Bis zum jüngsten Gericht
Das Satiremagazin Titanic wurde bekanntlich vom Papst vor dem Landgericht Hamburg wegen eines Coverbildes mit der Überschrift „Die undichte Stelle ist gefunden!“ auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die Pressekammer des Landgerichts Hamburg ist ihrem Ruf dann auch gerecht geworden und hat dem Magazin auf Antrag des Papstes verboten, die Darstellung auf Vorder- und Rückseite weiterhin zu verbreiten.
Die Titanic hat mittlerweile angekündigt, gegen die Beschlussverfügung vorzugehen, notfalls bis zum Jüngsten Gericht. Der von dem Magazin gewählte Weg des Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung führt die Zeitschrift zunächst allerdings nur bis zum OLG Hamburg. Der Gang zum BGH ist in einem Verfügungsverfahren nicht möglich, hierzu müsste ein Hauptsacheverfahren durchgeführt werden. Ob das Oberlandesgericht, das bislang ebenfalls häufig meinungsfeindlich entschieden hat, die Verfügung aufheben wird, darf bezweifelt werden.
Gleichwohl bin ich der Ansicht, dass der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hamburg, wie so häufig, eine fehlerhafte Abwägung von Persönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit zugrunde liegt. Der Papst ist eine Person des öffentlichen Lebens und zwar eine, die aufgrund ihrer Stellung und ihrer Haltung zu verschiedensten weltanschaulichen Fragen, durchaus kontrovers gesehen wird. Insoweit unerscheidet er sich, was den Persönlichkeitssschutz angeht, sicherlich nicht von einem Spitzenpolitiker, er ist vielleicht in gewisser Weise sogar einer.
Die rechtliche Beurteilung von Satire erfordert nach der Rechtsprechung des BVerfG „die Entkleidung des in Wort und Bild gewählten satirischen Gewandes“, um ihren eigentlichen Inhalt zu ermitteln. Dieser Aussagekern und seine Einkleidung sind sodann gesondert daraufhin zu überprüfen, ob sie eine Kundgabe der Mißachtung gegenüber der betroffenen Person enthalten. Dabei muß beachtet werden, dass die Maßstäbe im Hinblick auf das Wesensmerkmal der Verfremdung für die Beurteilung der Einkleidung anders und im Regelfall weniger streng sind, als die für die Bewertung des Aussagekerns.
Das Cover der Titanic setzt sich inhaltlich mit der als Vatileaks bekannten Affäre auseinander und vermittelt durch die Darstellung den sehr unmittelbaren Eindruck, dass der Papst insoweit verschiedenste Dinge nicht im Griff habe. Das ist im Kern eine Sachkritik. Das äußere Gewand dieser Aussage ist natürlich spöttisch, was allerdings dem Wesen der Satire entspricht.
Vor diesem Hintergrund halte ich das Coverbild der Titanic als von der Meinungsfreiheit gedeckt. Man sollte sich übrigens davor hüten, den Papst anders zu behandeln als andere Personen des öffentlichen Lebens. Es wäre juristisch falsch, dem Papst deshalb einen Sonderstatus einzuräumen, weil er ein Kirchenoberhaupt ist. Auch die Frage des Geschmacks ist für die rechtliche Bewertung gänzlich unerheblich. Wer Mohammed-Karikaturen für zulässig hält, sollte außerdem auch mit dieser Darstellung der Titanic keine Probleme haben.