Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

29.10.13

Wie kann man sich beim Filesharing als Anschlussinhaber entlasten?

Das Amtsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 27.09.2013 (Az.: 29 C 275/13 (85)) eine Filesharing-Klage eines Musiklabels abgewiesen. Der beklagte Anschlussinhaber hatte sich damit verteidigt, dass er zum angegebenen Verletzungszeitpunkt auf einer Geschäftsreise im Ausland war und sein Anschluss außerdem regelmäßig auch von seiner Ehefrau und seinen Kindern benutzt wird. Das hat dem Amtsgericht Frankfurt ausgereicht, um eine Täter- und Störerhaftung des Anschlussinhabers zu verneinen.

Vergleichbare Sachverhalte werden von anderen Gerichten, insbesondere vom Amtsgericht München, nach wie vor anders entschieden. Die Streitfrage ist hierbei immer, was der Anschlussinhaber im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vortragen muss. Das Amtsgericht München geht bislang davon aus – wobei es hier offenbar mittlerweile auch andere Tendenzen gibt – dass der Vortrag, andere Familienmitglieder würden den Internetanschluss ebenfalls mitbenutzen, nicht ausreichend sei. Vielmehr müsse zusätzlich vorgetragen werden, dass diese Familienmitglieder zum fraglichen Zeitpunkt auch tatsächlich zuhause waren und auch das Internet genutzt hätten. Ein solcher Vortrag ist dem Anschlussinhaber – zumal wenn er selbst nicht zuhause war und zwischenzeitlich mehrere Jahren vergangen sind – nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig aber nicht möglich, weshalb man sich in vielen Fällen nicht effektiv gegen den Vorwurf der Urheberrechtsverletzung verteidigen kann.

posted by Stadler at 14:01  

19 Comments

  1. Statt das also Bewiesen werden muss, dass ich als Anschlusinhaber etwas getan habe, soll ich den unmöglichen Beweis erbringen, es nicht getan zu haben. Klingt logisch.

    Vor allem kann ich meine Abwesenheit demnach nur beweisen, wenn ich beweisen kann, was in meiner Abwensenheit an dem Ort an dem ich nicht war, gewesen ist. Ich meine, das klingt sehr logisch.

    Das Internet würde sagen: Seems legit.

    Comment by Stefan — 29.10, 2013 @ 14:09

  2. siehe hierzu auch:

    Hinweise des OLG Köln zum Umfang der sekundären Darlegungslast in Filesharing-Angelegenheiten von RA Dr. Ralf Petring

    http://petringlegal.blogspot.de/2013/10/filesharing-abmahnungen-olg-koln-sucht.html

    Comment by RA Michael Seidlitz — 29.10, 2013 @ 14:10

  3. Tja, warum sind Gerichte in den Medienhochburgen Hamburg, Köln und München nur so extremistisch Urheberfreundlich. Mit Klüngelei hat das aber sicher übnerhaupt nichts zu tun. Es sieht halt nur so aus.

    Comment by mark — 29.10, 2013 @ 14:22

  4. Wieso wird denn Abwesenheit oder Anwesenheit überhaupt so bewertet. Die Computer die ich kenne brechen ihre down- und uploads auf jeden Fall nicht ab, sobald niemand mehr auf dem Stuhl vor ihnen sitzt.

    Comment by Mike — 29.10, 2013 @ 15:27

  5. Der Fehler in diesen ganzen Prozessen ist doch die Beweislastumkehr. Hier muss ja nicht die Schuld des Beschuldigten bewiesen werden, sondern dieser muss seine Unschuld beweisen. Jedem erfahrenen IT-Spezialisten ist klar, dass diese Beschuldigungen auf IP-Basis das Papier nicht wert sind, auf denen der „Gutachter“ (der alles schreiben würde, solange sein Auftraggeber ihn gut bezahlt!) sie verfasst hat. Worin unterscheiden wir uns eigentlich von anderen Unrechtsstaaten?

    Comment by Rangar — 29.10, 2013 @ 16:38

  6. @Rangar: Das mit den erfahrenen IT-Spezialisten kann ich nicht bestätigen. Mehrere gerichtlich bestellte Sachverständige – nicht nur solche die von einer Seite beauftragt wurden – haben die Korrektheit der technischen Ermittlungen, jedenfalls die der Fa. IPOQUE, bestätigt.

    Comment by Stadler — 29.10, 2013 @ 16:48

  7. @Rangar: Ist für Sie die Verfolgung der weltweiten Verbreitung von Musik, Filmen etc. Unrecht? Was schätzen Sie denn, wie viele unserer Mandanten wissen, wer die Datei angeboten hat? Bei uns in Deutschland haftet nur der Täter oder Störer, was hieran Unrecht sein soll, erschließt sich mir nicht. Vor Gericht die eigene Täterschaft zu leugnen ist übrigens Betrug, auch in anderen Staaten.

    Comment by RA Hechler — 29.10, 2013 @ 18:25

  8. @Stadler: Eine Abteilung des AG München sieht das übrigens ähnlich wie das AG Frankfurt. Dort reichte es letzte Woche, die Abwesenheit der Anschlussinhaberin nachzuweisen, um die Tätervermutung sowie die Störerhaftung zu entkräften. Ausreichend waren der in der Wohnung verbliebene Ehegatte samt mj Kind, die als Täter in Frage kamen. Und einer der beiden war es definitiv…

    Comment by RA Hechler — 29.10, 2013 @ 18:28

  9. Sehr geehrter Herr Stadler,
    es mag ja sein, dass die Firma IPOQUE eine Ausnahme ist und tatsächlich seriös arbeitet (bzw. arbeiten möchte). Das ändert aber nichts daran, dass sie mit denen von den Telekommunikationsunternehmen gelieferten Daten arbeiten muss. Diese Daten sind aber bereits extrem fehleranfällig und aus meiner Sicht in keiner Weise geeignet, als Basis für ein Urteil zu dienen.
    Es gibt soviele Artikel im Netz zu der Fehleranfälligkeit solcher Daten, dass ich mich wirklich wundere, dass Sie diese nicht kennen (wollen?). Letztendlich ist dieses ganze Abmahn(un)wesen doch nur ein großes Geschäftsmodell, hauptsächlich für Juristen. Den 1% möglicherweise legitimen ernstgemeinten Verfahren gegen Urheberrechtsverletzungen stehen 99% unseriöser Geschäftemacherei von sogenannten Abmahnkanzleien gegenüber. Wer aus meiner Sicht bei solchen Verfahren die kriminelle Seite ist, muss ich wohl nicht ausführen.

    Comment by Rangar — 29.10, 2013 @ 19:27

  10. Erstmal soll bewiesen werden, daß die IP-Nummer stimmt, daß sich keiner verlesen, verklickt, verspeichert hat. Es geht um Millisekunden bei dynamischen IP! Dort noch ein schlimmer Finger, in 00000000000000,01 Sekunden die kleine, unschuldige Oma. Von wegen, das kann nicht passieren.

    Wer war in der Wohnung? Warum muß man das belegen? Wer am Rechner war, ist relevant. Störerhaftung? Wie sieht es im Mordfall aus? Vier Leute in der Wohnung und eine Leiche. Wer hat sie getötet? Müssen jetzt die vier Bewohner ihre Unschuld beweisen? Sie müssen es nicht. Der Mord muß einer bestimmten Person nachgewiesen werden, schweigen alle, und der Täter kann nicht ermittelt werden, sind alle vier freizusprechen. Das ist die Rechtslage, und es wird auch so geurteilt. Mörder sollen sich in einer besseren Rechtslage befinden, als Inhaber eines Internet-Anschlusses? Witz komm raus! Das gesamte Machwerk gehört in die Tonne.

    Comment by Oliver — 29.10, 2013 @ 19:40

  11. Der Denkfehler besteht darin, von einer IP – Adresse auf Handlungen des Inhabers zu schließen, oder pflichtwidrige Unterlassungen.

    1. Es wird auf Teufel komm heraus gecrackt. Wie viele Rechner in Deutschland gekapert wurden ist schwer zu sagen, aber hier befindet sich ein globaler Schwerpunkt der Cyberkriminalität. Es kann sich bei dem „Täter“ also um den Nachbarn handeln, jemanden, der sich in das W-LAN-Netz eingeschlichen hat, oder irgendeinen exotischen Geheimdienst ( die ziehen auch viel für private Zwecke, wie kürzlich ruchbar wurde….), oder eine Mobgang, die professionell crackt und hochlädt.

    Vielleicht 10, vielleicht 35 % – oder mehr – PCs in Deutschland sind bereits gekapert und werden für alles mögliche genutzt, ohne dass die Inhaber es wissen.

    2. Sehr oft werden Anschlüsse von mehreren Personen gleichzeitig genutzt, ohne dass gecrackt wurde, etwa in WGs, Unternehmen, Familien mit Kindern sowie deren Freunden. Wer dann konkret etwas getan hat ist oft schwer zu belegen, und eine generelle Risikohaftung analog der Gefährdungshaftung nach dem StVG ist gesetzlich nicht geregelt, soweit es die PC-Nutzung betrifft.

    3. Bei Urheberechtsverletzungen ist aber immer der lückenlose Nachweis der schuldhaften Handlung des Anspruchsgegners erforderlich. Nachweis ! Nur eine Nummer eines Anschlusses ist da m. E. etwas zu wenig.

    Comment by Arne Rathjen, Rechtsanwalt — 29.10, 2013 @ 19:46

  12. Sehr geehrter Herr Hechler,
    wie Sie aus dem entscheidenden Satz meines Kommentars („Der Fehler in diesen ganzen Prozessen ist doch die Beweislastumkehr.“) erkannt haben wollen, dass ich gegen die Verfolgung von Urheberrechtsverstößen sein soll, erschließt sich mir nicht. Wahrscheinlich ist es einfach Ihr Stil, Andersdenkenden Motive zu unterstellen, um die Diskussion in die von Ihnen gewünschte Richtung zu lenken.

    Ich bin 54 Jahre alt und betrachte mich als einen gesetzestreuen Bürger. Das beinhaltet auch, dass ich bezahle, was ich haben möchte. Das bedeutet auch, dass ich niemals Tauschbörsensoftware auf meinem Rechner hatte und meine gesamte Software incl. aller Spiele auf meinem Rechner tatsächlich gekauft ist. Musik und Filme besitze ich nicht, da Radio, Fernsehen und Kino deutlich mehr als meinen geringen Bedarf decken. Ich erwähne das nur, damit Sie mir nicht evtl. beim nächsten Mal unterstellen, dass ich vermutlich ein Urheberrechtsverletzer bin, der deswegen gegen das Abmahnunwesen ist.

    Nein, ich bin gegen das Abmahnunwesen, weil es zu mafiösen Strukturen auf der Verfolgerseite geführt hat und weil aus meiner Sicht jede Menge Unschuldiger bedroht, erpresst oder am Ende von Richtern ohne jede technische Ahnung auf Basis ungeeigneter Gutachten, die auf ungeeigneten Basisdaten beruhen, um ihr Geld gebracht werden. Wie eine an sich gute Idee (bzw. gut gemeinte Idee) wie zum Beispiel die sogenannten Mehrwerttelefonnummern, bei denen die damaligen 0190er-Nummern zu 99% von Betrügern genutzt wurden, ist auch die Idee der Abmahnungen in einer Art und Weise pervertiert worden, die den ursprünglichen Zweck nicht einmal mehr durchschimmern lässt.

    Das ganze Abmahnwesen ist heute nichts weiter als ein mafiöses, sehr profitables Geschäftsmodell, für seinen ursprünglich gedachten Zweck aber völlig ungeeignet. Es ist eine Pervertierung unseres Rechtswesens, wenn ein Beschuldigter seine Unschuld beweisen muss!

    Comment by Rangar — 29.10, 2013 @ 19:52

  13. Bravo! Es gibt so wenig kluge Menschen in Deutschland, gute Sache, wenn sie sich hier befinden und ihre Beiträge schreiben. Ich bin auch ein Nichtsauger, das heißt, ich kaufe CDs. Mir geht es alleine um die Rechtslage, nicht darum, Dauersauger, die es sicherlich gibt, zu schützen. Anwälte, die ihre Kanzleien nur deshalb über Wasser halten können, indem sie ihre Kopierer anwerfen, schaden sich selber, denn sie werden im Netz gebasht und werden so keinen anderen Klienten an Land ziehen. Sie drehen sich im Strudel ihrer eigenen Demontage. Wird dem „Geschäftsmodell“ das Wasser abgegraben, sind sie pleite. Dafür Jura studiert? Perlen vor die Säue. Abzocken kann man auch „ohne“. Vor aller Welt den eigenen Namen in den Schmutz gezogen. Höchstselbst.

    Comment by Oliver — 29.10, 2013 @ 20:39

  14. Und einer der beiden war es definitiv

    Bin immer wieder erstaunt, über welch profundes Wissen manche zu verfügen glauben. Als hätte es gekaperte(s) Wifi/Rechner nie gegeben.

    Ist für Sie die Verfolgung der weltweiten Verbreitung von Musik, Filmen etc. Unrecht?

    Die angesetzen Schadenssummen sind es definitiv, oder findet es irgendwer wirklich moralisch einwandfrei, dass für einen Song, der 99 Cent kostet, Hunderte Euros fällig werden? Von den Forderungen der Abzockanwälte ganz zu schweigen, die in ihrem Formbrief lediglich die Adresse austauschen und trotzdem volle Gebühren kassieren (so was nannte man früher Wucher).

    Peinlich auch, dass die Industrie nach über einem Jahrzehnt immer noch nicht nicht geschafft hat, belastbare Zahlen für den vermeintlichen Schaden vorzubringen, die Richter aber immer noch drauf hereinfallen.

    Aber, hey, auch die US-Industrie setzt alles daran, der bösen „Piraterie“ ein Ende zu setzen, statt daran zu arbeiten, mehr Leute zum Kauf zu animieren. Wie man so liest, klappt das ausgezeichnet…

    Comment by Interessierter Beobachter — 30.10, 2013 @ 07:58

  15. Auch mich stört an dem gesamten Thema, dass wohl bekannte technische Sachverhalte einfach ausgeklammert werden. Es wird von einem sauberen, ungekaperten Rechner im privaten Umfeld ausgegangen, obwohl es ausreichend Statistiken gibt, dass man davon im allgemeinen einfach nicht ausgehen kann. Des weiteren reicht es aus von der Klägerseite auf der Basis von einer durch einen Telekomdienstleister aufgeschrieben IP auf einen Anschlußinhaber und dessen Untat zu schließen, um diesen zu einem logisch unmöglichen Gegenbeweis zu zwingen. Es wird keine Tat bewiesen, sondern man muß im Endeffekt Beweisen etwas nicht getan zu haben. Diese Logik kann nur in einem juristischem Elfenbeinturm entstanden sein. Die Gegenseite behauptet etwas, legt Indizien vor, die nur sagen, dass (eventuell) über eine bestimmte IP Datenpakete gelaufen sind und schluß folgert dann, dass dies ein bestimmter Mensch gemacht haben muß. DA gibt es so viele technische Lücken in dieser Beweisführung, dass man einfach nur dazu sagen muss, dass die Richter und Anwälte den Vorgang der Datenübertragung in einem IP basierten Netz einfach nicht verstanden haben.

    Nach den ganzen Veröffentlichungen, dass Router gekapert werden, dass Rechner unbemerkt durch Nutzer mit Trojanern, Rootkits etc als ferngesteuert und als Zombies agieren, sollte es selbst dem unaufmerksamsten Techniklaien langsam einleuchten, dass bei diesen Abmahnungen eher Unrecht als Recht gesprochen wird und hier der Zweifel zugunsten des Angeklagten endlich wieder als juristische Maxime anzuwenden ist.

    Comment by Melebert — 30.10, 2013 @ 10:27

  16. Wie passend, das gerade zu diesem Zeitpunkt dieser Artikel kommt. Schade, dass er nicht schon am 29.10. da war!

    http://www.heise.de/newsticker/meldung/USA-Provider-gegen-Abmahner-2037176.html

    Und schade, dass weder Herr Stadler noch Herr Hechler noch einmal geantwortet haben.

    Comment by Rangar — 1.11, 2013 @ 11:37

  17. Bei Hechler denke ich immer: Nomen est Omen.

    Es ist einfach so, daß Juristen keine Informatiker sind, daher können sie auch nicht mitreden, wenn es um die Thematik der Störerhaftung geht. Sie haben keine Ahnung und dürften nur anhand von Rechtsgutachten urteilen.

    Man bedenke: 1 Euro der Song. Das Gerichtsverfahren, Anwaltskosten, Gutachter, Instanzen, Zeitaufwand, Zerstörung der Lebensqualität. Ein Schaden ohne Ende.

    Aufwand, Lohn und die berühmte Waage.

    Juristen machen Kasse im Kreisverkehr.

    Comment by Oliver — 1.11, 2013 @ 12:44

  18. Ich verleihe mein Auto an drei Typen, diese überfahren einen Menschen. Wer am Steuer saß, weiß man nicht, der Fahrer ist nicht zu ermitteln, alle drei schweigen, stehen bei Ankunft der Polizei neben dem Fahrzeug. Werde ich dann als Fahrzeughalter angeklagt, weil man die Fahrer nicht ermitteln konnte?

    Merkt eigentlich niemand, wie bescheuert, gegen jede Rechtsnorm, die Störerhaftung agiert?

    Das ist nicht nur die Umkehr der Beweislast, das ist Sippenhaft. Rechtswidrig und vollständig Tonne. Hirnverbrannter Juristen-Schrott.

    Comment by Oliver — 1.11, 2013 @ 12:55

  19. Aus meiner Sicht ist dies – bereits damals – keine falsche Entscheidung gewesen.

    Comment by Müller — 29.01, 2018 @ 11:49

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