Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

10.2.16

Auch Staatsunternehmen in privater Rechtsform müssen der Presse Auskunft erteilen

Ein Journalist kann von einem privaten Unternehmen das durch die öffentliche Hand beherrscht wird, gem. § 4 des nordrhein-westfälischen Landespressegesetzes Auskunft über den Abschluss und die Abwicklung von Verträgen mit Dienstleistern verlangen, um über verdeckte Wahlkampffinanzierungen zu recherchieren. Das hat das Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 16.12.2015 (Az.: 11 U 5/14) entschieden. In der Pressemitteilung des OLG Hamm heißt es hierzu u.a.:

Die Beklagte sei als Behörde im Sinne des nordrhein-westfälischen Landespressegesetzes zur Auskunft verpflichtet, auch wenn sie als Aktiengesellschaft organisiert sei und privatrechtlich tätig werde. Dem Landespressegesetz unterfielen auch juristische Personen des Privatrechts, wenn sich die öffentliche Hand ihrer zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bediene. Das treffe auf die Beklagte zu. Sie werde von der öffentlichen Hand beherrscht und erfülle Aufgaben der Daseinsvorsorge.

Die entscheidende Frage scheint mir zu sein, ob man ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen der öffentlichen Hand als Behörde im Sinne des Landespressegesetzes NRW betrachten kann. Für die Auslegung des OLG Hamm spricht der alte öffentlich-rechtliche Grundsatz „keine Flucht ins Privatrecht“. Danach kann sich der Staat durch die bloße Wahl einer privatrechtlichen Rechtsform nicht den Bindungen des öffentlichen Rechts entledigen. Andererseits ist ein Privatunternehmen natürlich keine Behörde im engeren Sinne.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Revision ist beim BGH bereits anhängig (Az.: I ZR 13/16).

posted by Stadler at 09:07  

10 Comments

  1. Dann könnte man wohl auch von ARD/ZDF eine solche Offenlegung verlangen, nehme ich an. Wobei ich nicht weiß, ob das vielleicht schon einmal gemacht wurde.

    Interessante Info auf jeden Fall.

    Comment by Jens — 10.02, 2016 @ 16:44

  2. @Jens – davor ist ÖR bestens geschützt durch seine „Staatsferne“.

    Ob die Staatsferne real ist, oder ob es nur Pfründe mit der einzigen Gegenleistung „staatstragend“ sind, darüber sprechen wir ein andermal.

    Comment by Wolf-Dieter — 11.02, 2016 @ 11:03

  3. Bie Hamburg wären das sehr viele Unternehmen
    http://www.beteiligungsbericht.fb.hamburg.de/Unternehmen.html

    Comment by RolfSchaelike — 11.02, 2016 @ 12:24

  4. @Jens und Wolf-Dieter: http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?ent=270513B7B30.12.0

    Comment by ElGraf — 11.02, 2016 @ 18:33

  5. Was hat folgendes zu bedeuten?

    „Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Revision ist beim BGH bereits anhängig (Az.: I ZR 13/16).“

    Comment by UA — 11.02, 2016 @ 21:38

  6. @ElGraf – Danke für die Belehrung. (Keine Ironie. Die Staatsferne zielt auf inhaltliche Arbeit, nicht auf Wirtschafts- und Ausschreibungsregeln.)

    Comment by Wolf-Dieter — 11.02, 2016 @ 22:20

  7. Wie kommt man eigentlich darauf, dass Struktur den Inhalt beeinflusst? Staat ist Staat. Jedes staatliche Handeln, ob die Verabschiedung eines Gesetzes durch den Bundestag oder die Unterschrift des Klassenlehrers unter das Halbjahreszeugnis der 5. Klasse, ist gleichermaßen eine Handlung des einen Staates.

    Comment by Heinz Handtuch — 13.02, 2016 @ 02:37

  8. Beträfe diese Definition und das Urteil auch Firmen die für ARD und ZDF tätig sind?

    Comment by Christian — 13.02, 2016 @ 11:42

  9. Das Urteil überzeugt, wenn man bedenkt, dass in Abwesenheit eines einfachgesetzlichen Anspruches ein solcher direkt aus Art. 5 I S. 2 GG besteht (BVerwG 6 A 2.12 – Urteil vom 20. Februar 2013).

    Comment by dapperdan — 14.02, 2016 @ 00:17

  10. Bitcoin ist tatsächlich nicht schlecht, wie Google. Kriminelle ziehen mehr Nutzten als der Normalbürger: http://bit.ly/24evwvf

    Comment by RolfSchaelike — 19.02, 2016 @ 17:41

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