1000 Stockhiebe gegen die Meinungsfreiheit
Die Verurteilung des saudischen Bloggers Raif Badawi zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockhieben wegen Beleidigung des Islams macht deutlich, dass eine radikal-islamistische Haltung zur Staatsräson eines Staates im nahen Osten gehört, der als enger westlicher Verbündeter gilt und an den Deutschland immer wieder Panzer und Waffen geliefert hat. Einer der Hauptvorwürfe gegen Badawi, der das Blog „Die saudischen Liberalen“ betrieben hat, lautet, dass er Muslime, Christen, Juden und Atheisten als gleichwertig bezeichnet hat. Was also zu den Grundpfeilern unserer Verfassung und Wertvorstellung gehört, nämlich die Gleichberechtigung der Religionen und Weltanschauungen und das damit einhergehende Verbot einer Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 3 GG), stellt in Saudi-Arabien ein Verbrechen dar. Weiter können Grundwerte gar nicht auseinanderfallen.
Raif Badawi wird zuweilen auch in westlichen Medien als radikal bezeichnet. Ist das konsequente Eintreten für Meinungsfreiheit und Gleichbehandlung aber nicht einfach tolerant und aufgeklärt, während die Missachtung von Menschenrechten, die sich auf die Religion stützt, in Wahrheit radikal ist? Liberale Positionen sind nie radikal, denn sie stehen für Pluralismus und lassen das Andere immer gelten, im Gegensatz zum Islamismus.
Vielleicht sollte die Politik an dieser Stelle dann auch einmal damit anfangen, den Zusammenhang zwischen den islamistischen Grundpositionen eines Staates wie Saudi-Arabien und dem islamistischen Terror zu erkennen und Konsequenzen daraus ziehen. Denn ein Staat wie Saudi-Arabien für den der Islamismus Teil der Staatsräson ist, bietet zwangsläufig den idealen Nährboden für islamistischen Terror. Es ist deshalb kein Zufall, dass viele Saudis in Terrororganisationen wie Al Kaida eine tragende Rolle spielen und einflussreiche und wohlhabende Saudis den islamistischen Terror mitfinanzieren.
Wenn die Bundesregierung diesen Terror effektiv bekämpfen will, dann sollte man weniger über Maßnahmen wie die Vorratsdatenspeicherung sprechen, sondern vielmehr versuchen, das Problem an der Quelle anzugehen. Würde sich dafür nicht gerade der Fall von Raif Badawi wunderbar eignen? Davon, dass die Bundesregierung allerdings politischen Druck auf die saudische Regierung ausübt oder gar Sanktionen verhängt, hört man nichts. Lediglich der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung hatte gefordert, die Vollstreckung der restlichen Stockhiebe auszusetzen. Eine armselige Reaktion, auch angesichts dessen, dass Merkel und Steinmeier schweigen.
Der Umstand, dass es im nahen Osten keine demokratischen Staaten gibt und in den dortigen Gesellschaften eine Form des Islam gelehrt und gelebt wird, die den Islamismus fördert und begünstigt, gehört zuvörderst auf die politische Agenda in Deutschland, Frankreich und der EU.
Wer sich unlängst – und damit meine ich gerade auch politische Amtsträger – mit Charlie Hebdo solidarisiert hat, der müsste jetzt auch öffentlich „Je suis Raif“ sagen und Staaten wie Saudi-Arabien den Kampf ansagen. Und vor allen Dingen darf man Menschen nicht im Regen stehen lassen, die sich in einem totalitären Staat wie Saudi-Arabien mutig und offensiv für Freiheitsrechte einsetzen. Oder denkt Angela Merkel doch wieder nur an die nächsten Panzerlieferungen?
Welche Meinung äußert ein Gottelslästerer?
Comment by Rolf Schälike — 17.01, 2015 @ 15:58
Meinungs- und Pressefreiheit ist in Deutschland Heute eine Abwägungsfrage. Das weiß auch Herr Stadler als Medienrechtler.
Eine absolute Meinungs- und Pressefreiheit gibt es auch nicht in Deutschland. Einiges wird sogar per Gesetz verboten. Da brauchen in Hamburg Käfer, Buske, in Berlin Mauck, in Köln Eßner etc. nicht selbst abzuwägen, wann mittelalterliche Entscheidungen noch halten.
In den einzelnen EU-Ländern und den USA, Kanada, Japan, Südkorea etc. wird vieles anders gesehen als in Deutschland. Manchmal mehr Zensur, manchmal weniger.
Es geht also um die Abwägung. Da kann es durchaus sehr unterschiedliche Auffassungen nicht nur in der Bereitschaft etwas zu äußern und öffentlich zu machen, sondern auch beim Verbot zu geben.
Wenn für die Meinungs- und Pressefreiheit demonstriert wird, weswegen darf man dann nicht gegen tatsächlich bzw. vermeintlich öffentliche Schmähung etc. demonstrieren.
Es gibt doch immer Demonstranten und Gegendemonstranten bzw. Gegner. Das gehört zu Demokratie.
Die nach den Pariser Verbrechen aufflammende Unterstützung der Meinungs- und Pressefreiheit hat sehr, sehr viel verlogene Elemente.
Comment by Rolf Schälike — 17.01, 2015 @ 16:10
„Wenn die Bundesregierung diesen Terror effektiv bekämpfen will, “
Warum sollte sie das wollen?
Diese Regierung braucht den Terror so wie ich die Luft zum Atmen.
btw: http_s_ wäre gut.
Comment by name — 17.01, 2015 @ 17:37
„Wenn die Bundesregierung diesen Terror effektiv bekämpfen will, dann sollte man weniger über Maßnahmen wie die Vorratsdatenspeicherung sprechen, sondern vielmehr versuchen, das Problem an der Quelle anzugehen.“
Das würde ja voraussetzen, daß die Bundesregierung willens und in der Lage wäre – nicht nur dieses – Problem zumindest mal ernsthaft anzugehen.
Tatsächlich dürfte bei dem ganzen Demokratie simulieren, Pöstchen zuschubsen, Kohle scheffeln, Lobbygruppen befriedigen, USA****kriechen usw. usf. für solchen unwichtigen Pöbelkram weder Zeit noch Interesse übrig bleiben ;-).
Comment by Musenrössle — 17.01, 2015 @ 19:33
>Der Umstand, dass es im nahen Osten keine demokratischen Staaten gibt
Israel ist kein demokratischer Staat?!
Comment by martinf — 17.01, 2015 @ 23:36
In der Lügenpresse wird seine Strafe
ja als „Auspeitschung“ bezeichnet.
Sieht man sich das geleakte Video an, dann erhält er in weniger als 30 Sekunden 50 „Schläge“ mit einem Stöckchen und geht dann.
Das kann man natürlich nicht gut finden.
Aber das unsere freie Presse lügt ist entsetzlicher.
Comment by yah bluez — 18.01, 2015 @ 01:20
Ah ja, und wie viele einflussreiche Staaten in der Region bleiben denn noch übrig, wenn man allen „den Kampf ansagt“, die Menschenrechte nicht achten? Und genau wie soll Deutschland sonst Einfluss nehmen, wenn man dummerweise allen relevanten Staaten den Kampf angesagt hat? Saudi-Arabien hat nun einmal gewisse politische Interessen, die man auch hierzulande teilen wird. Die Saudis sind jedenfalls gegen Assad und gegen al-Quaida. Weil sie Menschenrechte so toll finden? Nö. Aber sie sind halt dagegen. Im Gegensatz zu etlichen anderen in der Region ist Saudi-Arabien außerdem grundsätzlich an Stabilität interessiert, hält den Iran in Schach, „sanktioniert“ Russland (auch so eine Bastion der Meinungsfreiheit und Rechtstreue) im Grund als einziger Player in substanzieller Weise, etc. Weil sie Menschenrechte toll finden? Nö. Aber irgendwie finden wir es halt trotzdem toll, wenn nicht jeden Tag der dritte Weltkrieg angezettelt wird.
Immer nur darauf zu verweisen, dass jemand Menschenrechte verletzt und man jetzt aber gar nichts mehr mit dem zu tun haben darf, ist Träumerei. Es ist menschlich nachvollziehbar, aber man muss eben Dinge abwägen und sich sehr gut überlegen, mit wem man es sich verscherzt, wenn man nicht alles andere aufgeben will.
Comment by jl — 18.01, 2015 @ 13:55
Die Petition von Amnesty sollte vllt noch erwähnt werden: http://www.amnesty.de/2015/1/14/saudi-arabien-stockschlaege-gegen-raif-badawi-stoppen?destination=startseite
@jl: man muss nicht für immer die Beziehungen abbrechen, aber gar nichts sagen ist schon sehr feige!
Geld zählt mehr als die elementarsten Menschenrechte, das war schon immer und wird so bleiben.
Wo ist eigentlich der Unterschied zw. Islam und Islamismus? Welcher Islam distanziert sich von der Sharia? Aiman Mazyek vom Zentralrat hält die Sharia für vereinbar mit dem Grundgesetz. Ich nicht!
Comment by Preiselbeere — 18.01, 2015 @ 14:51
@jl: In der Frage der Menschenrechte darf es keine Abwägung mit niederrangigeren Interessen geben. Ein Staat der Menschenrechte aufgrund politischer Interessen schleift und deren Verletzung durch andere Staaten nicht ächtet, ist nicht besser als derjenige, welche die Menschenrechte selbst mißachtet. Irgendwie scheint es mir, als daß der Tag an dem wieder einmal den Regierenden die Köpfe abgeschlagen werden, wieder kommt. Europa hat Besseres verdient.
Comment by mw — 18.01, 2015 @ 21:34
@mw: Meinst Du tatsächlich, dass Staaten mit westlichen Werten, d.h. deren Organe und Entscheidungsträger, deren Herrschenden, keine massenweise Verkletzungen von Menschenrechten begehen?
Ich kenne keine meschliche Gesellschaft, keinen Staat, kein Land, in dem die Menschenrechte oberste Priorität hatten und haben.
Kein Staat strebt eine menschliche Gesellscaft an. Die Menschen schon.
Meist Schein und Trug.
Comment by Rolf Schälike — 19.01, 2015 @ 00:51
@mw: Das Recht auf Leben ist aber kein niederrangiges Interesse zur Meinungsfreiheit. Hypothetisches Beispiel: Saudi-Arabien kündigt an, dass sie Panzer und Maschinengewehre an das Assad-Regime liefern, wenn Deutschland Sanktionen wegen der Behandlung von Herrn Badawi verhängt.
Nach Ihrer Ansicht liegt der Fall ja dann klar: Auf Sanktionen bestehen, weil die Saudis die Meinungsfreiheit nicht achten. Ob das so überzeugend ist?
Comment by jl — 19.01, 2015 @ 17:44
Wie auch immer, er wurde als „gesund beurteilt“ und hat seine nächsten 50 Hiebe durch die Verbrecher erhalten. So lebt es sich, wenn Regierung, Justiz und das vermeintlich liebe Volk sich im Koran vereinen.
Comment by Ralle — 20.01, 2015 @ 19:12
Ps. Der Islam ist keine Religion, sondern eine Staatsforum, die NICHT zu Deutschland gehört.
Comment by Ralle — 20.01, 2015 @ 19:15
Wo sind die Lichterketten der Dauer- und Berufsempörten?
Comment by Conny — 22.01, 2015 @ 19:31
Nach hundert Stockhieben wurde die Strafe ausgesetzt. Es bleiben zehn Jahre Haft, 200 000 Euro Geldstrafe und das ewige Online-Verbot.
Wo sind die Gutmenschen mit ihren Kerzen?
Comment by Conny — 24.01, 2015 @ 14:13