Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

29.3.10

Was will Censilia genau?

Mein Versuch, den Text des Richtlinienentwurfs,  den „Censilia“Malmström heute vorgestellt hat, zu finden, verlief leider bislang erfolglos. Folgende Textpassage vom Server der EU klingt aber bereits sehr deutlich:

Member States will be obliged to ensure that access to websites containing child pornography can be blocked, as they are very difficult to take down at the source, especially if the site is outside the EU. The proposal will leave it to Member States to decide exactly how the blocking should be implemented but legal safeguards will always apply.

Danach haben die Mitgliedsstaaten die Pflicht eine Zugangserschwerung umzusetzen. Klar dürfte andererseits aber auch sein, dass das Europaparlament dieser Richtlinie zustimmen muss.

Frau Malmström hat erklärt, die dunklen Ecken des Internets aufräumen zu wollen. Es könnte jetzt allerdings auch sein, dass die Bürger damit anfangen, die dunklen Ecken in den Hinterzimmern der EU auszuleuchten.

Update vom 30.03.2010:

Der vollständige Richtlinienentwurf ist doch bereits online und gibt weitere Aufschlüsse. Bemerkenswert ist zunächst, dass der Entwurf, anders als das deutsche Recht, jede Person unter 18 Jahren als Kind definiert (Art. 2a). Damit wird auch die Jugendpornografie umfasst und man muss außerdem Auswirkungen auf Fälle normaler Jugendsexualität befürchten. Neben dem legitimen Anliegen, den Missbrauch von Kindern und die Verbreitung von Darstellungen dieses Missbrauchs zu bekämpfen, scheinen mir, speziell für den Jugendbereich, auch fragwürdige Moralvorstellungen eine Rolle zu spielen.

Das umstrittene Access-Blocking findet sich in Art. 21 des Richtlinienentwurfs:

1. Member States shall take the necessary measures to obtain the blocking of access by Internet users in their territory to Internet pages containing or disseminating child pornography. The blocking of access shall be subject to adequate safeguards, in particular to ensure that the blocking is limited to what is necessary, that users are informed of the reason for the blocking and that content providers, as far as possible, are informed of the possibility of challenging it.
2. Without prejudice to the above, Member States shall take the necessary measures to obtain the removal of internet pages containing or disseminating child pornography.

posted by Stadler at 21:20  

9 Comments

  1. Die Frage ist doch: Wer steckt alles dahinter ? Vielleicht auch die EU Pornoindustrie denen frei verfügbares Material ein Dorn im Augen ist ? Im Gegensatz zu Zensursular werden ja auch normale Pornoseiten betroffen sein

    Comment by Christian — 29.03, 2010 @ 22:06

  2. Der vollständige Entwurf der Kommission ist hier:

    http://ec.europa.eu/justice_home/news/intro/doc/com_2010_94_en.pdf

    Comment by Felix — 29.03, 2010 @ 22:21

  3. „Es könnte jetzt allerdings auch sein, dass die Bürger damit anfangen, die dunklen Ecken in den Hinterzimmern der EU auszuleuchten.“

    Klasse Schlusssatz :)
    Jetzt kommt die kürzlich abgelaufene klassische Glühbirne doch wieder zum EU-Einsatz.

    Comment by Boomel — 29.03, 2010 @ 22:25

  4. Der deutsche Text des „proposal“:
    http://ec.europa.eu/justice_home/news/intro/doc/com_2010_94_de.pdf

    Der winzige Link auf DE lässt sich leicht übersehen.

    Unten Seite 5:
    „Externes Expertenwissen war nicht erforderlich.“

    Tja.

    Comment by HelliH — 29.03, 2010 @ 22:53

  5. Pornoindustrie? Ich denke, dass die deutsche Regierung, die sich ja nun bekanntermaßen bei uns bisher nicht durchsetzen konnte, die Hinterzimmer der EU-Institutionen nutzt, um Netzsperren europaweit voranzubringen bzw. zu installieren. In einigen europ. Ländern existieren diese schon – auch eine europ. Richtlinie aus 2006 zur Vorratsdatenspeicherung spricht dafür, dass es weiter Absicht ist, diesen Blödsinn durchzuziehen. Sollte das EU-Parlament diese Richtlinie noch stoppen, haben die europ. Regierungschefs immer noch die Möglichkeit über ACTA ihren Plan umzusetzen…

    Comment by Enrico — 30.03, 2010 @ 05:16

  6. @ 5
    Ja, die Pornoindustrie. Ich will natürlich nicht ausschließen dass die ACTA ihre Hand mit im Spiel hat.. Die Anwendung der Web Sperren ist ja Multifunktional..

    Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:
    (a) „Kind“ jede Person unter achtzehn Jahren;

    (b) „Kinderpornografie”

    (iii) jegliches Material mit Darstellungen einer Person mit kindlichem
    Erscheinungsbild, die an realen oder simulierten eindeutig sexuellen
    Handlungen beteiligt ist oder

    Ganz deutlich ! Jede Person die wie 17 erscheinen könnte ! Und jede Person (zu 99%) die 18 oder 19 ist, wird definiv auch als 17 erkannt werden. Es werden somit im ganz großen Umfang Seiten gesperrt die heute noch legal sind (Teens 18-21 z.B.). Jeder Zugriff wird als Zugriff auf Kinderpornografie gewertet .. Das werden dann sicher zu 99% solche Seiten sein (18-21) .. und dem Volk verkauft man es als Kinderporno.. und das Denkt an Kinder (3-10).

    Nur die große Pornoindustrie wird sich rechtlich absichern.. rechts in der Ecke wird vermutlich ein „Sigel“ zu sehen sein , wo die volljährigkeit der Modells bestätigt wird. (ggf. Link zum Notar etc.. )

    Comment by Christian — 30.03, 2010 @ 10:43

  7. Für alle, die ein Shirt mit Censilia haben wollen!
    Wir haben die Censilia Schablone
    deutlich aufgeräumt und druckbar gemacht:

    PDF:
    http://www.getdigital.de/download/censilia_positiv.pdf
    http://www.getdigital.de/download/censilia_negativ.pdf

    SVG (wird noch nicht im Kommentar erwähnt):
    http://www.getdigital.de/download/censilia_positiv.svg
    http://www.getdigital.de/download/censilia_negativ.svg

    Die Schablonen sind als Public Domain freigegeben, aber über einen Hinweis auf den Urheber freuen wir uns trotzdem.
    Es gibt auch das entsprechende Shirt bei uns zu kaufen:
    http://www.getdigital.de/products/Censilia
    (pro verkauftem Shirt gehen 5 EUR Spende an den AK Zensur, Hinweis darauf freut uns natürlich auch)

    Comment by getDigital — 30.03, 2010 @ 11:58

  8. Ob Pornos mit Jugendlichen oder nur mit Kindern betroffen sind, ist mir persönlich ziemlich gleich. Um auf die Frage aus dem Titel des Blogeintrags zurückzukommen, sollte die Diskussion doch auf das zurückgeführt werden, was seinerzeit auch beim deutschen Zensursula-Vorstoss diskutiert wurde: Was will die Politik eigentlich tatsächlich erreichen, wo man doch weiß, dass gegen das vorgebrachte Problem des Kindermissbrauchs für pornographische Zwecke, das Mittel untauglich ist ?
    Und damit sind wir sicherlich bei der Zensur-Infrastruktur, die es erlauben soll, auch ganz andere Inhalte zu löschen. Dagegen muss man von Anfang an vorgehen, daher sollte jeder seine Europaabgeordneten in Kenntnis setzen, dass man als mündiger Netzbürger von ihm/ihr eine Ablehnung dieses Richtlinie erwartet.

    Comment by Oliver — 30.03, 2010 @ 12:20

  9. @ Oliver
    Es werden Pornos mit jungen Erwachsenen gesperrt werden. Das ist doch der Punkt. Aufgrund der Schwammigen Grundlage.
    Und ja, dies ist auch Zensur. Wenn ein 22 jähriger ein Porno mit einer 19 jährigen Darstellerin sehen will, dann soll er es. Man kann nicht aufgrund von Kinderschutz sowas mit verbieten wollen.
    Der Versuch der EU ist nicht nur ein Versuch der Einführung einer Zensurinfrastruktur .. nein .. es ist die Einführung einer Zensur.

    Comment by christian — 30.03, 2010 @ 12:44

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