Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

24.6.11

CSU ohne Argumente pro Vorratsdatenspeicherung

Es ist schon beeindruckend, vielleicht sogar beängstigend, wie die Union mit den immergleichen Aussagen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung fordert. Geboten wird hierbei der ewiggleiche Mix aus unrichtigen Tatsachenbehauptungen, Phrasen und Panikmache. An sachlichen Argumenten mangelt es zumeist.

Keine Ausnahme macht hier auch der Freisinger Anwaltskollege und CSU-Politiker Florian Herrmann der ins das bekannte Horn bläst. Behauptet wird wie üblich, das Ende der Vorratsdatenspeicherung hätte in Deutschland zu einer gefährlichen Sicherheitslücke geführt. Diese Aussage ist schon deshalb unsinnig, weil es die uneingeschränkte Vorratsdatenspeicherung keine drei Monate lang gegeben hat, bis das BVerfG die Begfugnisse durch eine erste Eilentscheidungen bereits deutlich eingeschränkt hat.

Dass die Vorratsdatenspeicherung zur Bekämpfung schwerster Kriminalität notwendig sei, ist auch ein der üblichen Behauptungen, die bislang allerdings noch niemand erhärten konnte. Fakt ist eher, dass die Polizeibeamten mit denen man spricht, der Meinung sind, dass mehr Fälle von Massenkriminalität, insbesondere Betrugsdelikte mit Internetbezug, mithilfe einer Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt werden könnten. Den Bürgern erzählt man stattdessen gerne die Mär von der Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität.

Die Politik, die eine Vorratsdatenspeicherung fordert und damit unsere Grundrechte massiv einschränken möchte, schuldet eine stichhaltige und auf belastbare Zahlen gestützte Begründung, warum die Vorratsdatenspeicherung tatsächlich notwendig sein soll. Auf diese Begründung warte nicht nur ich bislang vergeblich. Die Diskussionsführung, gerade der Union, ist leider nicht von nachvollziehbaren Sachargumenten geprägt. Wer ständig behauptet, dass seit dem Wegfall der Vorratsdatenspeicherung viele Straftaten nicht mehr verfolgt werden könnten, die vorher aufgeklärt worden sind, muss dies belegen können.

Warum die Vorratsdatenspeicherung für den einzelnen Bürger so bedenklich ist, kann man an dem Beispiel von Malte Spitz sehr anschaulich nachvollziehen. Weshalb die Vorratsdatenspeicherung aus Sicht der Bürgerrechte ganz generell abzulehnen ist, habe ich bereits mehrfach dargelegt.

posted by Stadler at 17:47  

23.11.10

Vorratsdatenspeicherung und Desinformation

Volker Kauder (CDU) hat gestern in den Tagesthemen wörtlich gesagt:

“ Wir müssen bei der Bekämpfung von Terrorismus auch auf Telefongespräche die etwas länger zurückliegen zurückgreifen können“

Nun ist man eigentlich geneigt zu glauben, dass mittlerweile jedes Kind wissen muss, dass bei der Vorratsdatenspeicherung nur Verbindungsdaten aber nicht Kommunikationsinhalte gespeichert werden. Für die Erfassung des Inhalts von Telefongesprächen, E-Mails oder Telefaxen ist eine TK-Überwachung erforderlich. Herr Kauder scheint dies nicht zu wissen oder er betreibt ganz gezielte Desinformation.

Auch dann, wenn man die Speicherung auf Vorrat wieder einführen würde, könnte man nachträglich nur feststellen, wer mit wem zu einem bestimmten Zeitpunkt telefoniert hat oder an wen eine E-Mail verschickt worden ist. Mehr nicht. Der Inhalt des Geprächs oder der Mail ist nachträglich nicht mehr feststellbar.

Nachdem bereits die Erfolge der Telefonüberwachung, bei der oft über Monate hinweg hunderte von Gesprächen aufgezeichnet werden, allgemein als eher bescheiden bewertet werden – obwohl fast nirgendwo so eifrig abgehört wird wie in Deutschland – kann ein vernünftig denkender Mensch nicht erwarten, aus der Vorratsdatenspeicherung Erkenntnisse gewinnen zu können, die für die Terrorbekämpfung von Nutzen sind. Aber die Vernunft gilt nicht viel in den Tagen der Hysterie. Und die Hauptpanikmacher stammen wieder einmal aus den Reihen der Union.

posted by Stadler at 08:43  

3.9.10

Online-Durchsuchung in Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz will eine präventive Onlinedurchsuchung (und weitere Maßnahmen der TK-Überwachung) von Computern einführen. Der aktuelle Gesetzesentwurf vom 18.08.2010 sschafft hierfür mit § 31 c des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes die Rechtsgrundlage für die sog. Datenerhebung durch den Einsatz technischer Mittel in informationstechnischen Systemen. Die Vorschrift des § 31c Abs. 1 lautet:

Die Polizei kann ohne Wissen des Betroffenen mit technischen Mitteln in vom Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingreifen und aus ihnen Daten erheben zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt, über
1.  die nach den §§ 4 und 5 Verantwortlichen und unter den Voraussetzungen des § 7 über die dort genannten Personen oder
2.  Personen, bei denen bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie für die nach den §§ 4 und 5 Verantwortlichen bestimmte oder von ihnen herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben.

Die Maßnahme ist nur zulässig, soweit die Aufgabenerfüllung nach Satz 1 auf andere Weise nicht möglich erscheint oder wesentlich erschwert wäre und die Voraussetzungen des § 39 a Abs. 3 vorliegen. Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

Die Vorschrift versucht die Einschränkungen, die das Bundesverfassungsgericht speziell für Online-Durchsuchungen gemacht hat, umzusetzen. Insbesondere ist eine eigene Vorschrift geschaffen worden (§ 39a), die sicherstellen soll, dass wie vom BVerfG gefordert, der Schutz des Kernbereichs privater Lebensführung gewährleistet bleibt. Auch eine richterliche Anordnung durch das Oberverwaltungsgericht ist erforderlich.

Auch wenn man bei derartigen Regelungen immer ein mulmiges Gefühl hat, ist dieses Gesetz zumindest mit deutlichen Hürden versehen, die es ausschließen dürften, dass die Online-Durchsuchung zu einem gängigen Instrument der Ermittlung wird.

posted by Stadler at 18:27  

28.7.10

E-Brief: Die Post antwortet Richard Gutjahr

BR-Moderator und Blogger Richard Gutjahr hat in seinem Blog letzte Woche einen kritischen Beitrag zum neuen „E-Postbrief“ der Post AG gemacht und dabei auch die Post selbst um eine Stellungnahme gebeten. Und wer schon immer wissen wollte, warum es eigentlich Schneckenpost heißt, dem liefert der gelbe Riese jetzt die Antwort. Denn nach nur 11 Tagen hat die Post geantwortet. Warum sie für diese floskelhafte und in Teilen auch unzutreffende Antwort derart lange gebraucht hat, versteht wohl nur, wer den Betrieb eines Großkonzerns von innen kennt. Und nein liebe Post, euer E-Brief unterliegt nicht dem Briefgeheimnis des Art. 10 GG, sondern (nur) dem Fernmeldegeheimnis.

posted by Stadler at 08:18  

23.7.10

Der E-Brief der Post

Für das Blog des Journalisten und BR-Moderators Richard Gutjahr haben Udo Vetter und ich einige Fragen zu dem neuen E-Brief der Post beantwortet. Bevor man sich für den Dienst registriert, sollte man in jedem Fall die Vor- und Nachteile abwägen und Richards Blogbeitrag lesen.

posted by Stadler at 13:53  

9.6.10

Filesharing: Richterliche Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG überflüssig?

Der BGH hat in seinem Urteil zur Haftung des Betreibers eines privaten W-LAN-Routers beiläufig die Ansicht vertreten, dass IP-Adressen Bestandsdaten und keine Verkehrsdaten sein sollen. Abgesehen davon, dass diese Ansicht mit Blick auf das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 GG höchst problematisch ist, würde dies dazu führen, dass die Rechteinhaber zur Geltendmachung ihres Auskunftsanspruchs nach § 101 Abs. 2 UrhG nicht mehr auf gerichtliche Hilfe nach § 101 Abs. 9 UrhG angewiesen wären. Hierauf weist ein Artikel von gulli hin. Die Vorschrift, die eigentlich nur zu diesem Zweck geschaffen worden ist, wäre damit letztlich überflüssig. Denn eine richterliche Anordnung ist nach § 101 Abs. 9 UrhG nur dann erforderlich, wenn die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten erteilt werden kann.Auskunft über Bestandsdaten könnte man demgegenüber direkt beim Provider verlangen.

Das Bundesverfassungsgericht geht in der Hauptsacheentscheidung und der Eilentscheidung zur Vorratsdatenspeicherung allerdings davon aus, dass IP-Adressen dem Grundrecht von Art. 10 GG unterliegen, weil die Ermittlung des Anschlussinhabers zu einem bestimmten Telekommunikationsvorgang nur unter Verwendung von Verkehrsdaten möglich ist. Das BVerfG nimmt insoweit auch auf § 96 TKG Bezug. Der BGH hat sich in seiner Entscheidung offenbar gar nicht erst die Mühe gemacht, sich mit der gegenläufigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zu befassen.

posted by Stadler at 07:30  

15.12.09

Die Verhandlung zur Vorratsdatenspeicherung fast live, dank Twitter & Co.

Einige Prozessbeobachter, die bei der heutigen Verhandlung zur Vorratsdatenspeicherung vor Ort sind, twittern aus dem Gerichtssaal. Netzpolitik.org hat verschiedene dieser Meldungen in einem Ticker zusammengefasst. Die Fragen der Verfassungsrichter erscheinen sehr kritisch und lassen Skepsis gegenüber der Vorratsdatenspeicherung erkennen.

Das Hauptproblem wird für das Bundesverfassungsgericht am Ende vermutlich der Umgang mit den europarechtlichen Vorgaben der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung sein.

Hätte man dieselbe Frage dem BVerfG vor 10 Jahren vorgelegt, wäre das Ergebnis wohl klar gewesen. Die anlass- und verdachtsunabhängige Speicherung von Telekommunikationsdaten, die unstreitig dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 GG) unterliegen, ist nicht zulässig, weil nicht verhältnismäßig. Inwieweit sich das Gericht allerdings durch die Vorgaben aus Brüssel gebunden sieht, wird die vielleicht spannendste Frage sein. Aber ohne jede Beanstandung, wird das Gesetz wohl kaum durchkommen.

posted by Stadler at 14:17  

14.12.09

Vorratsdatenspeicherung auf dem Prüfstand

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt morgen über die Verfassungsbeschwerden gegen die sog. Vorratsdatenspeicherung. Das umstrittene Gesetz verpflichtet Telekommunikationsanbieter und Internetprovider die sog. Verkehrsdaten jedweder Telekommunikation für die Dauer von sechs Monate „auf Vorrat“ zu speichern, d.h. ohne konkreten Anlass oder Tatverdacht.

Gespeichert werden u.a. die Rufnummern von Anrufer und Angerufenem sowie Zeit und Dauer des Anrufs. Bei der Internetkommunikation, die vom Zugangsprovider vergebene IP-Adresse des Nutzers und beim Versand und Empfang von E-Mails u.a. die Absender-IP-Adresse, die E-Mail-Adressen aller Beteiligten, der Zeitpunkt des Versands und beim Zugriff auf das Postfach des Mailservers der Benutzername und die IP-Adresse des Abrufers. Nicht gespeichert oder aufgezeichnet wird der Inhalt der Kommunikation. Das Bundesverfassungsgericht wird darüber zu befinden haben, ob dieses Gesetz mit dem Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses vereinbar ist. Interessant ist hierbei vor allen Dingen auch, dass das Gesetz eine EU-Richtlinie umsetzt.

Der Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung informiert aktuell rund um die mündliche Verhandlung in Karlsruhe.

posted by Stadler at 08:30  

24.7.09

Experten warnen vor Missbrauch von auf "Vorrat" gespeicherten Daten

Das Missbrauchspotential der Vorratsdatenspeicherung ist enorm. Zu dieser Einschätzung sind praktisch alle vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen der anhängigen Verfassungsbeschwerden befragten Sachverständigen gelangt, wie der AK Vorrat berichtet.

posted by Stadler at 13:34  

15.7.09

BVerfG: Beschlagnahme von E-Mails vom Mailserver des Providers

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 16.06.09 (Az.: 2 BvR 902/06) eine
Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, die sich gegen die Sicherstellung
und Beschlagnahme von E-Mails auf dem Mailserver des Providers des Beschwerdeführers richtete.

Das BVerfG stellt zunächst klar, dass solche Maßnahmen in das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG eingreifen. Die allgemeinen strafprozessualen Vorschriften der §§ 94 ff. StPO rechtfertigen diesen Eingriff jedoch, wenn dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den sachlichen Erfordernissen einer entsprechenden Ausgestaltung des strafprozessualen Verfahrens Rechnung getragen wird.

posted by Stadler at 09:48  
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