Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

12.12.13

Generalanwalt beim EuGH: Richtlinie über Vorratsdatenspeicherung ist mit der Grundrechtecharta unvereinbar

Dass die umstrittene Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung vom EuGH nicht gänzlich unbeanstandet bleiben würde, konnte man nach dem kritischen Fragenkatalog des Gerichts fast erwarten. Die Ansicht des Generalanwalt beim EuGH in seinem Schlussantrag, wonach die Richtlinie in vollem Umfang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 52 der Grundrechtecharta unvereinbar ist, überrascht dann allerdings doch.

Der EuGH ist freilich an dieses Votum nicht gebunden, folgt ihm allerdings häufig, aber durchaus nicht immer.

Der Generalanwalt lehnt sich inhaltlich an die Entscheidung des BVerfG an, indem er insbesondere rügt, dass der Unionsgesetzgeber selbst keinerlei Schutzmaßmechanismen im Hinblick auf den Datenzugriff und die Auswertung der Daten vorgesehen hat. Hierzu heißt es im Schlussantrag:

Der Unionsgesetzgeber darf es, wenn er einen Rechtsakt erlässt, mit dem Verpflichtungen auferlegt werden, die mit qualifizierten Eingriffen in Grundrechte der Unionsbürger verbunden sind, nämlich nicht vollständig den Mitgliedstaaten überlassen, die Garantien festzulegen, die sie zu rechtfertigen vermögen. (…)

Somit war es – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – Sache des Unionsgesetzgebers, die Grundprinzipien zu definieren, die für die Festlegung der Mindestgarantien zur Beschränkung des Zugangs zu den erhobenen und auf Vorrat gespeicherten Daten und ihrer Auswertung gelten sollten (…)

Der Generalanwalt beanstandet zudem auch die in der Richtlinie vorgesehene Speicherdauer von bis zu zwei Jahren, wobei anderseits zum Ausdruck kommt, dass er eine Speicherdauer von unter einem Jahr durchaus noch für angemessen halten würde.

Nach Ansicht des Generalanwalts verstößt die jetzige Richtline über die Vorratsdatenspeicherung in vollem Umfang gegen europäische Grundrechte. Andererseits macht er aber auch deutlich, dass eine Richtlinie, die die von ihm gemachten Vorgaben beachtet, durchaus grundrechtskonform ausgestaltet werden könnte.

Man darf gespannt, wie der Europäische Gerichtshof entscheidet und ob er dem Vorschlag des Generalanwalts folgt.

posted by Stadler at 12:15  

5 Comments

  1. Verwirft der Gerichtshof die Richtlinie, muss der EU-Gesetzgeber neu verhandeln. Das Ergebnis dieser Neuverhandlungen erschiene mit Blick auf die inzwischen fortgeschrittene Debatte in den Mitgliedsstaaten völlig offen.

    Comment by Regierungs4tel — 12.12, 2013 @ 12:25

  2. Es wird so lange gelogen und gebogen und argumentiert, bis alle weich geklopft sind und die VDS doch kommt.
    Seht euch Fischer und Gabriel an, glaubt ihr, die geben auf? Der eine fanatisch und der andere Opportunist.

    Comment by Frank — 12.12, 2013 @ 18:13

  3. Keine vollständige Ablehnung der Richtlinie. Sieht nicht gut aus.

    Comment by Wolf-Dieter — 12.12, 2013 @ 18:32

  4. Die GK hat bereits verlauten lassen, dass sie sich keinen Deut darum kümmert, sondern die Gesetzesvorhaben durchsetzen wird.

    Und jetzt?

    Comment by Michael — 12.12, 2013 @ 18:55

  5. „Andererseits macht er aber auch deutlich, dass eine Richtlinie, die die von ihm gemachten Vorgaben beachtet, durchaus grundrechtskonform ausgestaltet werden könnte.“

    Dann darf man in Zukunft den Staatsmord (Todesstrafe) auch nett „grundgesetzkonform ausgestalten“. Es kommt anscheinend nur auf die Formulierung an.

    Rechtsbeugung, Rechtsverbiegung, Rechtsvergewaltigung bis zur Unkenntlichkeit.

    Das deutsche Grundgesetz ist keinen Pfifferling wert. Verraten und verkauft.

    Comment by Michael — 12.12, 2013 @ 19:08

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.