Die Verfassungsbrecher bespitzeln auch Rechtsanwälte
Dass der niedersächsische Verfassungsschutz sieben – vielleicht waren es auch vierzehn – Journalisten jahrelang beobachtet hat und dann auf Auskunftsanfragen gerne auch mal mit einer zügigen Aktenvernichtung – vermutlich das einzige was dort zügig geht – reagiert, wissen wir bereits. Dass es hierbei auch noch zu peinlichen Verwechslungen kam, passt da irgendwie ins Bild.
Anlässlich dieser Affäre wurde nun außerdem bekannt, dass man auch einen Anwalt überwacht hat, offenbar in Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit. In diesem Kontext sollte man beachten, dass der Rechtsanwalt nach § 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung ein unabhängiges Organ der Rechtspflege darstellt. Ob man in Verfassungsschutzkreisen auch die Bespitzelung andere Organe der Rechtspflege, wie Richter oder Staatsanwälte, bei ihrer Berufsausübung für legitim hält?
Mein erster Vorschlag zur Reform der Verfassungsschutzbehörden lautet daher, sie von Verfassungsschutz in Verfassungsbruch umzubenennen. Das bringt zwar noch keine grundlegende Verbesserung mit sich, wäre aber ein erheblicher Schritt hin zu mehr Wahrhaftigkeit. Vielleicht kommen Politiker dann irgendwann auch mal auf die Idee, dass der mit Steuergeldern finanzierte systematische Rechtsbruch beendet werden muss.
Man darf gespannt sein, ob sich die Bundesrechtsanwaltskammer hierzu äußert, „im Interesse der Gesellschaft“, wie es so schön auf ihrer Internetseite heißt
http://www.brak.de/fuer-anwaelte/
Die Bundesrechtsanwaltskammer will die „Stimme der Anwaltschaft – gegenüber dem Bundestag, dem Bundesrat und den Ministerien“ usw. sein und zwar „für die Sicherung und den weiteren Ausbau des Rechtsstaates“.
http://www.brak.de/die-brak/
Comment by Pressekritik — 1.10, 2013 @ 00:04
Och, das erinnert an die frühen 60er Jahre, wo unliebsame Rechtsanwälte nicht nur vom Verfassungsschutz beobachtet und deren Telefone abgehört wurden. Auch reichte es als Beweis der Schuld aus, sich in einem politischen Strafverfahren von einem Fachanwalt für Politisches Strafrecht verteidigen zu lassen.
Comment by Wolf — 1.10, 2013 @ 00:24
Es hat sich nichts geändert seit den 30er Jahren.
Comment by Hilti — 1.10, 2013 @ 09:21
Sind Anwälte wirklich unabhängig und können ihre Meinung frei äußérn? Lesen Sie mal, was der Lawyer schreibt:
http://www.thelawyer.com/news/regions/europe-news/revealed-hogan-lovells-asked-berlin-partner-to-leave-firm/3010309.article
Comment by Pressekritik — 1.10, 2013 @ 14:50
„Ob man in Verfassungsschutzkreisen auch die Bespitzelung andere Organe der Rechtspflege, wie Richter oder Staatsanwälte, bei ihrer Berufsausübung für legitim hält?“
Klar: Der Menschenrechtler Rolf Gössner wurde 38 Jahre lang observiert. In dieser Zeit war er u.A. Verfassungsrichter in Bremen.
http://www.hintergrund.de/201102041350/politik/inland/spektakulaeres-geheimdiensturteil-dauerueberwachung-durch-verfassungsschutz-fuer-rechtswidrig-erklaert.html
Comment by Wohnstreik — 2.10, 2013 @ 20:46
Die Qualität eines Rechtsstaates zeichnet sich nicht nur dadurch aus, daß Rechtsverstöße erkannt und benannt werden, sondern dadurch, daß diese beseitigt und die Straftäter der Justiz vorführt werden.
Sind in Deutschland diese Straftäter juristisch zur Rechenschaft gezogen worden?
Sie sind es nicht. Daher ist Deutschland nach wie vor kein Rechtsstaat.
Comment by Forensik — 3.10, 2013 @ 12:58