Parlamentarische Kontrolle des BKA?
Die Süddeutsche berichtet heute darüber, dass eine „hochrangigen Regierungskommission“ eine wirksamere Kontrolle des Bundeskriminalamts (BKA) fordert und eine gesetzliche Präzisierung verschiedener Befugnisse. Die SZ beruft sich dabei auf einen Abschlussbericht, der nicht veröffentlicht ist, aber der Zeitung vorliegt.
Zu den Einzelvorschlägen gehört u.a. auch eine parlamentarische Kontrolle des BKA nach dem Vorbild des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes. Solche Vorschläge sind deshalb verwunderlich, weil gerade die jüngste Entwicklung gezeigt hat, dass die parlamentarische Kontrolle der Dienste keineswegs nur Defizite aufweist, sondern überhaupt nicht funktioniert und letztlich nichts weiter als ein demokratisches Placebo darstellt. Hierdurch wird sicherlich kein Mehr an rechtsstaatlicher Kontrolle geschaffen.
Das Problem ist vielmehr die massive Ausweitung der Befugnisse des BKA die in den letzten Jahren stattgefunden hat. Das BKA hat durch eine Neuregelung des BKA-Gesetzes zum 01.01.2009 Befugnisse zur Rasterfahndung sowie zur Wohnraum- und TK-Überwachung erhalten, über die es bis dahin nicht verfügte. Aktuell sind noch die umstrittenen Befugnisse zur Bestandsdatenauskunft hinzu gekommen.
Mich erinnert diese Art von Diskussion an die immer wiederkehrenden Vorschläge, neue und weitreichende Überwachungsbefugnisse zumindest mit einem Richtervorbehalt zu versehen. Beides ist nichts weiter als rechtsstaatliche Augenwischerei und ändert nichts daran, dass man die Spirale von Eingriffs- und Überwachungsbefugnissen zugunsten unterschiedlicher Behörden immer weiter dreht. Es verwundert daher nicht, dass auch diese Kommission schärfere richterliche Kontrollen des BKA fordert. Von solchen sicherheitspolitischen Beruhigungspillen sollte man sich allerdings nicht täuschen lassen.
Die SZ weist in ihrem Bericht zudem auf eine immer engere Zusammenarbeit zwischen BKA und Geheimdiensten hin, für die es keine ausreichende gesetzliche Grundlage gibt. Eine solche fordert die besagte Regierungskommission nunmehr offenbar. Aber auch dann bleibt diese Kooperation problematisch. Das BVerfG hat bereits ausgeführt, dass es ein Trennungsgebot gibt, das die Zusammenlegung von Nachrichtendiensten und Polizeibehörden verbietet. Was in diesem Bereich allerdings an Kooperation zulässig bzw. unzulässig ist, ist im Einzelnen nicht geklärt. Ob das „Gemeinsame Terrorabwehrzentrum (GTAZ)“ verfassungsrechtlich zulässig ist, wird umstritten bleiben.
Ich spekuliere mal: Das Kontrollgremium tagt geheim, die Berichte sind geheim. „Normale“ Abgeordnete haben kein Recht auf Einsicht, andere Abgeordnete finden in der Geheimschutzstelle überwiegend geschwärzte Texte vor.
Comment by nachdenklich — 23.08, 2013 @ 15:40
Die Forderung kommt sicherlich von den BKA-Oberen und Überwachungsfanatikern, können sie das BKA doch so noch ein Stückchen weiter der öffentlichen Kontrolle entziehen. Es gibt Kontrolle über das BKA – durch Gerichte, das BMI und den Bundestag.
Wirklich nötig ist aber die Einschränkung der extrem weiten Befugnisse.
Comment by Malte Sommerfeld — 23.08, 2013 @ 17:47
Ein Staat, der sich in der vermeintlichen Terrorabwehr in einen Terrorstaat wandelt, möchte niemand. Einige Sicherheitsgesetze sollen jetzt auf den Prüfstand. Nach der Bundestagswahl hat sich das Problem wieder erledigt. Es bleibt, wie es ist. Wenn es pressiert, wird die Verfassung eben passend gemacht. Daher ist meine größte Furcht eine große Koalition, die aufgrund der Mehrheit im Bundesrat nichts anderes als eine Diktatur bedeutet. Vier Jahre CDU/CSU/SPD hält dieser Staat nicht aus, wenn man deren Wahlprogramme zur inneren Sicherheit gelesen hat. Warum machen sie nicht sofort eine Einheitspartei auf? Dann wäre jedenfalls klar, was offensichtlich ist.
Comment by Volkmar — 24.08, 2013 @ 16:57
Eine Nachfrage zur Effizienz des Richtervorbehalts: was wurde eigentlich aus der 0zapftis-Angelegenheit, die der Blogbetreiber im Auftrag der Piraten führte? http://www.internet-law.de/2011/11/update-zum-bayerntrojaner.html
Liegt inzwischen eine Entscheidung vor?
Comment by ThorstenV — 24.08, 2013 @ 18:50
Wozu noch einen lächerlichen Trojaner, wenn man doch gleich an das Kabel gehen kann? Trojaner waren die Furcht der Vergangenheit, Kabelfresser werden nicht mal entdeckt. Es gibt dagegen keine Software. Es ist ein Angriff auf das gesamte WWW! Mit gekauften Providern, Herstellern von Hard- und Software, asozialen Netzwerken und Co.. Und ich bin sicher, daß bald Nachrichten folgen, in denen gar Hersteller von Abwehrprogrammen genannt werden, die ebenfalls eingeknickt sind.
Dann allerdings ist jede Wall, sind alle AV-Programme, jeder Spyware-Finder, jeder noch so gut ausgerüstete Rechner in die Tonne zu kloppen. Erweisen sich die vermeintlichen Beschützer als Scheunentor oder sind selber Datenschleudern.
Das ist dann auch der Moment, an dem ich den Bock auf das Internet verliere. Denn dann ist man so schutzlos wie der Schneemann unter der Sonne.
Dann gibt es nur eines: OFF
Comment by Volkmar — 24.08, 2013 @ 19:12
Ich hoffe, zum Thema „Gesundheitskarte“, alle intimen Daten in der Wolke, wird hier auch noch diskutiert. Von wegen verschlüsselt und freiwillig.
Comment by Volkmar — 24.08, 2013 @ 19:21
Tote Hose hier seit 24.08. Dann noch einen von mir, den ich nachlegen wollte:
„Es verwundert daher nicht, dass auch diese Kommission schärfere richterliche Kontrollen des BKA fordert. Von solchen sicherheitspolitischen Beruhigungspillen sollte man sich allerdings nicht täuschen lassen.“
Was nutzt eine schärfere richterliche Kontrolle, wenn die Richterschaft routinemäßig sowieso alles ungelesen abnickt und unterschreibt? Hier sollten Richter mal aus dem Nähstübchen plaudern! Richterlicher Vorbehalt? Pah! Das ist so, als würde ein Angeklagter sein Urteil selber schreiben können. Nix Prüfung, nix lesen, gar nix. Haken, blättern, Haken, blättern, Haken, blättern, danach Kaffeepause und doof gucken.
Comment by Volkmar — 26.08, 2013 @ 15:07