Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

7.2.11

Verfassungsschutz und Verfassungsbruch

Es sind Meldungen wie diese, die mich gelegentlich daran zweifeln lassen, ob wir hier tatsächlich in einem Rechtsstaat leben. Der linke Jurist und Bürgerrechtler Rolf Gössner wurde 40 Jahre lang vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Zu Unrecht, wie das Verwaltungsgericht Köln jetzt entschieden hat.

Konkrete Belege für verfassungsfeindliche Aktivitäten haben wohl nie vorgelegen, aber der Verfassungsschutz meinte, dass gerade der Umstand, dass Gössner nicht Mitglied verfassungswidriger Organisationen war, ihn besonders verdächtig gemacht hat.

Weshalb man in diesem Land diejenigen, die die Verfassung schon nahezu systematisch brechen, als Verfassungsschützer bezeichnet, hat sich mir ohnehin nie wirklich erschlossen.

Auf der Website des BfV heißt es, dass drei Viertel der Bürger von der Notwendigkeit der Institution Verfassungsschutz überzeugt sind. Zu diesen Bürgern gehöre ich nicht (mehr), nachdem der Erkenntnisgewinn den die Verfassungsschutzbehörden liefern, äußerst gering ist, gleichzeitig aber offenbar systematisch Methoden angewandt werden, die eines Rechtsstaats unwürdig sind. Wer das nicht glaubt, sollte sich zum Beispiel mal näher mit den Gründen für das Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens oder dem Fall A.I.D.A. befassen.

Selbst wenn das für manche platt klingen mag, aber auch als Steuerzahler habe ich wenig Lust, Behörden zu finanzieren, die konsequent rechtsstaatliche Grundsätze missachten und damit eine Art Staat im Staat bilden.

posted by Stadler at 20:09  

6.2.11

Merkel über Facebook und Twitter

Angela Merkel hat auf der Münchener Sicherheitskonferenz folgende, verblüffende Aussage getroffen:

„Und dass man Facebook und Twitter überall auf der Welt hat, dass es zunehmend schwer wird, das zu sperren, ob es in China ist, in Ägypten, in Tunesien oder sonstwo auf der Welt, das ist auch ein kleines bisschen unser Verdienst.“

Sollte die Kanzlerin mit „wir“ Deutschland oder die westliche Welt gemeint haben, dann ist zunächst festzuhalten, dass „wir“ u.a. mit Blick auf die arabischen Staaten jahrzehntelang nicht an unsere eigenen Werte geglaubt haben und stattdessen, im Interesse einer vermeintlichen Stabilität, Diktatoren hofiert wurden.

Mit den freien Kommunikationsstrukturen im Netz verhält es sich ähnlich. Trotz anderslautender Lippenbekenntnisse setzt man auch dort im Interesse einer vermeintlichen Sicherheit auf Restriktion anstatt auf Freiheit.

Ich würde Angela Merkel zu gerne beim Wort nehmen. Wenn sie tatsächlich einen Beitrag zu offenen und freien Kommunikationsstrukturen leisten will, dann sollte sie dafür sorgen, dass das Zugangserschwerungsgesetz aufgehoben wird und die Diskussion über Netzsperren europaweit endet. Auch mit einer Vorratsdatenspeicherung, die alle Bürger zunächst unter Generalverdacht stellt,  müsste dann Schluss gemacht werden.

posted by Stadler at 20:18  

5.2.11

Klau von Facebook-Daten als soziales Experiment

Verschiedene Blogs und Medien berichten darüber, dass die Dating-Plattform „Lovely Faces“ Daten aus Millionen von Facebook Profilen – einschließlich von Fotos – übernommen und daraus Profile für eine Partnerbörse erstellt hat. Die Betreiber von Lovely Faces verfolgen aber keine kommerziellen Interessen, sondern bezeichnen ihr Vorgehen als „soziales Experiment“, das als Kritik an sozialen Medien wie Facebook gedacht ist und u.a. zeigen soll, wie einfach der Identitätsdiebstahl aus sozialen Netzwerken funktioniert.

Dieses „social hacking“ wirft nicht nur datenschutzrechtliche Fragen auf, sondern verstößt u.a. auch gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht der betroffenen Nutzer am eigenen Bild.

Möglicherweise schafft dieses „Experiment“ aber auch das Bewusstsein dafür, dass Daten und Informationen die man selbst ins Netz gestellt hat, nur schwer wieder zu entfernen sind und jederzeit die Gefahr besteht, dass diese Informationen an anderen Stellen und in einem anderen Kontext wieder auftauchen. Man muss die Aktion daher auch als Akt einer aufklärenden Meinungsäußerung betrachten.

posted by Stadler at 11:58  

3.2.11

BGH legt Streit um Handel mit „gebrauchter“ Software an EuGH vor

Die mit Spannung erwartete Entscheidung des BGH zur Frage der Zulässigkeit des Handels mit „gebrauchten“ Softwarelizenzen hat noch nicht die erhoffte Klärung gebracht, denn der BGH hat das Verfahren mit Beschluss vom 3. Februar 2011 Az.: I ZR 129/08 – UsedSoft) an den EuGH vorgelegt. In dem Verfahren geht es um die Weiterveräußerung von Lizenzen an Oracle Datenbanksoftware ohne Datenträger.

Die Vorlage an den EuGH muss auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG vom 30.08.2010 (Az.: 1 BvR 1631/08) gesehen werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte einer Verfassungsbeschwerde gegen eine urheberrechtliche Entscheidung des I. Senats des BGH als offensichtlich begründet stattgegeben, weil sich der BGH mit der Frage der Vorlage an den EuGH nicht befasst hat und damit dem Beschwerdeführer der gesetzliche Richter (EuGH) vorenthalten wurde. Das hat den BGH offenbar dazu bewogen, den Streit um den Handel mit „gebrauchter“ Software vorzulegen.

In der Pressemitteilung des BGH heißt es hierzu:

Die Kunden der Beklagten greifen durch das Herunterladen der Computerprogramme – so der BGH – in das nach § 69c Nr. 1 UrhG ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehende Recht zur Vervielfältigung der Computerprogramme ein. Da die Beklagte ihre Kunden durch das Angebot „gebrauchter“ Lizenzen zu diesem Eingriff veranlasst, kann sie auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, falls ihre Kunden nicht zur Vervielfältigung der Programme berechtigt sind. Die Kunden der Beklagten können sich nach Auffassung des BGH allerdings möglicherweise auf die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG berufen, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht umsetzt und daher richtlinienkonform auszulegen ist. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms – solange nichts anderes vereinbart ist – nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist. Es stellt sich daher die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen derjenige, der eine „gebrauchte“ Softwarelizenz erworben hat, als „rechtmäßiger Erwerber“ des entsprechenden Computerprogramms anzusehen ist. In diesem Zusammenhang kann sich auch die weitere Frage stellen, ob sich das Verbreitungsrecht des Rechtsinhabers erschöpft, wenn ein Computerprogramm mit seiner Zustimmung im Wege der Online-Übermittlung in Verkehr gebracht worden ist.

posted by Stadler at 19:14  

1.2.11

Gegendarstellung auf Anwaltswebsite

Das OLG Bremen hat mit Urteil vom 14.01.2011 (Az.: 2 U 115/10) entschieden, dass ein Gegendarstellungsanspruch gegen einen Rechtsanwalt wegen einer Veröffentlichung auf der Anwaltswebsite nach § 56 RStV besteht, sofern eine journalistisch-redaktionelle Gestaltung gegeben ist. Eine solche bejaht das Gericht bereits dann, wenn eine Homepage regelmäßig überarbeitet wird und laufend aktuelle Informationen und Pressemitteilungen veröffentlicht werden.

posted by Stadler at 20:59  

1.2.11

Abmahnanwalt Peter Nümann unterliegt dem Heise-Verlag

Massenabmahner reagieren oft allergisch auf kritische Berichterstattung. Das trifft nicht nur auf den Kollegen Dr. Kornmeier zu, sondern auch auf Rechtsanwalt Peter Nümann von der Kanzlei Nümann & Lang. Der auf Filesharing-Abmahnungen spezialisierte Anwalt störte sich an dem Beitrag der c’t „Die Abmahnindustrie“ und verklagte den Heise-Verlag und den Journalisten. Der Karlsruher Anwalt hatte einen Kollegen aus Frankfurt beauftragt, um den in Hannover ansässigen Verlag vor dem Landgericht Köln auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen, mit einer Klage, die man an den meisten deutschen Gerichten erst gar nicht zu erheben hätte brauchen.

Anders in Köln, denn das dortige Landgericht verurteilte den Verlag und den Journalisten mit Urteil vom 21.07.2010 (Az.: 28 O 146/10) tatsächlich zur Unterlassung von Äußerungen, die sich in dem Artikel unter der Zwischenüberschrift „Gebührenfalle“ – und dort am Ende – wieder finden . Dass sich diese Ausführungen nicht auf die Person von Peter Nümann bezogen haben, störte das Landgericht nicht, wohl aber das Oberlandesgericht Köln, das die Entscheidung des Landgerichts mit Urteil vom 18.01.2011 (Az.: 15 U 130/10) aufgehoben und die Klage des Abmahnanwalts abgewiesen hat. Darüber ,ob die Darstellung im Artikel selbst dann zulässig gewesen wäre, wenn sie sich auf die Person des klagenden Nümann bezogen hätte, musste das OLG Köln (leider) nicht mehr entscheiden.

posted by Stadler at 18:24  
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