Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

1.12.11

Zugangserschwerungsgesetz aufgehoben

Was die Bundesregierung bereits vor einiger Zeit beschlossen hatte, wurde heute Abend vom Bundestag endlich umgesetzt. Das unsägliche Zugangserschwerungsgesetz ist aufgehoben worden. Das löst bei mir Zufriedenheit aus, denn zu diesem Thema hatte ich mir fast die Finger wund gebloggt.

Dieses Ergebnis ist zunächst ein beispielloser Erfolg der digitalen Bürgerrechtsbewegung, insbesondere des AK Zensur. Es ist jetzt aber auch der richtige Zeitpunkt, um die FDP-Fraktion einmal zu loben. Oder wie Daniel Schultz es sehr treffend auf Twitter formuliert hat:

Es gibt viel an der FDP zu kritisieren, ihr entschossener Kampf gegen Zensursula gehört nicht dazu!

posted by Stadler at 21:11  

24.11.11

Allgemeine gerichtliche Sperrungs- und Filteranordnungen gegenüber Zugangsprovidern sind unzulässig

Der Europäische Gerichtshof hat heute entschieden (Az.: C-70/10), dass eine richterliche Anordnung an einen Anbieter von Internetzugangsdiensten zur Einrichtung eines Systems der Filterung der von ihm durchgeleiteten elektronischen Kommunikationen, das unterschiedslos auf alle seine Kunden anwendbar ist, gegen Unionsrecht verstößt.

Eine belgische Verwertungsgesellschaft, die die Rechte an Werken der Musik wahrnimmt, hatte gegen einen Internetzugangsanbieter eine richterliche Anordnung erwirkt, die den Provider verpflichtete, es seinen Kunden unmöglich zu machen, Dateien, die ein Werk der Musik aus dem Repertoire der Verwertungsgesellschaft enthalten, in irgendeiner Form mit Hilfe eines „Peer-to-Peer“-Programms zu senden oder zu empfangen.

Diese richterliche Anordnung verstößt nach Ansicht des EuGH gegen das Gemeinschaftsrecht.

Hierzu stellt der Gerichtshof fest, dass die fragliche Anordnung den Provider dazu verpflichten würde, eine aktive Überwachung sämtlicher Daten seiner Kunden vorzunehmen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen. Diese allgemeine Überwachungspflicht verstößt nach dem Urteil des EuGH sowohl gegen die E-Commerce-Richtlinie als auch gegen die anwendbaren (europäischen) Grundrechte.

Neben der unternehmerischen Freiheit des Internet-Service-Providers sieht der EuGH vor allen Dingen auch die Grundrechte der Internetnutzer auf Informationsfreiheit und Schutz ihrer personenbezogenen Daten als verletzt an.

Im Urteil des Gerichtshofs heißt es hierzu wörtlich:

Darüber hinaus würden sich die Wirkungen dieser Anordnung nicht auf den betroffenen Provider beschränken, weil das Filtersystem auch Grundrechte der Kunden dieses Providers beeinträchtigen kann, nämlich ihre durch die Art. 8 und 11 der Charta geschützten Rechte auf den Schutz personenbezogener Daten und auf freien Empfang oder freie Sendung von Informationen.Zum einen steht nämlich fest, dass die Anordnung, das streitige Filtersystem einzurichten, eine systematische Prüfung aller Inhalte sowie die Sammlung und Identifizierung der IP-Adressen der Nutzer bedeuten würde, die die Sendung unzulässiger Inhalte in diesem Netz veranlasst haben, wobei es sich bei diesen Adressen um personenbezogene Daten handelt, da sie die genaue Identifizierung der Nutzer ermöglichen.

Zum anderen könnte diese Anordnung die Informationsfreiheit beeinträchtigen, weil dieses System möglicherweise nicht hinreichend zwischen einem unzulässigen Inhalt und einem zulässigen Inhalt unterscheiden kann, so dass sein Einsatz zur Sperrung von Kommunikationen mit zulässigem Inhalt führen könnte. Denn es ist unbestritten, dass die Antwort auf die Frage der Zulässigkeit einer Übertragung auch von der Anwendung gesetzlicher Ausnahmen vom Urheberrecht abhängt, die von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat variieren. Ferner können bestimmte Werke in bestimmten Mitgliedstaaten gemeinfrei sein oder von den fraglichen Urhebern kostenlos ins Internet eingestellt worden sein.

Somit ist festzustellen, dass das fragliche nationale Gericht, erließe es die Anordnung, mit der der Provider zur Einrichtung des streitigen Filtersystems verpflichtet würde, nicht das Erfordernis beachten würde, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen einerseits dem Recht am geistigen Eigentum und andererseits der unternehmerischen Freiheit, dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf freien Empfang oder freie Sendung der Informationen zu gewährleisten.

Die Entscheidung ist übrigens auch für Datenschutzrechtler interessant, weil der EuGH en passant feststellt, dass IP-Adressen personenbezogene Daten sind.

Update:
Dass die Entscheidung des EuGH ein Grundsatzurteil gegen Internetsperren sei, wie z.B. der Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht schreibt, halte ich für eine etwas voreilige Schlussfolgerung. Der EuGH hat nur über die Vorlagefrage entschieden, ob ein Gericht auf Grundlage allgemeiner Unterlassungsansprüche eine generelle Sperrungs- bzw. Filteranordnung gegen Zugangsprovider aussprechen darf. Wie eine gesetzliche Regelung in einem Mitgliedsstaat – z.B. das deutsche Zugangserschwerungsgesetz –  zu beurteilen wäre, ist damit nicht gesagt.

Die Argumentation des EuGH, insbesondere der Verweis auf verschiedene Grundrechtsverletzungen, deutet allerdings darauf hin, dass auch ein entsprechendes Gesetz problematisch wäre, wobei es sicherlich Rechtsgüter gibt, denen man eine höhere Wertigkeit beimessen muss als dem Urheberrecht oder den gewerblichen Schutzrechten. Netzsperren zur Unterbindung von Urheberrechtsverletzungen werden allerdings nach dieser Entscheidung des Gerichtshofs nur noch schwer zu begründen sein.

Die Argumentation des EuGH – insbesondere auch was die Informationsfreiheit und die Gefahr der Beeinträchtigung anderer legaler Angebote angeht – entspricht insoweit auch dem, was hierzulande gegen das Zugangserschwerungsgesetz vorgebracht wurde.

posted by Stadler at 13:49  

5.9.11

LG Köln: Internetzugangsanbieter muss nicht sperren

Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 31.08.2011 (Az.: 28 O 362/10) entschieden, dass ein Access-Provider nicht als Störer haftet und die Klage von führenden Tonträgerherstellern abgewiesen. Die Kläger waren der Ansicht, der Provider müsse dafür sorgen, dass seine Kunden keinen Zugang zu  bestimmten“Filesharing-Diensten“ erhalten, was im Ergebnis auf DNS- oder IP-Sperren hinausgelaufen wäre.

Eine solche Sperrverpflichtung hat das LG Köln abgelehnt. Die Errichtung von Filter- und Sperrmaßnahmen durch den Internetzugangsanbieter ist nach Meinung des LG Köln ohne gesetzliche Grundlage mit dem Fernmeldegeheimnis unvereinbar.

Aufgrund der Vielzahl von Rechtsverletzungen im Internet hätte die Etablierung einer entsprechenden Vorsorgepflicht nach Auffassung des LG Köln außerdem zur Folge, dass der Provider eine Vielzahl von technischen Sicherheitsvorkehrungen in Form von Datenfiltern einrichten müsste, die wiederum immer neuen Gegebenheiten und neuen Verletzungsformen angepasst werden müssten, was einem Access-Provider nicht zumutbar sei.

Das Gericht betont schließlich noch, dass die geforderten Sperren auch kein taugliches Mittel zur  Unterbindung weiterer Rechtsverletzungen darstellen. Die mangelnde Tauglichkeit des Mittels wird nach Ansicht des Landgerichts im konkreten Fall auch daran deutlich, dass die Klägerinnen den Klageantrag mehrfach ändern und auf immer neue URL erweitern mussten.

Wie der Fall zeigt, scheut die Musikindustrie auch nicht davor zurück, abwegige Rechtsansichten vor Gericht zu bringen, was hier allerdings noch nicht einmal beim Landgericht Köln zum Erfolg geführt hat.

posted by Stadler at 15:51  

1.8.11

Urheberrechtliche Netzsperren?

Simon Möller geht bei Telemedicus der Frage nach, ob Netzsperren auch bei Verstößen gegen das Urheberrecht in Betracht kommen und ob nicht sogar bereits bestehende EU-Richtlinien derartige Netzsperren verlangen.

Möller bezieht sich hier insbesondere auf Art. 8 Abs. 3 der InfoSoc-Richtlinie und Art. 11 Satz 3 der Enforcement-Richtlinie.

Danach haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber gerichtliche Anordnungen gegen solche Vermittler beantragen können, deren Dienste von Dritten zur Verletzung des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden.

Ob das Access-Provider oder (nur) Host-Provider betrifft, ist unklar. In Erwägungsgrund 59 der InfoSoc-Richtlinie heißt es wenig erhellend:

Insbesondere in der digitalen Technik können die Dienste von Vermittlern immer stärker von Dritten für Rechtsverstöße genutzt werden. Oftmals sind diese Vermittler selbst am besten in der Lage, diesen Verstößen ein Ende zu setzen. Daher sollten die Rechtsinhaber – unbeschadet anderer zur Verfügung stehender Sanktionen und Rechtsbehelfe – die Möglichkeit haben, eine gerichtliche Anordnung gegen einen Vermittler zu beantragen, der die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk oder einen anderen Schutzgegenstand in einem Netz überträgt. Diese Möglichkeit sollte auch dann bestehen, wenn die Handlungen des Vermittlers nach Artikel 5 freigestellt sind. Die Bedingungen und Modalitäten für eine derartige gerichtliche Anordnung sollten im nationalen Recht der Mitgliedstaaten geregelt werden.

Möller erörtert dann noch die Frage, ob diese Regelungen der InfoSoc-Richtlinie und der Enforcement-Richtlinie mit der europäischen Grundrechtscharta und der Menschenrechtskonvention vereinbar sind und verweist hierbei auf ein beim EuGH anhängiges Verfahren (C-70/10), in dem der Generalanwalt in seinem Schlussantrag bereits die Ansicht geäußert hat, dass die Anordnung eines Filter- und Sperrsystems grundsätzlich die europäischen Grundrechte verletzt.

Das Thema Netzsperren wird uns wohl noch eine ganze Weile beschäftigen.

posted by Stadler at 16:28  

24.6.11

EU normiert keine Pflicht zur (Wieder-)Einführung von Netzsperren

Art. 21 des Entwurfs einer Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie, sieht entgegen bisheriger Entwürfe nunmehr offenbar keine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten mehr vor, Access-Sperren, die in Deutschland durch Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes gerade wieder beseitigt wurden, einzuführen. Das berichten netzpolitik.org und EDRi.

Wie der Brüssel-Insider Ralf Bendrath – der selbst an diesem Ergebnis nicht ganz unbeteiligt sein dürfte – für netzpolitik.org schreibt, hat Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sehr aktiv und erfolgreich in diese Richtung verhandeln lassen.

Zu wenig beachtet wird bei solchen Erfolgen auch, dass sich die Organisation European Digital Rights (EDRi) mit Joe McNamee in Brüssel sehr engagiert und wirkungsvoll für unsere Bürgerrechte einsetzt und dort auch als offizieller Interessenvertreter akkreditiert ist. Weil die Öffentlichkeitsarbeit von EDRi nicht so spektakulär ist, wie die anderer Gruppen, wird das aber hierzulande wenig wahrgenommen. An dieser Stelle ist auch die passende Gelegenheit auf das EDRi-gram, den zweiwöchentlichen Newsletter über Bürgerrechte in Europa, den es auch in einer deutscher Fassung gibt, hinzuweisen.

Und im konkreten Fall darf man auch Christian Bahls (MOGIS), einen der engagiertesten deutschen Netzsperren-Gegner nicht unerwähnt lassen. Bahls hat sich auf eigene Kosten in Brüssel dafür eingesetzt, dass die verbindliche Sperrverpflichtung nicht über den Umweg der EU nach Deutschland zurückkehrt.

posted by Stadler at 11:18  

6.6.11

Netzsperren und Nebelkerzen

Heise hat vor einigen Tagen über Details zu den Sperrungsanordnungen in NRW auf Basis des Glückspielstaatsvertrags berichtet. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat dort Verwaltungsakte gegenüber der Telekom und Vodafone erlassen, mit denen diesen Providern aufgegeben wird, den Zugang zu zwei Glücksspielwebsites über die Einrichtung einer sog. DNS-Sperrung zu erschweren. Diese Sperrungsanordnungen werden derzeit von den Verwaltungsgerichten überprüft und vorerst nicht vollzogen.

Der Bericht von Heise schließt mit der Einschätzung, dass der Streit wegen des kommenden neuen Glücksspielstaastvertrags wahrscheinlich ergebnislos enden wird. Dies würde allerdings voraussetzen, dass der neue Staatsvertrag keine Netzsperren mehr vorsieht. Der bislang vorliegende Entwurf normiert aber ganz im Gegenteil eine sogar noch eindeutigere rechtliche Grundlage für Sperrverfügungen als die geltende Fassung.

Die rot-rote Landesregierung in Brandenburg verteidigt diesen Entwurf der Neufassung – obwohl sich SPD und Linke sonst gerne als Gegner von Netzsperren gerieren – als rechtsstaatlich geordnetes Verwaltungsverfahren.

In einem Schreiben der Staatskanzlei des Landes Brandeburg heißt es hierzu, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei und, dass für den Internetunternehmer, der seine Produkte unerlaubt aus dem Ausland vor Ort anbietet, dasselbe gelten müsse, wie für den Zeitungskiosk an der Ecke. Aha. Wenn der Internetzugangsanbieter Produkte (Zeitungen) verkaufen würde, wäre das ja halbwegs nachvollziehbar. Tut er aber nicht. Wenn man bei der Analogie zur Offline-Welt bleiben will, dann ist der Zugangsprovider vielmehr nur ein Postbote.

Die Staatskanzlei Brandenburg vergleicht aber in ihrem Schreiben nicht nur Äpfel mit Birnen, sondern zündet noch weitere Nebelkerzen. So wird ausgeführt, dass die Untersagung des Zugangs keine Sanktion sei. Das hat aber ohnehin niemand ernsthaft behauptet. Netzsperren waren sowohl nach dem Konzept des Zugangserschwerungsgesetzes als auch nach dem RStV und dem GlüStV schon immer Maßnahmen der Gefahrenabwehr ohne Sanktionscharakter.

Die rot-rote Landesregierung in Brandenburg macht wieder einmal das, was die Politik so gerne macht. Sie versucht, die Menschen für dumm zu verkaufen.

posted by Stadler at 14:52  

18.5.11

In Österreich werden Netzsperren von Gerichten angeordnet

Nach einer Pressemitteilung des Vereins Anti Piraterie (VAP) und einem Bericht des Standard wurde der österreichische Provider UPC vom Handelsgericht Wien per einstweiliger Verfügung verpflichtet, das Streaming-Portal „kino.to“ zu sperren bzw. seinen Kunden nicht mehr zugänglich zu machen.

In der Pressemitteilung des VAP vom 17.05.2011 heißt es hierzu wörtlich:

„Der VAP stützte sich auf die im Urheberrechtsgesetz und im EU-Recht ausdrücklich genannte Unterlassungspflicht von Internet Providern (Vermittlern), die eintritt, sobald der Provider von einer konkreten Rechtsverletzung Kenntnis erlangt.“

Diese Aussage ist rechtlich, zumindest soweit sie sich auf das Gemeinschaftsrecht bezieht, schwer nachvollziehbar. Die E-Commerce-Richtlinie regelt in ihrem Art. 12, dass derjenige, der lediglich den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt, grundsätzlich nicht für die übermittelten Informationen verantwortlich ist. Eine Regelung wie bei den Host-Providern in Art. 14 ECRL, wonach eine Obliegenheit besteht, im Falle der Kenntnis von einem rechtswidrigen Angebot, tätig zu werden, sieht die Richtlinie für Access-Provider gerade nicht vor.

Worauf die Formulierung in der Pressemitteilung vermutlich abzielt, ist die Regelung in Art. 12 Abs. 3 ECRL, die lautet:

Dieser Artikel läßt die Möglichkeit unberührt, daß ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern.

Das bedeutet also zunächst, dass das EU-Recht keinerlei Unterlassungs- oder Beseitigungspflichten normiert, es den Mitgliedsstaaten aber freistellt, entsprechende Regelungen zu treffen. Insoweit stellt sich allerdings die Frage der Reichweite dieser Norm. Die Richtlinie spricht ausdrücklich davon, dass von einem Diensteanbieter nach nationalem Recht verlangen werden kann, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern. Ein Hoster, der zumindest Zugriff auf die bei ihm gehosteten Inhalte nehmen kann, ist tatsächlich in der Lage, eine Rechtsverletzung abzustellen. Anders muss man dies allerdings bei einem Access-Provider betrachten. Er kann im eigentlichen Sinne nicht sperren, sondern nur den Versuch unternehmen, bestimmte Inhalte vor seinen eigenen Kunden zu verbergen. Diese Inhalte bleiben allerdings unverändert online und sind deshalb auch für jeden Internetnutzer weiterhin erreichbar. Dem Access-Provider fehlt es folglich an einer physisch-realen Möglichkeit, die Rechtsverletzung tatsächlich abzustellen oder zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund kann ein Access-Provider auch nach den Grundsätzen der Haftung eines mittelbaren Störers nicht in Anspruch genommen werden. Er wirkt bereits nicht in adäquat-kausaler Art und Weise an der Rechtsverletzung mit. Wollte man dies anders sehen, ließe sich allerdings nicht mehr erklären, warum nicht auch der Träger der Straßenbaulast einen ursächlichen Beitrag für Unfälle liefert, die sich später auf der von ihm errichteten Straße ereignen.

Man darf also gespannt sein, ob die Verfügung in der nächsten Instanz wieder aufgehoben wird.

Update vom 19.05.2011
Die Betreiber des Portals kino.to nennen auf ihrer Startseite mittlerweile eine alternative Domain, mit der österreichische Nutzer das Angebot erreichen können und kündigen gleichzeitig an, dass man über das Forum immer wieder neue, aktuelle Domains bekanntgeben wird, über die die Plattform erreichbar bleibt.

Der Fall veranschaulicht damit sehr gut, warum Domain- bzw. Netzblockaden nicht funktionieren.

posted by Stadler at 15:20  

4.5.11

Neue Sperrungsanordnungen in NRW

In Nordrhein-Westfalen werden aktuell wieder Sperrungsverfügungen gegen Access-Provider erlassen, wie Heise berichtet. Grundlage ist diesmal der Glücksspielstaatsvertrag. Das Ziel ist die Blockade ausländischer Glücksspielwebsites.

Derzeit ist hierzu beim Verwaltungsgericht Köln ein Hauptsacheverfahren (Az.: 6 K 5404/10) und ein Eilverfahren (Az.: 6 L 1230/10) gegen eine Sperrungsverfügung der Bezirksregierung Düsseldorf vom 12.08.2010 anhängig. Klägerin des Verfahrens ist die Telekom, die von der Bezirksregierung verpflichtet wurde, den Zugang zu den Websites „www.bwin.com“ und „www.tipp24.com“ durch Einrichtung einer DNS-Sperrung zu erschweren.

Beim Verwaltungsgericht Düsseldorf ist ebenfalls ein Hauptsacheverfahren und ein Eilverfahren (Az.: 27 K 5887/10 und 27 L 1548/10) anhängig, das von Vodafone angestrengt wurde.

Für Sperrungsanordnungen gegen Zugangsprovider bietet schon der geltende Glücksspielstaatsvertrag keine ausreichende Rechtsgrundlage. Nach der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 5 GlüStV kann Diensteanbietern im Sinne von § 3 Teledienstegesetz, soweit sie nach diesem Gesetz verantwortlich sind, die Mitwirkung am Zugang zu unerlaubten Glücksspielangeboten untersagt werden. Access-Provider werden allerdings nach § 8 TMG (dem Nachfolgegesetz des TDG) ausdrücklich als nicht verantwortlich qualifiziert.  Sie erfüllen damit also nicht die Voraussetzung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 GlüStV und sind deshalb keine geeigneten Adressaten behördlicher Sperrverfügungen.

Warum Sperrungsanordnungen ganz allgemein als rechtlich fragwürdig zu betrachten sind, habe ich in einem älteren Beitrag für die Zeitschrift MMR am Beispiel der Düsseldorfer Sperrungsverfügungen erläutert.

Hinzu kommt, dass zumindest der geltende Glücksspielstaatsvertrag auch europarechtlich auf wackeligen Beinen steht. Letztlich verdient der Staat mit seinem Glücksspielmonopol prächtig und diese Einnahmen sind in den Landeshaushalten fest eingeplant. Die offizielle Absicht der Bekämpfung der Spielsucht, darf man deshalb getrost als vorgeschoben betrachten.

posted by Stadler at 17:24  

3.5.11

Studie zu Kinderpornografie im Internet

Eine neue Studie des Kriminalwissenschaftlichen Instituts der Uni Hannover zur Verbreitung von Kinderpornografie im Internet belegt, dass das WWW nicht den Hauptverbreitungsweg für kinderporngrafische Inhalte darstellt, sondern vielmehr Tauschbörsen und geschlossene Benutzergruppen die wesentlichen Kanäle bilden. Die Studie liefert zudem keinen Beleg für die von der Politik immer wieder aufgestellte Behauptung eines kommerziellen Massenmarktes.

Dies entspricht dem, was ich in meiner schriftlichen Stellungnahme zum Sachverständigengespräch im Unterausschuss Neue Medien des Deutschen Bundestages vom 25.10.2010 bereits dargestellt hatte. Die jetzige Studie belegt im Nachhinein, dass der Gesetzgeber bei Erlass des Zugangserschwerungsgesetzes von falschen Annahmen ausgegangen ist und, dass Netzsperren in diesem Bereich bereits deshalb kein probates Mittel darstellen, weil sie nicht bei den Hauptverbreitungswegen ansetzen.

posted by Stadler at 12:27  

28.4.11

Eckpunktepapier zur Umsetzung des Grundsatzes „Löschen statt Sperren“

Das Eckpunktepapier der Bundesregierung vom 11.04.2011 für ein Gesetz zur Umsetzung des Grundsatzes „Löschen statt Sperren“ sieht vor, das Zugangserschwerungsgesetz (Artikel 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen) vollständig aufzuheben.

Wörtlich heißt es in dem mir vorliegenden Eckpunktepapier:

In das Gesetz werden ausschließlich folgende Regelungen aufgenommen:

1. Aufhebung des Artikel 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen. Stattdessen werden kinderpornographische Inhalte auf der Grundlage des geltenden Rechts gelöscht.

2. Artikel 2 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen regelt eine Erhebungsbefugnis von Daten zugunsten des Telekommunikationsanbieters nach § 96 TKG, soweit dies für die in § 2 oder § 4 ZugErschwG genannten Zwecke erforderlich ist. Diese auf das Sperren nach dem ZugErschwG bezogene Erhebungsbefugnis ist als Folgeänderung aus dem TKG zu streichen.

3. Artikel 3 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen regelt eine Evaluierungspflicht der Bundesregierung und die Pflicht, über die Ergebnisse der Evaluierung gegenüber dem Bundestag Bericht zu erstatten. Mit dem Verzicht auf das Sperren entfällt auch der Evaluierungsgegenstand. Die Evaluierungs- und Berichterstattungspflicht wird deshalb ebenfalls aufgehoben.

posted by Stadler at 16:09  
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