Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

5.8.14

Darf Google E-Mails nach rechtswidrigen Inhalten scannen?

Google überprüft die E-Mails seiner Kunden offenbar auf kinderpornographische Inhalte hin.  Ob das Unternehmen die E-Mails, die über den Dienst GMail verschickt werden, auch auf sonstige rechtswidrige Inhalte hin scannt, ist unklar.

Das Verhalten von Google stellt nach deutschem Recht einen Verstoß gegen § 88 Abs. 3 TKG dar. Danach dürfen sich TK-Anbieter keine Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation verschaffen, es sei denn, dies ist zum Schutz ihrer technischen Systeme erforderlich. Nach dieser Vorschrift wird überwiegend das Scannen auf Malware als zulässig angesehen und von manchen sogar das Erkennen und Ausfiltern von Spam. Aber bereits letzteres ist fragwürdig, da dies nicht unbedingt dem Schutz der technischen Systeme des E-Mail-Providers dient. Sonstige Überprüfungen von E-Mails der Kunden auf rechtswidrige Kommunikationsinhalte hin, sind aber nicht statthaft. Auch das Erfassen von Inhalten zu dem Zweck, dem Kunden anschließend auf ihn zugeschnittene Werbung zu schicken, ist nach deutschem Recht unzulässig.

Die Kenntnisnahme von Kommunikationsinhalten durch den Provider verstößt also gegen das einfachgesetzliche Fernmeldegeheimnis des TKG.

Strafbar ist das nach § 206 StGB zunächst nicht, weil die Kenntnisnahme vom Inhalt der Kommunikation eine verschlossene Sendung voraussetzt, was nach überwiegender Ansicht nur körperliche Briefe und Pakete umfasst und noch nicht einmal verschlüsselte E-Mails. Strafbar ist im Bezug auf E-Mails nur das Unterdrücken sowie die unbefugte Mitteilung von Kommunikationsinhalten an eine andere Person (§ 206 Abs. 1 StGB). Darunter kann allerdings auch die Mitteilung an Strafverfolgungsbehörden fallen. Wenn also der Provider von rechtswidrigen oder gar strafbaren Kommunikationsinhalten Kenntnis erlangt, darf er deswegen nicht ohne weiteres die Behörden informieren. Eine solche Mitteilung könnte vielmehr nur erfolgen, wenn sich der Provider wegen der Nichtanzeige geplanter Straftaten nach § 138 StGB strafbar machen würde.

Udo Vetter zum selben Thema

posted by Stadler at 09:03  

11 Comments

  1. Interessant wäre die Frage, ob das auch Dropbox betrifft. Dropbox scannt seit Längerem die Hashes nach bekannten „Raubkopien“ und derlei.

    Comment by tux. — 5.08, 2014 @ 09:27

  2. Naja, wie dämlich muss man sein, um über ein amerikanisches Unternehmen wichtige (egal ob legale oder illegale) Daten zu verschicken? Wirklich wichtige Dinge verschickt man am besten per Brief. Auch wenn sie langsamer ist, aber zumindest wird die normale Briefpost (zumindest im innerdeutschen Verkehr) nicht routinemäßig durchsucht.

    Comment by Rangar — 5.08, 2014 @ 10:04

  3. @tux: dropbox scannt zumindest Inhalte die freigegeben sind: http://techcrunch.com/2014/03/30/how-dropbox-knows-when-youre-sharing-copyrighted-stuff-without-actually-looking-at-your-stuff/

    Comment by Dominik — 5.08, 2014 @ 10:10

  4. @Rangar: Eben. Finger weg von US-Mail.

    @Dominik: Fällt das unter § 88?

    Comment by tux. — 5.08, 2014 @ 10:12

  5. Die Frage ist, ob die Einwilligung des Kunden über eine AGB-ähnliche Klausel wirksam ist. Diese würde, wenn wirksam, den Verstoß gegen § 88 Abs. 3 TKG wohl heilen, oder?

    Comment by Martin — 5.08, 2014 @ 10:49

  6. @Martin: Die Einwilligung müsste durch beide Kommunikationsteilnehmer erfolgen. Bereits daran scheitert es. Außerdem müsste ausdrücklich und konkret eingewilligt werden. Das ist durch AGB bzw. Nutzungsbedingungen von Google nicht gewährleistet.

    Comment by Stadler — 5.08, 2014 @ 11:14

  7. Ist die Mail denn auch schon Kommunikation wenn sie noch im entstehen ist? Oder im Postfach liegt, wohlmöglich gelesen? Ausserdem kann man eine Menge Speicherplatz sparen, wenn man die hashes berechnet und gleiche Dateien nur einmal speichert (stichwort Deduplikation). Das müßte dann ja ebenfalls verboten sein. Da das praktisch alle machen währen die die darauf verzichten (müsten) praktisch nicht konkurenzfähig.

    Comment by mark — 5.08, 2014 @ 11:47

  8. Es ist erschreckend wie zahlreicher die Juristen und die Rechtsprechung wird die einem Sender Gesetze des Rezipienten auferlegt. Wenn das so weiter geht muss jeder Anbieter einer Website 192 Softwarefilter installieren für jedes mögliche Land des Aufrufenden. Das ist doch Irrsinn.
    Oder haltet ihr euch alle an iranisches oder US-Recht nur weil von dort Besucher kommen?

    Beim Rundfunk hat man das mal so geregelt dass das Recht im Land des Senders gilt und der Empfänger überall sitzen kann.

    Im Internet hat man es versäumt und die nationalen Rechtsprechungen und -Durchsetzungen werden das Internet zerstören und balkanisieren. Nur noch nationale Netze mit Gesetzeskontroll-Filter-Firewalls als Grenzübergänge. Ganz tolle Show liebe Juristen.

    Comment by Networkguy — 5.08, 2014 @ 12:45

  9. @Networkguy: weil die Politiker (die bekanntlich ganz überwiegend keine Juristen sind) es versaubeutelt haben – und sich Richter an das geltende Recht halten müssen (sonst sind wir vollends in einem Willkürstaat) sind die Juristen schuld?

    Geht das mit der Argumentation vielleicht ein klein wenig stringenter?

    Comment by le D — 5.08, 2014 @ 13:13

  10. @leD: Wie kann nan überhaupt auf die Idee kommen nicht in Deutschland ansässige Dienste mit Leistungen die auf Veranlassung des Nutzers in Deutschland erst erbracht werden unter deutsches Recht zu stellen?

    Beim Zoll obliegt es auch dem Anforderer und nicht dem Sender die Zollvorschriften zu beachten und zu wissen was wie anzumelden ist bzw was bei der Einfuhr verboten ist.

    Comment by Networkguy — 5.08, 2014 @ 13:21

  11. @Networkguy: frag das bitte nicht mich, sondern den Gesetzgeber. :)

    Und das kann durchaus auch der europäische sein…

    Comment by le D — 5.08, 2014 @ 19:16

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