Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

21.12.16

War es das auch für die deutsche Vorratsdatenspeicherung?

Der EuGH hat mit Urteil vom heutigen 21.12.2016 (C?203/15) die britische und die schwedische Regelung über die Vorratsdatenspeicherung als mit dem Unionsrecht nicht vereinbar erklärt.

Der EuGH stellt zunächst fest, dass nationale Regelungen über eine Vorratsdatenspeicherung in den Anwendungsbereich der Datenschutzrichtlinie fallen.

Für zentral, gerade auch mit Blick auf die aktuelle deutsche Regelung halte ich folgende Passagen des Urteils:

Zum anderen sieht eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren, die sich allgemein auf alle Teilnehmer und registrierten Nutzer erstreckt und alle elektronischen Kommunikationsmittel sowie sämtliche Verkehrsdaten erfasst, keine Differenzierung, Einschränkung oder Ausnahme in Abhängigkeit von dem verfolgten Ziel vor. Sie betrifft pauschal sämtliche Personen, die elektronische Kommunikationsdienste nutzen, ohne dass sich diese Personen auch nur mittelbar in einer Lage befinden, die Anlass zur Strafverfolgung geben könnte. Sie gilt also auch für Personen, bei denen keinerlei Anhaltspunkt dafür besteht, dass ihr Verhalten in einem auch nur mittelbaren oder entfernten Zusammenhang mit schweren Straftaten stehen könnte. Zudem sieht sie keine Ausnahme vor, so dass sie auch für Personen gilt, deren Kommunikationsvorgänge nach den nationalen Rechtsvorschriften dem Berufsgeheimnis unterliegen (vgl. entsprechend, zur Richtlinie 2006/24, Urteil Digital Rights, Rn. 57 und 58). (Rn. 105).

 Bei der Begrenzung einer solchen Maßnahme im Hinblick auf die potenziell betroffenen Personenkreise und Situationen muss sich die nationale Regelung auf objektive Anknüpfungspunkte stützen, die es ermöglichen, Personenkreise zu erfassen, deren Daten geeignet sind, einen zumindest mittelbaren Zusammenhang mit schweren Straftaten sichtbar zu machen, auf irgendeine Weise zur Bekämpfung schwerer Kriminalität beizutragen oder eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu verhindern. Eine solche Begrenzung lässt sich durch ein geografisches Kriterium gewährleisten, wenn die zuständigen nationalen Behörden aufgrund objektiver Anhaltspunkte annehmen, dass in einem oder mehreren geografischen Gebieten ein erhöhtes Risiko besteht, dass solche Taten vorbereitet oder begangen werden (Rn. 111).

Das bedeutet an sich, dass eine pauschale und komplett anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht in Betracht kommt. Vielmehr muss der Gesetzgeber einen konkreten Anknüpfungspunkt dafür definieren, dass durch die Maßnahme eine konkrete Straftat aufgeklärt werden könnte oder eine konkrete Gefahr beseitigt werden kann. Das klingt ein bisschen nach dem, was man in Deutschland unter dem Begriff Quick Freeze diskutiert hat.

Damit dürfte auch die aktuelle deutsche Regelung nicht den Vorgaben des EuGH genügen. Man wird abwarten müssen, wie das BVerfG diese neue Rechtsprechung umsetzt und ob es an den EuGH vorlegen wird.

posted by Stadler at 16:25  

7 Comments

  1. Auf das BVerfG kann man vergeblich warten, da die Befehlsempfänger vor der Bundestagswahl kein Urteil vorlegen werden.

    Dieser letzte Posten des bisherigen Vertrauens in die Justiz hat auch schon Federn gelassen.

    Der Lack ist ab, langsam durchschauen die Menschen das miese Spiel im Politikpoker, in dem Robenträger munter mitmischen.

    Comment by Fluppe — 22.12, 2016 @ 18:17

  2. @Fluppe: Ihre Wortwahl stammt aus der rechten Ecke – aber was anlasst Sie zu der Annahme, die AfD würde die Vorratsdatenspeicherung abschaffen?

    Comment by martinf — 22.12, 2016 @ 19:13

  3. Wenn für Linke ein Konservativer rechts ist, dann bin ich es eben.

    Comment by Fluppe — 22.12, 2016 @ 20:00

  4. Klar kann man den Überbringer der Nachricht als Linken abstempeln, ändert aber nix an der Nachricht.
    Und von ganz weit rechts betrachtet, sind natürlich eh alle anderen links.

    Comment by PeterPan — 23.12, 2016 @ 13:44

  5. Puh von der Wortwahl auf die favorisierte Partei schließen…. Das ist schon dreist.

    Kleiner Hinweis: man kann mit der aktuellen Regierung auch zutiefst unzufrieden sein, ohne die AfD zu wählen.

    Susanne Baer ist natürlich nur wegen ihrer unfassbaren Komponenz ins BVerfG gesetzt worden … Natürlich nicht.

    Ansonsten … Heiko Maas ist auch eine grandiose Fehlbesetzung.

    Comment by maSu — 23.12, 2016 @ 21:39

  6. @maSu: Wenn man links und rechts nicht mehr an der Wortwahl unterscheiden kann, dann sollte einem das zu denken geben. Weshalb Sie die Kompetenz von Frau Baer und Herrn Maas in Zweifel ziehen vermag ich nicht zu sagen, gebe aber zu, dass es Herrn Maas im Gegensatz zu einigen Vorgänger*innen offenbar an Rückgrat fehlt. Ihnen dagegen fehlt es möglicherweise an Interesse für „Gender“?

    Comment by martinf — 25.12, 2016 @ 19:34

  7. Martin f:
    Was hat das nun mit Gender zu tun? Und mein Interesse ist sogar so groß, dass ich diese Ideologie genau beobachte. Schließlich verdanken wir dieser Ideologie, dass u.A. die wenig kompetente Frau Baer rein kognitiv nicht in der Lage ist, den Unterschied zwischen Gleichstellung und Gleichberechtigung zu unterscheiden.

    Comment by maSu — 27.12, 2016 @ 23:16

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