Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

25.10.14

EuGH: Einbettung von Videos regelmäßig keine Urheberrechtsverletzung

Der EuGH hat auf eine Vorlagefrage des BGH hin entschieden, dass das Embedding externer Inhalte, wie es in Blogs und sozialen Netzwerken mittlerweile üblich geworden ist, grundsätzlich keine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des Urheberrechts darstellt (Beschluss vom 21.10.2014, Az.: C – 348/13). Der BGH hatte die Rechtsfrage anders beurteilt als nunmehr der EuGH und deshalb vorgelegt. Im Ergebnis bestätigt die Entscheidung des EuGH die von mir schon seit längerer Zeit vertretene Rechtsauffassung, die ich im Praxiskommentar zum Internetrecht (Roggenkamp/Stadler in: jurisPK-Internetrecht, 4. Aufl. 2014, Kap. 10, Rn. 422 ff.) ausführlich dargestellt habe.

Die Vorlagefrage des BGH hat der EuGH folgendermaßen beantwortet:

Die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing- Technik, wie sie im Ausgangsverfahren in Frage steht, allein stellt keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 200l/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft dar, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.

Zur Begründung führt der EuGH u.a. aus:

Was speziell die Fallgestaltung betrifft, bei der ein Dritter auf einer Website ein geschütztes Werk, das bereits auf einer anderen Website frei öffentlich wiedergegeben wurde, mittels eines Internetlinks einstellt, hat der Gerichtshof in Rn. 24 des Urteils Svensson u. a. (C-466/12, EU:C:2014:76) entschieden, dass eine solche Wiedergabehandlung, da sie sich desselben technischen Verfahrens bedient, das schon für die Wiedergabe des Werkes auf einer anderen Website verwendet wurde, nur dann als „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001129 einzustufen ist, wenn die Handlung gegenüber einem neuen Publikum erfolgt.

Ist dies nicht der Fall, insbesondere weil das Werk bereits auf einer anderen Website mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich ist, kann die betreffende Handlung nicht als „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001129 eingestuft werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Svensson u. a., EU:C:2014:76, Rn. 25 bis 28).

Der EuGH betont ausdrücklich, dass es in Fällen des Embedded Content nur dann an einer öffentlichen Wiedergabe fehlt, wenn das Werk mit Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers zugänglich gemacht worden ist. Was für diejenigen Fälle gilt, in denen ein Werk urheberrechtswidrig im Netz steht und ob der Nutzer der ein solches Werk einbettet, dann wegen einer Urheberrechtsverletzung haftet, bleibt somit vorerst offen.

Eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Infosoc-Richtlinie ist also zu verneinen, weil die Wiedergabe technisch betrachtet über die verlinkte offene Videoplattform und damit auch nicht gegenüber einem neuen Publikum erfolgt.

Die Entscheidung des EuGH wirkt sich übrigens auch auf die Gebührenpraxis der GEMA aus. Die GEMA hatte vor einiger Zeit angekündigt, Nutzungsentgelte für Embedded Videos geltend machen zu wollen. Dieses Vorhaben ist durch den Beschluss des EuGH hinfällig.

Die in Blogs und sozialen Netzwerken gängige Praxis der Einbettung fremder Videos ist also jedenfalls dann, wenn das Video an der verlinkten Quelle rechtmäßig im Netz steht, urheberrechtlich nicht zu beanstanden.

Update:
Ich wurde darauf hingewiesen, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens so gewesen sei, dass der Rechteinhaber geltend macht, sein Video sei an der Quelle – bei YouTube – ohne seine Zustimmung eingestellt worden. Der Beschluss des EuGH erscheint mir insoweit nicht ganz widerspruchsfrei zu sein, denn in der oben zitierten Passage der Entscheidung wird darauf aufgestellt, dass das Werk bereits an anderer Stelle mit Erlaubnis des Rechteinhabers im Netz war.

Wenn man den EuGH beim Wort nimmt, kann es eigentlich aber keine Rolle spielen, ob das Video an der Quelle rechtmäßig oder rechtswidrig im Netz steht, denn davon hängt die Frage, ob es sich um eine urheberrechtliche Nutzungshandlung handelt, nicht ab. Die spannende Frage ist jetzt in der Tat die, ob man damit alle Formen des Inlinelinks ebenfalls als urheberrechtlich nicht relevant betrachten muss.

Ich hatte bislang hierzu immer die Auffassung vertreten, dass man danach differenzieren sollte, ob das Embedding erkennbar ist oder nicht. Der Inlinelink auf eine Bilddatei müsste anders zu beurteilen sein, als ein mittels iFrame eingebundenes YouTube-Video bei dem man ein Vorschaubild und das YouTube-Logo sieht. In letzterem Fall ist klar erkennbar, dass das Video von YouTube kommt, während man in ersterem Fall davon ausgehen muss, dass das Bild eigener Content ist.

Diese Differenzierung funktioniert aber nach dem EuGH zumindest auf urheberrechtlicher Ebene wohl nicht mehr. Man kann sich dann allenfalls noch mit dem Wettbewerbsrecht und einer Irreführung und/oder Leistungsübernahme behelfen.

posted by Stadler at 13:15  

5 Comments

  1. Hierzu noch einmal eine Frage, die auch nach der Entscheidung über die Einbettung von Videos, vermutlich offen bleiben wird: Dürfen auch fremde Kartendienste (Web Map Services oder kurz WMS), deren Internetadresse bekannt ist, in eigene Homepages eingebettet werden? Web Map Services könnten im Gegensatz zu statischen Texten, Bildern und Videos Datenbanken sein, durch man navigieren (scrollen) kann und die unter gleichbleibender Adresse laufend aktualisiert werden. Da sieht die Sache wahrscheinlich anders aus.

    Comment by Schmunzelkunst — 26.10, 2014 @ 08:09

  2. „…speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.“

    Das ist doch Blödsinn. Es existieren verschiedene Möglichkeiten, eingebetteten Inhalt abzuspielen oder darzustellen oder zu übertragen, notfalls mit der Hilfe von Javascript. Ein Service, der bestimmte Inhalte Bilden möglichst original zugänglich macht, der wäre auch verboten.

    Gemeint war wohl: der Inhalt kommt von der Original-Seite, egal ob ein Frame darauf hinweist oder nicht. Und auf etwas zu verweisen ist legal. Doch offensichtlich wollte man genau das nicht sagen.

    Comment by Joachim — 27.10, 2014 @ 11:33

  3. Sorry, Blinden war gemeint und nicht „Bilden“

    Comment by Joachim — 27.10, 2014 @ 11:34

  4. Mir ist in der Tat auch der (evtl nur) scheinbare Widerspruch in der EuGH-Entscheidung aufgefallen. Wenn das Video bereits auf YouTube ohne Zustimmung des Rechteinhabers eingestellt wurde, müsste man allerdings nach meiner Einschätzung auch die Frage stellen, ob durch die bewusste Verlinkung nicht auch eine Teilnehmerhaftung in Form der Beihilfe in Betracht kommen könnte. Dazu werden wir wohl doch noch weitere Rspr. zu erwarten haben.

    Comment by Jan — 4.11, 2014 @ 19:09

  5. @Jan: Ich sehe das ähnlich: http://www.lhr-law.de/magazin/die-folgen-der-framing-entscheidung-des-eugh-es-bleibt-die-stoererhaftung

    Comment by Arno Lampmann — 12.11, 2014 @ 04:03

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