Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

6.1.12

Kein markenrechtlicher Auskunftsanspruch gegen eine Bank

Der markenrechtliche Auskunftsanspruch nach § 19 Abs. 2 MarkenG besteht auch gegenüber Dritten, die eine für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzte Dienstleistung erbracht haben. Mit diesem Ansatz wird beispielsweise im Urheberrecht der parallel ausgestaltete Auskunftsanspruch gegenüber Providern bejaht.

Ein durchaus findiger Kläger ist nun auf die Idee gekommen, mit dieser Argumentation eine Bank auf Auskunft zu verklagen, weil der Rechtsverletzer über die Bank seine rechtsverletzenden Geschäfte abgewickelt hat.

Das OLG Stuttgart hat mit Beschluss vom 23.11.2011 (Az.: 2 W 56/11) entschieden, dass dieser Aukunftsanspruch zwar grundsätzlich auch gegen eine Bank gegeben sein kann, dass von der Auskunft allerdings solche Personen ausgenommen sind, die nach §§ 383 – 385 ZPO im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt wären. Andernfalls würde die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs nämlich zu einer Umgehung der Vorschriften über das Zeugnisverweigerungsrecht führen.

Nachdem nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO auch Bankangestellte als schweigepflichtige Personen gelten, hat das OLG letztendlich einen Auskunftsanspruch gegen die Bank verneint. Das Oberlandesgericht erläutert anschließend noch, dass dieses Ergebnis auch nicht in Widerspruch zur Enforcement-Richtlinie steht.

posted by Stadler at 21:46  

30.11.11

Fernsehkoch will sich Domain „schuhbeck.com“ erstreiten

Der bekannte Koch Alfons Schuhbeck klagt gegen seinen Namensvetter Sebastian Schuhbeck auf Unterlassung der Nutzung der Domain „schuhbeck.com“. Der Gymnasiallehrer Sebastian Schuhbeck aus Traunstein betreibt unter „schuhbeck.com“ eine Website zum Thema Religionsunterricht.

Soweit sich Alfons Schuhbeck auf verschiedene Marken beruft, so wird das bereits deshalb nichts werden, weil der Domaininhaber nicht im geschäftlichen Verkehr handelt und die Domain darüber hinaus auch nicht markenmäßig für Waren- oder Dienstleistungen benutzt wird, die denen ähneln würden, für die Schubecks Marken Schutz genießen.

Namensrechtlich gilt grundsätzlich das Recht der Gleichnamigen, d.h. der Koch genießt keinen Vorrang gegenüber dem gleichnamigen Lehrer. Die einzige Entscheidung in der von diesem Grundsatz abgewichen worden ist, war „shell.de“, in der der BGH in durchaus fragwürdiger Art und Weise – getreut dem orwellschen Motto: Alle sind gleich, aber manche sind gleicher –  dem Shell-Konzern Vorrang vor einem Herrn Shell eingeräumt hatte.

Der BGH hatte damals argumentiert, dass ein Namensträger der eine überragende Bekanntheit genießt und bei dem der Verkehr den Internet-Auftritt unter diesem Namen erwartet, ausnahmsweise einen Unterlassungsanspruch gegen einen anderen Namensträger haben kann, wenn der Domaininhaber kein besonderes Interesse gerade an dieser Internet-Adresse darstellen kann.

Das Landgericht München I wird die Klage des Kochs m.E. abweisen, es sei denn, er entscheidet sich dazu etwas Geld in die Hand zu nehmen.

posted by Stadler at 17:22  

9.11.11

Urheberrecht schlägt Markenrecht

Über einen eher ungewöhnlichen Fall, in dem sich das Urheberrecht gegen das Kennzeichenrecht durchsetzt, hatte der BGH mit Beschluss vom 17.08.2011 (Az.: I ZB 75/10) zu entscheiden.

Der Markeninhaber hatte beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Wort-/Bildmarke „Krystallpalast Varieté“ eintragen lassen, die aus einer grafischen Darstellung und dem Schriftzug besteht. Dagegen hat die Antragstellerin die Löschung der Marke beantragt, weil der Markeninhaber bei der Anmeldung bösgläubig gewesen sei.

Die Antragstellerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin hatten als Betreiber des Krystallpalast Varietés das in Rede stehende Kennzeichen zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke bereits seit Jahren als Unternehmenskennzeichen im Geschäftsverkehr verwendet.

Das DPMA hat die Löschung verfügt. Das Bundespatentgericht hat diese Entscheidung bestätigt, u.a. mit dem Argument, dass die Antragstellerin durch die Benutzung des Unternehmenskennzeichens einen schutzwürdigen Besitzstand an dem Zeichen erlangt habe.

Der Markeninhaber beruft sich demgegenüber darauf, dass er Urheber des Logos ist, aus dem die Marke gebildet wurde. Die Antragstellerin habe keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem als Marke eingetragenen Zeichen von ihm erworben, sondern nur von einer B KG, der er aber keine entsprechenden Rechte eingeräumt hat.

Diesen Einwand hat der BGH für rechtlich erheblich gehalten und das Verfahren wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Sollte die Antragstellerin durch die Nutzung des Logos ein daran bestehendes Urheberrecht des Markeninhabers verletzt haben, könnte sie sich – jedenfalls gegenüber dem Markeninhaber – nicht auf einen schutzwürdigen Besitzstand berufen. In diesem Fall wäre die Markenanmeldung nach Ansicht des BGH nicht als bösgläubig anzusehen.

 

 

 

posted by Stadler at 14:42  

2.11.11

BGH: Rein firmenmäßiger Gebrauch verletzt keine Markenrechte

Ein rein firmenmäßiger Gebrauch eines Kennzeichens stellt keine rechtsverletzende Benutzung im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar und verletzt deshalb die Rechte an einer Marke nicht. Das hat der BGH mit Urteil vom 12.05.2011 (Az.: I ZR 20/10) entschieden.

Das ist im Grundsatz nicht neu, sondern entspricht vielmehr ständiger Rechtsprechung des BGH und des EuGH. Eine Marke wird nicht für Waren oder Dienstleistungen und damit nicht markenmäßig benutzt, wenn das Zeichen ausschließlich als Unternehmensbezeichnung verwendet worden ist.

Die Entscheidung des BGH ist aber auch deshalb von Interesse, weil der BGH ausführt, dass der notwendige richterliche Hinweis auf eine sachdienliche Antragstellung vom Gericht aktenkundig zu machen ist und wenn er erst in der mündlichen Verhandlung erteilt wird, protokolliert werden muss.

Unterlässt das Gericht den nach der Prozesslage gebotenen Hinweis nach § 139 Abs. 1 ZPO und erkennt es aus einem nicht nachgelassenen Schriftsatz der betroffenen Partei, dass diese sich offensichtlich in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend hat erklären können, ist gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

posted by Stadler at 11:24  

6.10.11

Microsoft gewinnt Rechtsstreit über Handel mit Recovery-CDs

Der Weiterverkauf von Windows-Recovery-CDs, bei denen zusätzlich das am PC-Gehäuse angebrachte Echtheitszertifikat abgelöst und der weiterveräußerten CD beigelegt wird, verstößt gegen die Markenrechte von Microsoft.

Das hat der BGH heute entschieden (Urteil vom 6. Oktober 2011 – I ZR 6/10 – Echtheitszertifikat).

Quelle: PM Nr. 157/11 des BGH vom 06.10.2011

posted by Stadler at 17:04  

5.10.11

Markenrechtsverletzung durch Benutzung des VW-Symbols in der Werbung

Grundsätzlich besteht im Reparatur-, Ersatzteil- und Zubehörgeschäft in gewissem Umfang die Notwendigkeit, die Marken des Herstellers zu verwenden.

Dem trägt die Vorschrift des § 23 Nr. 3 MarkenG Rechnung, indem sie gestattet, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt.

Hierzu hat der BGH jetzt entschieden (Urteil vom 14.04.2011, Az.: I ZR 33/10), dass die Verwendung einer bekannten Wort-/Bildmarke eines Automobilherstellers (VW) in der Werbung einer Autoreparaturwerkstatt für Inspektionsarbeiten gegen die guten Sitten  verstößt, wenn die Benutzung der bloßen Wortmarke die schützenswerten Interessen des Markeninhabers weniger beeinträchtigt.

Der BGH ist sogar der Meinung, dass die  Verwendung einer Wortmarke die berechtigten Interessen des Markeninhabers regelmäßig weniger einschneidend berührt als die Benutzung seiner Wort-/Bildmarke oder Bildmarke, weil sich die Wortmarke in erster Linie zur Beschreibung der Bestimmung der Dienstleistungen eignet und zumindest ein bekanntes Wort-/Bildzeichen oft zusätzliche Aufmerksamkeit erzeugt und deshalb eher die Gefahr der Rufausbeutung in sich birgt.

Auf die Benutzung bekannter Bild oder Wort-/Bildmarken im Zubehör- und Ersatzteilgeschäft sollte man deshalb besser verzichten. Das gilt für alle bekannten Marken in gleichem Maße. Wer also Apples angebissenen Apfel im Zubehörgeschäft verwendet, dürfte ebenso die Markenrechte verletzten wie die Autowerkstatt, die das VW-Symbol ohne Gestattung benutzt.

posted by Stadler at 17:31  

23.9.11

Haftet eine Werbeagentur für Markenverletzungen?

Haftet eine Werbeagentur, wenn die von ihr realisierte Werbemaßnahme die Rechte Dritter, zum Beispiel Markenrechte, verletzt? Eine Fragestellung, die ganz allgemein auch für Webdesigner und Medienagenturen von großer Bedeutung ist.

Das Kammergericht geht mit Beschluss vom 04.02.2011 (Az.: 19 U 109/10) zwar grundsätzlich davon aus, dass die Werbeagentur dafür verantwortlich ist, dass die von ihr umgesetzte Maßnahme auch rechtmäßig ist. Diese Pflicht ist nach Ansicht des Gerichts aber durch Zumutbarkeitserwägungen begrenzt ist. Bei einem Auftragsvolumen von EUR 770,- hält das Kammergericht eine umfangreiche Markenrecherche nicht mehr für zumutbar.

Das bedeutet aber andererseits, dass speziell bei größeren Aufträgen von einer Haftung der Agentur auch für Marken- und Urheberrechtsverletzungen auszugehen ist.

Das Kammergericht führt zur Begründung u.a. folgendes aus:

Zwar ist in der Regel bei Fehlen einer gesonderten Parteiabrede davon auszugehen, dass die von einer Werbeagentur vorgeschlagene oder umgesetzte Werbemaßnahme rechtmäßig zu sein hat (BGH, GRUR 1974, 284; OLG Düsseldorf, a.a.O., Rz. Tz. 31; Nennen, GRUR 2005, 214; Möhring/Illert, BB 1974, 65; Wedemeyer, WRP 1979, 619, 620). Diese Verpflichtung gilt aber nicht uneingeschränkt. Die Pflicht einer Werbeagentur, dem Auftraggeber auch ohne vertragliche Abrede eine nicht mit Rechten Dritter kollidierende Werbung zu Verfügung zu stellen, wird durch die Zumutbarkeit der Prüfung im konkreten Einzelfall begrenzt (Nennen, a.a.O., 217). Wesentliche Parameter für die Zumutbarkeit einer – in Falle ihrer Zumutbarkeit von den Parteien im Lichte der §§ 133, 157 BGB in der Regel auch stillschweigend vereinbarten – Prüfung der rechtlichen Unbedenklichkeit der Werbemaßnahme sind der mit der rechtlichen Prüfung verbundene Aufwand einerseits sowie das Verhältnis des Umfangs der avisierten Werbung zur Höhe der geschuldeten Vergütung andererseits (Nennen, a.a.O.).

posted by Stadler at 22:03  

23.9.11

EuGH entscheidet vorerst letztmals zum Keyword-Adertising

Mit der Frage, ob eine fremde Marke im Rahmen von Google AdWords als Keyword benutzt werden darf, hat sich der EuGH in einer Reihe von Entscheidungen beschäftigt.

Das vorerst letzte dieser Urteile vom 22.09.2011 (Az.: C?323/09) das sich mit der Benutzung einer bekannten Marke im Rahmen des Keyword-Adverstising befasst, klopft die bereits skizzierte Linie nochmals fest.

Der EuGH führt u.a. aus:

Falls etwa die Benutzung eines einer bekannten Marke entsprechenden Zeichens als Schlüsselwort zur Anzeige einer Werbung führt, aus der für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer erkennbar ist, dass die angebotenen Waren oder Dienstleistungen nicht von dem Inhaber der bekannten Marke stammen, sondern von einem seiner Mitbewerber, ist anzunehmen, dass die Kennzeichnungskraft dieser Marke durch die betreffende Benutzung nicht verringert wurde, da mit dieser der Internetnutzer lediglich auf das Vorhandensein einer Alternative zu der Ware oder Dienstleistung des Inhabers der genannten Marke aufmerksam gemacht wurde.

Ferner heißt es in der Entscheidung:

Dagegen darf der Inhaber einer bekannten Marke es u. a. nicht verbieten, dass Mitbewerber anhand von dieser Marke entsprechenden Schlüsselwörtern eine Werbung erscheinen lassen, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne im Übrigen die Funktionen der bekannten Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen ihres Inhabers vorgeschlagen wird.

Also  nur dann, wenn die sog. Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt ist oder andere unlautere Umstände (Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen, Verwässerung oder Verunglimpfung) hinzutreten, ist die Benutzung einer fremden Marke als Keyword unzulässig. Nachdem es andererseits nicht ausreichend ist, wenn nur die Werbewirksamkeit einer Marke ausgenutzt wird – denn das ist diesen Fällen immanent – genügt der Umstand der Benutzung als Keyword alleine jedenfalls nicht für die Annahme einer Markenrechtsverletzung.

posted by Stadler at 10:41  

14.9.11

Strafrechtliche Besonderheiten

Bei den wenigen Strafverteidigungen die ich so mache, stelle ich mir häufiger die Frage, ob Staatsanwaltschaften eigentlich tatsächlich überwiegend schlampig arbeiten – was Strafrichter regelmäßig nicht davon abhält, alles zu eröffnen, was ihnen vorgelegt wird – oder ob dies nur eine Besonderheit von für Strafrechtlern exotischen Materien wie solchen des Marken- oder Urheberrechts ist.

Bei meinem heutigen Termin – es ging um eine strafbare Kennzeichenverletzung nach § 143 Abs. 1 MarkenG – bat der Strafrichter zunächst zum Rechtsgespräch und teilte mit, dass es für meine Mandantin nicht gut aussieht und es wohl auf eine Freiheitsstrafe von 6 – 8 Monaten hinauslaufen würde.

Meine Antwort, dass es wohl eher für die Staatsanwaltschaft schlecht aussieht, weil aus dem in der Anklageschrift geschilderten Lebenssachverhalt nach meiner Einschätzung keine Strafbarkeit resultiert, hat ihn und auch den Staatsanwalt sichtlich überrascht. Ich habe dann noch angefügt, dass man sich auch und gerade im Bereich der strafbaren Markenverletzung zunächst über Inhalt und Schutzumfang der vermeintlich verletzten Marke Gedanken machen sollte. Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis einer Marke scheint jedenfalls etwas zu sein, was die Strafjuristen offenbar nur als schmückendes Beiwerk betrachten.

Als der Richter seine Sprache wiedererlangt hattte, wurde das Verfahren ausgesetzt, ein neuer Termin soll im Bürowege ergehen. Da bin ich jetzt mal gespannt.

Wer übrigens glaubt, in einem Strafverfahren würde regelmäßig sorgfältiger geprüft als im Zivilverfahren, der könnte sich irren. Mein Eindruck ist mittlerweile eher ein gegenteiliger.

posted by Stadler at 13:52  

30.8.11

Schönheit von innen

Den Rechtsbegriff der „wettbewerblichen Eigenart“ haben einige vermutlich kürzlich zum ersten Mal im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung zwischen Apple und Samsung um eine Nachahmung des iPad gehört.

Einen anschaulichen Beispielsfall für diese wettbewerbsrechtliche Besonderheit liefert das OLG Frankfurt mit Beschluss vom 03.08.2011 (Az.: 6 W 54/11).

Danach genießt der Werbeslogan „Schönheit von innen“, den ein Unternehmen jahrelang benutzt hat, sog. wettbewerbliche Eigenart, mit der Konsequenz, dass ein Konkurrent diesen Werbespruch auch dann nicht als Produktbezeichnung benutzen darf, wenn keinerlei Markenschutz besteht.

Dieser ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz ist einerseits nachvollziehbar, weil sich der Konkurrent zweifellos gezielt an seinen Mitbewerber angelehnt hat, andererseits aber bedenklich, weil dies faktisch zu einer Ausweitung des Rechtsschutzes führt, der deutlich über den Sonderrechtsschutz, hier des Markenrechts, hinausreicht.


posted by Stadler at 09:28  
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