegen Entgelt erbrachten Diensten spricht, verlangt § 113a TKG andererseits anders als die Vorschriften zum Datenschutz im TKG noch nicht einmal Geschäftsmäßigkeit.
Vielfach wird die Regelung einschränkend dahingehend ausgelegt, dass man alle Dienste erfassen will, die regelmäßig mit einem kommerziellen Hintergrund betrieben werden, wobei es auf eine konkrete Gewinnerzielungsabsicht nicht ankommen soll.
M.E. unterliegen deshalb kommerzielle Anonymisierungsdienste, die versuchen, sich über Werbung zu finanzieren, in jedem Fall der Vorratsdatenspeicherung.
Aber auch bei den anderen Dienste ist damit zu rechnen, dass man danach fragt,
wie Anonymisierungsdienste in der Regel betrieben werden. Also kommerziell oder von Idealvereinen? Und wenn ich mir z.B. „anonymizer.com“ oder „anonymouse.org“ anschaue, dann kann man schon zu dem Ergebnis kommen, dass Anonymisierungsdienste in der Mehrzahl kommerziell betrieben werden.
Wenn die Vorratsdatenspeicherung nicht generell kippt, wird es spannend sein zu sehen, wie man die Tätigkeit von Anonymiserungsdiensten insoweit künftig einstuft.
Daten-Speicherung.de hat kürzlich in einem sehr aufschlussreichen Test Anonymisierungsdienste bewertet und dies als Maßnahme gegen die Aufzeichnung von IP-Adressen bezeichnet.
Wer allerdings darauf vertraut, damit die Vorratsdatenspeicherung umgehen zu können, sollte Vorsicht walten lassen. Denn Anonymisierungsdienste gehören ebenfalls zu den Diensten, die verpflichtet sind, Daten auf Vorrat zu speichern. Sofern der Anbieter also seinen Pflichten nach dem geltenden Recht nachkommt, werden die IP-Adressen der Nutzer des Dienstes geloggt und ggf. an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Man wird insoweit deshalb auf Anbieter aus dem EU-Ausland zurückgreifen müssen. Und sicher sein kann man sich natürlich auch dann nicht.
Der sehr geistreiche Artikel „Kontrolle ist schlechter“ im jetzt.de-Blog der SZ setzt sich kritisch mit den immer neuen Modellen der Musikindustrie zur Eindämmung des Filesharing auseinander. Vielleicht sollten auch andere Autoren der Süddeutschen Zeitung wie Heribert Prantl und Andrian Kreye diesen Text zur Erweiterung ihres Horizonts mal lesen.
Der Artikel zitiert am Ende Jeanette Hofmann mit „Hätten wir gewollt, dass die Kerzenmacher im 19. Jahrhundert über die Nutzung von elektrischem Licht bestimmen?“.
Ich hoffe so sehr, dass jemand mal Frau Zypries diese Frage stellt. Ob sie es wohl verstehen würde? Vermutlich eh nicht.
Nachtrag: Der Artikel ist am 27.01.09 auch im Feuilleton der Print-Ausgabe der SZ erschienen
Der nunmehr vorliegende, sog. Medina-Report des Europäischen Parlaments zum Urheberrecht, spricht u.a. von einer Verantwortung der Internetzugangsprovider für Urheberrechtsverletzungen und verlangt eine stärkere Einbindung der Access-Provider in die Verhinderung und Bekämpfung der Onlinepiraterie.
Damit wird in grundlegender Art und Weise verkannt, dass Zugangsprovider bloße Telekommunikationsanbieter sind, die eine technische und neutrale Dienstleistung erbringen, die vordergründig darin besteht, den Netzzugang zu ermöglichen.
Die Vorschläge des Medina-Reports stehen auch in Konflikt zur E-Commerce-Richtlinie, die eine Verantwortlichkeit der Zugangsprovider für Inhalte ausdrücklich verneint und auch verbietet, den Zugangsanbietern proaktive Überwachungspflichten aufzuerlegen.
Das sieht nach einem weiteren Kniefall vor der Lobby der Rechteinhaber aus und hat mit einer ausgewogenen Empfehlung wenig zu tun. Viele Parlamentarier werden dem möglicherweise aus Unwissenheit und in Unkenntnis der technischen und rechtlichen Zusammenhänge zustimmen.
Weitere Quelle: La Quadrature Du Net
In der aktuellen Ausgabe der NJW findet sich ein Aufsatz von Frederik Roggan zum neuen BKA-Gesetz (NJW 2009, 257).
Der Autor erläutert die gesetzlichen Neuerungen im Einzelnen und weist zusammenfassend darauf hin, dass das Bundeskriminalamt durch die Neuregelung zu einer Polizeibehörde eigener Art wird und aufgrund der eingeräumten „Vorfeldkompetenzen“ Ähnlichkeiten zu einem Geheimdienst aufweist. Der Autor sieht das Gesetz als Bestandteil eines grundlegenden Umbaus der deutschen Sicherheitsarchitektur, der von Zentralisierungstendenzen geprägt ist und von einer Vorverlagerung von Eingrifsbefugnissen. Aus diesem Grund stellt sich nach Ansicht Roggans in verstärktem Maße die Frage der parlamentarischen Kontrolle des BKA.
Wer allerdings die BND-Skandale der letzten Jahre verfolgt hat, wird an der Erkenntnis nicht vorbei kommen, dass die parlamentarische Kontrolle ein eher stumpfes Schwert ist und wohl nur eine Art Alibi-Funktion erfüllt, um den Bürgern den Eindruck zu vermitteln, die Geheimdienste würden einer effektiven demokratischen Kontrolle unterliegen, was de facto aber nicht der Fall ist. Die verstärkte parlamentarische Kontrolle stellt also kein ausreichendes Gegengewicht dafür dar, dass der Gesetzegeber mit dem BKA-Gesetz mit einer Reihe von Grundsätzen bricht und eine diffuse Gemengelage aus Polizeirecht und Strafverfolgung herstellt. Das BKA-Gesetz beinhaltet einen Paradigmenwechsel, der durch eine bloße parlamentarische Kontrolle wie beim BND, nicht ausreichend unter rechtsstaatliches Kuratel gestellt werden kann.
Marc Felix Serrao stellt in der Süddeutschen Zeitung vom 26.01.09 unter dem Titel „Tanz der Teufel“ die Frage, ob der Staat seine Bürger weiterhin vor NS-Dokumenten schützen muss.
Hintergrund ist die Print-Veröffentlichung „Zeitungszeugen“, der Nachdrucke von Propaganda-Blättern aus der NS-Zeit beiliegen, u.a. der „Völkische Beobachter“, allerdings in einer kritischen Ausgabe, die von Historikern kommentiert worden ist.
Die bayerische Staatsregierung hat die Zeitschriften beschlagnahmen lassen. Gegen den Herausgeber wurde von der Staatsanwaltschaft München I ein Ermittlungsverfahren wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz eingeleitet.
Der Freistaat Bayern reklamiert das Urheberrecht für verschiedenste NS-Veröffentlichungen, darunter auch „Mein Kampf“, für sich und verhindert so Neuauflagen.
Insoweitmuss man in der Tat die Frage stellen, ob der Missbrauch des Urheberrechts durch eine Landesregierung notwendig ist, um die Bürger weiterhin von der Lektüre von NS-Propaganda abzuhalten. Damit wird vor allem den historisch interessierten Menschen, die sich mit der NS-Ideologie auseinandersetzen wollen, der Zugang zu Detailinformationen verwehrt.
Der Autor Marc Felix Serrao legt in seinem Beitrag in sehr überzeugender Weise dar, warum diese massive Einschränkung der Presse- und Informationsfreiheit mehr als 60 Jahre nach dem Ende des 3. Reichs keine Rechtfertigung mehr besitzt.