Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

15.10.15

Neuer BND-Skandal? Wirklich?

SPON, Süddeutsche und andere berichten darüber, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) jedenfalls bis 2013 auch Botschaften und Einrichtungen der USA und von EU-Staaten ausspioniert habe. In den Medien ist insoweit von einem neuerlichen Abhörskandal die Rede.

Dabei ist es aber gerade die Aufgabe eines Auslandsgeheimdienstes Ziele im Ausland auszuspionieren. Das Gesetz differenziert hier nicht zwischen Freund und Feind. Ganz im Gegenteil. § 1 Abs. 2 BND-G definiert die Aufgabe des BND folgendermaßen:

Der Bundesnachrichtendienst sammelt zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen und wertet sie aus.

Das maßgebliche Kriterien ist allein, dass es sich um Informationen handelt, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung sind. Und das können natürlich Informationen aus und über Behörden von EU-Staaten oder den USA ebenso sein, wie solche aus China, Rußland und Afghanistan.

Man sollte also dem BND nicht vorwerfen, dass er seine gesetzliche Aufgabe erfüllt. Wenn ein Ausspähen unter Freunden gar nicht geht, wie Angela Merkel es formuliert hat, dann wäre es an der Zeit, dass der Gesetzgeber diese politische Aussage der Kanzlerin umsetzt und den Aufgabenbereich des BND entsprechend einschränkend definiert, bzw. genauer regelt unter welchen Voraussetzungen sich die Tätigkeit des BND auch auf Ziele in der EU oder von Nato-Partnern erstrecken darf.

Wenn der BND allerdings Ziele in der EU im Auftrag der NSA ausspioniert hat, wie es die SZ schreibt, wäre das in der Tat ein Skandal, weil dies nicht der gesetzlich definierten Aufgabe des BND entspricht und eine Datenübermittlung an ausländische Dienste selbst dann nur in engen Grenzen zulässig ist, die § 9 Abs. 2 BND-G allgemein und § 7a G10 für Post- und TK-Daten näher definiert. In diesen Skandal wäre dann aber wohl auch das Kanzleramt aktiv involviert, weil die Datenübermittlung ins Ausland grundsätzlich der Zustimmung des Kanzleramts bedarf. Ein Umstand auf den in der Berichterstattung zu wenig hingewiesen wird.

posted by Stadler at 09:56  

11 Comments

  1. Lieber Herr Stadler, ich verstehe nicht, dass Sie über derartige Fälle ernsthaft juristisch berichten. Es ist doch kein juristisches Geheimwissen, dass der BND ein organisatorischer Teil der NSA ist, dass er nach dem 2.Weltkrieg aus der Organisation Gehlen hervorging, die zunächst Teil der US-Army und ab 1949 der CIA angegliedert war und sodann 1955 lediglich in BND umbenannt wurde. Lässt sich sogar auf der Homepage des BND nachlesen. Auch heute noch sagt der Präsident des BND, das ohne die NSA überhaupt nichts geht.
    Hat man dies einmal verstanden und zudem verstanden, dass die NSA als Geheimdient der Besatzungsmacht in Deutschland macht, was sie will, dann braucht man kein Wort mehr darüber verlieren, ob sich der BND an geltende Gesetze hält oder nicht.
    Das Problem ist doch, dass diese Gesetze schlicht Makulatur sind und Berichte über rechtmäßige oder rechtswidrige Tätigkeiten des BND diese Täuschung aufrecht erhalten, weil sie sich nicht an der Wirklichkeit, sondern am reinen Gesetzeswortlaut orientieren, der mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat.
    Oder als Dreisatz: BND = NSA; NSA an nix gebunden; daher BND auch an nix gebunden.

    Comment by Nasenbär — 15.10, 2015 @ 12:03

  2. Gesetze und die Rechtsprechung sind das Opium fürs Volk, für die Herrschenden die notwendigen Rituale, auf die man auch gern des öfteren verzichtet.

    Comment by RolfSchaelike — 15.10, 2015 @ 14:46

  3. Off-topic:
    Könnte diese Art Meldung in Angesicht des heutigen Artikels zum Thema Datenhehlerei in Zukunft gegen Sie verwendet werden, Herr Stadler?

    Comment by Oliver — 15.10, 2015 @ 17:22

  4. In der Politik gibt es eben keine Freunde, sondern nur Interessen. Daher spioniert jeder jeden anderen aus und wird selbst von allen anderen ausspioniert. Sonst könnte womöglich eine Bombe gebaut werden, die nicht bemerkt wird.

    In diesem Kontext sind Gesetze, auch laufende Gesetzesänderungen, eine Methode der Desinformation, um den oben skizzierten Zustand zu verschleiern. Sonst würde womöglich noch der Fall X eintreten, dass ein wankelmütiges und instabiles sowie inkompetentes Element wie das
    “ Volk “ darüber entscheidet, wer die Regierung übernimmt.

    Henry Kissinger hat bereits vor Jahrzehnten ausgeführt, dass es so viele Wanzen die Telefone gibt. In diesen Zusammenhang sei die Heuchelei unerträglich. Etwas irritierend wirkt nur, dass in dem skizzierten Kontext Nixon zurücktreten musste, weil er auch wirklich jedes einzelne Wort im Weißen Haus hatte aufnehmen lassen.

    Deshalb muss natürlich jederzeit damit gerechnet werden, dass eben gerade doch eine Bombe irgendwo gebaut wird, die nicht bemerkt wird , was zu einem Postulat stetig sich ausausweitender Überwachung führt.

    Am Ende knallt es trotzdem, und keiner hat aus rätselhaften Gründen irgendetwas bemerkt.

    Comment by Arne Rathjen RA — 15.10, 2015 @ 18:01

  5. Heute in allen Nachrichten: Der BND hört alle befreundeten Staaten ab. Für Insider echt eine neue Nachricht. So unvorhersehbar.

    Comment by Efren — 15.10, 2015 @ 18:07

  6. Was immer noch nicht erkannt wird: Die Daten werden ausgetauscht. Der BND holt sich über Deutsche die Daten aus dem externen Dienst und umgekehrt. Ich habe die Nase voll, mir anzuhören, jeder Geheimdienst halte sich an die Gesetze! Der Datenfluss zeigt andere Fakten!

    Irgendwann wird es auch langweilig, es immer zu wiederholen.

    Comment by Efren — 15.10, 2015 @ 19:08

  7. http://www.msn.com/de-de/video/nachrichten/spionage-bnd-hat-offenbar-auch-us-au%C3%9Fenministerium-ausspioniert/vi-AAfvoPL

    Die beste Methode, eine Krise zu beseitigen, ist, die Krise zum Normalzustand zu erklären. Gleiches gilt für den Skandal. In diesem Prozess der Verschiebung der Maßstäbe wird dann logischerweise die Katastrophe zur Krise. Der Landesverrat wird zum Skandal.

    In dieser sicherheitspolitischen Dekadenz kommt es dann zu unerklärlichen schwarzen Sicherheitslöchern. Aktuell bestehen diese zum Beispiel darin, dass eine ungeklärte Anzahl von u. a. Flüchtlingen durch das Land reist, die auf ihrem langen Weg nirgends und niemals registriert worden sind, so. dass niemand sagen kann, um wen es sich handelt.

    Abgerundet wird das Bild dadurch, dass der BND-Neubau in Berlin unter anderem von weißrussischen und ukrainischen Baukolonnen erbaut wurde. Natürlich ist der komplette Neubau verwanzt. Vor kurzem wurde er geflutet, weil niemand bemerkte, dass in einem bestimmten Stockwerk sämtliche Wasserhähne aufgedreht worden waren.

    In diesem Gesamtbild gibt es natürlich keine Skandale mehr.

    Comment by Arne Rathjen RA — 16.10, 2015 @ 18:09

  8. Ganz vorbei an der Nachrichtenfront entgeht den Deutschen anscheinend, dass die USA neue Atombomben in Deutschland stationieren werden. Die Vorrichtungen dafür befinden sich im Bau.

    Null Berichterstattung.

    Comment by Efren — 17.10, 2015 @ 16:43

  9. E.: überhaupt …wie viele alte A-Bomben der USA liegen noch in Deutschland herum? Bei diesen dürfte eine Materialermüdung eingetreten sein. Irgendwann müssen Sie sowieso ausgewechselt werden. Und: es ist wahrscheinlich eher zu erwarten, dass ein russischer Vorstoß über Skandinavien und Finnland erfolgt, oder über den Balkan. Oder dienen die Bomben mittlerweile dazu, den Deutschen Respekt einzuflößen ?

    Eine der brillantesten Mediencoups aller Zeiten war die Rede Obamas, in der er 2009 die Abschaffung aller Atomwaffen ankündigte. Dies hinderte Russland sicher nicht, munter weiter aufzurüsten, den Iran auch nicht, und sicherlich nicht die USA selbst.

    Wenn jetzt herauskäme, dass die Sowjetunion beim Abzug ihrer Truppen aus Deutschland einige 100 Atombomben einfach vergessen hat, und weder der BND noch die NATO dies bemerkt haben, würde mich das nicht wundern.

    Comment by Arne Rathjen RA — 17.10, 2015 @ 17:32

  10. Wie nett von den USA, jetzt die besseren, dichteren, sichereren Bomben zu platzieren. Wenn die Alten dann abgeholt würden, wäre das ein echter Fortschritt. Werden sie aber nicht, oder haben die USA einen gelben Sack dafür, den sie mal eben mitnehmen? Sie nehmen gar nichts mit.

    Comment by Efren — 17.10, 2015 @ 18:22

  11. Oh, sorry, ein Endlager für deutschen Atomstrom ist ja auch noch nicht gefunden worden. Was sollen uns da die paar hundert Atombomben aufregen?

    Comment by Efren — 17.10, 2015 @ 18:25

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