Warum hat die Bundesregierung Angst vor einer Aussage Snowdens?
Die Union attackiert Edward Snowden verbal und versucht mit aller Macht zu verhindern, dass der Whistleblower im NSA-Untersuchungsausschuss aussagt. Nachdem Innenminister de Maizière Snowden als Straftäter bezeichnet hat, der keine Zukunft in Deutschland habe, legt jetzt der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses Patrick Sensburg (ebenfalls CDU) nach. Sensburg wirft Snowden vor, sich nur aufzuspielen und behauptet Snowden sei nie speziell mit der massenhaften Ausspähung deutscher Bürger befasst gewesen. Dies freilich steht in unmittelbarem Widerspruch zu einer Aussage Snowdens und wäre bereits aus diesem Grund klärungsbedürftig.
Fest steht jedenfalls, dass Union und Bundesregierung vehement versuchen, eine Aussage Snowdens vor dem Ausschuss zu verhindern. Aber warum? Der Ausschuss wird und muss sich vor allen Dingen auch mit der Rolle des BND und des Verfassungsschutzes befassen. Nachdem namhafte Verfassungsrechtler im Ausschuss bereits erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Auslandsaufklärung des BND und dem Informationsaustausch mit ausländischen Diensten geäußert haben, wäre es für die Bundesregierung natürlich äußert unangenehm, wenn sich heraustellen würde, dass der BND in großem Umfang Daten und Informationen an die NSA liefert und im Gegenzug im Hinblick auf die Tätigkeit ausländischer Dienste auf deutschem Boden vielleicht ein bis zwei Augen zudrückt. Denn der Datenübermittlung an ausländische öffentliche Stellen setzt § 7a G10-Gesetz enge Grenzen. Und diese Datenübermittlung bedarf nach § 7a Abs. 1 S. 2 G10-Gesetz außerdem der ausdrücklichen Zustimmung des Kanzleramts.
Sollte Snowden also erhärten können, dass der BND in großem Stile und undifferenziert Daten an die NSA liefert, dann würde einem solchen offensichtlich rechtswidrigen Treiben eine ausdrückliche Gestattung des Bundeskanzleramts zugrunde liegen. Und das würde dann auch die sich ansonsten gerne unbeteiligt gebende Kanzlerin enorm unter Druck setzen.
Es könnte also gut sein, dass die Bundesregierung genau vor diesem Szenario Angst hat.
Ein Wort: Kompromat.
Ich gehe davon aus, daß die Bundesregierungen erpreßt wurden und werden. Und weil sie feige sind, lassen sie das zu. Im Gegensatz zu Snowden ist ihnen ihr Arsch wichtiger als die Wahrheit oder auch nur das Recht.
Comment by Atari-Frosch — 28.05, 2014 @ 17:43
Warum sollte ausgerechnet die Bundesrepublik, ihre Regierungen und ihre „Dienste“ nicht genau den gleichen Dreck am Stecken haben wie alle anderen „Spielteilnehmer“ auch? Das Erbärmlichste ist das versuchte Versteckspiel; sollen sich doch endlich hinstellen und „die Hosen runterlassen“ die Waschlappen.
Comment by Michael — 28.05, 2014 @ 17:46
Wieso? Die NSA-Affäre (so es denn eine solche überhaupt jemals gegeben haben sollte) ist doch längst beendet. ? ;-)
Aber ernsthaft: Manche Hunde bellen offensichtlich prophylaktisch, schon bevor sie getroffen worden sind.
Comment by RA JM — 28.05, 2014 @ 18:18
Mir hat das schon von Anfang an nicht gefallen, dass Snowden von gewissen Politikern hier eingeladen werden soll. Die würden Snowden glatt verheizen. — Wenn ich nun lese, dass de Maizière den Snowden, durchaus nach deutschem Recht (Geheimnisverat), als Straftäter bezeichnet, dann ist es genau dieses immer schon gefühlte Unbehagen. Die Politiker also, die Snowden einladen wollen, können für seine Sicherheit überhaupt nicht garantieren, und das finde ich verantwortungslos.
Comment by Franz Krojer — 28.05, 2014 @ 20:17
Das Verhalten etlicher Politiker ist nicht schlüssig, sondern nur zum Kotzen: Einerseits bezweifeln sie die Echtheit der von Snowden gelieferten Informationen, andererseits bezeichnen sie ihn als Spion, Verräter, Straftäter o.ä.
Sind die Unterlagen nicht echt, dann ist Snowden kein Spion/Verräter. Ob das Verbreiten erfundener Informationen über die NSA und Konsorten eine Straftat ist, wage ich zu bezweifeln. Snowden wäre für den dann eigentlich überflüssigen Untersuchungsausschuss wertlos, seiner Einreise nach Deutschland stünde aber nichts im Wege und die Auslieferung nach Guantanamo brauchte er auch nicht zu befürchten.
Mit seinen Äußerung im Interview mit stern.de, spricht er gegenüber Bundesregierung und Geheimdiensten ernst zu nehmende Drohungen aus, die seine Einladung nach Deutschland noch unwahrscheinlicher macht.
In der Tat ein erbärmlicher Versuch der Schadensbegrenzung durch Regierung und Geheimdienste; erinnert mich an: „Wir sind schon sichtbar; lassen Sie uns nicht auch noch erkennbar werden.“ (aus: Die 3 Tage des Condor)
@2: Die Hosen sind doch längst unten. Mit denen versucht man ja, uns die Augen zu verbinden. Deshalb merken wir auch so deutlich, wie die Sache stinkt.
Comment by Michael (ein anderer) — 28.05, 2014 @ 22:38
NSA ist doch ein alter eingespielter Hut.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/NSA-Ausspaehung-Die-DDR-wusste-fruehzeitig-Bescheid-2192038.html
Comment by Rolf Schälike — 28.05, 2014 @ 22:50
@1
Was wäre die Konsequenz? Angenommen D wird von den USA erpresst, was dann?
Comment by Kritiker — 28.05, 2014 @ 23:05
womöglich weil alles stimmt und das alles rechtens ist. und wir bloß die gesetze, verordnungen, verträge und deren interpretation durch die staatlichen akteure nicht kennen (dürfen).
niemand hat die absicht, einen überwachungsstaat zu errichten. interpretieren sie das eher als ein versehen, zu dem uns die terroristen zwingen.
.~.
Comment by dot tilde dot — 28.05, 2014 @ 23:18
Die Ursache ist mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass Snowden die geforderten Beweise liefern würde, die Mitgliedern der Bundesregierung, explizit Herrn Sensburg äußerst peinlich sein könnten.
Comment by Wolf — 29.05, 2014 @ 00:12
Ich gehe davon aus, dass Edward Snowden tragfähige Beweise liefern dürfte. Aus diesen wird wohl hervorgehen, dass unsere Bundesregierung durchaus involviert ist und es weitestgehend schon ab 2001 war, oder sogar noch zu einem früheren Zeitpunkt.
Die Sprengkraft der Aussagen von Edward Snowden würde wohl die amtierende Bundesregierung aus dem Amt fegen und etliche Politiker der Vorgängerregierungen ebenfalls. Selbstverständlich möchten verantwortliche Stellen diese Gefahr gerne im Vorfeld verhindern und es sieht ja sogar durchaus danach aus, dass sie Erfolg haben werden.
Demokratie sieht anders aus. Rechtsstaatliches Handeln sicher auch. Gleiche Seltsamkeiten spielen sich auch in anderen EU Ländern ab.
Wir haben bereits einen funktionierenden Überwachungsstaat und das darf aber bitte nicht auch noch bewiesen werden.
Ich staune immer wieder neu, was mittlerweile in Deutschland oder in der EU alles möglich geworden ist. Wir Bürger erleben gerade sehr schlechte Zeiten!
Comment by Tom — 29.05, 2014 @ 11:25
Nach allem was man weiß ist die Wahrscheinlichkeit das die NSA für jeden Politiker und Entscheider ein kleines Erpressungspaket geschnürt hat sehr hoch. Das NSA und auch BND keiner nennenswerten Kontrolle unterliegen zeigt das die Geheimdienste nicht von der Politik und auch nicht vom Volk kontrolliert werden. Nun fragt euch: Wer hat hier die Hosen an?
Comment by NonKon — 29.05, 2014 @ 11:44
de Maiziere hat ja wohl wenigstens mit dem Punkt „Straftäter“ recht.
Comment by johnson — 29.05, 2014 @ 12:00
@johnson
“Straftäter”? Bezogen auf die Bundesrepublik Deutschland? Eher nicht.
Comment by Grummel — 29.05, 2014 @ 12:24
@Grummel: Richtig. Hat aber auch niemand behauptet.
Comment by johnson — 29.05, 2014 @ 17:13
Echt Lustig bin schon mal auf mein Nachbar Heiko Maas gespannt, wie der den Verbraucherschutz in unserem Land sieht
Comment by norbert huth — 29.05, 2014 @ 21:46
Die winden sich wie Schlangen. Hat aber alles keinen Zweck. Dank Greenwald wird eh alles rauskommen.
Comment by Grundgesetz — 29.05, 2014 @ 22:36
Das wird immer interessanter mit dem braunen Sumpf , passt irgendwie zu meinem Aktenzeichen beim Bundesjustizministerium SLS und den Unterlagen einer Bayrischen Behörde die mir vor einiger Zeit zugingen .
Comment by norbert huth — 30.05, 2014 @ 11:29
Warum die drucksen? Mischung aus Kompromat und Finger-mit-im-Spiel-gehabt. Die Deutschen sind seit langem als ziemlich bückliges, feiges Volk bekannt und da reicht schon ein ganz klein bisschen Kompromat, daß der Schweiß in Strömen fließt. Vor allem ganz sicher bei Menschen, die nicht aus ideelen Gründen Politiker geworden sind, sondern als Lobbyist reingeschleust wurden oder gar aus bloßen Machtgründen Politiker geworden sind. Die stehen alle nur für sich selbst, für sonst niemanden. Und das dürfte locker die Hälfte des Bundestages sein.
An dieser Stelle sei die neue Außenposition der NSA (No Such Agency) in Wiesbaden erwähnt.
Die Sache stinkt hier vielleicht nicht nur vom Kanzleramt her und dahin zurück; sondern vielleicht wird auch befürchtet, daß Deutschland als ein sehr wichtiger Knotenpunkt der globalen (!) oder mindestens innereuropäischen Überwachung entlarvt wird – inklusive Kanzleramtsbeteiligung! – und das wäre dann aber richtig kaka für die Beteiligten, weil das dann auch richtig viele sein würden!
Aus diesen Gründen wird der NSA-Ausschuß auch absolut nichts nützliches herausfinden werden und rechtlich eine so unendlich tragende und bereichernde, anerkannte Arbeit liefern wie der NSU-Untersuchungsausschuß (in dessen Abschlußbericht sogar die CDU/CSU mitreingeschrieben hat, daß die Polizeien für die innere Sicherheit auf dem rechten Auge mehr als blind gewesen sind und das ganze zu viel Zufall gewesen ist, um Zufall gewesen sein zu können – passiert ist überhaupt gar nichts).
Das Problem bei all dem ist, was hierbei dem Bürger vermittelt wird. Nämlich, daß aller Protest, alle friedliche Demonstration, alle Bemühungen des Rechtsstaates überhaupt, alles kollektive und laute „Nein!“ nichts mehr bringen oder bestenfalls irgend einen unbedeutenden Sieg, i.e. die Aufforderung „haltet euer Maul oder wendet Gewalt an“. Und sollte es hier zu Ausschreitungen kommen, so wissen wir alle, welche Institutionen dann zusammengerufen werden werden und welche ihrer tollen Spielzeuge dann unbedingt angewandt werden muß. In Hamburg hat man es vorgemacht, wie sowas anfängt.
Comment by Bralie — 31.05, 2014 @ 20:19