Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

14.9.11

Apple vs. Samsung: Das Urteil im Volltext

In dem Streit zwischen Apple und Samsung um ein Vertriebsverbot für das Tablet Galaxy Tab 10.1 liegt das Urteil des Landgerichts Düsseldorf jetzt im Volltext vor.

Interessant ist m.E. zunächst, dass sich das Gericht nur auf Ansprüche nach dem Geschmacksmusterrecht stützt und den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz außen vor lässt.

Das Gericht befasst sich insbesondere auch mit der Frage des sog. vorbekannten Formenschatzes, also damit, ob es bereits vor dem Geschmacksmuster von Apple Designs gegeben hat, die es ausschließen, dass man die Gestaltung von Apple als neu und eigenartig betrachten kann. Auch mit der Frage, ob die Gestaltung (ausschließlich) technisch oder funktional bedingt ist, setzt sich das Landgericht auseinander.

Das Gericht betont sogar, dass es im Zeipunkt der Anmeldung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters noch kaum Tablets gegeben hätte und mithin eine geringe Musterdichte und damit ein großer gestalterischer Spielraum bestanden hat, was dazu führen soll, dass selbst gewisse Abweichungen im Design Samsungs keinen abweichenden Gesamteindruck vermitteln.

Ich bin gespannt, ob die Entscheidung beim OLG Düsseldorf halten wird, denn man kann die Frage der Neuheit von Apples Muster sicherlich kritisch hinterfragen. Andererseits halte ich es für offensichtlich, dass sich Samsung gezielt an das populäre iPad angelehnt hat, womit sich dann auch die Frage des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes stellt. Ich beurteile die Chancen von Samsung auch in der Berufung als eher schlecht.

posted by Stadler at 15:23  

14.9.11

Strafrechtliche Besonderheiten

Bei den wenigen Strafverteidigungen die ich so mache, stelle ich mir häufiger die Frage, ob Staatsanwaltschaften eigentlich tatsächlich überwiegend schlampig arbeiten – was Strafrichter regelmäßig nicht davon abhält, alles zu eröffnen, was ihnen vorgelegt wird – oder ob dies nur eine Besonderheit von für Strafrechtlern exotischen Materien wie solchen des Marken- oder Urheberrechts ist.

Bei meinem heutigen Termin – es ging um eine strafbare Kennzeichenverletzung nach § 143 Abs. 1 MarkenG – bat der Strafrichter zunächst zum Rechtsgespräch und teilte mit, dass es für meine Mandantin nicht gut aussieht und es wohl auf eine Freiheitsstrafe von 6 – 8 Monaten hinauslaufen würde.

Meine Antwort, dass es wohl eher für die Staatsanwaltschaft schlecht aussieht, weil aus dem in der Anklageschrift geschilderten Lebenssachverhalt nach meiner Einschätzung keine Strafbarkeit resultiert, hat ihn und auch den Staatsanwalt sichtlich überrascht. Ich habe dann noch angefügt, dass man sich auch und gerade im Bereich der strafbaren Markenverletzung zunächst über Inhalt und Schutzumfang der vermeintlich verletzten Marke Gedanken machen sollte. Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis einer Marke scheint jedenfalls etwas zu sein, was die Strafjuristen offenbar nur als schmückendes Beiwerk betrachten.

Als der Richter seine Sprache wiedererlangt hattte, wurde das Verfahren ausgesetzt, ein neuer Termin soll im Bürowege ergehen. Da bin ich jetzt mal gespannt.

Wer übrigens glaubt, in einem Strafverfahren würde regelmäßig sorgfältiger geprüft als im Zivilverfahren, der könnte sich irren. Mein Eindruck ist mittlerweile eher ein gegenteiliger.

posted by Stadler at 13:52  

13.9.11

Landtagsausschuss verbietet einem Zuhörer das Bloggen

Der Vorsitzende eines Untersuchungsausschusses des hessischen Landtags hat einem Zuhörer verboten, live aus dem Ausschuss zu bloggen, wie HR-Online berichtet.

Nachdem diese Frage in Hessen gesetzlich nicht geregelt ist, versucht sich der Ausschussvorsitzende, der das Verbot ausgesprochen hat, mit einer Bezugnahme auf das Gerichtsverfassungsgesetz und die Strafprozessordnung zu rechtfertigen.

Aber selbst das Twittern oder Live-Bloggen aus dem Gerichtssaal dürfte – wenngleich die Frage bislang kaum diskutiert wurde – rechtlich nicht zu beanstanden sein.

Vielleicht bietet ja dieser Fall aus Hessen die Vorlage für eine gerichtliche Entscheidung.

posted by Stadler at 17:51  

13.9.11

Sächsische Richter greifen Landesdatenschutzbeauftragten an

Der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig hat in einem Prüfbericht an den sächsischen Landtag die massenhafte Erfassung von Mobilfunkdaten durch sog. Funkzellenabfragen anlässlich einer Demonstration in Dresden deutlich kritisiert. In dem Prüfbericht der Datenschutzbehörde heißt es u.a.:

StA und LKA haben damit mangelnden Respekt vor dem Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG, Art. 27 SächsVerf), der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG, Art. 23 SächsVerf), der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG; Art. 20 SächsVerf), der Religionsfreiheit (Art. 4 GG; Art. 19 SächsVerf) sowie den spezifischen Rechten von Abgeordneten und Rechtsanwälten gezeigt. Ich bewerte dieses Vorgehen als besonders schwerwiegend.

Diese Rüge richtet sich unmittelbar nur gegen die Staatsanwaltschaft und die Polizei. Kritisiert werden aber mittelbar natürlich auch die Gerichte, die diese rechtswidrigen Maßnahmen der TK-Überwachung z.T. genehmigt hatten.

Genau dies hat der Sächsische Richterverein nunmehr zum Anlass genommen, den Datenschutzbeauftragten zu attackieren und ihm gar einen Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz vorzuwerfen. Hintergrund ist der Umstand, dass die Gerichte – wegen ihrer verfassungsmäßig garantierten Unabhängigkeit – grundsätzlich nicht der Kontrolle des Datenschutzbeauftragten unterliegen.

Wenn man den Vorgang insgesamt betrachtet, dann wird man allerdings weniger eine Gefährdung des Gewaltenteilungsgrundsatzes erkennen, als vielmehr eine Gefährdung des Rechtsstaates ganz allgemein.

Der Datenschutzbeauftragte hat nur seine gesetzliche Aufgabe erfüllt und rechtswidrige Maßnahmen der Datenerhebung durch die Exekutive (Polizei und Staatsanwaltschaft) beanstandet. Dass man dies mittelbar auch als Kritik an den Gerichten betrachten kann, liegt in der Natur der Sache. Seine Kompetenzen hätte der Datenschutzbeauftragte aber nur dann überschritten, wenn er das Vorgehen der Gerichte (förmlich) beanstandet hätte, was er aber gerade vermieden hat.

Die Kritik der Richtervereinigung offenbart eine aus meiner Sicht rechtsstaatlich befremdliche Haltung. Denn letztlich wird versucht, richterliche Beschlüsse, die offensichtlich rechtswidrig sind, dadurch zu rechtfertigen, dass man dem Datenschutzbeauftragten eine unzulässige Einmischung und Kompetenzüberschreitung vorwirft.

Dem Datenschutzbeauftragten ist es aber nicht verwehrt, die Justiz zu kritisieren, obwohl er dies ohnehin so weit wie möglich vermieden hat. Nur förmliche Beanstandungen kann er keine aussprechen, was er aber auch nicht getan hat.

Der gesamte Vorgang um die massenhafte Erfassung und Auswertung von Mobilfunkdaten macht deutlich, dass in Sachsen, sowohl auf Ebene der Exekutive als auch der Justiz, erhebliche rechtsstaatliche Defizite vorhanden sind. Umso erfreulicher ist es, dass ein Datenschutzbeauftragter seine gesetzliche Aufgabe erfüllt und auch dem Landtag gegenüber in deutlicher Art und Weise berichtet. Chapeau Herr Schurig.

posted by Stadler at 11:50  

12.9.11

Veröffentlichung des Namens und der Anschrift eines Geschäftsführers

Das OLG Hamburg (Urteil vom 02.08.2011, Az.: 7 U 134/10) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Veröffentlichung von Name, Anschrift und Geburtsdatum eines Geschäftsführers, im Zusammenhang mit einer kritischen Beerichterstattung über sein Unternehmen, zulässig ist, wenn die fraglichen Informationen dem irischen Handelsregister zu entnehmen sind.

Das Gericht hält die Veröffentlichung im Ergebnis für zulässig und argumentiert primär datenschutzrechtlich, wobei man sich maßgeblich auf die Vorschrfit des § 28 Abs. 2 BDSG stützt. Die Entscheidung des OLG Hamburg ist im Ergebnis sicherlich zutreffend, wenngleich man datenschutzrechtlich im konkreten Fall wohl eher auf § 29 BDSG hätte abstellen müssen,nachdem Beklagter der Betreiber eines Internet-Forums war. Dieser speichert primär zum Zwecke der Übermittlung an die Nutzer seines Forums. Zudem hätte sich angeboten,  die Frage eines Berichterstattungsprivilegs zu erörtern.

Das Landgericht München I hatte in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass der Gesetzgeber für solche Daten, die einem Handelsregister entnommen werden können, die grundsätzliche Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und öffentlichem Informationsinteresse bereits zugunsten des Informationsinteresses getroffen hat.

posted by Stadler at 14:09  

11.9.11

Mitglied des Rechtsausschusses fällt aus der Rolle

Sebastian Edathy, Bundestagsabgeordneter der SPD und Mitglied des Rechtsausschusses des deutschen Bundestags hat offenbar auf seiner Facebookseite die Bildrechte Dritter verletzt und anschließend einen Kommentator, der ihn darauf hingewiesen hat, grob beleidigt. Das berichtet journalist ONLINE.

Ich finde, dass gerade der Rechtsausschuss des deutschen Bundestags kein rechtsfreier Raum sein darf. Mitglieder, die sich durch Rechtsunkenntnis und Unverschämtheit auszeichnen, sollten ihren Sitz deshalb räumen.

posted by Stadler at 12:26  

10.9.11

Die deutsche WIRED, eine erste Zwischenbilanz

Gestern am Münchener Flughafen habe ich mir zum ersten Mal in meinem Leben eine Zeitschrift namens GQ – die Don Alphonso in der FAZ als das Zentralorgan der Muckibudenbesitzer bezeichnet hat – gekauft. Das Objekt der Begierde war allerdings die beiliegende deutsche Erstausgabe der WIRED und nicht das Lifestyle-Magazin. Ob man mit diesem Konzept sein Zielpublikum erreicht, sei einmal dahingestellt, aber der Versuchsballon deutsche WIRED sollte offenbar ohne großartig zusätzliche Vertriebskosten auskommen.

Bereits die auf dem Cover angepriesenen Themen „Darknet – Drogen shoppen im Web“ und „Badoo – The Sexual Network“ stimmen mich irgendwie skeptisch. Im Editorial kommt Chefredakteur Thomas Knüwer dann sehr schnell auf die angebliche „German Angst“ zu sprechen, um uns zu erklären, dass dieses Heft Menschen porträtiert, die das anders sehen. Damit hat man eine der großen Plattitüden als zentralen Aufhänger gewählt. Kann das funktionieren? Sympathisch ist jedenfalls, dass Knüwer das Heft dem kürzlich verstorbenen Blogger und Netzaktivisten Joerg-Olaf Schaefers widmet. Ich frage mich, was Olaf zu dem Heft wohl gesagt hätte.

Der gesamte erste Teil (Start) besteht, so wie man es von vielen Zeitschriften kennt, aus kurzen, vermischten, bebilderten Geschichten und Nachrichten die entbehrlich erscheinen.

Der erste wirklich lesenswerte Text folgt auf S. 36 und stammt von Mario Sixtus. Für die Erkenntnis, dass man Sixtus immer lesen kann, braucht man sich andererseits nicht unbedingt das Doppelpack aus GQ und WIRED anzuschaffen.

Seiner Kolumne folgen weitere von Gunter Dueck, Tessa Bücker, Richard Gutjahr und Friedrich von Borries, die allesamt mehr oder weniger lesenswert sind. Ob damit bereits der Höhepunkt des Heftes markiert wurde, weiß ich nicht, weil der Flug von München nach Berlin nicht lang genug war für die ganze WIRED. Die sich anschließende Designstrecke, der eine erst auf den zweiten Blick als Anzeige erkennbare Werbung von BMW folgt, ist jedenfalls etwas, was mich zum zügigen Weiterblättern animiert.

In der Mitte des Heftes, angelangt beim „Dossier“, erklärt uns Thomas Knüwer dann den Unterschied zwischen Geeks, Nerds und Freaks. Sein Hinweis, dass es Geeks wie Johannnes Gutenberg, Carl Benz und Heinz Nixdorf waren, die dieses Land groß gemacht haben, versetzt mich allerdings in Erstaunen. Wenn man dann noch zum Ausdruck bringt, dass Geeks in diesem Land generell wenig Anerkennung und Respekt ernten, dann sind die Beispiele Gutenberg oder Benz bestimmt falsch gewählt.

Irgendwann war der Flug dann zu Ende und ich habe meine Lektüre unterbrochen. Fortsetzung heute oder morgen. Bis zur Heftmitte hält sich meine Begeisterung – vermutlich typisch deutsch – doch arg in Grenzen. Mir ist der erkennbare Grundtenor des Heftes, der deutschen Angst und Skepsis eine von Optimismus geprägte Aufbruchstimmung entgegenzusetzen, ehrlich gesagt suspekt und auch eine Spur zu plakativ.

Vielleicht ändert sich mein Eindruck bis zum Heftende ja noch.

 

posted by Stadler at 12:02  

9.9.11

Apple vs. Samsung: LG Düsseldorf bestätigt einstweilige Verfügung

Der Widerspruch von Samsung gegen eine einstweilige Verfügung, durch die der Vertrieb des Tablets Galaxy Tab 10.1 untersagt wurde, ist erwartungsgemäß erfolglos gebleiben. Das Landgericht hat nach Presseberichten die Beschlussverfügung jetzt durch Urteil bestätigt.

Apple macht in diesem Verfahren eine Verletzung des Designs seines iPads geltend. Gegen das Urteil des Landgerichts kann Samsung nunmehr Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen.

Update:
Mittlerweile liegt auch die Pressemitteilung des Landgerichts vor.

posted by Stadler at 12:07  

8.9.11

Vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen Presseberichterstattung

Gegen eine zu erwartende personenidentifizierende Presseberichterstattung über ein Hauptverhandlung in einem Strafverfahren, kann im Einzelfall ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegeben sein, der auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann. Das hat das Landgericht München I mit Beschluss vom 30.08.2011 (nicht rechtskräftig) entschieden. Gegenstand des Prozesses war eine nicht ganz unübliche Form der Berichterstattung, in der eine Person mit ihrem Vornamen und dem ersten Buchstaben des Nachnamens, ergänzt um Berufsbezeichnung und Alter, benannt war.

 

posted by Stadler at 18:15  

8.9.11

„Freiheit statt Angst“ am 10.09.2011 in Berlin

Wie in den letzten Jahren auch, ruft ein breites Bündnis zur Teilnahme an der Demonstration „Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn!“ am 10.09.2011 auf.

Gründe, für eine freie und offene Gesellschaft und eine überwachungsfreie Kommunikationsstruktur zu demonstrieren, gibt es nach wie vor genug. Der Bundestag hat gerade die Verlängerung der sog. Anti-Terror-Gesetze beschlossen, die Diksussion über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ist in vollem Gange und speziell auf EU-Ebene ist eine Tendenz zu ausufernder Datenerfassung festzustellen und dazu, sensible Daten europäischer Bürger bereitwillig an die USA zu übermitteln. Stichwort: Fluggastdaten und Swift-Abkommen. Dieser Entwicklung gilt es entgegenzutreten.

Ich werde deshalb am Samstag in Berlin vor Ort sein und hoffe, man sieht sich.

posted by Stadler at 13:49  
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