Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

11.12.15

Auch Landgericht Stuttgart hält Adblocker für rechtlich zulässig

Die zum Springerkonzern gehörende WeltN24 GmbH ist beim Landgericht Stuttgart mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gescheitert, der sich gegen den Werbeblocker „Blockr“ richtete. Den Antrag Springers, es zu verbieten, den Werbelocker anzubieten, zu bewerben und zu vertreiben, soweit damit Werbung auf der Website „welt.de“ unterdrückt werden kann, hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 10.12.2015 (Az.: 11 O 238/15) zurückgewiesen.

Das Landgericht verneint den geltend gemachten Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG (gezielte Mitbewerberbehinderung). Anders als beispielsweise das Landgericht München I bejaht das LG Stuttgart das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses.

Die gezielte Behinderung verneint die Kammer nach Durchführung einer Gesamtabwägung allerdings. Nachdem der Wettbewerb immer auch eine Behinderung von Mitbewerbern mit sich bringt, müssen spezifische weitere, unlautere Elemente hinzukommen, um eine wettbewerbswidrige Behinderung annehmen zu können.

Wesentlich ist für das Landgericht u.a., dass die Entscheidung darüber, ob Werbung blockiert werden soll, letztlich vom Nutzer getroffen wird und kein unmittelbarer Eingriff des Herstellers eines Werbeblockers in die Werbemaßnahmen von welt.de vorliegt. Insoweit hält es das Landgericht auch für erheblich, dass der Nutzer ein berechtigtes Interesse daran habe, aufdringliche oder datenschutzwidrige Werbung zu blockieren. Auch verfolge der Hersteller von Werbeblockern legitime eigene wirtschaftliche Interessen und ziele nicht vordergründig darauf ab, dem Werbetreibenden zu schaden.

Das Landgericht betont außerdem, dass welt.de die Möglichkeit habe, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und beispielsweise Nutzer von Werbeblockern selbst aussperren kann.

Die Entscheidung ist aus meiner Sicht vertretbar, wenngleich nicht unbedingt zwingend. Anders beurteile ich die Rechtslage allerdings im Falle von Adblocker Plus, weil das dortige Geschäftsmodell auch ein Whitelisting für sog. akzeptable Werbung enthält. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen AdBlocker zulässig sind, ist allerdings nach wie vor weit von einer abschließenden Klärung entfernt.

posted by Stadler at 10:26  

14 Comments

  1. http://www.golem.de/news/nach-gerichtserfolg-axel-springer-droht-youtuber-mit-eigener-klage-1512-117945.html

    und

    http://www.golem.de/news/werbeblockersperre-auf-bild-de-gericht-bestaetigt-verbot-von-umgehungsanleitung-1512-117922.html

    Insbesondere letzteres ist eine Farce

    Comment by Christian — 11.12, 2015 @ 16:05

  2. Spannend, wie hier die Bild.de Aktion mit dem Adblock-Blocker Futter liefert zu argumentieren die Seite könnte Adblocker ja komplett aussperren und darf darum nicht klagen.
    Weiter so!

    Comment by allo — 11.12, 2015 @ 23:38

  3. @allo
    Das Problem nicht verstanden?
    Es geht nicht um aussperren oder nicht, sondern
    – das widerrechtlich behauptet wurde, es handelt sich um eine Verschlüsselung
    – das irgendjemand entscheiden will, was auf meinem Rechner angezeigt wird.

    Das ist vergleichbar damit, dass ich mir eine kostenlose Zeitung nehme und die darin enthaltene Werbung ausschneide und dann die Zeitung lese. Dann werden die Scherenverkäufer abgemahnt.

    Comment by Christian — 12.12, 2015 @ 07:31

  4. Ich habe dies Verständnisproblem:

    „… bejaht das LG Stuttgart das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses.“

    Nach meinem bescheidenen Verständnis setzt Wettbewerb voraus, dass beide Parteien den gleichen Markt bedienen; aber WeltN24 handelt mit Presse, und Blockr handelt mit Software.

    Oder fehlt mir Grundlagenwissen?

    Comment by Wolf-Dieter — 12.12, 2015 @ 07:59

  5. Zwei Herzen wohnen ach in meiner Brust. Als Blogger dem die Werbeeinnahmen komplett weggebrochen sind verfluche ich die Blocker, aus Detenschutzgründen muss man sich gegen Werbung wehren können, wobei ein Whitelisting für mich eine besondere Form der Erpressung ist.

    Grundsötzlich darf ich soviele Schlösser an meiner Tür anbringen wie ich will. Aber jeder sollte auch bedenken, dass langfristig nur die großen Angebote den Kampf durchhalten werden. Der Verlust der geringen Werbeeinnahmen wird viele Blogs letztendlich umbringen und damit Meinungsvielfalt kosten.

    Comment by Jochen Hoff — 12.12, 2015 @ 08:05

  6. „Whitelisting für mich eine besondere Form der Erpressung ist.“
    Wieso ist dann das google-Geschäftsmodell nicht auch Erpressung, wenn ich für einen sichtbaren, besseren Platz zahlen muss?
    Wieso ist dann das Amazon-Geschäftsmodell nicht Erpressung, wenn ich die Ware nicht billiger als dort anbieten darf?
    u.v.m

    Comment by Christian — 12.12, 2015 @ 10:09

  7. Ich finde es immer noch ein Unding,
    dass im Falle von Adblock Plus mir wirklich ein Gericht verbieten könnte die Entscheidung welche Werbung ich sehen möchte und welche nicht einem Softwarehersteller (Adblockhersteller) anzuvertrauen.

    Darüberhinaus nimmt die Manie von Juristen/Richtern Stück für Stück das Internet so umzudefinieren dass es nicht mehr so funktionieren kann wie gewachsen für erschreckend.
    Dass solche Adblock-Geschichten vor Gericht landen ist unfassbar. Eine Webseite ist eine Ansammlung von GET-Requests und niemand kann jemanden zwingen ALLE GETs zu verarbeiten die auf der Webseite des Anbieters auftauchen. Der Versuch das juristisch durchzusetzen ist grotesk. „Bitte, Du musst alle GET-Befehle auf dieser Seite ausführen ansonsten darfst du den Text nicht lesen“ ist in völliger Kontradiktion zum HTML-Format und zum HTTP-Protokoll.

    Comment by Hans Müller — 12.12, 2015 @ 10:23

  8. Wie sieht es dann mit Skriptblockern aus, wie z.B. NoScript?
    Ich nutze keinen Adblocker, sondern nur NoScript, aber werde trotzdem in regelmäßigen Abständen von den Webseiten als schnorrender Adblocker beschuldigt.

    Wo hört Werbung auf und fängt JavaScript-unterstütztes Tracking an?

    NoScript kommt außerdem auch mit einer, wenn auch kleinen, standardmäßig aktivierten Whitelist von Domains, darunter auch einige Google-Dienste. Ist die Whitelist also unverfänglich, weil die Machen von NoScript (wahrscheinlich) kein Geld dafür sehen wollen?

    Und wie sieht es mit Adblocker als Inhaltsblocker aus? Man kann mit denen ja mehr verstecken als nur Werbung. Z.B. für den Nutzer ungewünschte Seitenelemente, Knöpfe (Facebook/Twitter/etc.-Müll) u.a.

    Comment by Max — 12.12, 2015 @ 11:12

  9. Wo soll das Problem sein? Wenn man einen wie auch immer gearteten adblocker verwendet, verzichtet man als Verbraucher auf bestimmte, nicht näher definierte Inhalte. Bei der bild.de kommt die Seite auch nicht, wenn man normal javascript begrenzt. Javascript ist ganz sicher die Beulenpest in Binärform. Viele Angriffe über das Netz hängen mit Javascript zusammen. Die „Welt“ hat ja die Möglichkeit, Besucher mit adblockern oder javascript-Blockern an ihren ach so tollen Informationen NICHT teilhaben zu lassen. Ich verwende solche Teile aus Sicherheitsgründen, selbst bei google, bzw. einem Nachauftragnehmer, hatte sich Schadware in die Werbung eingeschlichen. Es ist auch recht einfach in irgendwelche Dateien links zu Schadware zu injizieren. Da ist derjenige, der Javascript oder die Werbung nicht blockt, komplett aufgeschmissen. Von daher sind die Klagen gegen die Hersteller der Blocker ungefähr so berechtigt, wie eine Klage gegen Antivirenprogrammhersteller.

    Comment by Michael — 12.12, 2015 @ 15:56

  10. „Hauptsache Stadler entfernt missliebige Beiträge.
    Man sieht sich immer zweimal im Leben.“

    Trolltears! Nom, nom, nom, nom!

    Comment by doc-rofl — 12.12, 2015 @ 19:59

  11. @Jochen Hoff – OT – wenn ich in meineM Blog finanzielle Nebeninteressen verfolgte, wäre das letzte Bisschen Spraß raus wie die Luft aus dem Schlauch. (Nicht als Angriff missverstehen, bitte.)

    Comment by Wolf-Dieter — 13.12, 2015 @ 09:22

  12. hahaha da können die machen was sie wollen. Wenn das Gericht irgendwann gegen Ad blocker entscheiden würde, dann kommt halt einfach der nächste der einen besseren ad blocker anbietet. Don’t mess with the internet.

    Comment by Neoleviathan — 13.12, 2015 @ 14:27

  13. Nicht die Adblocker sind für Axel Springer das Problem, sondern die User, die keine Werbung und kein Einfallstor für Malware haben wollen. Diese Entscheidung können sie einfach dem Benutzer überlassen, der ganz alleine in der Lage ist abzuwägen, ob er Inhalte von Bild oder Welt sehen möchte und dafür Werbung in Kauf zu nehmen gedenkt oder nicht. Was ist aber mit der Rechenzeit, welche mir Bild.de klaut? Ist das nicht strafbar?

    Comment by mw — 13.12, 2015 @ 21:38

  14. Verständnisproblem „Wettbewerbsverhältnis“ gelöst, die Urteilsbegründung – http://goo.gl/QdxuCe – gibt Auskunft: Wettbewerb setzt nicht gleiche Branche voraus.

    Bin klüger geworden, falle aber vom Glauben ab.

    Comment by Wolf-Dieter — 14.12, 2015 @ 05:40

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